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Aufrichtige Wissenschaft muss immer ergebnisoffen sein. Indem die Auftraggeber bereits zu Beginn Fragen zur Provenienz der Bührle-Sammlung ausschlossen, entlarvten sie ihre eigentliche Absicht. Dadurch entsteht der Eidruck, dass es nicht um Aufklärung ging, sondern allein um Imagepflege unter dem Deckmantel von Wissenschaftlichkeit.
Inwiefern war die Leimgruber-Studie nicht ergebnisoffen?
Weil Sie es verunmöglichte, neue Fragen zu stellen. Auf diese Art schloss sie ihr unliebsame Antworten aus.
War es die Gier (ein ungeliebtes Wort), das den Entscheidungsträgerinnen den Kopf vernebelte? Ich verstehe nicht, wie die SP jemals auf diese Weise in die Nähe von Bührle geraten konnte, Linke sich auf die im Artikel geschilderten Verhandlungen mit seinen Erben einliessen und offenbar bis heute auf alle Bedingungen eingingen. Weil sie die Bilder unbedingt ausstellen wollten? Zum Schluss wird auch noch das Rätsel um Tanners positive Beurteilung des Leimgruber-Berichts gelöst: ganz simpel, Verbandelungen. Der Schaden für die SP, für die Geschichtswissenschaft in Zürich ist immens. Ob sich der einfach aussitzen lässt?
unglaublich!!! wie kann frau sich so als stadtpraesidentin verbiegen???? ich haette das nie gedacht. bin wahrscheinlich zu naiv, aber jetzt gelaeutert!!
eine wahnsinnsgeschichte das ganze --> und jetzt? ein bisschen empoerung und schluss??
und alle koennen das aussitzen??
verrueckt!
@republik: ---> bewegung auf der strasse initiieren!!
Ich denke, es ist nicht Aufgabe der Republik, eine Bewegung zu initiieren. Es ist Aufgabe der Republik, bei solch undurchsichtigen Machenschaften dran zu bleiben und zu publizieren, und das wurde hiermit getan,danke dafür!
Jetzt liegt der Ball bei der Zürcher Bevölkerung bzw. bei unserem Parlament bezüglich einer schweizweiten Kommission für die Aufarbeitung.
Aus meiner Sicht ein gutes Beispiel, was man unter dem Begriff Cüpli-Partei verstehen kann. Die Exekutive versteht sich als Verbindungsglied zwischen allen Bevölkerungsgruppen, inklusive der Elite. Im Kontakt mit letzteren wird dann halt eher Jahrgangschampagner als Prosecco eingegossen und die Dinge nehmen ihren Lauf…
Trotz Cüpli statt Riesling, die SP wurde etwa zeitgleich mit Blochers Aufstieg die "einzig wahre bürgerliche Kraft im Land" und deren Stadtpräsidenten und -präsidentin, Estermann ,der 'König' von Zürich' Ledergerber (Eva-Järmann/Schaad) und Mauch verhielten sich die letzten 30 Jahre gleich wie zuvor Stapi Landolt, Sigi Widmer und Wagner, und dazu gehört auch die Pflege der "Schönen Künste". Das Amt macht den Mann, die Frau und nicht umgekehrt, das Verhalten ist systemisch. (Geld, Geld, Geld....)
Das Rote Zürich von Klöti bis Lüchinger gibt's nur noch auf Strassenschildern.
Vor wenigen Wochen bemerkte der österreichische Staatspräsident Van der Bellen: "Dieses Sittenbild tut der Demokratie nicht gut“. Das von der Republik mit Akribie entworfene Sittenbild der historischen „Erforschung“ der Sammlung Bührle in Zürich tut der unabhängigen Forschung in der Schweiz ebenfalls nicht gut.
... weil es offensichtlich keine unabhängige Forschung hier gibt -auch wenn es so gemeint ist sollte man dies vielleicht noch explizit dazu sagen (sorry, der Schweizer Unfehlbarkeitsmythos löst gerade Brechreize bei mir aus).
In dem grossartigen Artikel steht: „Warum gibt es in der Schweiz bis heute keine unabhängige Kommission, die in Restitutionsfragen ein qualifiziertes Urteil abgeben kann, was eine «faire und gerechte Lösung» ist? Deutschland, Frankreich, G.britannien, Österreich und die Niederlande haben solche Instanzen eingerichtet.“.
Wie war es denn damals mit den jüdischen Vermögen auf den Banken? Nur auf Druck von aussen, aus Angst vor noch mehr Reputationsverlust wird man reagieren, ein bewährtes Vorgehen von Regierung oder Institutionen, sich zu ducken, so lange es geht.
ja, es ist unglaublich mies und ekelhaft!
Ich wundere mich über die Stille hier im Forum. Sind wir schon so ermattet? Oder liegt es möglicherweise daran, dass die Republik-Leser:innenschaft sich grossmehrheitlich aus der SP Nahestehenden zusammensetzt (notabene auch meine Partei)? Oder sagen wir: Aus den sich links und fortschrittlich Fühlenden? Man liebt die Überbringer schlechter Nachrichten nicht. Man mag es nicht, wenn gekratzt wird am Nimbus der eigenen moralischen und/oder intellektuellen Überlegenheit. Auch das ist ein Lehrstück. Ein bitteres.
Nein. Allenfalls liegt es daran, dass es Zeit braucht, sich mit diesem gewichtigen Artikel und all den Ungeheuerlichkeiten, die er benenennt, auseinanderzusetzen. Ich für meinen Teil bin eben erst fertig geworden mit dem Lesen. D.B. hat sich über eine sehr lange Zeit ein sehr genaues Bild gemacht: Da brauchen wohl alle Kommentareschreiber*innen angemessen Zeit, sich mit dem Text auseinanderzusetzen.
Ja. Ging mir auch so. Teil 2 und 3 erst heute Sonntag gelesen. (Konsequenz: Ich war eh im Clinch, ob ich Stadtpräsidentin Mauch noch einmal wählen würde. Andere Gründe als Bührle. Jetzt bin ich bereits klar: Nein, ausser es gibt als Alternative nur einen SVPler. Dann schreibe ich einen anderen Namen hin).
