Sieben Statistiken zum Journalismus und zum Geschäft der Republik
Was liest man von uns am meisten? Und wie überzeugen wir Menschen, dafür zu bezahlen? Klicks, Verkäufe, Kündigungen – die wichtigsten Zahlen.
Von Oliver Fuchs und Thomas Preusse, 04.02.2020
Das Geschäftsprinzip der Republik in zwei Wörtern: Journalismus kostet.
Und in einem ganzen Satz: Die Republik finanziert sich durch ihre Leserinnen – und nicht über Werbung. Das hat einen Einfluss darauf, an welchen Zahlen wir uns orientieren, wie wir neue Leserinnen gewinnen – und wie wir uns mit anderen Medien vergleichen.
1. Welche waren also die erfolgreichsten Beiträge der Republik?
Alle möglichen Dinge können im Internet «viral gehen». Lustige Videos, (Trump-)Tweets – und auch Journalismus. Ist es unser Ziel, dass sich auch Republik-Beiträge wie ein Lauffeuer verbreiten?
Jein.
Einerseits sind wir nicht auf haufenweise Klicks angewiesen, die wir mit Werbeanzeigen zu Geld machen. Andererseits wollen wir, dass unser Journalismus etwas auslöst. Und das lässt sich auch daran messen, wie viele Menschen einen Beitrag gesehen haben. Denn der beste Journalismus nützt nichts, wenn ihn niemand sieht.
Die Recherche «UBS in the Jungle» wurde nach einem Wahlkampfpatt im Mai 2018 in Malaysia wie wild geteilt und aufgerufen.
«Vor unseren Augen kreiert sich ein mörderisches System» – das Interview mit dem Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, über den Fall Assange – ist die jüngste Rakete. Sie hat die Top 5 in weniger als 48 Stunden erreicht.
Die Analyse «Der Kalte Tech-Krieg» wurde von der Lese-App «Pocket» empfohlen, worauf wir mehr Bandbreite bereitstellen mussten, um den Ansturm aus Deutschland bewältigen zu können.
Im Dezember 2019 hat die Kita-Recherche «Die Firma» schweizweit grosses Echo ausgelöst, im Mai 2018 war dies die Serie «Das Kartell» über den Bündner Bauskandal. Beide Beiträge wurden vor allem aus der Schweiz angesteuert.
Hier fällt auf, dass drei sehr aufwendige Recherchen oben ausschwingen. Wenn wir den Rechtsstaat verteidigen und gesellschaftlich-politische Missstände anprangern, wird das honoriert.
(Einen Ehrenplatz verdient hier das Lukas-Bärfuss-Interview mit 12’154 Seitenaufrufen.)
Das unbrauchbarste Feedback ist Schulterzucken. Es ist also ein gutes Zeichen, wenn unsere Beiträge zu reden geben. Die Anzahl Dialogbeiträge ist darum ein sehr wichtiger Gradmesser für uns.
Ich will es genau wissen: Die Republik im Ausland
Beiträge, die auch ausserhalb der Schweiz Beachtung finden, haben die grösste Gesamtreichweite. Wir beobachten aber auch, dass Klicks aus dem Ausland (auch aus anderen Sprachregionen) kaum zu neuen Mitgliedschaften führen. Das soll aber kein Ausschlusskriterium sein, ab und zu einen Beitrag zu übersetzen, wenn das Thema international hochrelevant ist. In den deutschsprachigen Nachbarstaaten Deutschland und Österreich gäbe es wohl Potenzial für Mitgliederwachstum. Dort sind wir dann aber mit 240 Franken vergleichsweise teuer, wenn man bedenkt, dass wir publizistisch auf die Schweiz fokussiert sind. Eine gezielte Expansion über die Landesgrenze hinaus würde uns – Stand jetzt – finanziell, personell und technisch überfordern.
