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Pflegefachperson
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Ich habe mich inzwischen mit den Impfverweigerern abgefunden, bzw. resigniert. Was dann aber jeder und jede einzelne BITTE UNBEDINGT machen soll, wenn er/sie ungeimpft mit Covid im Spital landet: die so hoch geschätzte „Eigenverantwortung“ auch wahrnehmen und dazu stehen. Dem behandelnden Ärzteteam mitteilen, dass bei einer Verschlechterung der Covid-Symptomatik die Verlegung auf die Intensivstation, die Intubation und die Reanimation verweigert wird. Dies auch den Angehörigen klar so kommunizieren. Und zwar so lange sie sich noch einigermassen fit fühlen, und nicht erst wenn sie nachts um 4 wegen Atemnot keine ganzen Sätze mehr über die zyanotischen Lippen bringen… Am besten noch heute die Patientenverfügung ausfüllen, unterschreiben und eine Kopie davon den Angehörigen und der Hausärztin abgeben. Kann online ausgedruckt werden und ist schnell erledigt. So können sie uns und dem Ärzteteam die Last der Entscheidung abnehmen. Es wäre so einfach. Dankeschön.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Als jemand, der in Grossübungen Triagen geübt hat und dessen Mutter, die nach 38 Jahren als IPS-Pflegefachfrau pensioniert worden ist, aufgrund voll besetzter IPS-Stationen und überlastetem Personal zurückgerufen wird, bin ich nur noch wütend und enttäuscht – über die Ignoranz, den Egoismus und den Zynismus der Menschen, der Wirtschaft und der Politik. Mit dieser Einstellung stehe ich gegenüber dieser Pandemie, den folgenden und nicht zuletzt der Klimakatastrophe sehr pessimistisch gegenüber. Trotzdem, dennoch lasse ich mir den «Optimismus des Herzens» nicht nehmen. Aber es ist schon viel schwerer geworden.

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Genesen(d)e
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· editiert

Liebe Frau Pflegefachperson, ich verstehe Sie gut, auch Ihren Appell. Was mich betrifft, so ist die Patientenverfügung deponiert. Ich bin auch sicher, dass die wenigen anderen Menschen, die die Republik unterstützen und lesen, aber dennoch (!) nicht geimpft sind, und dafür gute Gründe haben, so verantwortungsvoll sind. Bei den Personen, die ich gut kenne, weiss ich das sogar. Aber mit dieser Patientenverfügung ist es nicht getan.

Meine Bitte an alle ist: Ob Sie geimpft sind oder nicht, seien Sie solidarisch. Tragen Sie die Maske, bleiben Sie daheim, respektieren Sie andere Meinungen, lassen Sie die anderen in Ruhe und werfen Sie niemandem — ob geimpft oder ungeimpft — seine Haltung vor. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Pflegeinitiative durchgesetzt wird. Erklären wir den Regierenden, dass das Gesundheitswesen so reorganisiert werden muss, dass es diesen Namen verdient. Drängen wir sie dazu. Dass sie den Schwerpunkt auf Prävention legen. Setzen wir uns dafür ein, dass die Wahrheit eine Möglichkeit hat, ans Tageslicht zu kommen.

Werden Sie nicht müde, gute Nachrichten zu verbreiten, wie: Dass der Krebs keine Himbeeren, Baumnüsse und Rucola mag, Dass Rauchen, Fanta, Nachtschicht und frittiertes Junkfood das Immunsystem kaputt machen. Dass Entfremdung, Dauerstress, Streit und Feindseligkeiten uns krank machen. Dass wir dem Planeten und unseren Enkeln schulden, dringend gegen die Klimaerwärmung und für Klimagerechtigkeit zu arbeiten. Auf dass wir ein sinnvolles Leben führen, und einander darin bestärken, um die Welt enkeltauglich zu machen. Weil wir auf der Welt sind, um uns mit ihr zu verbinden, und weil wir hier eine Aufgabe haben, oder viele. weil wir die Welt und unser Leben nur dann geniessen können. Gemeinsam.

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Sehr geehrte Frau H.
Grundsätzlich wäre ich Ihrer Meinung gewesen… zumindest bis vor ein paar Monaten. Inzwischen frage ich mich bei Aufrufen wie “Seien Sie solidarisch” und “Werfen Sie niemanden seine Haltung vor”, ob das nicht zu wenig und nicht auch ein bisschen feige ist… Im Angesicht der Zahlen und der Erkenntnis, dass wir sehenden Auges und billigend Tod, Leid und maximale Überlastung von Menschen (Pflegepersonal, Ärzte, Angehörige) in Kauf nehmen… Ich habe keine Lösung, aber “nur” solidarisch zu sein, nichts zu sagen und “gute Nachrichten” zu verbreiten, erscheint mir tatsächlich zu wenig…
@ Daniel Binswanger: DANKE für Ihren wieder mal so glasklaren “Auf-den-Punk-Artikel.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Warum nicht:

Meine Bitte an alle ist: Seien Sie solidarisch, impfen Sie sich, wenn Sie irgendwie können.

Werden Sie nicht müde, gute Nachrichten zu verbreiten, wie Nicht-Impfen erhöht wesentlich das Risiko angesteckt zu werden, länger andere anzustecken, einen schwereren Krankheitsverlauf zu haben, unnötig IP-Stationen zu besetzen und IPS-Personal zu belasten, dass pensioniertes IPS-Personal zurückkehren muss, Wahleingriffe verschoben werden, Triage eingeführt werden muss, ja dass letztlich das Spital- und Gesundheitssystem überlastet wird und zusammenbricht.

Also impfen Sie sich, wenn Sie irgendwie können, weil wir die Welt und unser Leben nur dann geniessen können. Gemeinsam.

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Das wird nicht stattfinden. Menschen unterliegen Wahrnehmungsverzerrungen zu eigenen Gunsten, hier einfach besonders sichtbar. Deshalb kann die Einsicht, dass es eine Selbstüberschätzung ist, dass der eigene Körper mit der Pandemie klarkommt, weil man ja so "gut aufpasst auf ihn" nicht früh genug kommen. Oder die Einsicht, dass es doch mehr ist "als nur eine Grippe", oder dass "nicht der Staat einen einfach kontrollieren will". Nicht dann, wenn noch eine Regelung möglich ist. Also nicht, solange sie noch Atem haben.

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pensioniert und voll im Leben
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In meinem nächsten Menschenkreis folgende Haltung: wer an die ganze Pandemiesache glaubt, ist fehlgeleitet. Die andern, die Aufgeklärten eben, müssen sich deshalb an keine Massnahmen halten. Maske unzumutbar, wird auch im vollen ÖV nicht getragen. Auf meine Bitte, eine zu tragen, kommt als Gegenargument: es komme immer wieder vor, dass in der SBB dann andere Passagiere dem Beispiel folgen würden und ihre Maske (grinsend) auch ausziehen. Wenn dieser mir "nahe" Mensch seine Meinung ändern würde, würde er vermutlich seinen Freundeskreis verlieren. Diese Form von Selbsteinschätzung und vollkommen mangelnder Empathie macht mir mehr zu schaffen als jedes noch so mutierte Virus – mit diesem lerne ich grad leben!

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Pflegefachperson
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Findet statt. Ich betreue ja PatientInnen die sich so äussern und das auch verbindlich festhalten. Sollte jede/r machen.

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Christina Marchand
Geschäftsleitung myNewEnergy
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Ich finde ihren Artikel sehr einseitig. bin dreifach geimpft, also kein Skeptiker. Es gibt nicht nur Corona Kranke, sondern auch Einsame, Deprimierte, Leute mit Ängsten, Jugendliche, die sich umbringen usw. Wegen verkehrstoten und verletxten wird kein Auto angehalten. Ich fände es nicht korrekt nun alles wegen Corona zu vergessen und die Menschen mit Corona über alles zu stellen. wenn wir ehrlich sind, dann ist unsere gesamte Gesellschaft eine einzige Triage, in allem Bereichen werden weichen gestellt, wodurch manche Menschen bessere Chancen erhalten als andere. in der Klimakrise berauben wir gerade eine ganze Generation ihrer Zukunft. wir werden mit tödlichen Viren leben müssen und uns sicher besser vorbereiten, aber menschliches zusammen kommen ist auch wichtig für unser überleben. warum werden für die Milliarden keine speziellen Corona Kliniken gebaut und speziell Menschen geschult. wenn das Gehalt hoch genug wäre dann würde man sicher genug Mitarbeiter finden, ev. auch im MilizSystem, aufgebaut wie die feuerwehr. Es hätte in den vergangenen 2 Jahren genug Zeit gegeben, sich besser vorzubereiten.

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Mich persönlich verreisst es fast, wenn ich täglich (in der Notfallstation) sehe, welche Ressourcen, menschlich und finanziell, die 90% ungeimpften Covid Patienten binden. Ich habe auch noch keinen unter 70 Jährigen erlebt, der, als es hart auf hart kam, sagte, er sei jetzt bereit zu sterben, ohne dass alles (Intensivstation) versucht wurde.
Ich frage mich wirklich, hätten etwas strengere Massnahmen im November nicht die Welle abgeflacht, um das, was jetzt über Weihnachten mit Sicherheit kommen wird (z.B. Personeneinschränkungen an Weihnachtsfeiern, aber auch Triage), zu verhindern.
Was ist das für eine Politik, die die Schweiz ungebremst in eine solche Situation wie heute hat rasseln lassen? Sie erwähnen die Klimakriese, ja, ich denke auch, dass es auch beim Klima genau so passieren wird.... das deprimiert

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Vielen Dank für diesen Kommentar. Ich frage mich seit geraumer Zeit, warum die Diskussion einseitig nur um Massnahmen zum Verhindern einer Überlastung des Gesundheitssystems geführt wird. Wenn eine Ressource knapp wird, kann man auf zwei Seiten anpassen: Man kann versuchen, weniger davon zu brauchen oder mehr davon zur Verfügung zu stellen. Die zweite Möglichkeit wird kaum diskutiert. Ea gibt viele, die wegen den Arbeitsbedingungen aus dem Gesundheitssystem ausgestiegen sind und vermutlich bei ausreichendem Lohn und akzeptablen Bedingungen zurückkehren würden.

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Statt Brände zu verhindern mehr Feuerwehrleute ausbilden ... ist das wirklich der Weisheit letzter Schluss?

Braucht es wirklich eine lange Diskussion um zu erkennen, warum das keine gute Idee ist?

40% der Covid-Patienten auf der Intensivstation verlassen das Spital im Sarg.

Ist es wirklich damit getan, wenn die Menschen gut betreut sterben? (Sofern man bei der aktuellen Auslastung der Intensivstationen noch von guter Betreuung sprechen kann?)

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"Die zweite Möglichkeit wird kaum diskutiert. " Wir hatten über Wochen heftigste Diskussionen in sämtlichen Kanälen über dieses Thema. Die Fakten sind halt einfach so: Wir befinden uns in einem Teufelskreis. Weil die Arbeitsbedingungen auf Grund der seit Jahren herrschenden Personalnot unzumutbar sind, verlassen immer mehr Fachleute die Spitäler. Und weil dies geschieht, werden die Arbeitsbedingungen noch unzumutbarer. Aus dieser Negativspirale kommen wir auch mit Lohnerhöhungen kaum heraus. Und mehr Leute auszubilden, dauert halt einfach Jahre. Man kann nicht am Gras ziehen, damit es schneller wächst.

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Fein. Bei der Klimakatastrophe bauen wir dann auch erstmal eine Arche Noah, bevor wir die Ursachen bekämpfen? Sie wollen wirklich in einer Welt leben, die Folgen und nicht Ursachen bekämpft? Was, wenn sie irgendwann einmal zufällig auf der falschen Seite stehen und Sie selbst die Folgen zu tragen haben?

