Die Republik ist nur so stark wie ihre Community. Werden Sie ein Teil davon und lassen Sie uns miteinander reden. Kommen Sie jetzt an Bord!
Gerne schliesse ich mich dem bereits mehrfach geäusserten Dank für diesen ausserordentlich aufschlussreichen und argumentativ breit abgestützten Beitrag an. Und obwohl ich ein in die Wolle gefärbter Sozi bin, verstehe ich die Kritik der portugiesischen Kommunisten. Irgendwann braucht es Investitionen in den öffentlichen Dienst (v.a. Gesundheit) und dann, und das lehrt das Beispiel Kubas, braucht es unbedingt Perspektiven für die Generation der gut ausgebildeten Jugend, und zwar im eigenen Land! Ein langer Weg, der in Portugal hoffentlich nicht durch eine "Chega"-Regierung unterbrochen wird.
Sympathische Reise in ein kleines, unverdrossenes Land, Saudade hin oder her.
Die Legalisierung ist eine große Geste. Womöglich erleichtert dadurch, dass Portugal wenig Flüchtlinge beherbergt. Von den 26 Millionen Flüchtlingen in der Welt, die das UNHCR für 2019 ermittelt hat, waren 2.400 in Portugal. Das sind etwa 0,1 Prozent der Gesamtzahl der Flüchtlinge in der EU. ( Größenvergleich: Deutschland hat 1,1 Millionen aufgenommen, das sind 42 Prozent der Flüchtlinge in der EU und 5,6 Prozent der weltweit Geflohenen.) Quelle: Jahresbericht 2021 der portugiesischen Regierung über Asyl.
Was hinzukommt als Ursache für den bisher geringen Erfolg rechtspopulistischer Bestrebungen: Der Soziologie-Professsor Philip Manow hat eine interessante These, in welche Richtung Populismus ausschlägt. Demnach artikuliert sich Protest eher nach rechts, wenn die Globalisierung als Migration erscheint. Und eher nach links, wenn die Globalisierung vor allem als Bewegung von Gütern und Kapital empfunden wird. Was mit den Wirtschafts- und Wohlfahrtsstaatsmodellen zu tun hat. Manche Länder haben kein Problem mit offenem Außenhandel, aber aufgrund verhältnismäßig großzügiger Sozialsysteme mit Migration. Länder, die eher für den Binnenmarkt produzieren und einen wenig entwickelten Wohlfahrtsstaat haben, sehen Billig-Impote als größere Bedrohung im Vergleich zu Migration. Das dürfte (noch) auf Portugal zutreffen. Dafür sprechen die linken Wahlerfolge, aber auch die Prognose von Magalhães (mit dem Weltumsegler als großen Namensvetter!) im Interview, dass die neuen Mittelschichten nicht mehr links wählen würden.
Wunderbar! Von den hyggeligen «Inseln der Seligen» zur saudade «Narnias». Ich freu mich schon auf die «Rückkehr des Königs» ins Land der Dichter und Denker. :)
Über eine Stelle stolperte ich:
Sie wählten nach der Revolution die konservative Partei, die PSD, die in Portugal «Sozialdemokraten» heissen.
Das machte mich neugierig: Wie kann es sein, dass eine Sozialdemokratische Partei, in deren Logo sogar noch Freiheit, Gleichheit und Solidarität symbolisiert werden, eine konservative Partei ist, die zusammen mit CDU/CSU, ÖVP und assoziiert CVP Mitglied der Europäischen Volkspartei ist? Wer mag, lese dies auf Wiki nach (englisch, da die deutsche Seite dazu leider nichts schreibt).
Überhaupt merkt man bei der Lektüre dieser Grand Tour durch Europa, dass «Sozialdemokratie» nicht gleich «Sozialdemokratie» ist und dass alle Parteien als Parteien uns zwar dazu verführen, sie als monolithischen Block zu sehen und sie nach unseren Vorurteilen zu begreifen, aber durch Geschichte und Gesellschaft jeweils anders, individuell geprägt sind.
Dies muss immer auch berücksichtigt werden, wenn man etwa Ausdrücke wie «socialists» oder «liberals» aus dem US-amerikanischen Kontext in den europäischen oder schweizerischen Kontext überträgt. Wo «liberals» jeweils das Gegenteil bedeutet und «socialists» in den USA einen red scare suggerieren will, in Europa aber im Grunde Sozialdemokraten wären.
Vielen Dank, Solmaz, für die informativen long-reads über die sozialdemokratische «Familie» und die empathischen (und überhaupt nicht pathetischen!-) Porträts der Menschen dieses Landes.
Lieber Michel, vielen Dank! Ja, dass die konservative Partei in Portugal tatsächlich "Sozialdemokraten" heißt, ist verwirrend, aber das haben alle immer im Gespräch augenzwinkernd gemeint, dass nach der Revolution alle mit dem Sozialismus identifiziert werden wollten, um sich von den faschistischen Diktatoren abzugrenzen. Eigentlich ein schöner Sidekick für Portugal, dass selbst die konservative Partei sich als sozial begreifen will...danke für die Lektüre, herzliche Grüße Solmaz
Vielleicht macht's ja der (fehlende) Bindestrich. Die deutsche SPD heißt in Portugal Partido Social-Democrata da Alemanha. So dass die portugiesische SPD vielleicht zu Unterscheidungszwecken besser als Soziale Demokratische Partei übersetzt wäre. Macht ja aber niemand, also müßiger Gedankengang. Wurde übrigens 1974 als Partido Popular Democrático gegründet, vermutlich, weil es damals bereits eine sehr kurzlebige PSD in Portugal gab. Die auch von einem Konservativen gegründet wurde. Dafür ist die CDU in Portugal ein Wahlbündnis der Kommunisten und Grünen, die Coligação Democrática Unitária.