2. Wann wird die Republik gelesen?
Die Republik startet am Montagmorgen um 5 Uhr in die Woche. Dann wird der tägliche Newsletter verschickt. Den letzten Newsletter verschicken wir am Samstagmorgen, selbe Zeit.
Unsere wichtigsten Kanäle sind die Newsletter, das Magazin (entweder im Browser oder in der App), (mit einigem Abstand) die sozialen Netzwerke und Verweise.
Wie man sieht, gibt es unter der Woche keinen Tag, an dem die Republik überdurchschnittlich oft gelesen wird. Dafür macht sich das Wochenende bemerkbar: Ab Freitagabend flachen die Besuche etwas ab – und das bleibt bis am Montagmorgen so. Interessant: Auch am Sonntag werden noch Newsletter gelesen, obwohl wir an diesem Tag keinen neuen verschicken.
3. Woher kommen die Leserinnen?
Die meisten Besuche verzeichnen wir direkt – also via App oder im Browser. Hier mit eingerechnet sind all jene, die ihre Herkunftsangabe unterdrücken. Darauf folgt mit kleinem Abstand der Newsletter.
Unter soziale Netzwerke und Verweise sind andere Websites und Apps summiert. Hier führt Facebook, gefolgt von Twitter, Google (wenn wir in der Google-Suche als Ergebnis auftauchen) und schliesslich die Lese-App «Pocket».
Etwa 3,4 Prozent des Gesamtvolumens kaufen wir mit Werbekampagnen hinzu. Also beispielsweise, wenn wir auf Facebook etwas Geld in die Hand nehmen, damit sich ein Post stärker verbreitet. Oder wenn wir auf Twitter damit werben, dass wir jede Woche über Justiz berichten.
Republik-Beiträge, die auf anderen Schweizer Websites verlinkt sind, bringen uns aktuell nicht viele Besucherinnen ein. Den 1. Platz macht die «Medienwoche» mit 0,039 Prozent, dicht gefolgt von «Watson» mit 0,036 Prozent und der NZZ mit 0,035 Prozent – im Chart unter Übrige zusammengefasst.
4. Wie bringen wir Besucher dazu, Mitglieder zu werden?
Besucht man die Startseite der Republik ohne Mitgliedschaft, wird das ganze Angebot erklärt: vom Monatsabo bis zur Gönnermitgliedschaft. Ausserdem kann man die Republik 14 Tage lang kostenlos probelesen.
Unser wichtigster Verkaufskanal sind aber die Beiträge selbst. Besucht man diese ohne aktive Mitgliedschaft, bekommt man einen sogenannten Störer angezeigt. Dieser – nun ja – stört das Lesen und fordert dazu auf, eine Mitgliedschaft abzuschliessen. Seit November 2019 wechselt die Aufforderung jedes zweite Mal. Dann wird das Probelesen beworben.
Wir haben seit Januar 2018 monatlich zwischen 275 und 1089 Mitgliedschaften und Abos verkauft.
Sonderfälle sind der Januar 2018 (Start der Publikation), der Januar 2019 (Erneuerung der Mitgliedschaften) und der Dezember 2019 (Kommunikation über den finanziellen Zustand der Republik).
Verkaufte Mitgliedschaften und Abos
Pro Monat
Anzahl neuer Mitgliedschaften und Monatsabos seit dem Start der Republik.
Ich will es genau wissen: «Probelesen» und «Republik teilen»
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Republik kostenlos kennenzulernen: «Probelesen» und «Republik teilen». Seit dem Sommer 2019 sind die beiden Optionen identisch – Sie haben 14 Tage lang Zeit, sich von den Inhalten der Republik zu überzeugen. Die «Republik teilen»-Funktion entstand mit dem Start des Feuilletons im September 2018. Damals konnte man vier Personen gratis zum Lesen einladen. Über die Festtage 2018 stockten wir auf fünf Personen auf – und seit März 2019 ist das Teilen mit fünf Personen konstant verfügbar.