Ich für meinen Teil bin auch erst gerade mit dem riesigen Text fertig geworden. Warum ich (ausser diesen Meta-Kommentar) nichts schreibe? Ich kenne mich in diesem Thema (diesen Themen) so wenig aus, dass ich teilweise sogar Wörter nachschlagen nusste (und jetzt noch nicht auswändig wiedergeben kann). Der Text muss sich zuerst setzen. Der Inhalt muss sich zuerst verknüpfen. Bis das (vielleicht irgendwann) geschehen ist, sind wir schon x Artikel weiter. Vielleicht kann ich dann im übernächsten ähnlichen Artikel an einer Diskussion teilnehmen. Aber jetzt nicht.
E. K.s sehr lesbares Buch ist allen empfohlen, die sich vertiefter mit der Problematik auseinander setzen wollen. Dass es trotz den massiven Druckversuchen, die im Artikel hier dargestellt wurden, erscheinen konnte, ist nicht selbstverständlich. https://rotpunktverlag.ch/buecher/d…rte-museum
Ich habe ebenfalls viel Zeit gebraucht um diesen Artikel zu lesen. Leider war ich nicht scharfsinnig genug um alle Täuschungsmanöver bis ins Letzte zu verstehen. Nur das wieder Mal ungeheueres und unvorstellbares Unrecht geschehen ist, habe ich begriffen.
Auch dass -zumindest keine freiwillige- Absicht besteht, Aufarbeitungs-Pflichten zu erfüllen.
Lieber Daniel Binswanger, ich bin Ihnen äusserst dankbar für Ihren Artikel. In dieser Zeit der Verwirrungen aller Art ist Klarheit von grösster Wichtigkeit.
wenn Sie mich fragen würden, würde ich Ihnen sagen, dass Sie gerade ziemlichen Stuss verzapfen.
Angesichts des angerichteten Reputationsschadens ist es unverständlich, weshalb sich die Präsidien von SP Stadt und Kanton Zürich noch nicht geäussert haben. Am 27.3.2022 wird in den Zürcher Gemeinden gewählt. Die Ausgangslage ist anspruchsvoll, auch für meine SP-Sektion. Deshalb ist Einordnung und Abgrenzung angesagt - wir dürfen diese Sache nicht einfach aussitzen!
Herzlichen Glückwunsch Herr Binswanger! Ihre Beiträge erwarte ich immer wieder mit grosser Spannung und lese sie dann auch mit grosser Freude! Dies gilt in verstärktem Masse für die Bührleserie die ich sowohl im Inhalt als auch im Stil sehr schätze!
Doch werde ich mitunter das Gefühl nicht los, dass die Hauptakteure dieses regelrechten Skandals drauf aus sind, die Angelegenheit im berühmten Sand verlaufen zu lassen. Wenn es so kommen sollte wäre dies jämmerlich für die Schweizer Vergangenheitsbewältigung und politische Kultur.
Ich danke Herrn Binswanger für diese hervorragend dokumentierte und sorgfältig recherchierte Arbeit. Sie zeigt exemplarisch auf, was für verheerende Folgen engste Verstrickungen und subtilste bis gröbste Verflechtungen zwischen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft – offensichtlich über Generationen hinweg – haben können. Sie zeigt auch auf, dass wir in der Schweiz offensichtlich nicht bereit sind, uns unserer Vergangenheit mit all ihren Facetten wirklich stellen zu wollen. Das würde ja auch unschöne Seiten unseres Landes zeigen. Da flüchten wir uns lieber in geschichtsklitternde Mythen, Angriffe auf die Überbringer schlechter Nachrichten oder – noch bequemer – schlicht ins Schweigen und Aussitzen.
"Engste Verstrickungen und subtilste bis gröbste Verflechtungen" bestehen auch zum Militär, das bis weit nach WWII grösstes Interesse an Bührles Waffenschmiede hatte und das mit Politik und Wirtschaft zusammen den widerstandfähigen freisinnigen Filz bildet, der mindestens bis zur Diamantfeier die Leitung der Schweiz zusammenhielt.
Im Wissen, dass ich mich hier wiederhole, schreibe ich erstens Herrn Binswanger ein grosses Dankeschön für dieses weitere Glas reinen Weines und möchte ich zweitens nochmals festhalten, dass m. W. noch niemand den eigentlichen Grund ausgeleuchtet hat, der zur Gründung der Stiftung Bührle und die Überführung eines Teils von dessen Kunstsammlung in ebendiese Stiftung geführt hat. Schon damals, 1956 bis 1960, spielten die Behörden eine wenig rühmliche Rolle: Nachdem ihnen schon EGB in Steuersachen auf der Nase herumgetanzt war – Hinterziehung in bis dahin unerreichter Millionenhöhe –, liessen sie sich auch von dessen Erben über den Tisch ziehen und mit «Zugänglichmachung» von Kunstobjekten abspeisen.
Wieso wundert man sich, dass der Vertrag geheim sei, wenn man nicht mal weiss, was die Grundlage des faulen Kompromisses der Fünfzigerjahre ist, wenn also schlicht alles geheim ist?
Oder kennen Sie, Herr Binswanger, jene Verhandlungen, die erst zur Bührle-Stiftung geführt haben?
Wenn man mehrfacher Milliardär ist kann man locker ein paar Milliönchen für's Schmieren von Experten locker machen. Ein ausreichend hoher Scheck lässt Sie fast alle weich wie Käse werden.
Toller Bericht, fundiert geschrieben. Und danke auch für den Funfact, es war das einzige Mal, dass ich in diesem Dreiteiler kurz lächeln durfte.
Wow, was für eine Geschichte. Ich musste einiges zweimal lese, damit ich es glauben konnte. Danke, Daniel Binswanger und Republik.
Als linke Wählerin in der Stadt Zürich muss ich sagen: Stadtpräsidentin Corine Mauch hat sich unwählbar gemacht. Sie sollte Verantwortung übernehmen und zurücktreten (oder wäre besser nicht noch einmal angetreten...). Da sie das vor Februar 22 nicht tun wird: Gibt es ernstzunehmene Kandidaturen für das Stadtpräsidium?