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Was ich bei solchen Äusserungen zum Thema nicht verstehe, sind die Forderungen zur Rücksichtnahme auf Verweigerer, ohne Forderungen zur Rücksichtnahme auf durch Verweigerer gefährdete Menschen. Die Verweigerer fühlen sich ausgegrenzt und die, die durch Verweigerer ausgegrenzt werden, zählen nicht? Dieses "menschliche Zusammenkommen" ist doch wieder nur ein Strohmann um Rücksichtslosigkeit zu verklären.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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«Nehmt auf meine Rücksichtslosigkeit Rücksicht!» ist wie «Seid gegenüber meiner Intoleranz tolerant!» – Das eine zerstört letztlich die Rücksichtnahme, das andere die Toleranz.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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wenn wir ehrlich sind, dann ist unsere gesamte Gesellschaft eine einzige Triage, in allem Bereichen werden weichen gestellt, wodurch manche Menschen bessere Chancen erhalten als andere. in der Klimakrise berauben wir gerade eine ganze Generation ihrer Zukunft.

Weil wir dort falsch handeln, sollen wir also hier auch falsch handeln? Würden Sie dann auch sagen:

Ich fände es nicht korrekt nun alles wegen der Klimakatastrophe zu vergessen und die Menschen, die unter ihr leiden, über alles zu stellen. wir werden mit Klimakatastrophen leben müssen […].

Wenn Sie aber den grossen «Zukunftsraub» falsch finden, dann müssen Sie auch den kleinen «Zukunftsraub» falsch finden. Dies wäre zumindest die einzig konsistente Haltung.

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Genesen(d)e
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Das sehe ich wie du, Christina. Wir, du und ich, sind dran, gemeinsam mit einem wachsenden Teil der jungen Generation, die uns Hoffnung gibt, und die Zuversicht, dass sie es besser machen.

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Ihre naive "Wir sind alle im gleichen Boot-Rhetorik" ist hier leider genau falsch.

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Chronist der Pandemie
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Ja, Herr Binswanger, es ist höchste Zeit, ¬"heftig und ohne Tabus über die sich ankündigende Katastrophe" zu diskutieren. Ich bin wütend und möchte meinen Frust hier deponieren.

Mit Jahrgang 1940 bin ich ein älteres Kaliber, aber gesund, geimpft und ohne Vorerkrankungen. Ich bin nicht wütend, weil ich A. um meine Gesundheit habe, sondern wegen der gesellschaftlichen Entwicklung in unserem Land.

Alle warten nun, bis die Meldung die Runde macht, dass die Intensivstationen der Schweiz bis auf eine Handvoll Betten belegt sind. Dann ist man betrübt, dass die bisherigen Massnahmen nicht zum Erfolg führten, obwohl jeder weiss, dass sie zu spät ergriffen wurden. Aber die Entscheidungsträger hoffen auf Nachsicht, denn bei der zweiten Welle wurde ja der gleiche Fehler gemacht, und "das Volk" hat es goutiert.

Auch viele Kantone fuhren in der zweiten Welle diese Schiene, vor allem in der Ostschweiz. Unser Kanton (SG) hatte dann die grösste Übersterblichkeit aller Kantone zu beklagen, aber es wurde angemerkt, dass die Intensivstationen nie ans Limit kamen. Allerdings war das nur dem Umstand zu verdanken, dass hier viele von uns Alten nicht auf die IPS wollten und im Heim starben. Man könnte das auch als Solidarbeitrag der Alten an die Gesellschaft deklarieren.

Heute ist das ganz anders. Heute bevölkern zu einem schönen Teil willentlich Ungeimpfte die Intensivstationen. Und dann lesen wir "Ungeimpfte auf der Intensivstation sind oft sehr fordernd" https://epaper.tagesanzeiger.ch/#da…2021-12-08

Das führt mich zum zweiten Anlass meines Frusts: die Lauten in unserer Gesellschaft. Dass die Entscheidungsträger versagen, hat auch mit diesen Lauten zu tun. Sie wissen schon, die Treichler, die Mass Vollen, die Freunde der Verfassung u.a.m. Da wird die persönliche Freiheit zelebriert. Und nebenbei vermerkt, dass doch vor allem nur Alte gestorben sind (das lese ich immer wieder in Kommentaren in populären Newsmedien). Da kann ich nur sagen: Ja, das stimmt. Aber ihr wollt ja auch mal alt werden, und dann möchtet ihr menschenwürdig behandelt werden, auch in einer Notsituation. Und: Bei der Spanischen Grippe 1918 starben vor allem Menschen zwischen 20 und 40. Seid ihr in einem solchen Szenarium mehr wert? - Verkürzt gesagt: Die Selbstverwirklichung geht vor. (Das war ja schon vor der Pandemie ein Leitstern vieler unserer Zeitgenossen.)

Dann war da die Kampagne um das Covid-19-Gesetz. Laut waren da nur die Gegner. Die Befürworter hielten still und warfen heimlich das Stimmcouvert in den Briefkasten. Da wurde von den Geimpften Toleranz gefordert, z.B. in der "Ostschweiz" https://www.dieostschweiz.ch/artike…en-gjMm4na
Eigentlich meinte man nicht nur Toleranz, denn dann wäre ich ja durch ihr Verhalten nicht beeinträchtigt, sondern Solidarität. Also Solidarität, damit die Impfunwilligen ihren Freiheitsdrang ausleben konnten, nach dem Motto von Rousseau "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern dass er nicht tun muss, was er nicht will." (Das Zitat stammt aus obiger Webseite.) Überspitzt gesagt: Sie wollen unsere Solidarität, damit sie unsolidarisch ihre Freiheit ausleben können.

Diese Lauten beeinflussen zweifellos unsern Weg durch die Pandemie. Wie können wir da ein Gegengewicht geben, damit ein faires Austarieren zwischen Gemeinwohl und persönlicher Freiheit, zwischen Alt und Jung, zwischen wirtschaftlichem und gesundheitlichem Wohlergehen zustande kommt?

Müssten wir lauter werden? Müssten ein paar von uns Alten auf dem Bundesplatz in den Hungerstreik treten? Oder müssten noch drastischere Manifestationen her? Ich meine, den Lauten müsste etwas entgegengesetzt werden. Vielleicht hat die Community Ideen!

Für mich gilt jedenfalls: In einer Pandemie ist nicht die Pflege der eigenen Freiheit sondern Solidarität angesagt, auf beiden Seiten.

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Die Analyse von Herrn Binswanger bringt es auf den Punkt und doch vermisse ich einen wichtigen Punkt und Aspekt. Wer und was sind die treibenden Kräfte hinter der Schweizerischen Pandemipolitik? Wieso ist bei uns eine Pandemiepolitik möglich, die uns auf Platz 17 in der Welt pro Kopf und auch einen Spitzenplatz bei den Toten pro Kopf bringt. Wer will diese Politik, weil er davon profitiert. Diese Kräfte sollte man demaskieren und nennen. Dies ist notwendig, um eine Änderung zu erreichen, in dem sie an Macht verlieren. Gerne würde ich hier die Einschätzung der Republik erfahren. Für mich sind es die gleichen Kräfte, welche bei allen gesellschaftlichen Fragen immer das Eigenwohl vor das Gemeinwohl stellen.

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Ja, ich habe das gleiche gedacht, möchte aber versuchen, es "deutsch und deutlich" zu formulieren:

Hier werden die Entscheide nicht aus ethischen, moralischen Erwägungen getroffen, sondern aus glasklaren und knallharten, ökonomischen Gründen:
Die Maximierung der Konzernprofite wird höher gewertet als der Erhalt der Volksgesundheit! Inzwischen sind wir schon soweit, dass die durchschnittliche Lebenserwartung wegen der Übersterblichkeit wieder sinkt.

Ich erinnere mich z.B. an eine Diskussion im SRF-Club vom letzten Winter, in der ein Vertreter von Economiesuisse offen und unwidersprochen damit prahlen konnte, er hätte für die Pandemiepolitik dem Bundesrat Vorschläge gemacht. Und der habe diese übernommen... Das Ergebnis kennen wir inzwischen.
Oder: Bei der kürzlichen Veröffentlichung der Bilanz-Liste der 300 Reichsten wurde stolz verkündet, dass diese 2021 "um 115 Milliarden" reicher geworden seien. Natürlich haben sie diesen Zugewinn nicht nur in der Schweiz erzielt - aber auch!
"Trotz Corona", heisst es in der Bewertung der 'Bilanz', "haben die 300 Reichsten an Vermögen zugelegt. Das ist nicht selbstverständlich. Nach der Weltwirtschaftskrise 2008 dauerte es 5 Jahre, bis die Vermögen den Vorkrisenstand wieder übertrafen."

Wird da nicht klarer, in wessen Interesse, die Massnahmen und Entscheidungen getroffen werden?

Zum andern erstaunt es mich immer wieder, wie Begriffe nicht konsequent und bis zu Ende hinterfragt werden. Nur ein Beispiel:
"Wir reden von Eigen­verantwortung, aber wir meinen unseren Egoismus." (D.Binswanger)
Dieses Wort von der 'Eigenverantwortung' hat die Politik, allen voran BR Berset in die Pandemie-Diskussion eingeführt. Neben dem Schüren von Egoismus, der bei einer Minderheit auch funktioniert hat, hatte es aber noch eine zweite Aufgabe: Es wälzte die Verantwortung von der politischen Ebene auf Einzelne, auf das Individuum ab: Du hast Schuld, dass es so schlimm gekommen ist...
Und damit kann man sich schon die Hände in Unschuld waschen: Wir, die Politik, haben ja nur das gemacht, was ihr gewollt habt....

Die NZZ nannte in einem Artikel 2018 den Amerikaner Edward Bernays einen "heimlichen Verführer" und Meister der Manipulation", weil er "Produkte wie Lucky Strike bewarb und sogar einen Militärputsch provozierte". Dieser Bernays fasste seine Erkenntnisse schon vor Jahrzehnten in seinem Buch "Propaganda" zusammen. Dort finden sich Sätze wie diese:
""Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element der demokratischen Gesellschaft. Diejenigen, die diesen unsichtbaren Mechanismus der Gesellschaft manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, die die wahre herrschende Macht in unserem Land ist. ... In fast jedem Akt unseres täglichen Lebens, sei es in der Politik oder in der Wirtschaft, in unserem sozialen Verhalten oder in unserem ethischen Denken, werden wir von der relativ kleinen Zahl von Personen beherrscht, ... die die mentalen Prozesse und sozialen Muster der Massen verstehen. Sie sind es, die die Drähte ziehen, die den öffentlichen Geist kontrollieren."

Sehen wir in der Pandemiepolitik nicht genau diese Mechanismen wirken? Im Interesse der "unsichtbare(n) Regierung, die die wahre herrschende Macht in unserem Land ist"?
Und die z.B. auch in der Pandemie noch massiv verdient hat?
Gerechterweise müsste man noch hinzufügen, dass Länder wie Australien, Neuseeland oder die VR China, die mit einer Zero-Covid- bzw. Low Covid-Strategie die Volksgesundheit über kurzfristige Profite gestellt haben, z.B. nur einen Bruchteil der Opfer in Europa oder in amerikanischen Ländern zu beklagen haben. Und dass auch ihre Wirtschaft weniger stark eingebrochen ist...

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Danke für Ihren Beitrag. Und in unserem Land üben diese Kräfte Ihre politische Macht via FDP und SVP aus, die aufgrund unseres undemokratischen Wahlrechts mit 40% Wähleranteil die Mehrheit in der Regierung stellen. Man kann die vier Verantwortlichen in der Regierung für die Corona-Toten auch beim Namen nennen, Maurer, Parmelin, K.-Sutter, Cassis.

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Sehr guter Artikel. Die Schweiz lebt vom Rosinen-Picken das Wissen wir. Und die Wirtschaft ist federführend und unglaublich anpassungsfähig auf diesem Gebiet. Wer stoppt diesen Egoismus von den Mächtigen? Unsere Regierung (Bundesrat) muss den Mut haben und sich hinter die Bevölkerung zu stellen, diese hat ein Recht darauf.

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Genesen(d)e
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Die Bevölkerung…. Sie und ich gehören dazu. Wollen wir denn wirklich schon alle dasselbe? Wie orientieren wir als Bevölkerung diese Bundesräte?

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Guten Tag Frau H. Sie haben recht. Das Leben ist komplexer. Und doch bleibe ich bei meiner Meinung. Wenn es nähmlich um Menschenleben geht und ich denke der Artikel zeigt das auf, sollte, vielleicht bin ich naiv, eine klare Ja für das Leben im Vordergund stehen. Die wissenschaftlichen Daten zielen in diese Richtung. Ihnen einen guten Tag.

