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Eine fantastische Rezension, die Lust macht, dieses Buch gleich mit auf die Leseliste für den Strandurlaub zu setzen. Und das Fazit, der Welterweiterung sowie der gleichzeitigen Fronten ist für alle sehr lehrreich.
Vielen Dank, liebe L. B., freut mich sehr. Und tatsächlich führt das mit der Lektüre am Strand mitten hinein in das, was diesen Roman ausmacht: Trotz komplexer und teils düsterer Themen und immerhin 460 Seiten Umfang ist Bulawayos Buch nämlich erstaunlich leicht lesbar, getragen von einem brillanten, erkenntnisstiftenden Humor. Wie sagte die Philosophin Rosi Braidotti kürzlich in einem Interview: «Seit den frühesten feministischen Tagen haben wir das Lachen als politisches Werkzeug verstanden. Lachen ist eine machtvolle Strategie gegen Tyrannei, gegen jede Form von Ausgrenzung. Das Lachen setzt sich über bestehende Grenzen hinweg und behauptet sich noch gegenüber dem ärgsten Feind. Es ist eine Möglichkeit, der Macht ins Auge zu blicken und die Wahrheit zu sagen.» Ich glaube, das würde auch NoViolet Bulawayo voll unterschreiben.
Was mich im Zusammenhang mit dem (Post)Kolonialismus als offene Frage begleitet: ist die Institution der Demokratie als Kind des individualistischen Westens. Zw. Von Europa überhaupt tauglich für Weltgegenden wo der kollektive Gedanke viel mehr Gewicht erhält. Und falls nicht: was sind zeitgemässe und zukunftstaugliche politische Systeme, die eben nicht wie beim Clan automatisch einen Patriarchen an der Spitze haben. Können kollektivistischere Gesellschaftsformen auch mit der Gleichstellung der Geschlechter einhergehen?. Ich kenne dafür jedenfalls kein Beispiel.
Vielen Dank für die weiterführenden Gedanken, liebe Frau Belz. Sie sprechen einen zentralen Punkt an: Ob und inwieweit Ideen, die mit dem Westen assoziiert werden, universelle Gültigkeit beanspruchen dürfen, muss natürlich Gegenstand eines fortlaufenden Gespräches sein und darf nicht einfach vorausgesetzt werden, will man nicht wieder in (neo)kolonialistische Muster verfallen. Das bedeutet sicher auch, wichtige Errungenschaften nicht einfach dem Westen zuzuschlagen, denn Ideen von gleichen Rechten und sogenannten «westlichen Werten» entpuppen sich bei näherem Hinsehen oft als historisch tief verankert im Denken nicht-westlicher Kulturen. Und auch heute argumentieren führende postkolonale Denker:innen aus unterschiedlichen Weltregionen, soweit ich sehe, gerade nicht gegen den Universalismus, sondern dafür, dass die Aushandlung dessen, was als universell gelten kann, selbst in einem gleichberechtigten, globalen Diskurs auf Augenhöhe stattfinden muss. Anders gesagt: Es geht um eine inklusivere, kollektivere Universalität. In diesem Sinne würde ich auch Ihrer Frage nach der Demokratie einen etwas anderen Akzent geben: Welche andere Staatsform wäre in der Lage, die Idee von gleichen Rechten und flachen Hierarchien besser zu verwirklichen als die Demokratie? Mir wäre keine bekannt. Die Tatsache, dass auch noch keine Demokratie der Welt diese Ideale vollständig verwirklicht hat, spricht m.E. weniger gegen die Idee als solche, sondern dafür, dass die grundlegenden Ideale noch immer unvollständig verwirklicht sind, weil Demokratie «work in progress», ein noch immer unvollendetes Projekt ist. Ein in meinen Augen noch immer einschlägiger und sehr gewinnbringender Text dazu ist dieser Essay von Paula-Irene Villa und Andrea Geier. Es geht also vielleicht darum, die Idee der Demokratie und kollektivistischere Gesellschaftsformen, als wir sie kennen, zusammenzudenken. Das würde ja beiden Grundgedanken, dem demokratischen wie dem kollektiven, eher mehr als weniger entsprechen.
Sehr geehrte Frau Belz,
Ihre Frage ist wichtig, oder gar zentral. Aber weshalb so hastig mit der Antwort?