Insgesamt hat unsere Verlegerschaft bereits 10’365 Einladungen zum Teilen verschickt. 4613 davon wurden eingelöst, und 612 neue Abos und Mitgliedschaften wurden dadurch letztlich gewonnen – rund 13 Prozent der eingelösten. Herzlichen Dank an alle, die ihre Mitgliedschaft mit Freundinnen und Feinden geteilt haben.
Über das neue Probelesen auf der Startseite haben seit dem Sommer 6421 Personen die Republik erkundet. Davon schlossen 614 eine Mitgliedschaft ab, also knapp jede zehnte. Das ist um einiges tiefer als die Rate bei persönlicher Einladung.
Erfreulich hingegen ist die Entwicklung beim neuen «Probelesen»-Störer auf einem Beitrag: Seit dessen Start im November 2019 haben bereits 1014 Personen damit eine Tour durch die Republik gemacht, und 150 haben sich anschliessend eingekauft – 15 Prozent.
Datenstand Teilen & Probelesen: 1. Februar 2020, 22 Uhr.
5. Und wieso gehen Verlegerinnen von Bord?
Wir lesen jede Kündigung. Und versuchen auch, Personen systematisch und persönlich zurückzugewinnen. Trotzdem gehen Verlegerinnen definitiv von Bord.
Kündigungsgründe
Alle nicht zurückgezogenen Kündigungen
«Weitere Gründe» enthält feingliedrige Kategorien. Ausserdem sind hier alle Kündigungen enthalten, die erfolgten, bevor wir via Kündigungsformular nach dem Grund fragten. Einige Personen haben mehrmals gekündigt, pro Kategorie zählen diese höchstens einmal. Datenstand: 3. Februar 2020, 23 Uhr.
Insgesamt haben seit Bestehen der Republik 7496 Personen unwiderruflich gekündigt. Weitere 5347 Personen haben die Mitgliedschaft still auslaufen lassen – und sich auch auf mehrmalige Kontaktversuche nicht mehr gemeldet.
6. Wie viele Mitglieder haben die Mitgliedschaft verlängert?
Erfreulicher ist die Entwicklung bei den Erneuerungen. Während im Januar 2019 noch 61 Prozent der Verleger verlängert haben, sind es dieses Jahr ganze 75 Prozent!
Die Basis stabilisiert sich
Erneuerungsrate in Prozent der Jahresmitgliedschaften
Das sind alle Jahresmitgliedschaften, die im Januar erneuert werden müssen. Durch den Publikationsstart im Januar 2018 fallen in diesem Monat jeweils die meisten Erneuerungen an.
Wir erklären uns diese Steigerung mit vier Faktoren:
Zweite Runde: Von befreundeten Projekten wissen wir, dass die Treue ab der zweiten Erneuerung ansteigt. Wer bereits einmal erneuert hat, ist im Grundsatz eher vom Produkt überzeugt.
Wir haben publizistisch zugelegt, sind dringlicher und fokussierter geworden.
Seit unserer Ankündigung vom Dezember 2019 haben wir viele vorzeitige Erneuerungen verbuchen können. Viele Verlegerinnen wollen unbedingt, dass die Republik überlebt – und finanziell stabiler wird.
Seit zwei Monaten buchen wir bei Mitgliedern mit Kreditkarte den Betrag automatisch ab, sofern diese Option im Bestellprozess nicht abgewählt wurde. Mitgliedschaften mit automatischer Abbuchung werden zu 90 Prozent erneuert.
Ich will es genau wissen: Automatische Abbuchungen
Bereits während des Crowdfundings im Jahr 2017 kommunizierten wir, dass wir Einzahlungen via Kreditkarte bevorzugen; das einzige, weitverbreitete Zahlungsinstrument mit automatischer Abbuchung in der Schweiz. Aber es erschien uns nicht angemessen, die ersten Erneuerungen (im Januar 2019) basierend auf einer Crowdfunding-Teilnahme im Mai 2017 automatisch zu belasten. Seit Herbst 2018 gibt es im Bestellprozess für die Mitgliedschaft eine entsprechende Checkbox.
