Briefing aus Bern

Gesundheitskosten steigen, Genesung mit der CVP und das heikle Geschäft mit Syrien

Das Wichtigste in Kürze aus dem Bundeshaus (9)

Von Elia Blülle, 26.04.2018

Liebe Leserinnen und Leser

Die neusten Statistiken zeigen: Ihre Gesundheit kostet im Schnitt 803 Franken pro Monat – 4 Prozent mehr als im Vorjahr. Dieses starke Kostenwachstum führt dazu, dass die Krankenkassenprämien jährlich steigen. Das will die CVP ändern.

Die Partei hat am Wochenende eine Volksinitiative lanciert, mit der sie gegen die hohen Ausgaben vorgeht. Das Begehren ist simpel: Der Bund soll die Kostenübernahme der obligatorischen Krankenversicherungen so regeln, dass die Kosten nicht stärker anwachsen als die Gesamtwirtschaft und die Löhne.

In ihrer Argumentation verlangen die Christdemokraten vom Bund, dass mit einer Kostenbremse Fehlanreize beseitigt werden und dass die Effizienz gesteigert wird. Sie sind davon überzeugt, dass mit entsprechenden Massnahmen 6 Milliarden Franken eingespart werden können.

Mit ihrer Initiative greift die CVP ein offenkundiges Problem auf. Klar ist, dass sie damit im Parlament nicht auf Begeisterung stossen wird. Ähnliche Vorstösse lehnte die Bundesversammlung deutlich ab, und die Krankenkassen wehrten sich vehement gegen die Bestrebungen der Christdemokraten.

Das muss die CVP aber nicht kümmern, denn mit ihrer Initiative hat sie ein dankbares Wahlkampfthema gefunden. Wie bereits 2015 mit der Familieninitiative versucht sie auch bei den nächsten Wahlen 2019 über eine Volksabstimmung ins Gespräch zu kommen. Und trifft damit «das Sorgenthema Nummer eins» der Bevölkerung, wie Parteipräsident Gerhard Pfister an der Delegiertenversammlung in Cham mit Verweis auf die Ergebnisse des jüngsten Zürcher Politikbarometers betonte.

Mit der neuen Gesundheitsinitiative schärft die CVP ihr Parteiprofil abseits von Pfisters Wertedebatte. Der Vorschlag wird links und rechts Widerstand provozieren. Damit hat die Partei seit langem wieder einen Schwerpunkt gewählt, der Kontraste setzt und mit dem sich Wählerinnen gewinnen lassen. Eine Strategie, die 2019 aufgehen könnte.

PS: Wenn Sie mehr wissen möchten zu den Schweizer Gesundheitskosten, empfehlen wir diese Analysen von «Watson»-Autor Peter Blunschi. Er erklärt in seinem Artikel, wieso das Gesundheitswesen so schwer zu therapieren ist.

Und hier das Briefing aus Bern.

Bund lehnt direkte Unterstützung der SDA ab

Das müssen Sie wissen: In einer Motion forderte die SP eine direkte Unterstützung des Agenturjournalismus durch den Bund. Als Grund führt sie den massiven Stellenabbau bei der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) an. Die Sozialdemokraten befürchten, dass der Personalabbau die mediale Grundversorgung der Schweiz gefährdet.

Das sagt der Bund: Er lehnt die Motion ab. Aus Gründen der Staatsunabhängigkeit und der freien Meinungsbildung stehe er einer direkten Beteiligung durch den Bund kritisch gegenüber. Dennoch schliesse er eine Förderung im Rahmen des neuen Mediengesetzes nicht aus.

So geht es weiter: Bereits im letzten Herbst hat das Bundesamt für Kommunikation angekündigt, dass es die SDA mit zwei Millionen Franken aus dem Topf der Radio- und Fernsehabgaben unterstützen will. Zudem erarbeitet das Departement von Bundesrätin Doris Leuthard im Moment ein neues Mediengesetz, das in den nächsten Monaten vorgestellt wird. Dabei prüfe es auch gesetzliche Grundlagen zur Förderung des Agenturjournalismus.

Mehr dazu: Wir haben einiges über die SDA geschrieben. Im Artikel «Sabotage am Förderband der Realität» berichten wir über den Streik der SDA-Belegschaft und später, wie er gescheitert ist. Ausserdem hat unser Autor Simon Schmid die zehn Gebote der Medienförderung aufgestellt, damit im Journalismus wieder Milch und Honig fliessen. Empfehlen wir.


Konzernverantwortung bekommt Gegenvorschlag

Das müssen Sie wissen: Die Konzernverantwortungsinitiative will, dass Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards auch im Ausland einhalten. Dazu sollen Firmen, die im Ausland tätig sind, mit einer Sorgfaltspflicht belegt werden. Wird diese verletzt, können sie vor einem Schweizer Gericht eingeklagt werden. Das findet die Rechtskommission des Nationalrats eine gute Idee, dennoch will sie einige Korrekturen anbringen. Letzte Woche hat sie einen Gegenvorschlag angenommen.