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Die neoliberale Denkstruktur hinter der helvetischen Coronapolitik

Starke Tiefenanalyse von Daniel Binswanger und viele gute Kommentare! Offen geblieben ist die bedrückende Frage, warum gerade in der ansonsten so hochzivilisierten Schweiz, insbesondere beim politischen Personal, sich die landläufige Coronadebatte grossenteils auf so beschränktem Niveau bewegt.

In einzelnen Kommentaren scheint es zwar auf, aber präzis herausdestilliert worden ist es noch nicht: Zwischen den von Daniel Binswanger ausgeleuchteten Leitbegriffen der schweizerischen Coronadebatte und dem generell in der Politik unseres Landes noch weitgehend vorherrschenden neoliberalen Denkmuster besteht eine auffällige – und vermutlich nicht zufällige – Strukturgleichheit. Wo immer es um Wirtschaft und Gesellschaft geht, wird das Mantra der Freiwilligkeit und Eigenverantwortung so lange wie möglich gegen rechtsstaatliche Ordnung und Regulierung in Anschlag gebracht: «Haltet uns bloss den Staat draussen!» Und man warnt vor schlimmen Eingriffen in das vermeintlich grenzenlos als Grundrecht verbürgte Privateigentum.

An die systematische Stelle des Privateigentums tritt in der Coronadebatte die analog verabsolutierte «Selbstbestimmung über den eigenen Körper». Analog zum neoliberalen Denkmuster wird die «Freiheit» auf solidaritätsfreien Egoismus und Anti-Etatismus verkürzt – ganz in der Tradition des unsäglichen Slogans «mehr Freiheit, weniger Staat!», mit dem vor Jahrzehnten der Niedergang des einst staatstragenden Freisinns begann.

Michel Rebosura hat in seinem vor drei Stunden verfassten Kommentar trefflich auf den berühmten Moralpsychologen Lawrence Kohlberg und sein empirisch fundiertes Konzept von sechs Entwicklungsstufen des Moralbewusstseins – mit den drei Hauptstufen des präkonventionellen, konventionellen und postkonventionellen Niveaus – hingewiesen. In dieser erhellenden Perspektive bewegt sich die landläufige helvetische Coronadebatte in der Tat weitgehend auf dem noch egozentrischen Niveau eines frühkindlichen – oder bei Erwachsenen: kindisch gebliebenen – präkonventionellen Bewusstseins. So weit in dieser Weltsicht überhaupt schon Raum für gemeinschaftliche Anliegen besteht, werden sie (auf der zweiten Stufe) nach dem Muster des wechselseitig nützlichen Austauschs von Vorteilen (lateinisch: do ut des) gedacht. Der wechselseitige Vorteilstausch ist jedoch nichts anderes als die normative Logik des «freien» Marktes. Das präkonventionelle Moralbewusstsein, genauer dessen zweite Stufe, entpuppt sich als jenes des homo oeconomicus. Hier schliesst sich der neoliberale Kreis.

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Super Artikel. Es ist absurd, grotesk und beschämend. Die Schweiz zeigt sich als unregiert in dieser Situation. Und Eigenverantwortung nimmt billigend den Tod in Kauf - solange es nicht der eigene ist.

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"Wenn wir in der Schweiz schon in Kürze in genau diese Situation hineingeraten, dann nur deshalb, weil wir es nicht anders wollten", schreibt Daniel Binswanger. "Wir" waren die gut bürgerlichen Mehrheiten im Bundesrat und in den kantonalen Regierungen. Ihnen war das Geld wichtiger als das Sterben in den Heimen oder in den Krankenhäusern. Der Inhaber eines Restaurants stand ihnen näher als die Trauer auf der Intensivstation. Die SVP&FDP schwurbelten von Eigenverantwortung, weil sie die Bundeskasse nicht mit finanziellen Unterstützungen der Fitnesscenter belasten wollten, um Spielraum zu haben nach der Pandemie nochmals die Steuern für Milliardäre, usw. zu senken. Der Finanzminister posierte mit Hemd als wie allegorisch zu einer blechernen Rüstung im Frühmittelalter und glaubte, das helfe in der Krise. Karin K. S. in der Rundschau: Viel Naivität gegen eine Impfpflicht und der unversehrte Körper vorgeschoben vor den fehlenden Mut zum Regieren. Der Pfister in der Mitte kam aus dem Philosophieren kaum heraus, was das Virus auch nicht eindämmte und der Linken fehlte der Lautsprecher um sich vernehmen zu lassen mal abgesehen von Jacqueline Badran.

Die Geschichte setzt sich fort. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts hiess es, dass die Schweiz gut sei zum Geld verdienen und arbeiten, zum Leben müsse man nach Italien oder Frankreich. Jetzt geht es wieder um Leben und der Stellenwert davon zeigt sich in der Politik der rechten Hälfte.

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Beobachter
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· editiert

Ich kann das Unwort 'Eigenverantwortung' nicht mehr hören, bzw. reagiere darauf mit unterdrückter Wut. Der unselige Begriff wird immer dann verwendet, wenn es darum geht, eine neoliberale Welt durchzusetzen. Er sollte eigentlich stehen für "ich will kein echt verantwortliches Handeln verlangen". Entweder, weil ich den Staat schwächen oder gar abschaffen will, oder weil ich schlicht keine 'Eier' habe!
(Edit: Akkusativ)

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Realist
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Ich unterschreibe jedes Wort von Daniel Binswanger, möchte aber gerne folgende Ergänzungen anbringen:

Ein leider viel zu grosser Teil der Politik, insb. aber die FDP lässt sich seit Jahren am neoliberalen Nasenring der SVP durch die Arenen der Selbstverantwortung und der direkten Demokratie ziehen. Mit ihr der kleine Mann der immer und immer wieder auf deren populistische bis polemische und xenophobe Politik reinfällt und nicht merkt, dass die Politiker aus den erwähnten Kreisen sich noch nie für seine Anliegen eingesetzt haben.

Die daraus entstandene Agonie ist nicht nur bei der Pandemiebewältigung ganz offensichtlich sondern auch beim Umgang mit dem Europadossier und auch bei der Reaktion auf die herannahende Klimakatastrophe. Hier wie dort werden die Kosten aber laufend grösser, in gleichem Mass wie die realistischen Handlungsoptionen weniger werden.

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... aber es werden dieser Pandemie-Adventstage doch auch Kosten eingespart? Gerade gestern konnte die FDP Zürich voller Stolz in Schweiz aktuell vermelden, dass es ihr gemeinsam mit der SVP gelungen ist die Basishilfe für Sans Papier als rechtswidrig zu verbieten. Diese Ärmsten der Armen bekommen jetzt nicht einmal mehr eine Tasche mit Lebensmitteln... Grossartiger Leistungsausweis! FDP und SVP können jetzt getrost in besinnlicher Stimmung und verdienstvoll mit ihren Lieben Weihnachten feiern...

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Sehr einverstanden. Aber es sollte nicht vergessen werden, dass es die FdP war, die diesen Nasenring geschmiedet hat und ich muss annehmen, dass sie diesen Nasenring nicht so schampar ungern trägt, da sie ja auch weiterhin neoliberales Gedankengut vertritt. Die SVP hat es nur einfach besser verstanden, diese Politik so mit Xenophobie und Hemdsärmligkeit zu verknüpfen, dass sie bei den Opfern des Neoliberalismus besser ankommt.

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Ich bin erstaunt darüber wie abgrund schlecht unsere (gewählte) Regierung sein soll. Wenn immer heftiger Schuldige ausgemacht werden, ist es in der Regel ein Zeichen dafür, dass man sich mit Lösungsvorschlägen für die Zukunft nicht die Finger verbrennen will. - Es spricht aus meiner Sicht vieles fürs Impfen, aber ich bin froh, dass ich mich freiwillig impfen durfte. - Schützen kann man sich nicht nur durch impfen. Meistens wenn es vermeindlich nur noch eine Lösung geben soll, leuchtet bei mir eine Alarmlampe. - Die Forderung nach Zwang zu dieser einenLösung entspricht einem eher alten und langfristig nicht ganz unproblematischen Führungsverständnis. (Mit jedem Zwang wird die individuelle Verantwortung für sich und die Gesellschaft tendenziell geschwächt).
Also werden wir nicht müde unser Umfeld mit guten Argumenten zu überzeugen, dass auch sie ihren Beitrag leisten sollten und zeigen Möglichkeiten auf so gut wir das eben können: Die Art Ferien/Freizeit zu verbringen, Masken tragen, Immunsystem stärken, impfen, uam.
Die Schuldzuweisungen und die Nutzung der Pandemie um politisches Kapital daraus zu schlagen, hat uns auf jeden Fall nicht wirklich weitergebracht.

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Urs Fankhauser
Citoyen
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· editiert

Mir ist es ehrlich gesagt egal, ob ich meine Impfung freiwillig oder auf Grund einer Anweisung erhalten habe. Ich war immer überzeugt davon, dass eine Impfung ein wichtiger Beitrag zur Eindämmung der Pandemie sein könne, was sich in der Zeit seither ja auch bestätigt hat. Ich verstehe nach wie vor nicht, weshalb es Leute gibt, die ausgerechnet Pandemiemassnahmen zum "Lackmustest" für die Freiheit machen. Das kommt mir ein wenig vor, wie eine Garantie dafür zu verlangen, eine Autobahn jederzeit unbehelligt zu Fuß überqueren zu können.
Aus meiner Sicht sind wir in der heutigen Situation, weil der geimpfte Teil der Bevölkerung es nie verstanden hat, dem Druck der ImpfgegnerInnen angemessen entgegenzutreten. Wir haben alle darauf vertraut, dass demokratische Mehrheiten in zwei Referendumsabstimmungen "es" richten würden. Das war offensichtlich nicht der Fall. Bundesrat und Kantonsregierumgen haben ihre Massnähmchen immer so dosiert, dass den Ungeimpften möglichst wenig Nachteile entstanden sind. Dabei ist seit langem klar, dass ImpfgegnerInnen weder auf Rücksichtnahme noch auf Gesprächsbereitschaft positiv reagieren.

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"Schützen kann man sich nicht nur durch impfen." Doch, in diesem Fall ist das so. Wer nicht geimpft ist, wird über kurz oder lang infiziert werden. Der Staat soll das so stark wie möglich verhindern/reduzieren, weil er eine Fürsorgepflicht hat.
Ihr Misstrauen, Ihre "Alarmlampe" ist in einer Pandemie wie dieser fehl am Platz.

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Molekularbiologe PhD, Unternehmer
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Zur Triage gehört die Zwangs­situation. Sie allein kann eine moralische Recht­fertigung liefern dafür, aus einer verzweifelten Lage das Beste zu machen [...]
Eine erwartete Triage­situation jedoch ist ein Widerspruch in sich – und ein moralischer Skandal. Wenn wir in der Schweiz schon in Kürze in genau diese Situation hineingeraten, dann nur deshalb, weil wir es nicht anders wollten.

Danke, Herr Binswanger für dieses Votum, dass eine Triage zwingend an eine unvermeidbare Zwangssituation gebunden ist. Wieso lesen wir diese simple Tatsache nicht auch in anderen Zeitungen???

Um hier dem Argument (von SVP-Seite) zuvorzukommen, man müsse bloss die Spitalkapazitäten erhöhen: Das ist epidemiologischer Unsinn. Eine Virus-Ausbreitung folgt einer Exponentialkurve, die bei niederen Fallzahlen relativ flach ist, dann aber stark ansteigt. Ein Land mit einer guten Gesundheitsversorgung wie die Schweiz gerät mit ihren Spitalkapazitäten erst in der steilen Phase der Exponentialkurve in Schwierigkeiten. Bei einer Fallzahl-Verdoppelung alle ca. zwei Wochen, wie wir sie jetzt in der letzten Zeit hatten, würde man selbst bei einer Verdoppelung der Spitalkapazität (die bei hohen Fallzahlen nicht einmal theoretisch möglich ist) zwei Wochen später wieder am selben Punkt stehen. Und bei einer Vervierfachung der Kapazität nach einem Monat.

