Wählerin sucht Kandidat: Spielen Sie unser «Wahltindär»
Über 4600 Personen kandidieren für den National- und Ständerat. Wofür stehen sie, welche Interessen vertreten sie? Wischen Sie, wie bei einer Dating-App, durch die Profile der Kandidatinnen in Ihrem Kanton.
Von Sylke Gruhnwald, Thomas Preusse und Patrick Venetz, 13.09.2019
Hinweis: Die politische Dating-App «Wahltindär» ist nicht mehr in Betrieb. Worum es bei dem interaktiven Projekt ging, lesen Sie in diesem Beitrag. Eine Auswertung der Aktion haben wir im Dezember 2019 gemacht.
Ende September liegen die Couverts in den Briefkästen. Darin: die Unterlagen zum Wahltag am 20. Oktober 2019 mit Stimmausweis, Parteilisten und Wahlprospekten.
Auf den Wahlzetteln sind Name, Geburtsjahr, Beruf und Wohnort der Kandidatinnen vermerkt. Auf den Wahlprospekten prangen Köpfe und politische Parolen.
Es ist viel Papier, und es ist wenig Information.
Nationalrätinnen suchen vor dem Supermarkt mit Luftballons und Kugelschreibern nach ihren Wählern. Anwärter auf den Ständerat laden zum Wahlkampfstammtisch in die Beiz. Andere wieder duellieren sich mit dem politischen Gegner auf Twitter oder setzen auf lustige Filmchen auf Youtube.
Es sind viele Floskeln, und es sind wenige Fakten.
Hier kommen wir ins Spiel: Wir ordnen mit «Republik Wahltindär» die Kandidatinnenflut, sortieren die Informationen über alle Kandidierenden und ergänzen sie wo möglich mit relevanten Fakten wie Wahlkampfbudgets und Interessenbindungen.
Und wir laden zum Dialog. Probieren Sie «Wahltindär» jetzt aus.
So funktioniert «Republik Wahltindär»
Wir haben für alle Kandidatinnen und Kandidaten ein eigenes «Wahltindär»-Profil angelegt. Durch diese Profile können Sie sich durchwischen, ähnlich wie bei der bekannten Dating-App.
Zunächst einmal enthält jedes Profil dieselben Informationen wie die Wahllisten: Name, Partei, Listenplatz, Geburtsjahr und Wohnort.
Weiter haben wir alle Kandidatinnen und Kandidaten gebeten, sich Ihnen mit einem kurzen Statement vorzustellen.
Wer steht wo im politischen Koordinatensystem? Mittels der Grafik «Smartspider» vermessen wir acht Positionen: von der liberalen Wirtschaftspolitik, der aussenpolitischen Öffnung über die restriktive Migrationspolitik, «Law & Order» bis zum ausgebauten Umweltschutz.
Und schliesslich listen wir da, wo uns Informationen vorliegen, die Interessenbindungen der Kandidatinnen und Kandidaten zu Unternehmen, Verbänden und Vereinen auf.
So erhalten Sie bequem und spielerisch einen Überblick über das Bewerberfeld in Ihrem Kanton. Welche Statements überzeugen Sie? Wo machen die Interessenbindungen stutzig? Wer hätte aus Ihrer Sicht einen besseren Listenplatz verdient?
Wir stellen die Kandidaten vor: mit Namen und Foto, «Smartspider», Wahlkampfbudget und Interessenbindungen, verteilt auf drei Spielkarten. Mit einem Klick auf die Karte gelangen Sie auf die nächste. Wollen Sie all diese Informationen auf einmal sehen, klicken Sie auf den schwarzen Knopf mit dem «i».
Wischen Sie eine Profilkarte nach links, ignorieren Sie den Kandidaten. Ein Wisch nach rechts, und Sie folgen der Kandidatin.
Nimmt Ihre Kandidatin den Dialog auf, werden Sie benachrichtigt. Entweder per E-Mail oder per Push-Nachricht.
Dann beginnt die Diskussion.
Pro Kanton gibt es eine Debatte, in der Sie auf abgegebene Statements reagieren können: Sie können Fragen stellen, entgegnen, beipflichten und nachhaken. Oder Statements, die Sie nicht überzeugen, gepflegt ignorieren.
Mitdiskutieren kann bei uns jede Person, ob wahlberechtigt oder nicht. Die einzige Voraussetzung ist ein Abonnement der Republik. Kandidatinnen, die nicht zur Republik-Verlegerschaft zählen, laden wir bis zum Wahltag ein.
Das «Republik Wahltindär» im Detail
1. Unsere Quellen
Die Wahlergebnisse 2015 veröffentlicht das Bundesamt für Statistik.
Der analysierte Datensatz für «Smartspider» umfasst 156 von 174 Kandidaten für den Ständerat und 3647 von über 4600 Kandidatinnen für den Nationalrat, die sich bis zum 11. September 2019 bei Smartvote gemeldet haben.