Und dann noch etwas zum Thema Medien: Die Republik hat ja eindrücklich beschrieben, wie viele Journalist*innen den Beruf verlassen und die Seite gewechselt haben. Der im Artikel erwähnte Hannes Nussbaumer, der jetzt für Regierungsrätin Fehr kommunikativ Wogen glättet, war zuvor u.a. Leiter des Ressorts HINTERGRUND. Also derjenigen Zeitungsseite, auf der genau so eine Recherche veröffentlicht worden wäre (ja, kürzer, wissen alle). Wenn es denn noch möglich gewesen wäre. What a shame. Und der frühere Journalist und Kulturchef des Stadt Zürich, Peter Haerle, scheint auch gerade noch rechtzeitig aufgehört zu haben.
Wir diese Geschichte politisch keine Konsequenzen haben?
...wenn diese Abklärungen und Tatsachen bereits vor der Abstimmung zum Bau dieses Kunsthauses publik geworden wären - das Ergebnis wäre möglicherweise anders herausgekommen. Danke, Daniel Binswanger für diese fundierten Recherchen!
Ein leiser Widerspruch, Frau S. Die Geschäfte von Bührle und wie er seine Sammlung finanzierte waren bekannt und es gab durchaus warnende Stimmen. AL, der Stadtwanderer und der Heimatschutz warben für ein Nein, die Grünen beschlossen Stimmfreigabe. Alle anderen Parteien waren dafür.
Aber schon der Bührlebau von 1958 zeigt, wie eng Bührle mit Kunstgesellschaft, Kunsthaus und dem Zürcher/Schweizer 'Establishment' verbandelt war und wie soll sich dieses von ihm lösen? Bisher habe ich noch kein böses Wort gelesen über den in Zürich domizilierten 'Concours Geza Anda', auf dem zwar nicht Bührle steht, das Geld aber aus derselben Quelle stammt. Welche*r junge Künstler*in würde ein Stipendium dieser Stiftung ablehnen.
Wichtig: Ich spreche weder über Musik noch über Künstler, ich schreibe über das Geld dahinter. https://www.geza-anda.ch/de/100-geb…geza-anda/
Interessant. Hatte keine Ahnung davon.
Tatsächlich sprechen Sie ein Thema an, das mich als angehende Musikerin immer beschäftigt. Nicht, dass ich jemals ein solches Sponsoring bekommen könnte. Aber ich würde es nicht annehmen. Man könnte sagen, ich sei auch in einer glücklichen finanziellen Lage und daher unabhängig davon. Das ist bestimmt auch ein Grund. Aber schon alleine, dass diese Diskussion rund um Sponsoring unter Musikstudierenden (zumindest in meinen Kreisen) nicht stattfindet oder stillgeschwiegen wird, ist für mich ein gravierendes Problem. Man denke schon alleine nur daran, dass Julius Bär das Verbier-Festival massgeblich mitsponsert.
Und danke vielmals Herr Binswanger!
Vielleicht sollte auch hier dem Rat "Verfolge den Weg des Geldes" gefolgt werden. Geld und damit Macht sind in der Wirtschaft (mM) bestimmend. Prestige und damit Macht und vielleicht noch 💰 sind in der Politik ein Lockvogel.
Ich schäme mich als Schweizerin, in Zürich aufgewachsen und werde darauf verzichten, mir DIESE Ausstellung anzuschauen. Ich hoffe, es finden sich jüngere Menschen, die hier politisch aktiv werden. Könnte zum Beispiel eine Pettition zur Schliessung der Ausstellung helfen?
Und grossen Dank für diesen Dreiteiler!!
Nun würde mich ein weiterer Beitrag dazu interessieren, wie Corinne Mauch und weitere Politiker:innen sich in diese missliche Lage hineinmanövrieren konnten. Welche Motive, Verbindungen, Verpflichtungen, Verirrungen haben da mitgewirkt? Die Erklärung der Cüpli-Politik scheint mir da nicht ausreichend...
Danke für die aufschlussreiche Lektüre.
Die genaue Rolle von Stadtpräsidentin Mauch, Regierungsrätin Fehr und des ehemaligen Kulturbeauftragten Peter Haerle in dieser 'Sache' wäre eine vertieftere Aufarbeitung wert. Haerle ist zurückgetreten: deshalb? Und überhaupt wäre es spannend, den 'Leistungsausweis' von Corine Mauch mal genauer zu durchleuchten. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird sie trotz allem wiedergewählt...
Das neue Kunsthaus ist ein städtebaulicher Sündenfall welcher den Heimplatz für den Rest seiner Existenz verunstaltet.
Es ist das Resultat einerseits unsorgfältiger Wettbewerbsvorbereitung, sowie von totaler Ignoranz städtebaulicher Zusammenhänge und Uneinsichtigkeit während dem Auswahlverfahren von Seiten der damaligen Fach- und Sachjurymitglieder:
Eine, in Beton gegossene und Sandstein verkleidete, irreversible Tatsache!!
Im Gegensatz dazu, sind die politischen, moralischen, und rechtlichen Bedenken gegenüber der E. G. Bührle Sammlung unbedeutend; - warum; weil sich dieses Problem, sowohl, politisch, rechtlich, pekuniär, und nicht zuletzt, auch zeiträumlich lösen lässt.
Da mag ich Ihnen zustimmen, Herr M., dass die Verunstaltung des Heimplatzes verheerend ist. Erinnert mich an andere Projekte in Zürich, die zum Glück nie realisiert wurden (im schönen Buch «Immaginäres Zürich» von Fröhlich/Steinmann publiziert). Unter späteren Projekten kommt mir v. a. ein Kongresshaus-Neubau vom spanischen Stararchitekten Moneo sowie der famose «Hotz-Chlotz» im Tiefenbrunnen in den Sinn, ebenfalls die Idee eines sogenannten Stars – beide Projekte würden jenen Band würdig ergänzen.
Ich erinnere mich, dass mir damals während der erfolgreichen Bekämpfung des Hotz-Chlotzes mir ein fast zynischer Vergleich durch den Kopf ging: Was ist der Unterschied zwischen einem Starchirurgen und einem Stararchitekten? Der Kunstfehler von Ersterem kommt unter den Boden, jener von Letzterem bleibt stehen, im schlimmsten Fall muss man ihn Jahrhunderte lang ankucken.
Was aber nun schlimmer ist, die vermurkste städtebauliche Ästhetik oder die ethische,
politische und rechtliche Verkrüppelung, da bin ich mir nicht so sicher wie Sie, Herr M. Das wird man erst in einigen Jahren sagen können.