Eine Epidemie kann man nicht einmal theoretisch durch Spitalkapazitäten in den Griff kriegen. Sondern nur, indem man die Reproduktionszahl der Verbreitung unter den Faktor 1 bringt (Ein Infizierter gibt das Virus im statistischen Durchschnitt an weniger als eine Person weiter). Dies ist je einfacher möglich, je tiefer die Fallzahlen. Lässt man es zu hohen Fallzahlen kommen, helfen nur noch rabiate Methoden.

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Gestern der krasse Gegensatz im 10vor10: zuerst Berset, der immer noch behauptet, dass die Regierung nicht zu spät handelt, danach Huldrych Günthard, Infektiologe am USZ, der Fachmann und Betroffener mitten im Geschehen, der ohne Schnörkel – unmissverständlich sagt, dass es jetzt schon eskaliert, dass wir zu spät dran sind und Schliessungen werden nötig sein.

Fast nicht auszuhalten.

Begeistert war ich früher eher selten von unserer Regierung – aber nun ja, es war meistens irgendwie noch nachvollziehbar und es gab immer auch Momente, in denen unser System überzeugte. Jetzt verstehe ich überhaupt nicht mehr, wer wir sind, was dieses Land ausmacht – während in den umliegenden Ländern wenigstens deutlich früher (und ethischer) gehandelt wird.

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Pee Siegrist
Labormediziner im ruhigen Stand
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Also zuerst einmal: Auf unseren Intensivstationen liegen 80% Ungeimpfte. Es sterben auch praktisch keine Geimpften, jedenfalls keine, die nicht noch andere Risikofaktoren aufweisen. Wer sich also hat impfen lassen, ist weitgehend geschützt, auch vor der drohenden „Triage“. Und dann: Ich staune immer wieder, wie sehr die intellektuelle Linke nach staatlichen Zwangsmassnahmen schreit. Wir sind nun mal ein Land, in dem das Volk eine gewichtige Stimme hat, und in der Regel diese auch erhebt. Da kann man lange nach dem „Staat" schreien, Tatsache ist, das alle gesetzlichen Vorgaben mit Leichtigkeit durch ein Referendum zu bodigen sind, und - ohne zu werten, ob dies gut oder schlecht ist - deshalb der „Staat“ sehr umsichtig handeln muss, will er nicht verlieren. Wir sind leider ein schwierig zu regierendes Völklein, und Sie, Herr Binswanger greifen auch zur Referendumskeule, wenn Ihnen etwas „Gesetzliches“ nicht passt. Wieso sollten also die Gegner der Coronamassnahmen dies nicht auch tun? Ich bin im achten Lebensjahrzehnt, dreimal geimpft und war seinerzeit Fachperson. Ich möchte, genauso wie Sie, liebend gern ein Impfobligatorium. Aber das ist hierzulande nicht möglich, da hilft alles Jammern nicht. Auch nicht angesichts der Tatsache, dass unser Gesundheitswesen kantonal geregelt ist, dass das BAG und der Bundesrat bei jeder Massnahme mindestens zwei Instanzen überzeugen müssen, bevor diese umgesetzt werden kann. So schlecht haben unsere Behörden angesichts ihrer realen Möglichkeiten nicht gehandelt. Und deswegen finde ich es gut, wenn man auch ein wenig in Panik macht. Es scheint zu nützen! Und zuletzt: Eigenverantwortung ist keine Worthülse, viele Menschen in unserem Land nehmen sie wahr, ich denke, sogar eine satte Mehrheit.

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Einspruch. Ob Sie mich als Intellektuellen einstufen würden, weiß ich nicht. Ein Linker bin ich aber allemal. Ein Impfobligatorium fände ich naheliegend, aber ich schreie nicht danach. Was ich aber vom Staat erwarte, ist die Respektierung demokratischer Mehrheiten - so wie ich das als linker Staatsbürger auch tue, in der Regel als Verlierer von Abstimmungen.
"Wir sind nun mal ein Land, in dem das Volk eine gewichtige Stimme hat, und in der Regel diese auch erhebt." Genau. Die ImpfgegnerInnen haben zwei Referenden klar verloren. Es ist Ihnen eben gerade nicht gelungen, das Covidgesetz zu "bodigen". Was braucht es denn noch mehr, um endlich im Sinne der Mehrheit zu regieren?

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Danke für Ihren Kommentar, Herr Siegrist. Ich stimme fast allem zu. Folgende Schlussfolgerung halte ich aber für falsch:

Wer sich also hat impfen lassen, ist weitgehend geschützt, auch vor der drohenden „Triage“.

Es ist ja gerade das Problem, dass wir möglicherweise in eine Situation geraten bzw. schon dort sind, dass man als Nicht-Covid-Patient deutliche Nachteile hinnehmen muss bzw. ggf. nicht, verzögert oder nur kurz auf die IPS kommt und somit gefährdet wird. Auch die anderen Abteilungen sind übrigens sehr belastet und müssen sich um Patienten auf Normalstation kümmern, die vielleicht sonst auf der Intermediate Care oder der IPS wären. Ich empfehle dazu „Gredig direkt“ auf SRF mit dem von mir hochgeschätzten Peter Steiger, stv. Leiter der Intensivmedizin am USZ, und dem Berner Epidemiologen Christian Althaus. Sollte es später nach den offiziellen Kriterien zur „harten“ Triage kommen, können Sie als Geimpfter durchaus den Kürzeren ziehen gegen einen Ungeimpften Covid-Patienten.

Folgendem Satz stimme ich voll zu:

Eigenverantwortung ist keine Worthülse, viele Menschen in unserem Land nehmen sie wahr, ich denke, sogar eine satte Mehrheit.

Es scheint eine allgemeine Tendenz zu sein, aufgrund der kritischen Situation, in der wir uns befinden, die Schweizerinnen und Schweizer für ein Volk von rücksichtslosen Egoisten zu halten. Siehe Daniel Binswanger:

Und dass die Bürger schlicht zu träge und zu egoistisch sind, um die Schwachen zu schützen und dieser Pandemie den Kampf anzusagen.

Das sehe ich nun überhaupt nicht so bzw. so wie Sie: würden nicht so viele Menschen hierzulande so gut mitmachen und auch selbstständig mitdenken und abwägen, ob sie das, was erlaubt ist, auch wirklich machen, dann wäre die Lage noch weitaus schlechter.

Andererseits heisst das nun auch wieder nicht, dass es in bestimmten Situationen und so auch meiner Meinung nach jetzt strengere und verbindliche Massnahmen für alle braucht. Man müsste also sagen:

„Vielen Dank an alle, die sich bisher verantwortungsvoll verhalten haben bzw. ihr Bestes gegeben haben. Aber jetzt reicht die Eigenverantwortung, die viele zeigen, einfach nicht mehr aus und wir müssen leider wieder schärfere Massnahmen ergreifen.“

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Skeptiker
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Gestern (10.12.2021) teilte der feine Herr Bill Gates in einem Interview mit, bis im Jahr 2023 könnte die Pandemie beendet werden. Bis dann müssten sich Personen Ihrer Meinung noch mindestens 6 Mal impfen.

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Kurt Steuble
thinkabout.ch
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· editiert

Ich danke Ihnen! Und habe eine leise Korrektur: Laut Tagi vom 2. Dez. (print, S. 17) sind seit Anfang Oktober im Kanton Zürich unter den Covid-Toten 50% Geimpfte.
Ihre differenzierte Stellungnahme tut im Übrigen sehr gut!

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Zum Glück leise, denn es ist flach gedacht. In der 5. Welle starben bisher 525 Menschen. 97% von ihnen waren über 60 Jahre alt. In der Altersklasse über 60 sind aktuell fast 90% geimpft, im Kanton Zürich eher noch mehr. Wenn aus dieser Altersklasse von 10% ungeimpften Menschen gleich viele sterben, wie von den 90% Geimpften, was sagt Ihnen das? Mir sagt es, dass das Sterberisiko für Ungeimpfte ca. 9 Mal höher ist. Think about it, statt hier mit "50%" undifferenziert Stimmung zu machen.

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Molekularbiologe PhD, Unternehmer
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Zwischen einem Impfobligatorium und blossen Appellen gibt es aber schon auch noch Zwischenlösungen:
Man könnte zB eine Art "Widerspruchslösung" einführen, wie bei der Organtransplantation. Nicht-Geimpfte würden einen Termin kriegen für ein Impfgespräch, den sie obligatorisch wahrnehmen müssen, ansonsten eine Busse droht. Für das Gespräch stehen Experten in der entsprechenden Muttersprache zur Verfügung, Bedenken und Ängste können offen diskutiert werden. Am Ende des Gesprächs kann man sich entweder impfen lassen, einen späteren Impftermin vereinbaren, oder die Impfung ausdrücklich ablehnen.

Erst wenn solche Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann man behaupten, dass man wirklich alles versucht hat, und die Ungeimpften Leute sind, die sich nach reiflicher Überlegung einfach nicht impfen lassen wollen.

Ich habe vor zwei Tagen die Booster Impfung gekriegt, und in dem Impfzentrum war fast nichts los. Da habe ich mir mal die Booster-Statistik angeschaut: Die Schweiz steht im Vergleich mit der EU, Norwegen, Island, UK und USA abgeschlagen auf den letzten Plätzen!!!.

Die Miesmacherei der SVP in Ehren, aber da kann mir doch niemand erklären, dass wir nicht mehr versuchen können, um die Leute zu motivieren. Muss ja nicht mein Vorschlag von oben sein, aber etwas mehr Engagement und Kreativität um wirklich in den direkten Kontakt mit den Menschen in diesem Lande zu kommen (statt spärliche und verblödete Reklame-Kampagnen) würde ich schon erwarten.

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Skeptiker
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Die Schweiz hat eine tiefe Impfquote, weil deren Einwohner überdurchschnittlich klug (schlau) sind. Die bisherigen Impfstoffe sind erst Notzulassungen. Ich begrüsse es sehr, dass swissmedic die beantragten Impfmittel im Interesse der Bevölkerung sehr genau statt hektisch prüft.

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Franz Kafka: "Es gibt ein Ziel, aber keinen Weg; was wir Weg nennen, ist Zögern."
Danke Daniel Binswanger für die Klarheit.

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Treffend auf den Punkt gebracht. Die von den Behörden verbreitete falsche Sicherheit, dass Geimpfte das Virus nicht mehr weiter verbreiten, gehört für mich jedoch ebenfalls zu dieser Thematik. Denn die dadurch ausgelöste Verantwortungslosigkeit und Nachlässigkeit trug und trägt ebenso ihren Teil zur derzeitigen Situation bei.

Nehmen wir es als unsere Aufgabe, Verantwortung für unser Handeln zu tragen. Über die Kompetenzen dazu verfügen wir – noch.

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Chrigel Marti
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Behörden und Experten der Taskforce haben nie behauptet, dass Geimpfte nicht ansteckend und mehr erkranken können. Von Anfang an war klar, dass 5-10% trotz Impfung an Covid erkranken und andere anstecken können.

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Bereits seit Ihrem letzten Anaylsebeitrag zu der CH-Situation der Covid- Pandemie und dem civilen und politischen Umgang damit, kann ich Ihnen voll folgen und die Beiträge auch wieder breit streuen. Zu Beginn der Pandemie bin ich ab dem Verlust Ihrer ansonstigen differenzierten Haltung erschrocken. Vor allem auch wegen der Haltung die Kinder, die Jungen mit den unweigerlich mitbetroffenen Familien die Zeche bezahlen zu lassen für das ungenügend präventive Vorgehen in einer bereits klar erkannten Pandemie. Durch den locker von der Zunge gehenden Solidaritäts - Slogan war das civile und politische induvidualistisch gesteuerte Verantwortungsverhalten damals noch verschleiert. Der Schleier ist weg! Ich habe noch daran geglaubt, dass die Politik und die Bürgerinnen und Bürger mit den zunehmenden Erkenntnissen und den zunehmend öffentlich auftretenden Kundigen, ohne irgend welchen Nutzen für sich selbst (im Gegenteil), zu einer gesellschaftlich verantwortungsvollen Haltung und entsprechenden Entscheiden und Verhalten kommen könnte. Diesen Glauben habe ich endgültig verloren. Schlimmer noch, mir ist nun auch klar, dass die genau gleichen Mechanismen und Dynamiken in anderen Bereichen wirken. Da liegt es auf der Hand schleunigst aus der civilen Schläfrigkeit oder Naivität in die hellwache Aktivität zu wechseln. Nicht zu den Querdenkern, sondern zu den vielen bereits Aktiven, die sich für gesellschaftlich verantwortungsvolle Lösungen einsetzen, bei der Europa Frage, bei wirtschaftlichen Themen, bei Steuerfragen, bei Emissionsfragen bei den längst fälligen Reformen im Gesundhetswesen und bei den Sozialabsicherungen etc etc etc . War eine Woche mit lauter NZZ Leserinnen und Lesern zusmamen und bin sehr froh seit Freitag wieder nicht nur überschlagsmässig die Republik lesen zu können.