Das will der Gegenvorschlag: Nur grosse Unternehmen oder solche, deren Tätigkeiten ein grosses Risiko für Menschenrechte oder Umwelt bergen, sollen mit einer Sorgfaltspflicht belegt werden. Das Original sieht eine solche Pflicht für alle Unternehmen vor. Ferner will die Kommission, dass Firmen nur für Schäden an Leib und Leben oder Verletzungen des Eigentums haften, nicht aber für Umweltschäden. Alle weiteren Abweichungen finden Sie hier.

So geht es weiter: Der finale Text zum Gegenvorschlag wird im Mai präsentiert und dann voraussichtlich in der Sommersession vom Parlament behandelt. Kommt der jetzige Gegenvorschlag unverändert durch, stellen die Initianten einen Rückzug ihrer Version in Aussicht.

Mehr dazu: In diesem Beitrag des SRF-Wirtschaftsmagazins «ECO» werden Pro und Kontra der Initiative einander gegenübergestellt. Gute Vorbereitungen für die kommenden Debatten.


Gefährliche Lieferung nach Syrien

Das müssen Sie wissen: Recherchen des Westschweizer Fernsehens RTS zeigten, dass syrische Firmen 2014 über fünf Tonnen Isopropanol aus der Schweiz erhalten haben. Dieses Lösungsmittel, das normalerweise für die Herstellung von Desinfektionsmittel verwendet wird, ist ein wesentlicher Bestandteil des Giftgases Sarin.

Das ist das Problem: 2013 hat die Armee unter Bashar al-Assad das Giftgas Sarin im syrischen Bürgerkrieg gegen Menschen eingesetzt. Die Uno hat deshalb 2014 die Bestände von Isopropanol im Besitz des syrischen Regimes vernichtet. Auch die EU reagierte und verhängte ein Exportverbot, welches die Schweiz übernommen hat. Trotzdem lieferte eine Schweizer Firma 2014 Isopropanol nach Syrien – bewilligt vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

So reagiert das Seco: Das Exportverbot gelte nur, wenn man davon ausgehen müsse, dass das fragliche Gut für ein Massenvernichtungswaffenprogramm verwendet werde. Bei der Empfängerin habe es sich um eine der grössten Pharmafirmen in Syrien gehandelt, welche auch selber Pharmazeutika herstelle, erklärte das Staatssekretariat für Wirtschaft gegenüber SRF. Heute würde man ein solches Geschäft wohl nicht mehr bewilligen.

So geht es weiter: Der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates, Josef Dittli, will eine Abklärung veranlassen und untersuchen, ob das Geschäft legal war oder ob eine Gesetzeslücke besteht.


Bund will härtere Strafen für Gewalt- und Sexualdelikte

Das müssen Sie wissen: Das Schweizer Strafgesetzbuch wurde in den letzten vierzig Jahren 70-mal revidiert. Noch nicht überprüft wurde, ob die Strafen tatsächlich der Schwere der Verbrechen entsprechen und in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das hat der Bundesrat nun überprüft.

Das will der Bund ändern: Die Mindeststrafe wird bei einer Vergewaltigung von einem Jahr auf zwei Jahre Freiheitsstrafe angehoben, zudem wird der Tatbestand geschlechtsneutral gefasst – zuvor galt als Vergewaltigung nur, wenn ein Mann eine Frau zum Beischlaf nötigte. Bei sexuellen Handlungen mit Kindern, die nicht als Vergewaltigung gelten, wird eine Mindeststrafe von einem Jahr eingeführt. Zudem verdoppelt der Bund auch die Mindeststrafe bei schwerer Körperverletzung: Wer schuldig gesprochen wird, muss neu mit mindestens einem Jahr Gefängnis rechnen.

So geht es weiter: Der Bund hat am Mittwoch die erste Fassung der Revision verabschiedet. Als Nächstes wird sie von den Kommissionen und der Bundesversammlung behandelt.


Zahlen der Woche: Arbeit

In dieser Rubrik stellen wir Ihnen die neusten und wichtigsten Zahlen aus dem Bundesamt für Statistik (BFS) kurz vor. Wir empfehlen für die detaillierten Erläuterungen der Zahlen jeweils einen Besuch der BFS-Website.

Arbeit: Immer mehr Personen arbeiten mit befristeten Verträgen. Die Zahl der Angestellten ohne festen Job ist seit 2010 von 6,7 auf 8 Prozent gestiegen. Davon entfiel ein Grossteil auf 15- bis 24-Jährige, die ein Praktikum absolvieren. Ebenfalls bemerkenswert: In den letzten Jahren hat es immer weniger Personen gegeben, die am Wochenende oder in der Nacht arbeiten.

Debatte zum Briefing aus Bern

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