Sie gehen davon aus, dass sich das «zeiträumlich» lösen lässt – was auch immer das heissen mag. Ich bin da nicht so optimistisch, dauert diese verkorkste Situation doch schon seit dem 2. Weltkrieg ununterbrochen an: staatliche Förderung des Waffenproduzenten, finanzielle Schonung im Graubereich massivster Steuerhinterziehungen, Freipass als Kunstmäzen (wo sogar die damalige SP mitspielte), nach EGBs Tod auch für seine Erben.
Die bisher einzige Opposition kam in den 40er- und 50er-Jahren von der andern Seite des Heimplatzes, wo EGB einen Neubau der Pfauenbühne anbot: «Wir wollen kein Blutgeld» war die Devise der damaligen Crew am Schauspielhaus – darunter selbstredend viele, die 1933 vor den Nazis fliehen mussten.
Ich möchte mich in diesem Beitrag auf das erste Foto beschränken und dieses beschreiben.
Im Bild sehen wir fünf Personen. Vier Personen sind im Vordergrund, facen die Kamera, halten eine Schere in den Händen, mit der sie im Begriff sind, ein rotes Band durchzuschneiden. Während drei Personen das Band bereits durchschnitten haben, ist dem Herrn Odermatt das halb durchschnittene Band soeben aus den Händen geglitten. Frau Mauch hält ihre Schere triumphierend in die Höhe, was vermuten lässt, dass sie in der Banddurchschneidedisziplin am geübtesten und geschicktesten ist.
Links im Hintergrund steht eine fünfte Person. Es scheint sich aufgrund ihrer Uniform mit Beret und blauem Wimpel auf der Brust um einen Securitas-Angestellten zu handeln, der in der linken Hand ein schwarzes Objekt, vermutlich ein Funkgerät hält. Seine andere Hand ist resolut in der Hosentasche begraben. Er ist Brillenträger, wie der Mann im Vordergrund, der am nächsten zu ihm steht. Dieser sieht in die Ferne und lächelt leicht gequält, während die anderen drei Personen im Vordergrund ebenfalls lächeln, allerdings etwas professioneller und insbesondere die Person ganz rechts ganz vergnügt über die Aufgabe, die ihm doch einiges abzuverlangen scheint hinsichtlich Kopf-Hand-Koordination. So denkt man zuerst an ein fröhliches Ereignis. Wie beim Nähschulunterricht in der Primarschule geben sich die älteren Personen im Vordergrund und Stücke des roten Bandes segeln im Wind. Aber beim zweiten Blick erkennt man ein sorgfältiges Arrangement mit einer bedrohlicheren Komponente. Gründlich bewacht hat sich nämlich eine mit Scheren bewaffnete Phalanx formiert, ein wackeres Zerschneidungskommando in Reih und Glied, um das beinahe blutrote Band zu zertrennen, denn Zürich ist nicht nur eine saubere, sondern auch eine sichere Stadt und hier will sie anscheinend ganz sicher gehen, dass das quasi blutrote Band auch wirklich zerfetzt wird, "ganz aufgeschränzt" wie der Landesverräter Ernst S. im zweiten Weltkrieg durch die Exekution, gemäss Meienberg, und hat deshalb gleich vier mit Normscheren bewehrte Personen abkommandiert.
Bei der Exekution von Ernst S. sei die Stimmung gewesen wie in einem Märchen von Wilhelm Hauff, so sein Offizialverteidiger Zollikofer gemäss Meienberg. Ein Käuzchen habe geschrien, und von der Kirche hörte man die Turmuhr Mitternacht schlagen.
Aber hier auf dem Foto ist helllichter Tag und niemand ist nackt wie im Märchen von Hans-Christian Andersen, so dass man gar nicht wie das aufmerksame Kind auf die Idee kommen könnte, ihnen zum Spass zuzurufen, dass sie ganz nackt wären. Die Person im Hintergrund trägt eine Securitas-Uniform. Der bebrillte Mann im Vordergrund, der am nächsten zu ihm steht, trägt eine Krawatte. Sein blauer Anzug sieht sehr sorgfältig gebügelt aus, wie "us em Truckli", wie sie in ihrem süssen Lokaldialekt so hübsch zu sagen pflegen. Es handelt sich um den Direktoren der Kunstgesellschaft, den Herrn Hunziker. Dann kommt die Frau Mauch. Sie trägt ein kariertes, anzugähnliches Kleid, das auf den ersten Blick schwarzweiss kariert scheint, aber bei genauerem Hinsehen noch andere Farbtöne eingewoben hat. Neben ihr steht der Herr Kielholz, mit schwarzem Anzug und neckisch aus der Brusttasche hervorleuchtendem roten Taschentuch, zwar ohne Krawatte, aber schon mit weissem Hemd, genau wie der Herr Odermatt ganz rechts, der wie gesagt mit dem Durchschneiden des Bandes seine liebe Mühe zu haben scheint. Aber es wird auch ihm gelingen, denke ich, auch er wird in der Lage sein, dieses Band durchzuschneiden und sein kleines Teilchen zum Gelingen der Eröffnung des Kunsthausanbaus zu leisten. Fotos sind Momentaufnahmen. Sie stecken in der Zeit fest, in der sie geschossen werden und es erfordert Gedankenarbeit, um aus dem konkreten Moment das Hintergründige des Vorgangs herauszuschälen. Aber es handelt sich bei den auf der Aufnahme gezeigten Tätigkeiten ja um reale und gleichzeitig Symbolhandlungen. Darauf deutet auch der Ort des Geschehens hin. Das Band wird vor den geöffneten goldenen Türen des Kunsthausanbaus zerschnitten und der Securitas-Mann neben den Türen verleiht dem Anlass noch zusätzliches Pathos. Es geschieht hier wichtiges, scheinen die Personen nur schon durch ihre Kleidung auszudrücken, nur schon durch ihr bedeutsames, selbstsicheres Lächeln, ihr Gewinnerlächeln, ist man versucht zu sagen, schon beinahe ein Kriegsgewinnlerlächeln, wenn man sich das nicht als etwas böswillige Unterstellung versagen würde, ihr sicheres Auftreten in Reih und Glied an der Schlüsselstelle gerade vor dem Anbau.