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Vielen Dank, Herr Binswanger, für diese deutlichen Worte, die das katastrophale Versagen unserer VerantwortungsträgerInnen und letztlich unserer ganzen Gesellschaft aufzeigen. Es ist auch gut, dass Sie auf den offensichtlichen und gezielten Missbrauch von Begriffen (wie z.B. Selbstverantwortung) hinweisen, die nicht nur aus der Küche der MassnahmengegnerInnen stammen, sondern auch von Behörden und Politikern systematisch angewendet werden.
Es braucht schon ein gehöriges Mass an Unverfrorenheit (und rhetorischer Kapriolen), absehbare Entwicklungen zu ignorieren, Warnungen von Wissenschaftern in den Wind zu schlagen und vermeidbare Krisen als schicksalshaft hinzustellen.
Ich komme immer mehr zur Überzeugung, dass das Versagen unserer Corona-Politik nicht nur auf Unvermögen, Überforderung und politischem Ränkespiel basiert, sondern in erster Linie Ausdruck unserer gesellschaftlichen Werthaltung ist, in der kurzfristige Gewinne und ungehemmter Egoismus absolute Priorität haben, menschliches Leid wenig gilt, unnötiges Sterben von Menschen an und lang dauernde Folgen von Covid in Kauf genommen werden und das medizinische Personal und andere Menschengruppen, die in dieser Pandemie sehr gefordert sind, auf arrogante Art und Weise übergangen und ausgebeutet werden.

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Ich verstehe , dass sich nun viele Pflegende, Ärztinnen und Ärzte und Spitalleitungen dazu entschieden haben, nicht um den Preis eines weiteren hohen persönlichen (und gesellschaftlichen, s. u.) Preises vorzeitig die Spital- und Intensivkapazitäten zu erhöhen.

Zweifellos hätte die Politik sonst noch länger gezögert, etwas zu tun, wenn es ja noch Intensivplätze auszulasten gebe, was dann zu noch mehr toten führen würde.

Es wäre ja schliesslich tragisch und verschwenderisch, bestens ausgerüstete Intensivplätze nicht maximal auszunutzen und dem faulen Spitalpersonal Pausen und Freizeit zu erlauben (Achtung Sarkasmus!)

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Wie kommen Sie auf die Idee, dass sich die Kapazitäten kurz- oder selbst mittelfristig erhöhen liessen? Je länger diese absurde realitätsverleugnende Politik fortgeführt wird, desto niedriger werden die Kapazitäten werden. Schlicht deswegen, weil immer mehr Personal dem Gesundheitswesen den Rücken kehren wird . Und dann wird es wieder heissen, die Kapazitäten würden absichtlich heruntergefahren. Es ist zum Verzweifeln.

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Ich kann Daniel Binswanger nur zustimmen. Und all die Diskussionen, nach welchen Kriterien die Triage vollzogen werden soll, zeigen nur, dass es keine befriedigende Lösung gibt. Weil es eben zu spät ist. Zu spät auch die Erkenntnis, dass eine Impfpflicht ein bedeutend geringerer Eingriff für einen Menschen ist, als sein Leben in einer Triage opfern zu müssen.
Und was kaum bedacht wird: Eine Art Triage findet bereits jetzt statt, wenn geplante Operationen aufgeschoben werden. (Ungeimpfte) Covidpatienten erhalten dadurch bereits jetzt den Vorzug gegenüber anderen Patientinnen. Eine aufgeschobene Operation - auch in nicht akut lebensbedrohlicher Situation - bedeutet Ungewissheit und Stress für Herz- oder Krebspatienten. Und die auf Grund dieses Aufschubs allfällig resultierenden Todesfälle werden kaum dieser vorgezogenen Triage angelastet werden.

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"Gestern hat Albert Rösti in der Arena aufgerufen: "Lasst euch impfen, es ist die einzige Möglichkeit aus dieser Pandemie herauszukommen". Das gebe ich gerne weiter und hoffe auf offene Ohren zu stossen. Ein Aufruf seitens SVP-Exponenten kann/könnte viel mehr bewirken, als alle Diskussionen über Impfpflicht, Zertifikat, Triage, 3G, 2G, 2G+ usw. bisher.
Vielleicht renne ich ja bei dir bereits weit offene Tore ein - umso besser!"
Nach der gestrigen Arena habe ich diesen Text an Verwandte und Bekannte geschickt, die sich - stand letzter Information vor ein paar Wochen - noch nicht haben impfen lassen. Mit einem guten Freund, der jahrelang für die SVP im Gemeinderat und im Grossrat im Aargau sass, habe ich telefoniert. Er hat bereits bei immer noch in Ämtern stehenden SVP-Politiker:innen für das Zertifikat Werbung gemacht (die SVP-Aargau hat ja ganz knapp die Ja-Parole beschlossen). Ziel: Weitere SVP-Grössen zu bewegen, dem Beispiel von Albert Rösti zu folgen!
Eine Möglichkeit etwas zu tun, gegen die Ohnmacht anzukämpfen. Auch für dich?

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Man sollte aber nicht den Fehler machen, die SVP ungeschoren davon kommen zu lassen. Man konnte Rösti ansehen, dass er sich unbehaglich fühlte, und er wirkte etwas kleinlaut. Niemand hat ihm ein paar harte Fragen zum Verhalten der SVP gestellt. Rösti hat jetzt etwas Kreide gefressen. Die SVP wird aber bestimmt im üblichen populistischen Stil weiterfahren, sobald die Krise vorüber ist.

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Ich bin froh, dass Daniel Binswanger den Begriff Triage geklärt hat und der Kriegsmedizin zugeordnet hat. Denn damit wird klar, dass heute noch keine Triage stattfindet. Die Aussagen des Aarauer Pflegers in der Arena-Sendung waren somit nicht zutreffend. Wenn Hirslanden Aarau oder eine andere Klinik heute Triage gemäss der Daniel Binswangers Begriffsdefinition durchführen würde, läge ein Offizialdelikt vor und die Staatsanwaltschaft müsste ermitteln.
Denn gemäss Aussage von Herr Pargger vom Unispital Basel, Stand September, hätten die Spitäler wegen Personalmangel nicht mehr die versprochenen zertifizierten 840 IS-Betten zur Verfügung, sondern noch 750 - 800. Stand heute haben wir 690 IS-Betten belegt, es hat also noch 60-100 freie Betten, aber man müsste sie durch Patientenverlegung verfügbar machen. Und dass in den 3 vergangenen Monaten nochmals jeder achte Intensivpfleger abgemustert hätte, ist unwahrscheinlich.
Also: Triage heute = verweigerte medizinische Hilfeleistung. Der zuständige Chefarzt von Hirslanden Aarau hat denn im Blick auch präzisiert: Es gab einen Krebspatienten, mit dem man sich mit seinem Einvernehmen geeinigt hat, ihn auf der Normalstation zu beatmen. Weil sonst...
Damit fällt der "Zeuge Martin Balmer" aus Aarau in sich zusammen. Und ich würde allen Publizisten empfehlen, Daniel Binswangers Text genau zu lesen, bevor sie mit dem Begriff Triage arbeiten.

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Ich weiss nicht, aus welchen Gründen Sie die Situation zu bagatellisieren versuchen.
Gemäss Wikipedia ist Triage „Verfahren zur Priorisierung medizinischer Hilfeleistung bei unzureichenden Ressourcen“. In dem Sinne haben wir heute bereits in vielen Spitälern eine Triage-Situation, wenn z. B. auch dringende Operationen aufgeschoben werden müssen.
Kommt dazu, dass diese Situation seit Wochen voraussehbar war, dass aber nur völlig ungenügende präventive Massnahmen durchgeführt worden sind.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Das ist schlichtweg blanker Unsinn. Nur weil etwas ursprünglich im Krieg erfunden wurde, heisst das nicht, dass es nur im Krieg eingesetzt wird und ausserhalb dieses Kontextes illegitim ist. Triage bedeutet verallgemeinert, d. h. unabhängig des Kontextes (wie Daniel Binswanger ebenfalls erklärte):

wenn die medizinischen Ressourcen begrenzt sind und die Zahl der Verwundeten blitzartig in die Höhe schnellt, um möglichst viele Leben zu retten, indem die Mittel möglichst effizient eingesetzt werden. Das heisst, dass die Ressourcen konzentriert werden auf die Verwundeten, die einerseits eine Versorgung akut benötigen, andererseits aber auch eine gute Prognose haben, zu überleben, wenn sie diese Versorgung bekommen. Verwundete mit schlechten Überlebens­chancen hingegen werden ihrem Schicksal überlassen, damit ja nicht knappe Ressourcen an hoffnungslose Fälle verschwendet werden.

Diese Situation gibt es offensichtlich nicht nur im Krieg.

Ihre Empfehlung gilt für Sie selbst:

Ich würde allen empfehlen, Daniel Binswangers Text genau zu lesen, bevor sie mit dem Begriff Triage arbeiten.

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Muttersprache NL
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· editiert

“Wir bereiten uns zwar darauf vor zu triagieren…………Aber wir handeln nicht unter existenziellem Zwang. Wir haben die Wahl - oder hätten sie jedenfalls gehabt.“(D.B.)

Von Anfang an war das erklärte Ziel der Schweizer Politik eine Überlastung der Spitäler zu vermeiden.
Ein minimaleres Ziel ist nicht denkbar.
Doch ebenfalls von Anfang an schrieb das BAG , dass beim Scheitern dieses Ziels triagiert werden müsste. Alsob das eine Versicherung war, das bestens vorgesorgt wurde FÜR JEDEN FALL.
Nein die Schweizer Politik bereitet sich nicht vor auf das Triagieren. Das wird dem schwer belasteten Pflegepersonal, das vollkommen am Ende ist, weil es schon alles gegeben hat - und dennoch weiter gibt- überlassen.

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Realist, der Medizin nahestehend
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Daniel Binswanger hat vollständig recht. Die Impfverweigerer stellen ihren Egoismus in den Vordergrund und haben keine solidarische Sicht auf die Gesellschaft, das ist bedenklich; schlechte Erziehung? Meine Analyse ist: Wir sind verwöhnt von den letzten 2 Jahrzehnten, in denen die meisten von uns F. wählen konnten, wo sie shoppen, welche Hobbies sie pflegen, was sie essen, wo sie Ferien machen, alles lag zur Disposition F. wählbar vor. Zudem gibt es zu viele sehr Liberale, die sich grundsätzlich von Behörden nichts sagen lassen wollen; Abbau des Staates aus ideologischen "Gründen", Nein-Sager, brundsätzliche Haltung: Der Staat will mir nichts gutes.... Und jetzt, wo eine Pandemie eine INTERNATIONALE Notsituation heraufbeschwört, sind sie einfach unfähig, sich vernünftig und solidarisch zu verhalten. Sie tun, als ob "Eigenverantwortung" und Nichtimpfen eine taugliche Abwehr wäre. (Testen ist ausserdem auch keine taugliche Prävention!) - Zudem: Die Behörden machen den grundsätzlichen Fehler, dass sie in jede Welle passiv reinrasseln! Immer den ersten Anstieg (Entwicklung zu R=1.2) negieren, und erst bei fast vollen Spitälern die Notbremse ziehen! Das ist A. vor wirkungsvoller Führung. Das ist falsch. Gouverner, c'est prévoir - et c'est agir!

