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Wie wäre es gekommen, hätte die Medienmeute, allen voran Der Blick, damals im 2013 anders reagiert?
Das Sondersetting wäre der Gesellschaft vermutlich günstiger zu stehen gekommen, als die seither angefallenen Justizvollzugs- und Gerichtskosten.
Und Brian Keller hätte möglicherweise einen Weg gefunden, sein Leben ohne unkontrollierte Gewaltausbrüche zu leben.
Dank des Sondersettings kann er sehr gut kickboxen. Sein "Freund" mit dem gebrochenen Kiefer findet das sicher toll.
Die Medien alleine waren es nicht, die diesem Menschen seine vielleicht einzige Chance zunichte machten – es brauchte auch Menschen wie Sie, die solche Geschichten kolportieren.
Der Fall Brian Keller wird in die (Justiz-)Geschichte der Schweiz eingehen. Forschende werden darüber rätseln, wie es soweit kommen konnte, dass ein "schwieriges" Kind in wenigen Jahren in der Obhut der Justiz zu einem Gewalttäter werden konnte, der verwahrt gehört. Vielleicht wird dann vielen klar sein, dass die Hautfarbe von Brian nicht unerheblich beitrug zur unheilvollen Entwicklung. Und dass es letztlich um die unaufgearbeitete Geschichte der Schweiz, ihren Teil am Kolonialismus und den damit verbundenen Rassismus geht. Frage am Rande: wie divers sind die Ordnungshüter in den verschiedensten Funktionen der Justiz und was für ein Bild von der Schweiz haben sie?
Bei dem ganzen Fall und dem "drumherum" frage ich mich verschiedene Punkte:
Wie kann es sein, dass dieser Fall in diese Art und Weise fortgeführt wird, trotz der Intervention des Bundesgerichts und der UNO?
Weshalb wird dieser Fall immernoch am selben Gericht verhandelt? Gibt es keine Möglichkeit um einen so offensichtlich aus dem Ruder gelaufenen Fall einem Gericht und einer Staatsanwaltschaft zu entreissen und einer anderen Staatsanwaltschaft und einem anderen Gericht (idealerweise in einem anderen Kanton, der auch mit Pöschwies etc. keine direkten Verbandelungen hat, also bspw. im Kanton Bern oder Graubünden) zuzuweisen?
Wie steht es mit der Verantwortung der Medien? Dass sich dieser Fall so entwickelte wurde ja schlussendlich ausgelöst durch einen Film von SRF und insbesondere durch die darauffolgende Hetzkampange von gewissen Medienhäusern und Zeitungen (die heisst glaub ich etwas mit B - Bild vielleicht...? Egal, ihr wisst welche ich meine). Könnten hier nicht auch Schadensersatzforderungen aufkommen?
Sind sich jene Schreiberlinge (ich rede in diesem Fall bewusst nicht von Journalisten, da für mich mit Journalismus auch eine gewisse Berufsehre einhergeht) überhaupt ihrer Verantwortung bewusst und was sie damit auslösen?
Inwiefern interessiert sich die Politik überhaupt dafür, dass das schweizer Rechtssystem ausgeglichen und fair funktioniert? Was macht die Politik aus einer Schelte der UNO? Bisher habe ich noch garnichts mitbekommen dass sich die schweizer Politik auch nur ein Mü dafür interessiert - solange sie ihre (bezahlten) VR-Mandate nicht deklarieren müssen sind sie anscheinend zufrieden. (Sorry, der letzte war Off-Topic, musste aber mal gesagt werden).
Bitte bleibt dran und stellt entsprechenden Stellen die relevanten Fragen.
Dass sich soetwas überhaupt in der Schweiz abspielen kann finde ich tragisch. Wird aber wohl nicht besser, da man ja auch bspw. das Nachrichtendienst-Gesetz oder das Anti-Terror-Gesetz angenommen hat und somit auch jenen Stellen welche hier komplett versagen mehr Macht gegeben hat.
Sehr viele, sehr wichtige Fragen und Hinweise. Ja, wir müssen dranbleiben.
Wenn man sich für das Schicksal von Brian interessiert, lohnt es sich, das von Jacqueline Daunois verfasste Journal aus Brians Isolationshaft "Hier drin" zu lesen. Darin schildert Brian alltägliche Vorfälle von subtiler Psychofolter und von feinen Provokationen der Aufseher, denen er tagtäglich ausgeliefert war. Kaum jemand nimmt dies zur Kenntnis und diese Tagebucheinträge finden offensichtlich nicht einmal Einlass in die Gesamtbeurteilung von Brians Haft-Situation. Diese Schikanen allein aber gäben genug Grund, um sich als abhängiger und ausgelieferter Häftling wehren und aufbegehren zu wollen.