Die drei Herren im Vordergrund sind Glatzköpfe, während Frau Mauch ihre Haare braun und schwungvoll gestylt trägt. Der Securitas-Mann trägt ein blaues Beret. Ob er auch ein Glatzkopf ist, erschliesst sich aus dieser Aufnahme nicht.
Das Gebäude vor dem sie stehen, ist neu und sauber. Der Plattenboden, auf dem sie in ihren glänzend polierten schwarzen Halbschuhen stehen, allesamt in glänzend polierten frisch gewichsten schwarzen Halbschuhen, als hätten sie sich heimlich abgesprochen, in glänzend polierten frisch gewichsten schwarzen Halbschuhen das rote Band durchzuschneiden, als hätten sie im Whatsapp-Chat vereinbart, alle im schwarzen Halbschuh-Partnerlook anzurauschen und sich über die darob völlig verblüfften Fotografen und geladenen Gäste königlich zu amüsieren, der Plattenboden, wie gesagt, ist ebenfalls blitzblank geputzt, wie ein gründlich gewichster Küchenboden nach dem Frühlingsputz, wie es sich für Zürich gehört, denkt man und erinnert sich an den Spruch vom irischen Autoren, dass man die vergossene Minestrone von der Bahnhofsstrasse auflöffeln könnte.
Es scheint die Personen auf dem Foto nicht zu kümmern, auf welche Weise die im Kunsthaus ausgestellten Bilder in diesen Anbau gekommen sind, wer sie unter welchen Umständen gemalt hat, wem sie alles gehört haben und wie sie von einem reich gewordenen Waffenhändler zusammengekauft worden sind, süferli zämeramüsiert, wie es in ihrem herzigen Dialekt hiesse, und was das alles über die Zeiten und über uns heute aussagt. Sie tun ihre Pflicht, insbesondere der uniformierte Securitas-Mann, aber auch die anderen vier Personen. Das Foto behaftet sie auf den vergnügten, schwungvoll stolzen Augenblick, wo sie die gleichzeitig reale und Symbolhandlung vornehmen, mit der die Sammlung der breiten Öffentlichkeit aufgetischt wird.
Postcriptum I.
Theoretisch hätte der Landesverräter Ernst S. durchaus noch leben können zum Zeitpunkt, wo das Foto geschossen wurde, wenn ihn denn die eigens zusammengerufene vereinigte Bundesversammlung 1942 begnadigt hätte, aber vermutlich wäre er dann in einem Pflegeheim im St. Gallischen untergebracht, irgendwo im hindersten Gopferteckel, wie es in ihrem niedlichen Dialekt hiesse, und die sonore Nachrichtenstimme, die die Eröffnung am Radio verkündet, würde unverstanden im Aufenthaltsraum der Wohninsassen verklingen, weil sie alle von Gedankenverlust geschlagen wären, ohne Erinnerungsvermögen, dement oder von Alzheimer befallen und orientierungslos gefesselt an ihre ewige Gegenwart.
Ein grosses Danke der Republik und hier ganz besonders an Daniel Binswanger. Fast unvorstellbar, was es an Sorgfalt, Umsicht und Beharrlichkeit braucht, den Hintergründen nicht nur auf die Spur zu kommen, sondern die Vielzahl von Quellen und Fakten auch so zu ordnen und transparent darzulegen, dass ich als Lesender das journalistische Vorgehen, die Schlussfolgerungen und Fragen nachvollziehen kann. Besonders schätze ich, dass D.B. das grosse Bild nicht aus den Augen verliert, nämlich die ungeheuerliche Absicht aller Involvierten, Bührles Sammlung und ihren Aushang im Kunsthaus zu entkontextualisieren. Der schäbige Versuch, die (eigentlich bekannten) Ungeheuerlichkeiten menschlicher Abgründe und Schuld zu verwischen, beschädigt die Integrität der Protagonist:innen krasser, als es jede akribische und unparteiische Provenienzforschung je zustande gebracht hätte. Ich habe die, zugegebenermassen naive, Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass solcher Journalismus irgendwann auch die Köpfe und Herzen derjenigen erreicht, die im Zentrum der Kritik stehen.
Grossartiger Artikel! Danke dafür. Dass die beiden Gutachter nicht selber drauf gekommen sind, dass sie den Job nicht machen können, weil sie alles andere als unabhängig sind, lässt schon auch tief blicken. Da fehlt das Bewusstsein dafür, dass Filz nicht ok ist und dass man ablehnen und auswärtige, am besten ausländische Gutachter hätte fordern müssen. Am besten öffentlich. Vor allem einer, der bereits pensioniert ist, hätte sich dies ja auch leisten können. Funfact 2: Der junge Bührle soll nicht im Dunstkreis von Freikorps gezeigt werden, aber der Freikorps-Anführer muss dann doch unbedingt mit Adelstitel "von" genannt werden. Nicht, dass noch jemand beleidigt sein könnte wegen zu wenig Ehrerbietung...
Verwundert es, dass gekaufte Verwalter von Raubkunst und Tourismus-PR-Strateg/*innen die wissenschaftliche Aufarbeitung des Unrechtshintergrundes zu verwedeln suchen? Die Instrumentalisierung patriotischer Mythen leistet dazu verlässliche Dienste. Zumal dem kollabierenden Lieferanten der Technik zur NS-Kriegsführung der brillante Weiterzug der (auch von der Linken in bewährter Manier gestützten) Produktion in den Kalten Krieg - à la Wernher von Braun - gelungen ist. Wo bleibt die Aufarbeitung dieses atomaren Folgekapitels der Schweizergeschichte? Wo die Einordnung des abgesegneten CH-Beitrags zur imperialistischen "Politik" der Marke Korea, Vietnam und Irak? Wir 68er (inkl. Tanner) würden gern the Big picture sehen und diskutieren! Wie sagte doch Walter Benjamin? Auf die Ästhetisierung der (NS)-Politik antworten wir mit der Politisierung der Kunst. Das muss die Parole sein im aktuellen Kampf gegen die Verwedelung der faschistischen Grundlagen schöngeistiger Ablenkungsmanöver! Die Kontamination des Museums schafft Handlungsbedarf. Wo ist der neue Meienberg, der eine Fortsetzung des Bergier-Berichts einläutet? Hier liegt der (vergessene) Hund begraben. Er gehört ins Museum - aber nicht ins Kunstmuseum, sondern in das der progressiven gesellschaftlichen Praxis.