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· editiert

Vielen Dank für diesen Beitrag der alles sagt. Ich weiss nur leider nicht mehr wie mit den Impfgegner zusammen leben. Ich hab einiges versucht: Toleranz, Komunikation, Argumentation, Bitten= Alles umsonst. Totale Einbahnstrasse. Es ist wie reden gegen Stumpfsinn. Schreien gegen den Sturm. Hoffnungslos. Selbst so ein präziser Artikel wie Ihrer wird nicht mehr gelesen wenn ich ihn weitersende. So habe ich das Gefühl dass ich mich nur noch mit gleichdenkenden austauschen kann und wenigstens der gemeinsamen Indignation etwas Luft ablassen kann. Es erschüttert mich auch zu sehen wir sehr ich mich selbst isoliere und gefühlt die Welt den, ja was den, Geiselnehmern?, überlasse. Für mich fühlt es sich an wie rohe Gewalt.
Trotzdem danke für's Austexten von Gedanken und Empfindungen einiger von uns.

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Bezüglich der vielbeschworenen «Eigenverantwortung» hat ein Kommentar bei Watson für mich den Nagel auf den Kopf getroffen:

Schade sind alle so eigenverantwortlich, dass gar niemand mehr für irgendetwas verantwortlich ist.

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Senior Researcher
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Ich verstehe einfach Daniel Binswanger nicht: «Weil es wichtiger war, Clubs und Restaurants offen zu lassen, kein Homeoffice-Obligatorium vorzuschreiben, in den Schulen trotz allem nicht zu testen». Fehlt nur noch der Verweis auf die unsinnige Maskenpflicht.

Man weiss doch längst, dass solche Massnahmen keine Welle brechen, und wenig nützen. Was nützen würde, wären CO2-Melder, die Ungeimpfte warnen, einen Innenraum zu betreten; allenfalls HEPA-Filter, wo lüften schwierig ist. Besonders in den meist schlecht gelüfteten Schulen wäre diese Strategie sehr viel erfolgversprechender, als einfach die Kinder (trotz Masken natürlich) das Virus ihren ungeimpften, oder noch immer ungeboosterten, Eltern nach Hause bringen zu lassen.

Über die Blödheit unserer Behörden und der meisten Medienschaffenden kann man nur den Kopf schütteln. Und verzweifeln.

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"Über die Blödheit unserer Behörden und der meisten Medienschaffenden kann man nur den Kopf schütteln. Und verzweifeln. "
Sorry, aber über Ihre "Blödheit" bzw. Selbstüberschätzung auch grad es Bitzeli!

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Die Debatten über Triage sind wichtig, weil sie vor der Katastrophe warnen. Aber sie sind zugleich der Ausdruck einer unerträglichen Selbst­apologetik: Sie suggerieren eine Unausweichlichkeit, die nie existiert hat.

Was wir erleben, ist eine «menschengemachte Katastrophe», in die wir sehenden Auges und wider besseres Wissen, also bewusst fahrlässig, laufen. Und zwar mit einer sozialpsychologischen Dynamik, die aufgrund der «Eigenverantwortung» geradezu unausweichlich ist. Denn «Eigenverantwortung» ist ebenfalls ein Widerspruch in sich. Die Schwundstufe von Verantwortung. Ein blosser Euphemismus von Egoismus.

In der moralischen Entwicklung entspricht diese «Eigenverantwortung» der Kohlbergschen «präkonventionellen Ebene», die sich auszeichnet durch:

  • Die Orientierung an Strafe und Gehorsam: In der ersten Stufe orientieren sich diese nicht an moralischen Ansprüchen, sondern im Wesentlichen an wahrgenommenen Machtpotenzialen. Die von Autoritäten gesetzten Regeln werden befolgt, um Strafe zu vermeiden.

  • Die instrumentell-relativistische Orientierung: In der zweiten Stufe erkennen Kinder die Gegenseitigkeit menschlichen Verhaltens. Rechthandeln besteht darin, die eigenen Bedürfnisse und gelegentlich die von anderen als Mittel (instrumentell) zu befriedigen. Menschliche Beziehungen werden vergleichbar mit der Austauschbeziehung des Marktes verstanden.

Die «präkonventionellen Ebene» entspricht dem «Niveau der meisten Kinder bis zum neunten Lebensjahr, einiger Jugendlicher und vieler jugendlicher und erwachsener Straftäter». Und tatsächlich kommt es mir manchmal so vor, als ob die Eltern das Kind zwar vor Gefahr und Schmerz der heissen Herdplatte warnen, aber das Kind dennoch, ja gar im Beisein, «eigenverantwortlich» anfassen lassen, «bis eine brüehlet», um es dann, «told you so», sogleich zu bestrafen und die Regel aufzustellen «Herdplatten werden nicht angefasst» (nur, dass das Kind den Schmerz und die Regel bald wieder vergisst und immer wieder die heisse Herdplatte anfasst).

Aber sollten wir sowohl in der moralischen Entwicklung, als auch beim Verantwortungsbegriff und im entsprechenden Handeln nicht viel weiter sein als das?

P.S. Typo: «G2» statt «2G». Das eine hat mit Politik, das andere mit Mobilfunktechnik, äh, Gesundheit zu tun.

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Es ist absurd und eine moralische Bankrotterklärung. Die Mehrheit der CH-Politiker/innen möchte aus politischem Kalkül anscheinend lieber Triagen in den Spitälern und/oder dauerhafte Einschränkungen für alle, anstatt den Elefanten im Raum, die Impfpflicht, ernsthaft zu diskutieren oder zumindest teilweise einzuführen. Das Recht der medizinischen Selbstbestimmung ist zwar zweifellos und zu Recht sehr hoch zu werten, darf gerade in einer Jahrhundertkrise aber nicht überhöht werden. Zumal auf der anderen Seite viel höherwertige Rechtsgüter der Öffentlichkeit in Gefahr sind (eingeschränkte Gesundheitsversorgung aufgrund überlasteter Spitäler, Schliessungen und Kontaktbeschränkungen für alle, etc.), die mit anderen Mitteln kaum gleich wirksam abgewendet werden können.

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Gönnerin
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Ich versuche öffentlich zu formulieren, was ich von Binswangers Artikel verstanden habe:

  • das Sprechen über Triage ist völlig deplaziert, so lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, die diese Notsituation in den Spitälern (und somit viele Tote) verhindern würden

  • Bewegungs- und Begegnungsfreiheit für Impfgegnern können wir uns als Gesellschaft nicht mehr leisten (wieviel Pflegepersonal ist noch ungeimpft?)

  • da die Ungeimpften meist nicht von sich aus, aus Rücksicht auf Kontakte verzichten, müssen sie mit Bewegungseinschränkungen belegt werden.

  • die andere grosse ungeimpfte Gruppe sind die Kinder. Da ist auch noch nicht alles Machbare ausgeschöpft. Es braucht nicht Empfehlungen, regelmässig Schulzimmer zu lüften, sondern Vorschriften. Ebenso Vorschriften fürs Maskentragen und Vorschriften fürs regelmässig und breit testen. Es müssen in jedem Schulhaus Verantwortliche benannt werden, die die Einhaltung dieser Vorschriften überprüfen. Wenn die Vorschriften nicht durchgesetzt werden können, gibt es früher Ferien oder sogar Rückkehr zur Fernschule.

  • wo sind jetzt noch schlecht gelüftete grosse Räume die von vielen Menschen belegt werden?

  • warum wird die Maskenpflicht im öV nicht durchgesetzt? Warum ist die weit entfernte Bahnpolizei zuständig und die Maskenlosen lachen uns ins Gesicht?

  • Ich masse mir nicht an, alles zu wissen. Aber ich bin überzeugt, dass es in dieser schweizerischen Kakophonie möglich ist, klar durchzudenken, was jetzt nötig ist, wo die Ursachen für die Probleme liegen, die einzugrenzen und Verantwortliche für eine Trendumkehr zu benennen. Vielleicht könnten sich dann die Medien in absehbarer Zeit dem Thema widmen, welche Erfolge wo erzielt wurden und nicht mehr länger vorallem auflisten, wo wieviele Leute gestorben, ausgebrannt, mit long Covid geschlagen sind.

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· editiert

Der Unwille, Homeoffice, Testpflicht an Schulen sowie Schutzmassnahmen an 3G Anlässen vorzuschreiben, ist wirklich mehr als unverständlich.
Ebenso unverständlich ist für mich Herrn Binswangers implizite Annahme, dass nur die Impfung eine Massnahme sei, und deshalb nur ungeimpfte an allem Schuld sind (ich weiss, in diesem Artikel steht's nicht so, aber wir kennen ja seine Meinung). Ein Ungeimpfter, welcher seine Kontakte start einschränkt, Abstand hält und auch dann Make trägt, wenn er nicht müsste, stellt nämlich ein geringeres Risiko für die Allgemeinheit dar als der Geimpfte, welcher im dichten Gedränge so tut, als gäbe es keine Pandemie.

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Herr S, ich finde es gut, wenn sie sich zurückhalten. Noch besser fände ich jedoch, wenn sie sich impfen lassen würden. Dies aus folgender Überlegung:
Ich hab mich vor einem Jahr mit dem Corona-Virus infiziert. Dies, obwohl ich damals sehr zurückhaltend war und nur noch sehr wenige soziale Kontakte pflegte. Leider habe ich am Arbeitsplatz noch weitere Personen angesteckt, da ich am ersten Tag noch keine Symptome hatte und noch nichts von meiner Infektion wusste. Angesteckt wurde ich übrigens von einer Person die zur Risikogruppe gehörte und aus genau diesen Gründen auch sehr zurückhaltend gelebt hat. Sie müssen einsehen, dass früher oder später alle, und damit meine ich wirklich alle Einwohner der Schweiz, mit Corona in Kontakt kommen. Das heisst, wenn sie bei ihrer absehbaren Ansteckung das geringste Risiko für die Allgemeinheit darstellen wollen, sollten sie einen möglichst milden Verlauf haben. Und dies kann momentan (so wie es aussieht auch in naher Zukunft) ausschliesslich über die Impfung gewährleistet werden. Das Prinzip Hoffnung funktioniert leider nicht.
Und glauben sie mir, als Bierliebhaber habe ich das halbe Jahr bis zur Impfung gehasst, da ich sämtliche Bitterstoffe nicht mehr richtig wahrnehmen konnte. Tatsächlich hat sich das nach der Impfung gebessert.
Ich weiss, dass das Jammern auf hohem Niveau meinerseits ist, jedoch ist das Risiko unter, auch nur milden bleibenden Nebenwirkungen von Corna zu leiden ziemlich hoch.

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Sie unterstellen hier Herrn Binswanger etwas, was er mit Sicherheit nicht vertritt. Drum sag ichs noch einmal: sowohl die Einhaltung grundlegender und allenfalls erweiterter Schutzmassnahmen wie auch die Impfung braucht es, um den bedrohlichen Trend in der Pandemie zu brechen. Es gibt mit Sicherheit Geimpfte, die sich fahrlässig verhalten. Und genauso gibt es Ungeimpfte, die – vermutlich in viel grösserer Anzahl, wenn ich schon nur an all die Massnahmen-Demos denke – sich nicht an grundlegende Massnahmen halten.

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In Friedenszeiten nennt sich die Triage einfach "Freier Markt". Das haben wir jetzt halt von unserem Neoliberalismus.

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Theologe & Religionspädagoge
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Wenn Triage bedeutet, dass man die einen über die Klinge springen lässt, und andere begünstigt, damit ein System überlebt (Heer, Firma, Staat, Wirtschaftssystem, …), leben wir schon lange im Zeitalter der Triage: Menschen werden im Mittelmeer, im Ärmelkanal, an befestigten Grenzen, in libyschen Lagern, und weissichwo sterben gelassen, obwohl man helfen könnte. „Können wir uns nicht leisten“, lautet die Ausrede. Ganze Branchen wie gerade die Flugbranche werden dagegen mit hohem finanziellem Aufwand am Leben gehalten.
Die hohe Zahl an Selbstmorden in den sogenannt reichen Staaten, aber auch das Verschwinden von Kleinbetrieben oder sogar ganzer Tier- und Pflanzenarten sind stumme Zeugen eines unmenschlichen Aussortierens, einer perversen Triage von „brauchen wir noch“ und „lohnt sich nicht mehr, sorry“.