Die hohe Erneuerungsrate bei diesen Verlegerinnen zeigt deutlich, dass es für die Unternehmung essenziell ist, dass möglichst viele Leserinnen ein automatisch belastbares Zahlungsmittel hinterlegen.
Wir prüfen zurzeit zusätzliche Zahlungsmittel mit automatischer Abbuchung. Bisher sieht es aber nicht besonders gut aus: Abgesehen von Kreditkarten gibt es wohl nicht viele Möglichkeiten. Aktueller Stand: Am ehesten kommt die E-Rechnung infrage. Und für Monatsabos SMS-Bezahlungen – also die Abrechnung über die Handyrechnung. Twint scheint in der Schweiz langsam Fahrt aufzunehmen, aber deren Support lässt uns schon eine Weile warten, was die automatischen Abbuchungs-Möglichkeiten betrifft.
7. Wie viel Reichweite haben wir eigentlich – und was heisst das im Vergleich zur Konkurrenz?
269’000 verschiedene Geräte griffen im Dezember 2019 auf republik.ch zu. 84 Prozent der Besuche kamen von Schweizer IP-Adressen.
Vergleicht man diese Zahl mit den Zahlen aus dem sogenannten NET-Metrix-Audit, liegen wir im Mittelfeld. Deutlich grösser als die «Wochenzeitung» mit 68’000 Zugriffen – und die «Weltwoche» mit 104’000. Aber deutlich kleiner als die Tageszeitungen: Die NZZ weist 4’805’000 und der «Tages-Anzeiger» 2’151’000 Zugriffe mit verschiedenen Geräten aus. Wobei anzumerken ist, dass bei der NZZ und der «Weltwoche» weniger als 55 Prozent der Besuche aus der Schweiz stammen. Beim «Tages-Anzeiger» kommen mindestens 85 Prozent aus der Schweiz. Und bei der «Wochenzeitung» mindestens 65 Prozent.
Ich will es genau wissen: Die Republik und der NET-Metrix-Audit
1. Zur Vergleichbarkeit der Zahlen
Aus dem NET-Metrix-Audit haben wir die Metrik «Unique Clients» genommen.
Die Zahlen zu republik.ch wurden mit Matomo aufgezeichnet. Für die Anzahl verschiedener Geräte nutzen wir die Metrik «Unique visitors». Wir haben unsere Zahlen bereinigt – Zugriffe in E-Mail-Applikationen, die wir ebenfalls in Matomo erfassen, wurden für diese Analyse ausgeschlossen.
Diese zwei Metriken sind grob vergleichbar. Aber das Messverfahren ist nicht identisch. Für beide Metriken gilt, dass es sich nicht um verschiedene Personen handelt. Die meisten Personen benutzen mehrere Geräte und Browser – und zählen entsprechend mehrfach. Umgekehrt haben einige Personen Erweiterungen wie «Privacy Badger» oder «uBlock» aktiviert, die beide Messungen blockieren. Und die Republik verzichtet darauf, Geräte aufzuzeichnen, die «Do Not Track» aktiviert haben.
2. Warum macht die Republik beim NET-Metrix-Audit nicht mit?
Diese zertifizierten Zahlen sind fürs uns als werbefreies Magazin nicht relevant. Hier die Produktinfo von NET-Metrix: «Im Fokus stehen […] Traffic-Kennwerte, welche der Werbewirtschaft als wichtige Entscheidungsbasis zur Vermarktung von Webangeboten sowie Controlling-Zwecken dienen.» Den Dienst zu nutzen, würde uns mehrere Tausend Franken pro Jahr kosten. Und die Republik ist aus Datenschutzüberlegungen Third-Party-Tracking-frei. Wir betreiben unsere Analysen mit Matomo selbst – und nutzen kein beliebiges Tracking-System, das extern betrieben wird.