Grosses "Kino". Vielen Dank für diese hochgradig differenzierte journalistische Arbeit.
Ich hab mir den Bericht Leimgruber nochmals angeschaut. Es muss mir echt jemand zeigen, wo genau da beschönigt und die Sammlung vom Waffengeschäft weggeredet wird? Zudem war gemäss Gutachten Tanner zumindest im Projektauftrag nirgendwo die Rede davon, dass sich der Bericht primär an die breite Öffentlichkeit richten solle, wie vom Autor behauptet. Was das Heckmeck um Begriffe und Formulierungen doch einigermassen relativiert. Einer Historiker*in muss z.B. niemand erklären, dass es sich bei diesen Einheiten um das handelt, was als Freikorps bezeichnet wird. Das gegen das Gutachten Tanner in Anschlag Gebrachte schliesslich, gleitet tatsächlich in trübe Wasser ab. Denn dadurch wird in Frage gestellt, dass es möglich ist, historische Faktenlagen und Arbeit objektiv -und ja- wissenschaftlich zu beurteilen, wenn man über die nötige Erfahrung, Methodik und das nötige Wissen verfügt. Und dabei private Umstände und vorige Arbeitsverhältnisse nicht per se eine übergeordnete Rolle spielen müssen, wie vom Autor insinuiert.
Lieber Herr S., an den meisten universitären Institutionen gibt es Regeln dafür, wann eine Gutachtertätigkeit als unabhängig und wann sie als unzulässig zu gelten hat. Dass Sie die Berücksichtigung der persönlichen Unabhängigkeit als Infragestellung von wissenschaftlicher Objektivität betrachten, erscheint mir bizarr. Was Ihren sachlichen Einwand betrifft: Sie könnten sich auch informieren. Die Quellen sind öffentlich:
https://www.gemeinderat-zuerich.ch/…7_0400.pdf
Herzlich, DB
Lieber Herr Binswanger,
vielen Dank für Ihre Antwort und -na ja- in Zeiten der Empörung und Verschwörung in denen zudem die Identitäts-Frage zu einem realen Problem für die Geisteswissenschaften wird, scheint mir das jetzt nicht eine so bizarre Bemerkung zu sein.
Was mir an der ganzen Geschichte ehrlich gesagt auf den Sack geht, ist die -schlussendlich- doch sehr wohlfeile Art, wie Matthieu Leimgruber in die Pfanne gehauen wird. Die Korrespondenzen und Annotationen zu Freikorps und dem Nebelspalter Leserbrief passen ja fast zu schön in K. Dekontaminierungsthese, die ansonsten viel für sich hat. Leimgruber hat in den Kapiteln 1 und 2 eine Studie geliefert, die selbst Sie für «bedeutsam» befinden, und die, zumindest gemäss ehemaliger UEK Mitgliedern eine sehr gute Grundlage für weitere Forschung liefert. Ich bin mir sicher, dass die Stadt Zürich 180’000 Franken auch schon viel dümmer aus dem Fenster geworfen hat.
Je mehr ich mich mit der Geschichte beschäftige, je mehr bekomme ich den Eindruck, dass not for all but for many of the wrong reasons Skandal moniert wird. Nachdem ich K. Buch und die Vorstudie vom Dezember 2019 gelesen habe, musste ich meine anfängliche Vermutung, dass kein ungebührlicher Einfluss seitens des Steuerungsausschusses stattgefunden hat, revidieren. Die Sammlungstätigkeit und die Entwicklung und der Zustand der Kunstmärkte, auf denen diese stattfand – auch meiner Ansicht der zentrale moralische Angelpunkt der ganzen Geschichte – wird im dritten Kapital auf einer Abstraktionsstufe und in einer Allgemeinheit abgehandelt, die der Dekontaminierungsabsicht und -Strategie der Bührlestiftung zu entsprechen scheint. Es wären naheliegende Möglichkeiten vorhanden gewesen, da Gegensteuer zu geben. Zum Beispiel hätte man in Bezug auf die Situation des US-amerikanischen Kunstmarktes nach dem Krieg darauf verweisen können, dass Fritz Nathan, wie er in seiner, in der Studie ausführlichen verwendeten Autobiographie schreibt, vermutlich deswegen von den vollgestopften Kunstgalerien, die er bei seinem ersten Besuch nach dem Krieg in New York antraf, «degoutiert» war, weil er realisierte, dass er sozusagen in die Wohnzimmer seiner ausgeraubten und ermordeten Verwandten und Bekannten blickte.
Auf der anderen Seite scheinen mir die Skandalvorwürfe bezüglich Freikorps und Leserbrief ziemlich, journalistisch überzogen. Wobei ich Lukas Gloor’s Verhalten zu ersterem Begriff auch als tatsächlich bizarr bezeichnen würde. Der Leimgruber-Bericht hält aber ausserhalb der «beschönigten» Stelle, soweit ich sehe, in allen Textvarianten klar fest, dass sich Bührle damit gebrüstet hat, an der Niederschlagung der Kommunistenaufstände in Berlin nach dem 1. Weltkrieg teilgenommen zu haben. Auch der zweite von K. und Ihnen in Hinblick auf einen Eingriff zentral angeführte Punkt, der Leserbrief im Nebelspalter und seine Einordnung kommt als Beweis für eine unbotmässige Einflussnahme meiner Ansicht nicht in Frage. Im Gegenteil. K. selbst hält in seiner Version fest, dass es sich um die einzige, derartig antisemitische Stelle im ganzen bekannten Quellenkonvolut zu Bührle handelt. «Unverhohlen» bedeutet gemäss Duden, «nicht verborgen», «unverhüllt», spielt in diesem Fall also auf einen im Verborgenen liegenden Antisemitismus von Bührle an, der in diesem Brief hervorgebrochen sei. Was K. damit meint, wird an der Stelle in seinem Buch greifbar, wo er die Bemerkung von Leimgruber, Antisemitismus passe nicht ins sozio-politische Profil von Bührle, in Form einer rhetorischen Frage kommentiert:
„Antisemitismus soll zudem nicht «ins Profil» des Waffenfabrikanten im Dienst der Nazis, Spengler-Verehrers und früheren Freikorpsangehörigen Bührle passen?“
Daran ist Verschiedenes problematisch. Erstens ist es nicht so, dass sich aus der Angehörigkeit zu einem Freikorps zwingend eine antisemitische Haltung ableitet. Genauso wenig wie aus der Tatsache, dass man mit den Nazis Waffengeschäfte macht. Zweitens, wenn ich mich richtig erinnere und Wikipedia nicht völlig daneben liegt, kann eine Spengler-Verehrung eben genau nicht als Beweis für Antisemitismus, speziell in seiner nazistischen Ausprägung angeführt werden, und um diesen geht es hier, um den Bezug zu den Konzentrationslagern und der Vernichtungspolitik der Nazis. Wikipedia hält fest: «Obwohl er wesentliche Gedanken wie die Rassenideologie nicht mittrug und sich vom Nationalsozialismus unter Hitler distanzierte gilt Spengler als geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus.» aber eben nicht des nazistischen Antisemitismus. Drittens zeigt sich darin eine Art und Weise Historik zu betreiben, um nicht zu sagen zu moralisieren, von der man sich gut vorstellen kann, dass sie zu handfesten Meinungsverschiedenheiten, wenn nicht Streit unter Kolleg*innen führen kann. Ich zumindest bin der Meinung, dass rhetorische Fragen in der Geschichtswissenschaft keinen Platz haben, schon gar nicht solche.