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Danke sehr, Herr Binswanger für Ihren Artikel. Sie drücken sehr viele meiner eigenen Gedanken zum Thema aus.
Ich habe solch eine ohnmächtige Wut in mir über all die dummen EgoistInnen (Egoismus ist sehr verbandelt mit Dummheit). Und dazu einen Bundesrat, der so gar nicht entscheiden mag (aber Verantwortung hat er auch für sein Nichthandeln!).
Ich mag schon gar nicht mehr mich damit beschäftigen, geschweige denn sprechen - obwohl ich das ja auch nicht gut finde.
Freundliche Grüsse
U. H.

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Andreas Bock
Arzt, Nephrologe, Wissenschaftler
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· editiert

Sehr einverstanden mit Herrn Binswanger. Wenn "die Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden" der eidgenössisch akzeptierte Minimalkonsens ist, so hätte man von der geballten Führungskompetenz unserer Landesregierung wenigstens erwarten können, dass sie die Massnahmen aufgrund einer 3-Wochen-Prognose (Projektion einer Exponentialfunktion in die Zukunft..) steuert, weil Hospitalisationszahlen mit 2 Wochen Verzögerung reagieren und dazu noch eine Woche für Vernehmlassung kommt. "Gouverner c'est prevoir". Nicht einmal das hat sie geschafft. Und wieso gibt es keinen Diskurs über die fundamentale Immoralität einer Strategie, die täglich 20 direkte (plus wohl einige indirekte) Tote einfach in Kauf nimmt, "solange das Gesundheitswesen nicht überlastet wird". Patti Basler ist eine der wenigen, die schon lange darauf hinweist. https://newstral.com/de/article/de/…ntgleisung.

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Danke für die klaren Worte - stimme 100%ig zu.

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Danke, Herr Binswanger, für diesen Artikel. Diese Pandemie deckt viele Schwächen des Schweizer Regierungssystems, des Föderalismus, einer nicht mehr zeitgemässen politischen Kultur schonungslos auf. Die grösste Schwäche benennen auch Sie nur am Rande: die vollkommen fehlende Lernwilligkeit, direkt verbunden mit systematischem Negieren aller Fehler, Verzögerungen usw.. Dass diese Kultur der Selbstgenügsamkeit Bewegung verhindert und uns einsam macht, wissen wir seit langem. Dass sie Menschen sinnlos tötet, wissen wir jetzt auch.

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Vielleserin
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Der Bundesrat spielt ein sehr riskantes Spiel. Statt die Bevölkerung zu schützen, wie es eigentlich seine Pflicht wäre, nimmt er Rücksicht auf die Massnahmenkritiker und verliert damit immer mehr das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung, welche sich - wie es so schön heisst - "eigenverantwortlich" und sozial gegenüber ihren Mitmenschen verhalten haben.
Die Drahtzieher hinter den Massnahmenkritikern sind mehr oder weniger immer dieselben Personen. Sie haben schon vor Corona (z.B. Ecopop-Initiative) und werden auch danach all ihre Energie dafür einsetzen, unsere Demokratie zu beschädigen und sind bereits dabei, Parallelgeschellschaften zu bilden. Deren Mitläufer sind schon längst nicht mehr erreichbar, dafür ist es viel zu spät.
Ich habe mir gestern definitiv zum letzten Mal eine Pressekonferenz des BR angehört, ich kann dieses Geschwurbel nicht mehr ertragen:
Ich stelle mir vor, wie frustrierend es für Fachleute (Virologen, Epidemiologen, Pflegefachleute und Ärztinnen) sein muss, dass ihre Expertise nicht gehört und umgesetzt wird.
Stelle mir vor, wie ärgerlich es für Lehrpersonen und auch Schulleitungen ist, wenn sie infolge Erkrankung ihrer ungeimpften Kollegen Mehrarbeit leisten müssen, ganz zu schweigen davon, dass sie und die Kinder (und deren Angehörige) sich einem erhöhten Risiko aussetzen müssen.
Die Konsequenzen für die Mitarbeitenden der Spitäler sind bekannt.
Ebenso die Konsequenzen der Triage.

Wir haben es mit einer weltweiten Pandemie zu tun. Und wir in der Schweiz fabulieren über kantonale Massnahmen. Stellt man an Kantonsgrenzen (mit derzeit noch geringen Fallzahlen) zum Schutz vor dem Virus Schilder auf "Hier Zutritt verboten"?

Wirtschaftsverbände und Parteien, welche sich gegen rechtzeitige Massnahmen wehren und - sobald die von Fachleuten prognostizierten Ereignisse eintreffen - als erste nach finanzieller Unterstützung schreien. Kein Problem, wird ja alles vom Steuerzahler finanziert.

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Gönnerin
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Wie wärs mit einer Positiv-Kampagne? Fernseh und Radio unterwegs zu den Leuten, landauf, landab, immer mit der Frage: was machst du, um das Virus aufzuhalten?
Quer durch alle Gesellschaftsschichten, mit möglichst vielen sprechen und immer mit der selben Frage: was machst du ganz konkret? So ein bisschen Wettbewerb, ein bisschen Zusammenstehen, wir packen das, ein klein bisschen Hoffnung und nicht nur Tanz am Abgrund. Wie wär's?

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Danke für diese glasklare Analyse.

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" Die Politik darf sich nie wohlfühlen in einer Zuschauerrolle im Sinne von: Wir sehen die Verantwortung, aber es kostet zu viel, sie wirklich zu ergreifen." Joachim Gauck in der Zeit. Unsere Lobbyvertreter, leider gewählt, funktionieren genau nach dieser simplen Rechnung, es kostet uns Politiker zuviel, wir, die in der Schweiz Wohnenden und die Mitarbeiterinnen im Gesundheitswesen zahlen dafür einen hohen Preis.

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Natürlich ist dieses Triageszenario eine Schande und ein Skandal - aber ein sytemimmanenter. Die Direktzdemokratie stützt sich auf Meinungen, und zwar auf viele Meinungen. Dass sich ein Virus aber keinen Deut um diese Meinungen schert, sondern deren Verirrungen gnadenlos auzsnützt (wie ein guter Schachspieler jeden Fehlzug seines Gegners aussschlachtet), ist unserem Politsystem nicht zugänglich. Noch dümmer sind dabei die juristischen Ansichten, die in den Paragraphen herausfinden, dass ein Impfzwang gegen irgendwelche Freiheiten verstossen, obwohl diese Freiheiten gar nicht mehr gegeben sind. Unser Meinungsterror hat uns in den Hinterhalt geführt, unter dem wir jetzt ächzen. Und so wie man die politische Eitelkeit unseres Landes kennt: Nach dem Schrecken trösten wir uns berstimmt an der Tatsache, dass es andern noch schlechter erging - wir also weiterhin glauben , dass die Welt nur durch Verschweizerung genesen kann.
Wir ernten jetzt die Früchte unseres Hochmutes: Die politische Meinung ersetzt die Wahrheit nicht.

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Erschreckend finde ich auch, wie seit (geschätzt) mehr als einem Jahr sich die IPS Auslastung als einzige relevante Messgrösse etabliert hat, und eine nicht allzu volle IPS gerne als Wert gesehen wird, der den aktuellen Kurs bestätigt. Ich verstehe nicht, weshalb es nicht mehr darum geht, Fälle und damit auch Hospitalisationen im Keim zu ersticken.

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Arzt und Vater
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Der Diskussion über die „drohende Triage“ ist meiner Meinung nach falsch - da sie nicht die Wirklichkeit wiedergibt.

Fakt ist:
Jede Verlegung auf die Intensivstation erfolgt unter den Gesichtspunkten ist die Verlegung vom Patienten/ von der Patientin überhaupt gewollt, sind die benötigten Ressourcen vorhanden und ist die Verlegung überhaupt medizinisch sinnvoll. Dies ist Alltag und war bereits vor der Pandemie so.

Die Diskussion über die Triage ist nur eine Ablenkung vom Zögern der Politik die zwingend notwendigen Schritte umzusetzen wie 2G und Impfung resp. Booster. Aus persönlicher Erfahrung verweigern die „Ungeimpften“ die Impfung unabhängig ob konventioneller Impfstoff oder mRNA. Aber sobald diese erkrankt sind, wollen Sie die volle Therapie inkl. der neuen „Antikörper“ obwohl diese kein Deut besser erforscht sind als die Impfung im Gegenteil.

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Sehr treffend formuliert. Die Differenzierung der Eigenverantwortung. Es scheint wie beim Klima, viele nehmen das Unvermeidbare erst war, wenn es die Türschwelle schon übertreten hat.

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Hab zwar schon viel kommentiert, doch meine Neugier auf die inzwischen noch eingegangenen Kommentare - und das sind viele - hat ein einigermassen faszinierendes Faktum beobachtet: vielleicht 5 % sind Skeptiker, ungeimpft. Faszinierend ist, in welchem Ausmass der "Confirmation Bias", also nur das wahnehmen, was die eigene Überzeugung stützt, hier am Werk ist. Und wie sehr das den Personen eine Selbstverständlichkeit ist. Eigentlich braucht es eine Menge Mut, in einem Forum, das ein weit höheres Niveau hat als üblich, sich mit einer Position einzumischen, die die meisten hier gut einzuordnen wissen und deshalb klar und heftig ablehnen.
Die ungeimpften "Skeptiker" könnten allein in diesem Forum eine Unmenge an Daten, gesicherte Fakten, Zusammenhänge, etc. erfahren, die sehr relevant sind für eine qualifizierte Meinung übers Impfen und die Pandemie, aber es kümmert sie überhaupt nicht. Es wird nicht wahrgenommen. Oder nur als gegnerische Wand. Hier ist eindrücklich zu erfahren, wie Menschen eben ticken. Einige haben vielleicht das Rüstzeug nicht, um alles zu verstehen, aber schon allein dass sie "Republik" -LeserInnen sind, ist ein Indiz für einen gewissen Intelligenz- und Bildungsgrad. Sie könnten die Fakten und Daten verstehen und ungefähr einordnen - wenn ihnen denn ihr innerer Widerstand es ermöglichen würde.
Liebe PolitikerInnen, die an das freiwillige Impfen appellieren, gehen Sie doch in solche Foren und lesen Sie!

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Ein Tabu: die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat, die das Handeln und Nicht Handeln mitbeeinflussen. Damit auch die Bedeutung des Klientelismus auch anderer Meinungs- und Entscheidungsträger.
Und es stellt sich die Frage, bei welcher Gefährlichkeit des Virus (Schwellwert) denn der Schutz der Anderen vor der Eigenmächtigkeit fraglos priorisiert werden würden müsste.

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Bin froh für diesen Beitrag.

Allerdings: da wird von Würdenträgern über eine Impfpflicht geredet mit all den dummen Denkfehlern von gar nicht dummen Leuten. Ergo: wenn es nicht Fahrlässigkeit ist, dann ist es Vorsatz. Und die Absicht dahinter kann nur die Vernebelung sein. Damit die Leute im Kreis herum schwatzen. Ganz übel. Gleich sehe ich es bei der idiotischen Eigenverantwortung. Wenn man die Begriffe durcheinander bringt, leidet auch das Denken. Ziel erreicht.

Beizufügen ist die Klage über die tranige Langsamkeit: da wird über Impfpflicht geschwafelt und gleichzeitig das Impfen behindert oder gar verboten. Im Februar 2021 wusste man - unser Hausarzt sagte es uns -, dass die Impfung nur für 6 Monate gut schütze. Im August wusste man das nicht mehr und waren Auffrischungen verboten. Anfang Dezember wusste man es wieder und verkündete BR Berset es am Fernsehen. Aber für Leute im Arbeitsprozess und sogar für besonders exponierte Leute blieb die Auffrischung verboten. Da müssen doch dem Letzten Zweifel daran kommen, dass Impfungen problemlos seien. Zudem: würden Sie in einem Beruf mit hoher Ansteckungsgefahr bleiben, wenn Ihnen der optimale Impfschutz verweigert würde? Ich nicht.

Was für die EKIF Kür ist, ist für die Swissmedic Pflicht: dass ein Medikament/Impfstoff praktisch auf dem ganzen Planeten zugelassen ist, heisst für diese Behörde gar nichts. Völlig autonom und losgelöst von der drängenden Notlage arbeitet sie intensiv am - ja, woran? Am Nachvollzug, was sonst. Man könnte meinen, es gehe nur darum, die Existenzberechtigung der Swissmedic nicht infrage zu stellen. Was dabei aber herauskommt, ist der immer stärkere Eindruck, auch diese Behörde sei nur ein teurer und lebensbedrohlicher Vorschaltwiderstand.