Stammes- und clangeprägte Gesellschaften gibt es in grosser Zahl. Was ist zielführender: auf ihr Verschwinden hoffen oder eine stammesinterne Demokratisierung anstoßen? Warum nicht Stammesoberhäupter durch Stammesräte ersetzten? Genauso wie Alleinherrscher durch Parlamente abgelöst wurden.
Mehr noch: vermutlich kann sich in stammesgeprägten Gesellschaften die Demokratie nur dann wirklich durchsetzen, wenn deren wichtigste sozialen Bausteine - das heisst die Clans oder Stämme, auch demokratisch organisiert sind.
Mit freundlichen Grüssen
Danke für den Hinweis auf das Buch und den interessanten Beitrag!
Sehr gerne – herzlichen Dank Ihnen fürs Lesen!
als Aktivist bei debt for climate benutze ich den Begriff postkolonial und habe deshalb die Rezension gelesen. Ich könnte gerne auch einfach koloniale Ausbeutung sagen, doch dann muss ich zuerst den Leuten hier in Europa erklären, dass es eben nicht vorbei ist und dass die Korruption eines Diktators von der Korruption unserer Konzerne getragen wird. es ist nicht einfach.
Besten Dank, lieber R. B.. Ähnlich wie Sie denke auch ich, man kann den Begriff weiterhin verwenden, er hat ja seinen guten Sinn. Die Bedenken von NoViolet Bulawayo würde ich auch gar nicht in die Richtung interpretieren, dass man das Wort kategorisch meiden müsse. Worum es vielmehr geht, ist eine problembewusste, sprachkritische Gebrauchsweise. Und da hat sie sicher einen Punkt, selbst dann, wenn man in Rechnung stellt, dass Wortbildungen mit «Post-» ja häufig ein ambivalentes Verhältnis aus Kontinuität und Paradigmenwechsel meinen (etwa «Postmoderne»). Es kann jedenfalls nicht schaden, allzu eingeschliffene und vielfach durch den Diskurs gewirbelte Begriffe von Zeit zu Zeit wieder kritisch zu hinterfragen. Oder wie Sie treffend sagen: Es ist eben nicht einfach, und die Sprache selbst sollte nicht eine Einfachheit suggerieren, die in der Sache nicht besteht. Vielen Dank nochmals fürs Lesen und Kommentieren und viel Erfolg für Ihre aktivistische Arbeit.
Danke, genau das ist ja ein fruchtbarer Punkt beim kritischen Gebrauch von Sprache, dass wir immer wieder stolpern über unhinterfragtes und dabei merken, dass zb patriarchale oder rassistische Strukturen unser Selbstverständnis geprägt haben. Stolpern sieht ja oft nicht so elegant aus, deshalb mögen wir es nicht, und doch ist es ein Hinweis auf ein Hindernis für die wahre Eleganz.
Erneut besten Dank Daniel Graf.
Dank dir habe ich eine schöne neue Welt für mich entdeckt.
Vorbestellt+Vorfreude:)
Freut mich, vielen Dank. Und gute Lektüre!
Guten Tag Herr Graf,
breits das 3 oder 4 Mal muss ich Ihnen danken.
Erneut ein unglaubliches Buch. Kann seit 2 Tagen nicht aufhören! Wollte mich nur erneut bei Ihnen bedanken:)
Wir waren zwischen 1983 und 1986 in Zimbabwe und haben, abgelenkt und ausgefüllt von unserer Arbeit im Shonaland, ausser Gerüchten wenig von den Massakern mitbekommen. Im Nachhinein natürlich schon. Der Bericht rührt mich sehr. Vielen Dank für die tolle Rezession. Ich werde das Buch umgehend bestellen.
Herzlichen Dank, lieber U. G..
Besten Dank, lieber Daniel Graf, für diese und viele vergangene Rezensionen, die glänzend geschrieben und immer in höchstem Masse anregend sind. Fast immer landen die besprochenen Bücher (und die vielen nebenbei erwähnten) auf meinem Pult und ich bin der schieren Menge an wertvoller Lektüre wehrlos ausgesetzt: woher die Zeit und Musse nehmen, sie alle zu lesen? Sie sehen, ich halte der von Ihnen entfachten Begeisterung nicht stand. Das ist leider auch eine Folge Ihrer Kunst zu schreiben.
Wehrlos gegenüber der Vielzahl toller Bücher – das kenne ich selbst nur zu gut, lieber K. H.! Und jetzt haben Sie mich mit Ihren netten Zeilen fast ein wenig sprachlos gemacht. DANKE!
Schöner Schluss! _ Und spannend wie immer.
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