Abschliessend möchte ich es der geneigten Leser*innenschaft überlassen, zu beurteilen, ob sich der Leimgruber-Bericht gemäss Projektauftrag nun explizit nicht an die Fachwissenschaft, sondern ans breite Publikum richtet, wie Sie festhalten, oder eben nicht.
Auszug Projektauftrag:
„Die Kontextualisierung soll sicherstellen und zeigen, dass sich die heute verantwortlichen Kreise der Diskussion stellen, es keine Tabus gibt und ein Geist der selbstbewussten Offenheit herrscht.
Wie sollen diese Ziele erreicht werden.
a) Die Kontextualisierung ist wissenschaftlich abgesichert und unabhängig
b) Die Forschungsarbeit basiert auf dem neusten Forschungsstand
c) Die Forschungsergebnisse werden vor der Eröffnung des neuen Kunsthauses der Öffentlichkeit präsentiert
d) Die Forschungsergebnisse werden nachhaltig auf ansprechende und verständliche Art und Weise im Rahmen der Ausstellung der Sammlung E. G. Bührle vermittelt und dauerhaft zugänglich gemacht“
Mit herzlichen Grüssen,
C. S.
Laut heutigem Tagi bringen sich diverse Akteur: innen in Stellung (versuchen ihre Reputation zu retten). Das Kunsthaus ( Herr Becker?) reagiert beleidigt und empört und das BAK sieht keinen Handlungsbedarf: Strittige Fragen müssten vor Ort von den Beteiligten gütlich gelöst werden. Hoffen wir doch, die Provenienzfrage bleibe ein kleines Zürcher Problem und fliege dem Bund nicht irgendwann um die Ohren. Vielleicht steht halt doch der Ruf der Schweiz auf dem Spiel? Ich bin sicher Herr Binswanger, Sie bleiben dran.
Von A bis Z, einfach brilliant dieser Artikel und Beitrag. Trotz dieses Skandals, diese Ausgewogenheit und Fairness! Und alle wichtigen und relevanten Fakten - ob Pros und Kontras - kommen zum Zuge und werden auf ihre Richtigkeit und Wahrheit hin sehr gut recherchiert und beurteilt (nicht abgeurteilt) und abgewogen. Ja, das ist freier, unabhängiger und einfach sehr gut gemachter Journalismus. Herzlichen Dank. Ach, wäre ich doch so reich und einflussreich wie Bührle und ihre Nachfahren geworden. Frau Mauch würde ihre nächste Wiederwahl nicht schaffen…und das hat jetzt gar nichts mit der Frau-Mann-Thematik zu tun, sondern rein in ihrer Funktion als gewählte Stadtpräsidentin. Bei aller Sympathie, die ich für Frau Mauch hege, aber sie hat meiner Meinung nach in dieser Sache völlig den Boden unter ihren Füssen verloren und zeigt offensichtlich erstaunliche Charakterschwächen und als Stadtpräsidentin wird ihr „Rückgrad“, so scheint es mir zu mindest, Jahr um Jahr schwächer und gebrechlicher.
Ohalätz, wo kommt das denn plötzlich her: https://www.landbote.ch/stadt-und-k…9844635531
Sagen wir es so: Flucht nach vorn. Besser viel zu spät als gar nie. Herzlich, DB
Es erinnert mich an die Geschichte einer Domteurin, welche sechs Tiger hat, die keiner mehr sehen will.
Ich bin sehr froh über eure Arbeit, eine prozige Privatsammlung die mit Gewinnen aus Granaten aufgebaut ist, ladet mich per se schon aus. Wenn man dazu noch Antikommunist, Nazisympatisant, Antisemit vermuten darf, möchte ich Freunde und Verwante lieber vom Besuch abhalten. Die grosse Frage ist was man mit einem solchen Kulturschatz anfangen soll? Gibt es eine richtige Lösung, damit alle ihr Gesicht waren und keine Kopfe rollen? Aufrichtigkeit vielleicht? Demut? Verzicht?
Die Tiger jedenfalls lümmeln gelangweilt rum und fressen viel....
Falls es tröstet: wir sind wir nicht die einzigen, die es auch 2021 noch nicht auf die Reihe kriegen:
https://www.zdf.de/comedy/zdf-magaz…e-108.html
(Link: imho sehr sehenswerte politische Satire über Raubkunst im neuen Humboldt Forum, Berlin)
Das Thema wurde heute vom TA aufgegriffen.
Ich würde es super finden, wenn diese Serie über die Sammlung Bührle und wohl auch Causa Stadt Zürich nicht nur RepublikleserInnen zugänglich wäre.
So könnte es ev doch endlich zur dringend notwendigen allgemeinen Aufklärungen/Aufarbeitung führen.
Meine Gefühlslage, u.a. auch über das beschriebene Verhalten von Frau Mauch und deren VorgängerInnen kann ich nicht in salonfähige Worte fassen, genau so wenig wie dasjenige „honorier Professoren“, welche gemäss TA nun Ihre Position um 180 Grad drehen.