Sehr empfehlenswert das Tagebuch! Als Ergänzung zur ganzen Geschichte. Ich wünsche Brian viel Kraft und Durchhaltevermögen. Ich schäme mich sehr für den schweizer Justizvollzug.
Danke für den Tipp. Leider war mein Googeln danach erfolglos. Können Sie einen Zugang zu diesen Texten bekannt geben? Oder, falls nur analog erhältlich, die Quelle dafür?
"Brians Stimme wird nicht gehört, denn er ist vom öffentlichen Leben ausgeschlossen in Isolationshaft. Sein Fall aber kann nicht isoliert betrachtet werden. An ihm offenbaren sich tiefgreifende menschenverachtende und benachteiligende Strukturen innerhalb unseres Rechtssystems. Brian ist kein Einzelschicksal, sondern betrifft uns alle. Wir können dazu nicht schweigen.
#BigDreams hat sich zur Aufgabe gesetzt, diese Missstände öffentlich zu verhandeln. Wir sind eine diverse Gruppe von Aktivist*innen, Expert*innen, Wissenschaftler*innen und Künstler*innen. Unsere Präsenz rund um den Prozess ist der Prolog einer weitreichenden Auseinandersetzung mit strukturellen Missverhältnissen in unserer Demokratie."
Ich hatte es von einem Künstlerkollektiv via Instagram bestellt. Das war vor ca. 1 Jahr. Ich erinnere mich leider nicht mehr an den Namen. Es enthält die sprachlich sehr einfachen Notizen von Brian und wurde grafisch und künsterlisch aufgearbeitet. Insgesamt berührend... Ich versuche herauszufinden, ob man es noch bestellen kann.
Im "normalen" Vollzug klappt es offenbar einigermassen, die Staatsanwaltschaft will nun aber das Problem mit Untersuchungshaft lösen. Ich bin mir also nicht sicher, ob der Staatsanwaltschaft diese Ironie klar ist.
Ich glaube, das grössere Problem ist, dass unser System nur diese eine Lösung kennt. Mit Härte, mit Strafe und mit Vollzug. Dabei wäre es gerade bei diesem Fall so wichtig, diese Spirale der Gewalt zu brechen. Dass die Verantwortung zum Brechen der Gewaltspirale beim Kleineren liegt, scheint mir einfach nur unfair.
Brian Keller ist vielleicht kein absolutes Unschuldslamm, aber auch ein sei Jahren sehr verzweifelter, weil zu weiten Telen unmenschlich behandelter junger Mann.
Dazu gehören unter anderem die unmenschlichen Haftbedingungen im Gefängnis Pfäffikon. Oder die 13-tägige Fixierung an ein Spitalbett, als er knapp 16-jährig war. Oder die illegale Inhaftierung nach dem Abbruch des Sondersettings 2013 – als er als «Jugendstraftäter Carlos» ins mediale Scheinwerferlicht geraten war.
Warum wollen die Behörden nicht merken, dass sie seit Jahren das angebliche Monster, das sie beschwören, systematisch und mit teilweise illegalen Methoden selbst heranzüchten? Deren Vorgehen wäre nachvollziehbar, wenn es nicht um juristisches Recht, sondern um Rache ginge. An 'Recht' glaube ich in diesem Falle nicht mehr, daß Motiv der nicht wirklich intelligent wirkenden Behörden scheint zunehmend simple Rache (wofür?) zu sein.
Ein Versagen der Behörden auf allen Ebenen. Und wer ist verantwortlich? Niemand. Erleben wir dies nicht oft in diesem Land? Wie war das z. B. mit den illegalen Praktiken des Schweizer Zoll während der Pandemie, um nur ein Beispiel zu nennen? Konsequenzen für die Verantwortlichen, keine! Der Fisch stinkt vom Kopfe her. Es fehlt eine Instanz die gegen Fehlverhalten von Behörden vorgeht und dafür sorgt, dass dieses Konsequenzen hat. In anderen Ländern müssen Politiker und Beamte nach Fehlverhalten gehen, bei uns nicht.
Nicht ganz allen - das Bundesgericht scheint hier tatsächlich seinen Job zu machen und die vorherigen Instanzen zurechtzuweisen.
Ich lese gerade von Thomas Galli Weggesperrt. warum Gefängnisse niemandem nützen. Galli, Jurist und ehemaliger Gefängnisdirektor kommt zu interessanten Schlüssen. Wie in vielen Bereichen unserer Kultur stehen ein paar Entwicklungsschritte an.