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Nicht nur die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen, sondern auch die körperliche Unversehrtheit ist unantastbar. Niemand hat das Recht, ungewollt über den Körper Anderer zu verfügen. Auch der Staat nicht.
Nur um Spekulationen vorzubeugen, ich bin seit gestern das dritte Mal geimpft.

Diese unantastbaren Grundrechte gehen aber natürlich einher mit Pflichten, z.B. mit der Eigenverantwortung, sich als Ungeimpfte:r in einer Pandemie zugunsten der Gesellschaft zurückzunehmen, sich im öffentlichen Raum nur wenn nötig zu bewegen und wenn, dann immer mit Maske. Geschlossene öffentliche Räume, Parties, Sportveranstaltungen, Reisen und vieles mehr sind dann ein Tabu. Denn Jemanden mit Corona anzustecken bedeutet, die körperliche Unversehrtheit dieser Person zu gefährden. Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt (Immanuel Kant).

Und ja, auch Geimpfte können das Corona-Virus weitergeben, aber viel weniger wahrscheinlich. Und die Impfung reduziert das Risiko drastisch, einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden, was die Spitäler entlastet. Es muss jedem klar sein, diese Pandemie wird nur dank der Impfung von so vielen Menschen wie möglich in naher Zukunft endemisch werden. Und wer will das nicht?

Man hat die freie Entscheidung, wie man als Teil der Gesellschaft handelt, aber diese Freiheit geht immer mit Eigenverantwortung einher. Nach 40 Jahren Neoliberalismus ist das leider bei Vielen vergessen gegangen. Und darum muss der Staat leider handeln und gewisse Freiheitsrechte, die in der Verfassung stehen, einschränken.

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Funktioniert nur leider nicht, wie Figura zeigt. Und irgendwann nur noch immer wieder die hochwohllöbliche Eigenverantwortung ins Spiel zu bringen reicht nicht mehr, wenn ein (weltweites) Kollektiv betroffen ist und von dieser eigenwillig ausgeübten Eigenverantwortung mehr als nur tangiert ist. Da darf dann auch mal ein Grundrecht angetastet werden, gibt es doch dazu auch ein Gegenüber welches sein Recht einfordern darf. Hier beissen sich dann spätestens die "Freiheiten" selber und die EthikdozentInnen stossen mit ihren Auffassungen m.E. auch an Grenzen, welche sie dann anscheinend auch nicht mehr weiter zu klären vermögen.

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Der einzige Weg ist, die uneinigen Kantone mit ihren parteipolitischen und wirtschaftlichen Eigeninteressen aus dem Spiel zu nehmen und die Führung in der Pandemie einheitlich dem Bundesrat anzuvertrauen - d.h. eine eindeutige ausserordentliche Lage auszurufen. Erst dann kann auf die Pandemie schnell reagiert werden.

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Unser Dasein wird sich durch den Klimawandel ohnehin drastisch verändern. Wie sollen wir das ohne Gewalt und Chaos hinkriegen, wenn uns schon die Pandemie an den Rand bringt? Ausserdem gibt es viele Menschen, die sich impfen lassen und trotzdem nicht ungehalten reagieren, wenn sie sich wegen den Ungeimpften und dem Schutz der Vulnerablen weiterhin einschränken müssen. Ich bin sehr dazu bereit, mein Leben an neue Bedingungen anzupassen. Aber die unnötigen Schlaufen, die wir in dieser Pandemie abfahren, müssten definitiv nicht sein.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Auch hier muss offenbar darauf hingewiesen werden:

[J]eder Impfzwang [ist] auch ein Impfobligatorium, doch nicht jedes Impfobligatorium ein Impfzwang.

Hinsichtlich des Impfobligatoriums und der verlinkten, überaus empfehlenswerten Abhandlung «Impfobligatorium und Impfzwang – eine staatsrechtliche Würdigung» verdient deren erster und für die öffentliche Diskussion wohl wichtigster Punkt mehr Beachtung:

Historisch wurden Impfobligatorium und Impfzwang lange zu Unrecht als Synonyme verwendet.

[J]eder Impfzwang [ist] auch ein Impfobligatorium, doch nicht jedes Impfobligatorium ein Impfzwang.

Diese wichtige Differenz geht in der Zusammenfassung der Analyse ein wenig unter.

Ja, es darf niemand zum Impfen gezwungen werden. Ja, ein Impfobligatorium ist ein schwerer Eingriff in die Grundrechte. Doch es gibt auch zulässige Impfobligatorien sowie zulässige schwere Eingriffe in die Grundrechte (Shutdowns und Triagen btw). Denn Pflicht und Zwang sind nicht dasselbe.

Ein Impfzwang ist somit dann anzunehmen, wenn die Realerfüllung eines Impfobligatoriums mit Verwaltungszwang durchgesetzt wird, sodass die epidemiengesetzlich geschützte Wahlfreiheit, eine Impfung zu verweigern, in Wirklichkeit keine ist. Dies drückt sich darin aus, dass der Einzelne nicht die Wahl zwischen «Impfung oder Nichtimpfung» hat, sondern nur noch zwischen «freiwilliger oder erzwungener Impfung».

Ein Impfzwang läge etwa vor, wenn die Impfung durch körperlichen Zwang, etwa mittels Fixation, durchgesetzt wird oder die Wahlfreiheit durch mentalen Zwang, etwa mittels drohende Geldbusse eingeschränkt wird.

Wie aber sähe nun eine zulässige Impfpflicht aus? Hierzu bietet sich die Analogie mit der Maskenpflicht an, die ja ebenfalls durchgesetzt wird, ohne aber im eigentlichen Sinne als unzulässiger Maskenzwang zu gelten.

Mit der positiven Definition des Impfzwangs ist noch nicht gesagt, wann ein «erlaubtes» Impfobligatorium vorliegt. Zur Beantwortung dieser Frage lässt sich ein Vergleich zur Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr ziehen: Gemäss Art. 3a Abs. 1 Covid-19-Verordnung zur besonderen Lage muss eine Maske tragen, wer älter als 12 Jahre ist (lit. a) und hiervon nicht gesundheitsbedingt dispensiert ist (lit. b). Wer keine Maske hat oder sich weigert, sie zu tragen, muss das Fahrzeug verlassen. Zudem kann die Bahnpolizei bei Renitenz gegen die Anweisung, das Verkehrsmittel zu verlassen, eine Busse verhängen. Dies zeigt eine dreifache Pflichtenkaskade auf: Primär muss jede den öffentlichen Verkehr nutzende Person eine Maske tragen («Realleistungspflicht»). Wer dies nicht tut – aus welchen Gründen auch immer – kann von der Bahnpolizei angewiesen werden, das Verkehrsmittel zu verlassen («Ersatzzwang»). Wer dieser Anweisung zuwiderhandelt, kann wegen Verstosses gegen Anweisungen der Bahnpolizei gebüsst werden («Durchsetzung des Ersatzzwangs»). Diese Pflichtenabfolge zeigt, dass nicht das Verweigern der Maskentragung zu einer Strafe führt, sondern die Widerhandlung gegen bahnpolizeiliche Anweisungen. Das Nichttragen der Maske an sich ist eine Pflichtverletzung, die straflos bleibt.

Analog also würde nicht die Verweigerung der Impfung gebüsst, sondern die Widerhandlung gegen gesundheitspolizeiliche Anweisungen. Die Nichtimpfung an sich ist eine Pflichtverletzung, die straflos bleibt.

Das Fazit der Abhandlung ist denn u. a. auch:

Unseres Erachtens ist ein Impfzwang nach hier verstandener Definition somit in jeder Gefahrenlage unzulässig.

In normalen und besonderen Lagen müssen Impfobligatorien insbesondere erforderlich sein. Im Normtext wird dies durch die «erhebliche Gefahr» als Voraussetzung für Impfobligatorien bekräftigt.

In ausserordentlichen Lagen ist ein Impfobligatorium unstrittig zulässig,

Impfobligatorien nach Art. 22 und 6 Abs. 2 lit. d EpG sind in der ausserordentlichen Lage weitgehend unproblematisch: Erstens können Impfobligatorien unstreitig auch in ausserordentlichen Lagen angeordnet werden, zweitens besteht auch eine erhebliche Gefahr, und drittens sind Impfobligatorien gegenüber «Lockdown-Massnahmen» vorzugswürdig.

Man könnte noch diskutieren, ob Ungeimpfte aufgrund ihres höheren Risikos infiziert zu werden und einen schwereren Krankheitsverlauf zu haben, nicht auch zu den «gefährdeten Bevölkerungsgruppen und besonders exponierten Personen und Personen» gehören.

Wie dem auch sei, für ein allfälliges Impfobligatorium ist es schlicht zu spät. Es wird auf einen Shutdown hinauslaufen. Und damit auf einen schweren Eingriff der Grundrechte – für alle.

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Ich hab dem für einmal nichts hinzuzufügen.

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Vielleicht das, um zu ergänzen: Die Schweiz ist gemäss Johns Hopkins Universität weltweit an 17. Stelle, (Stand 8.12.21) was die Anzahl positiver Covidfälle pro 100 000 EW betrifft, gezählt seit Anfang der Pandemie. Das heisst, 178 Staaten haben weniger!
Natürlich sind das nur die beglaubtigten Testfälle, und überall gibt es Dunkelziffern. Doch über lange Zeit war die Testpositivität in der Schweiz immer sehr hoch (normal ist 5%) , derzeit auch (bei 12%). Was heisst, dass es auch noch eine überdurchschnittliche Dunkelziffer hierzulande gibt.
Dies zum Verhältnis Massnahmen:Effizienz.

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Der Bundesrat hat also bereits entschieden: erst jetzt milde, offensichtlich ungenügende Massnahmenvarianten zur Konsultation vorzulegen ist eigentlich der Entscheid zur Variante Triage und schliesslich Kollaps des Gesundheitssystems.

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Autor
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Mit allem einverstanden, nur: wo bleibt der Aufruf zur sofortigen Schliessung der Kulturhäuser? Wenn wir schon von Egoismus reden und zurecht beklagen, dass die Gesellschaft und die Politik Ich-bezogen argumentiert, müssten wir Kulturschaffenden nun fairerweise auch darauf hinweisen, dass öffentliche Lesungen, Konzerte (Jazz, Rock, Pop-und Musicals), volle Theaterhäuser und feierliche Premieren in Basel, Zürich, Bern und Genf, Wil, le Locle, etc.nicht mehr der richtige künstlerische Ausdruck sind, um die Gesellschaft zu reflektieren. Dafür gäbe es mittlerweile genügend Alternativen, u.a. Spaziergänge, Walks, Beleuchtungen im Freien. Bedauerlich auch, dass die Kulturverbände, u.a. wegen den vielen Impfgegnerinnen in ihren Reihen, es auch nicht wagen, Impfempfehlungen rauszugeben. Wenn hier also eine Branche auch versagt, ist es die Kulturszene. Es ist einfach den Egoismus nun bei anderen zu orten. Damit meine ich nun nicht, dass Daniel Binswanger das zwingend macht, es fehlen aber in seiner Replik Aufrufe zur Selbstbeschränkung der ihm nahen Szene. Und Aufrufe für originelle neue Kollaborationen in der Krise. Ich schlage hier vor, und das ist ernstgemeinter Vorschlag eines Republikaners: Schauspielhaus Zürich und Republik sollten ab nächste Woche einen Pandemie-Podcast (Live und Nicht-Live) machen, der die Menschen inspiriert, animiert… u.a. auch nach draussen führt. Ohne dass es Menschencluster gibt. Es ist möglich, konstruktiv gemeinsam zu denken, zu musizieren, zu tanzen und lachen - ohne dass man sich in Innenräumen zusammenpfercht. Holt Rimini Protokoll, die euch beraten. Bitte macht das. Aber zeigt nicht mit dem Finger auf die anderen und feiert weiter, als gäbe es keine Pandemie. Abgesehen von diesem Mangel im Text bin ich zu 120% einverstanden mit ihm.

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