Ich denke, es gilt für alle Länder, dass der Begriff „Sozialdemokratie“ sehr genau angeschaut werden und in seinen historischen und aktuellen parteipolitischen Kontext gesetzt werden muss. Das gilt besonders auch für die osteuropäischen „Sozialdemokraten“. Zum Beispiel ist die Patridul Social Democrat in Rumänien gemäss Wikipedia ein „Sammelbecken der ehemaligen Nomenklatura, der Verwaltungsbeamten und Leiter staatlicher Wirtschaftsunternehmen“ und kann am ehesten als „links-nationalistisch“ eingeordnet werden. Dazu kommen in dieser Partei offenbar auch zunehmend rechtsextreme Tendenzen zum Vorschein. Dasselbe gilt wohl auch für andere osteuropäische Länder.
Vielen herzlichen Dank für diesen interessanten Beitrag Frau Khorsand.
Vielen Dank für das Interesse, herzliche Grüße Solmaz Khorsand
Sozialistisches Utopia oder im Rahmen einer anrollenden Pandemie einfach klug und wir könnten lernen? Im Artikel steht: wenn ein Innenminister allen Ausländern zu Beginn der Pandemie die Aufenthaltsgenehmigung gewährt, damit auch sie Zugang zum Gesundheitssystem haben, weil das nun einmal die «Pflicht für eine solidarische Regierung in Zeiten der Krise» sei scheint mir das als Konzept zur Pandemiebewältigung einfach klug. Wie war das bei uns mit der Wahrnehmung der Gesamtbevölkerung? Wurde ausgewertet, welche der teuren Informationsmassnahmen effektiv die Bevölkerung, und zwar die gesamte erreicht? Wie war das mit dem schönen Plakat, wir - nous - noi - nous: wo war da die vielsprachige und sprachlose Schweiz?
Wir klagen über all die, die nicht geimpft sind, haben kein Verständnis, wenn sie mit dem Anmeldeprozedere nicht zurecht kommen oder von den Informationen nicht erreicht werden. Aber: gibt es Leute in den Regierungen, die nicht nur ihr soziales Umfeld, nicht nur ihre Wählerbasis, sondern die Gesamtbevölkerung als Schicksalsgemeinschaft im Blick haben?
Ganz herzlilchen Dank, Solmaz Khorsund, für Ihren ungeschminkten, vielseitigen, gut recherchierten Bericht über ein Land, von dem ich eingentlich keine Ahnung habe.
Ein Hoch auf diese Demokraten und echten Sozialisten, die einen unwürdigen Chef seinerzeit zum Teufel jagten. Wenn doch damals die Genossinnen und Genossen in Deutschland und Grossbritannien es auch so gemacht hätten mit ihren neoliberalen, grossmäuligen pseudosozialistischen Verführern Schröder und Blair, und diese Kriegstreiber und Sozialabbauer in die Wüste geschickt hätten, anstatt sich von diesen verantwortungslosen Gesellen in Kriege und Massenmorde treiben zu lassen.
Wegen solchen Verbrechern haben die Sozialdemokraten mit Recht fast jede Glaubwürdigkeit verloren.
Bravo, Chef Costa und kleines Portugal! Aber werden die portugiesischen Sozialisten einen Einfluss auf die jetzige deutsche Regierung haben? Nötig wäre es, denn die Aussen-ministerin, die sich eine Grüne nennt, gehört in diesem Land zu den fanatischsten Antreiberinnen des NATO-Aaufrüstungswahnsinns und Russlandhasserin, und dabei waren die Grünen einst eine Partei, die aus der Friedensbewegung hervorgegangen war.
Ich warte gespannt auf die nächsten Wahlen, und drücke sowohl für die Sozialisten als auch die Kommunisten beide Daumen.
Ist Schröder in den Irakkrieg gezogen oder war er der erste deutsche Kanzler der Nein zu den USA gesagt hat? Und Baerbock als Rüstungsantreiberin und Russlandhasserin? Haben Sie da Belege?
Vielen Dank für den Hinweis, da ist mir ein sehr unangenehmer Fehler unterlaufen, da ich noch die Zahl von einem Stadtteil von Amadora im Kopf hatte, wo besonders viele Migrantinnen leben, vielen Dank für den Hinweis und tut mir leid für die Verwirrung, herzliche Grüße Solmaz Khorsand
Vertipper:
der letzte Diktator hiess doch "Marcelo Caetano" und nicht "Marcello Caetona", oder?
Vielen Dank, N. A.. Wir haben die Stelle korrigiert.
Republik AG
Sihlhallenstrasse 1
8004 Zürich
Schweiz