Dialog

Beiträge zu «Der Zug»



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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Aus der Sicht der Opfer, ist jeder Krieg ein Unglück und der Gegner mindestens ungerecht.
Aus der etwas entfernteren Perspektive muss man aber feststellen, dass in dem Jahr, wo Serbien ein paar hundert Opfer zu beklagen hatte, serbische Freischärler und reguläre Truppen im Kosovo, nach konservativen Schätzungen, rund zehntausend Menschen töteten.
Im Verlauf der, massgeblich von Serbien ausgelösten, Jugoslawienkriege verloren mindestens hunderttausend ihr Leben.

Beeindruckend, dass Frau Jovanović den Tod ihres Mannes nicht einfach in die Verantwortung des 'Westens' abschiebt, sondern sie auch bei den Politikern ihres Landes verortet.

Ganz anders die heutige Regierung. Es sind halt wieder die Faschisten, welche sich in ihrer Opferrolle suhlen und dafür zu Gewalt an anderen aufrufen.
Dass dabei noch nie etwas Gutes herausgekommen ist, übersehen grosse Teile der Bevölkerung geflissentlich. Es ist halt viel einfacher, etwas kaputtzuhauen, als konstruktiv etwas aufzubauen.
Wann werden die Menschen endlich einsehen, dass Zerstörung und Mord immer für beide Seiten nur Nachteile bringt?

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Vielen Dank für diesen differenzierten Kommentar, Herr Reber.

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Leserin
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Danke, haben Sie die Geschichte Jugoslawiens und seines Zusammenbruchs für uns vergegenwärtigt. In der Schweiz leben sehr viele von den damaligen Kriegen Betroffene, was eine Zeitlang Auswirkungen hatte auf die Stimmung in Arbeitsteams und in Klassenzimmern. Was mich letzthin aber verblüffte: es gibt offensichtlich Menschen in der Schweiz, die schon damals erwachsen waren, denen der Begriff Jugoslawien nichts sagt. Auf der anderen Seite lebt eine grosse Gruppe Serben und Serbinnen bei uns, die Russland als Schutzmacht empfinden. So wie vielen von uns das Geschichtsverständnis in Bezug auf die Ukraine fehlte, mit sträflichen Folgen, so ist offenbar auch die jüngere Geschichte von Jugoslawien und der Nachfolgestaaten vergessen gegangen. Geschichte sollte einen viel grösseren Raum einnehmen in den Alltagsgesprächen, wo‘s immer auch um Politik und Wertungen geht.

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Vielen Dank für diese Rückmeldung, Frau D.! Sie haben absolut recht: Geschichte hilft, die Gegenwart zu verstehen.

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Andreas Fischer
nachdenklich
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Machen Sie es sich nicht etwas zu einfach, Frau Hamilton-Irvine? Die Autorin, Frau T., hat einen widersprüchlichen und komplexen Sachverhalt aufgezeichnet. Wie kann ich nun damit die Geschichte der Gegenwart verstehen - ich verstehe höchstens, dass es die Geschichte gar nicht gibt! Keinesfalls darf ich meinem Urteil und meiner Meinung nur mein bestätigendes und beruhigendes Weltbild zugrunde legen. Sonst passieren gerade wieder Konflikte die wir ja vermeiden wollen. Je nachdem, welchen Zeitpunkt in der Geschichte jemand in seinem "Alltagsgespräch" als Ausgangspunkt nimmt kann unterschiedlich argumentiert werden. Wie kommen wir aus diesem gefährlichen Teufelskreis zu einem konstruktiven Verstehen?

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Danke für diesen sehr differenzierten Artikel, der auch einer serbischen Position Platz einräumt, die in unseren Medien selten zur Sprache kommt.
Mit einer Einordnung bin ich allerdings gar nicht einverstanden: "Das zeigt: Die Bomben haben nicht nur Brücken und Gebäude nieder­gerissen, sondern auch das Vertrauen grosser Teile der Bevölkerung in den Westen erschüttert." Aus meiner Sicht erfolgte die Abwendung Serbiens von Europa/vom Westen sehr viel früher. Nämlich damals, als der von Milosevic propagierte Ultranationalismus zu Beginn der Neunzigerjahre Oberhand gewann. Von dort zur "Wiedergeburt" des Panslawismus - welcher stets einer Anerkennung des Führungsanspruchs Russlands gleichkommt - war der Weg kurz. Russland und Serbien teilen zudem einen ähnlichen Opferkult: Russland fühlte sich stets durch Europa zurückversetzt und gedemütigt, Serbien durch die Türken bzw. deren muslimische "Stellvertreter" in Bosnuen und im Kosovo. Beide reagieren darauf mit dem selben Reflex: Krieg gegen die angeblichen Unterdrücker.
All dies: Die Nähe zu Russland, das Abgleiten in den Faschismus, die Abwendung vom Europa der Aufklärung und der Demokratie kommt für mich in einem noch heute abrufbaren YouTube-Video konzentriert zum Ausdruck: Der Kriegsverbrecher Karadžić besucht zusammen mit dem russischen Faschisten Limonov die serbischen Truppen, welche Sarajevo belagern und beschiessen. Das war 7 Jahre vor den Bomben auf Belgrad.