Vielen Dank für diese Reihe an Texten. Es ist sehr verstörend, aber auch sehr erhellend. So muss Journalismus sein. Herzlichen Glückwunsch. Ich stimme ausserdem als Wissenschaftler dem Eindruck zu, dass die reviewer nicht extern waren. Ich habe schon mit deutlich weniger klaren potentiellen Konflikten einen zu schreibenden review abgelehnt. Dass die reviewer dies nicht auch gemacht haben trotz ihrer dargestellten Verbindungen ist mir nicht klar. Eines der vielen kleinen Fragezeichen in diesem Fall. Grössere Fragezeichen werden auch aufgezeigt in dieser Reihe und sind empörend. Das Kunsthaus verliert meine bislang grosse und vielleicht unberechtigte Sympathie, und die Politik und meine Berufzunft mein Vertrauen. Dass ein Wissenschaftlicher Mitarbeiter von seiten der Politik und der Universitätsleitung derart unter Druck gesetzt wird, ist ungeheuerlich. Ich gratuliere ihm für seine Entscheidungen und sein eigenes Essay. Viel Glück ihm und der Republik bei weiteren Recherchen.
Auch von meiner Seite chapeau für die umfassende Recherche und minutiöse Aufarbeitung. Was auch immer die involvierten Poltiker*innen geritten haben mag, dieses üble Spiel dermassen naiv, enthusiastisch und unkritisch mitzuspielen: Was war der eigentliche Zweck der grossangelegten Übung? Weshalb riskierte man es überhaupt, sich an dieser brandheissen Leihgabe dermassen die Finger zu verbrennen?
Ketzerische Gegenfrage: Wie würde sich die Situation für die Bührle-Stiftung ohne das millionenschwere Chipperfield-Geschenk präsentieren? Hat sich die Stiftung mit ihrer Leihgabe (die Werke befinden sich damit nach wie vor im Besitz und Vermögen der Stiftung) nicht in erster Linie äusserst elegant, pragmatisch und zu einem wesentlichen Teil zulasten der Öffentlichkeit und der Steuerzahler*innen einer ganzen Reihe von aufwändigen und teuren Sachfragen entledigt (Miete, Personal, Pflege, Unterhalt, Sicherungs- und Schutzmassnahmen, Versicherungsdeckung u.a.m.) ? Frei nach dem Motto „einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“? Und Stadt und Kanton sich damit auf willfährige Weise ein veritables kulturelles „trojanisches Pferd“ eingehandelt haben? Das könnte mitunter eine Erklärung dafür sein, weshalb der Leihvertrag bis heute geheim geblieben ist.
Erinnerungen an einen Brandanschlag auf das Zuhause von Bührles Sohn werden wach, schätze 70er jahre : war die Motivation zur Aktion (mehrfach) politischer natur ?
Etwas gar dürr, diese Stellungnahme des Historischen Seminars der Universität Zürich. Und die Einflussname der Steuerungsgruppe wird sehr unelegant verwedelt: «Akademische Forschung ist ein Prozess, der eine ständige Reflexion und Überarbeitung mehrerer Entwürfe erfordert. Zu diesem Prozess der Überarbeitung tragen viele Tätigkeiten bei, darunter die Lektüre von Quellen und Literatur, Diskussionen mit Studierenden und laufende Debatten mit Kollegen, der Öffentlichkeit und gesellschaftlichen Akteuren.»
Lieber Daniel Binswanger, Rico Bandle schreibt in der SonntagsZeitung (16.1.2022) Sie hätten die Unabhängigkeit von J. Tanner in Frage gestellt, der Sie seinerseits der "Wissenschaftsfeindlichkeit" und eines "infamen Angriffs" auf ihn bezichtigt habe. Klärende Worte wären angezeigt.
Lieber Herr B., auf Bandle direkt einzugehen, lohnt sich nicht. Ich habe in diesem Artikel Herrn Tanner kritisiert, das ist richtig, und er hat sich dann - zu meinem Erstaunen - in der Republik-Podiumsdiskussion so geäussert, wir Rico Bandle das zitiert hat. Grob verzerrend sind hingegen Bandles Schilderungen der Vorgänge am historischen Seminar und der Gründe, weshalb E. K. aus der Leimgruber-Forschungsgruppe ausschied. Ich werde mich zur Bührle-Geschichte demnächst wieder äussern. Herzlich, DB
So berechtigt das Anliegen des Artikels ist - ein bisschen weniger Vervé und ein bisschen mehr Distanz hätten ihm nach meinem Geschmack teilweise gut getan. Gestolpert bin ich insbesondere auch über das völlig irrelevante Einstreuen des „Funfacts“ der Schwarzenegger-Verwandtschaft.
Falls ich auf den Gedanken eines Kultur-Ausflugs nach Zürich kommen sollte dann werde aber auch ich - wie viele andere Kommentatoren - die Bührle-Ausstellung nicht auf die Liste der Aktivitäten setzen.
Eine kleine Frage, woher kommt das viele Geld ? Die Sammlung wird ausgeliehen, bringt also keine Miete, nur Kosten. Verkauft kann sie auch nicht werden. Ist totes Kapital, welches nur kostet. Viele Leute auf dieser Seite müssen bezahlt werden. Und der Aerger. Die andere Seite verbrennt auch einen Haufen Geld.
Weshalb nicht einfach die Kosten sparen, Hagenholz einfach ? Ja, ich weiss worum's geht, ich habe die Bilder noch in der Villa gesehen. Es wäre Schade.
«‹Das kontaminierte Museum› dominiert heute berechtigterweise die Bührle-Debatte, sowohl in der Schweiz als auch international wird das Werk intensiv rezipiert. Der Leimgruber-Bericht hingegen enthält zwar durchaus interessante Erkenntnisse, bleibt jedoch von dröhnender Irrelevanz.» Das, geschätzte Republik, liegt vielleicht auch daran, dass Leimgrubers Studie wissenschaftlichen Massstäben folgt und – bei allen erwähnten Mängeln – letztlich von Historiker:innen und nicht Richter:innen verfasst wurde. K. Essay, so wortgewandt es ist, muss diesen Ansprüchen nicht gerecht werden. Der Autor kann hier voll auf die Emotionen setzen oder diese mit offenen Fragen schwelen lassen. Das ist sicherlich auch cool, aber leider nicht vergleichbar.
Republik AG
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