Wir haben in der Republik ein Interview mit Thomas Galli publiziert, hier ist es: https://www.republik.ch/2020/07/29/…eschwaecht
Zum ersten Mal verhaftet wird Brian als Zehnjähriger, als man ihn fälschlicherweise der Brandstiftung beschuldigt. Brian verbringt einen Tag im Gefängnis auf dem Zürcher Kasernenareal und fast zwei Monate in geschlossenen Einrichtungen. Als er zwölf ist, steckt man ihn acht Monate lang in Isolationshaft, 23 Stunden am Tag sitzt er in Erwachsenengefängnissen allein in seiner Zelle.
Laut WOZ. Die Strafe, die er schuldig abgesessen hatte, anscheinend für typische Jugenddelikte. Nur: einem weissen Jungendlichen geschweige denn Kind wäre das NIEMALS passiert. NIEMALS. Das und die Folter, die danach kommen ist ohne Rassismus und rassistische Staatsgewalt gar nicht denkbar. Es bräuchte schon längst eine Sonderkomission oder was ähnliches für diesen Fall.
Der erste Wärter wurde nun schuldig gesprochen, wann kommen die nächsten Täter vor Gericht?
Ende September 2011 erhebt Mikes (Brian Kellers) ältere Schwester gegen die drei verantwortlichen Ärzte an der PUK Anklage wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Die Zürcher Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren vier Jahre (!) später ein.
Die alte Strategie wird auch heute noch angewendet. Die Verfahren einfach versanden lassen.
Erst eine Beschwerde des Rechtsanwalts Marcel Bosonnet führt 2016 dazu, dass die Strafverfolger auf Anweisung des Obergerichts doch noch eine Untersuchung führen müssen.
Mike (Brian Kellers) lässt sich in diesem Verfahren inzwischen von Rechtsanwalt Markus Bischoff vertreten, eine Erhebung einer Anklage gegen die drei Ärzte steht bisher noch aus. Bischoff sagt, die Vorwürfe betreffend die Körperverletzung seien inzwischen verjährt, weshalb die Ärzte nur noch wegen Freiheitsberaubung gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden könnten. Er rechnet damit, dass die Anklage diesen Herbst eingereicht werden soll.
Das war 2019 in der Republik geschrieben. Was wurde aus dieser Anklage? Ist das bekannt?
Zur Transparenz, folgendes wurde allein Thomas König verfasst, der das Abo mit Lea teilt, nicht von Lea, die im Profil erscheint.
Mir kommt noch folgende Überlegung in den Sinn: Wir stehen ja hier in einem Dilemma zwischen zwei für wohl alle von uns legitimen Ansprüchen: Niemandem darf grundlos über eine Strafe hinaus die Freiheit entzogen werden, und die Gesellschaft hat Anspruch auf Schutz vor Personen, von denen eine ernst zu nehmende Bedrohung ausgeht. Um dieses Dilemma zu vermeiden, müssen wir also in der Lage sein, Gründe dafür zu haben, dass jemandem über die Strafe hinaus die Freiheit entzogen wird und dazu einschätzen können, wie ernsthaft die durch die Person ausgehende Bedrohung ist. Im gegeben Fall scheint gerade das nun aber unmöglich: Wieviel von den Agressionen, die Brian vorgeworfen wurden, gehen von ihm aus, und wieviel dieser Aggressionen sind erklärbar dadurch, dass auch andere Menschen, die über so lange Zeit so restriktiv behandelt werden wie Brian, aggressiv und unkooperativ werden?
Das Setting, in dem Brian gehalten wird, verhindert folglich, dass wir Zugang zu den Gründen haben, warum wir Brian freilassen oder verwahren sollten. Das finde ich, unabhängig vom konkreten Fall, sehr problematisch, weil es die Gefahr birgt, dass unser Justizapparat selbst zur Bedrohung von unseren Grundrechten wird. Aus diesem Grund, und unabhängig von konkreten Fall, müssen die Haftbedingungen also so gestaltet werden, dass sie es wo immer möglich aussschliessen, dass sie Inhaftierte in einer Art und Weise schädigen, die eine begründbare Einschätzung der von ihnen selbst, und unhabhängig von den Haftbedingungen ausgehenden Bedrohung verhindern.
Diese Einschätzung scheint mir bei Brian zur Zeit unmöglich. Es ginge also nun, meine ich, nicht nur für Brian, sondern auch für die Legimität unseres Jusitzsystems allgemein darum, ein Setting zu schaffen, das es ermöglicht abzuschätzen, welche Bedrohung von Brian noch ausgeht, wenn die Bedingungen so sind, dass sie keine plausible Erklärung für sein Verhalten mehr sind.
Endlich habe ich alles gelesen, auch viele Kommentare. Die Eltern gehörten hier eigentlich auch ins Gefängnis.
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