Smartvote befragt die Politikerinnen auch nach ihrem Wahlkampfbudget. Die Angabe zu den Finanzen ist allerdings freiwillig.
Die Interessenbindungen zu Unternehmen, Verbänden und Vereinen der National- und Ständeräte recherchiert der Verein Lobbywatch.ch seit 2014.
Alle Sekretariate der im Bundeshaus vertretenen Parteien haben wir um Porträtbilder ihrer Bewerberinnen für den National- und Ständerat gebeten. Über 1500 Fotos haben wir erhalten.
Alle Kandidaten können ihr «Republik Wahltindär»-Profil ergänzen und ihr Foto hochladen.
Die Farben der politischen Parteien basieren auf «Swiss Party Colors» von SRF Data.
2. Unsere Regeln
Bei jedem Start von «Wahltindär» werden die Kandidaten neu gemischt.
Damit Sie einen guten Überblick über die mehr als 4600 Kandidatinnen erhalten, ist die Reihenfolge nicht ganz zufällig.
Zwei Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, früher im Kartendeck aufzutauchen, um bis zu 300 Prozent: erstens das Engagement der Kandidatin in der Debatte. Und zweitens unser Rating des Listenplatzes der Kandidatin, basierend auf dem Wahlergebnis 2015. Wir kategorisieren die Listenplätze der Kandidaten:
Gut: Der beste Platz ist natürlich der erste auf der Wahlliste. Zudem: Gewann die Liste 2015 beispielsweise fünf Sitze im Nationalrat, dann gewichten wir auch die Plätze zwei bis sechs als gut. Sprich: ein Platz mehr als Sitze bei der Wahl 2015.
Passabel: Die Liste könnte Wählerstimmen zulegen. Die Kandidatin könnte hochkumuliert und panaschiert werden. Deshalb klassifizieren wir die Anzahl der gewonnenen Sitze mal zwei als okay.
Schlecht: Die Liste müsste die Anzahl gewonnener Sitze im Nationalrat mehr als verdoppeln.
Unbekannt: Bei den Wahlen 2015 gab es keine vergleichbare Liste. Nur den ersten Platz kategorisieren wir als gut, der Rest gilt als unbekannt.
Beispiel: Bern, Liste 1, SVP
2015 gewonnene Sitze: 9
Kandidaten: 24
Gute Plätze: 10, passabel: 8, ungünstige: 6
Platz | Rating | Name | |
---|---|---|---|
01 | gut | Aebi Andreas, bisher | |
02 | gut | Bühler Manfred, bisher | |
03 | gut | Geissbühler Andrea, bisher | |
04 | gut | Hess Erich, bisher | |
05 | gut | Pieren Nadja, bisher | |
06 | gut | Rösti Albert, bisher | |
07 | gut | Salzmann Werner, bisher | |
08 | gut | von Siebenthal Erich, bisher | |
09 | gut | Amstutz Madeleine | |
10 | gut | Bärtschi Alfred | |
11 | passabel | Bösiger Beat | |
12 | passabel | Gerber Markus | |
13 | passabel | Guggisberg Lars | |
14 | passabel | Günthör Nadja | |
15 | passabel | Hofer Stefan | |
16 | passabel | Knutti Thomas | |
17 | passabel | Krähenbühl Samuel | |
18 | passabel | Küng Eveline | |
19 | schlecht | Lanz Raphael | |
... |
Beispiel: Bern, Liste 3, SP und Gewerkschaften – Frauen
2015 gewonnene Sitze: 3
Kandidatinnen: 24
Gute Plätze: 4, passabel: 2, ungünstige: 18
Platz | Rating | Name | |
---|---|---|---|
01 | gut | Masshardt Nadine, bisher | |
02 | gut | Wasserfallen Flavia, bisher | |
03 | gut | Dunning Samantha | |
04 | gut | Funiciello Tamara | |
05 | passabel | Bärtschi Daniela | |
06 | passabel | Battagliero Giovanna | |
07 | schlecht | Bauer Tanja | |
... |
Beispiel: Bern, Liste 28, «Die liebe, sehr sehr liebe Partei»
Neue Liste
Kandidierende: 15
Gute Plätze: 1, passabel: 0, unbekannt: 14
Platz | Rating | Name | |
---|---|---|---|
01 & 02 | gut | Kaiser Claudia | |
03 & 04 | unbekannt | Gosteli Christoph | |
05 & 06 | unbekannt | Suter Lea | |
... |
3. Und Ihre Daten?
Welcher Kandidatin Sie folgen und wen Sie ignorieren, bleibt vertraulich. Ausgewertet wird lediglich die Anzahl Rechts-Wischer, also wie viele Wählerinnen einer Kandidatin im Dialog folgen.
PS: Wussten Sie, dass Tinder-Nutzer im Schnitt 35 Minuten pro Tag swipen und chatten, Super-Likes verteilen und sich verabreden?
PPS: Sie sind begeistert oder skeptisch, Sie möchten loben oder kritisieren? Dann schreiben Sie uns an wahlen19@republik.ch.