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interessierter Leser
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Sliwowitz?
Der serbische Obstbrand ist nicht Raki, wie im Text erwähnt, sondern Sliwowitz. Raki ist ein türkischer Anisschnaps.
Ansonsten: sehr guter Artikel, der mal die Sicht einer serbischen Betroffenen zeigt. Sonst kommen (in anderen Medien) doch nur die serbischen Nationalisten zu Wort, oder aber der Westen.

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Nein. Sliwowitz ist nur eine Spielart von Rakija. Rakija ist grundsätzlich einfach eine Spirituose aus Obst, ein Obstbrand. Grundkage können verschiedenste Früchte sein. Wenn er aus Pflaumen (slawisch: Sliva) gebrannt wird, heisst er Slivovitz. Wenn Rakija zusammen mit Anissamen noch einmal destilliert wird, entsteht daraus der türkische Raki oder der griechische Ouzo.

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Reporterin
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Hallo Klaus! Hier ist Franziska, die Autorin des Artikels. Raki bzw. Rakija ist tatsächlich die richtige Bezeichnung. Oft wird dieser mit Anisschnaps (den ich persönlich gar nicht gerne trinke) verwechselt, der (wie sie richtig schreiben) in der Türkei aber selten in Serbien getrunken wird. Von Rakija hat auch der Protagonist Vladimir im Interview gesprochen.

Aber am Ende egal: Beides schmeckt sehr köstlich. Mit freundlichen Grüßen,

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DPhil Politologie
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· editiert

Ein sehr guter, differenzierter Artikel. Es ist zurzeit wichtiger denn je, dass die Öffentlichkeit die Verbindung des Ukrainekriegs mit Serbien versteht, dass ein Bewusstsein dafür da ist, mit welchen Machthabern wir es dort zu tun haben, inklusive ihrer Geschichte unter Milosevic wie auch ihrer autoritärer Tendenzen seit Jahren. Serbien wurde von Freedom House 2018 offiziell als hybrides Regime eingestuft aufgrund der graduellen Erosion von Opposition, unabhängigen Medien und Zivilgesellschaft. All das passiert immer mit dem Feindbild des Westens (genau wie in Russland) und die NATO Bombardierung wie auch die Opfer werden dabei instrumentalisiert. Eine Fraue zu Wort zu bringen, die trotz der enormen Tragik, Ambivalenz aushalten kann, ist sehr wirkungsvoll. Wenn sie es kann, sollten auch wir imstande sein, nicht der einfachen schwarz weiss Denkweise zu verfallen.

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Danke für diesen Beitrag, Leandra!

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DPhil Politologie
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Danke euch!

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Das ist so ein krasser Vergleich der Anzahl Toten, dass man ihn gar nicht machen kann, ohne rein polemisch zu sein:

Die Jugoslawienkriege forderten insgesamt 140’000 Menschenleben und das Bombardement, das die Kriege endlich beendete, forderte 453 zivile Tote.

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Ich möchte weiterhin anfügen, dass beim Armenischen Völkermord 1’000’000 Armenier und 30’000 Türken ihr Leben verloren haben. Niemand hat da ein Recht, die Zahl der türkischen Opfer den armenischen Opferzahlen gegenüberzustellen.

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Die Kriegsschuld (multiple in einander verwoben Konflikte) und mit ihr alle Opfer einseitig den Serben anzulasten ist doch mindestens genauso polemisch und wird der Komplexität der Vorgänge nicht gerecht. Oder ist der kroatische oder slowenische Nationalismus Anfang der 90er gänzlich ohne Folgen geblieben?

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John, when people thought the earth was flat, they were wrong. When people thought the earth was spherical, they were wrong. But if you think that thinking the earth is spherical is just as wrong as thinking the earth is flat, then your view is wronger than both of them put together.

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Abschnitt 5, zweite Zeile: statt "Angelrouten" müsste wohl "Angelruten" stehen :)

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Ups! Danke für Ihr Sperberauge, ist korrigiert.

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DPhil Politologie
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Bei Süen fehlt auch das D.

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Marco Zaugg
Coach und Prozessbegleiter
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Danke für diesen Beitrag, der Autorin und der Republik.

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