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Eigentlich soll man ja eine Frage nicht mit einer Gegenfrage beantworten. Es gibt aber Themen, da tut genau das gut. Das Leben besteht, so wir denn ehrlich mit uns sind, trotz allem Wissen und aller Wissenschaft der heutigen Zeit immer noch aus mehr Fragen als Antworten.
Insofern ein grosses Danke für diesen Text - möge er bei möglichst vielen das auslösen, was heute wichtig ist und zu oft untergeht: unvoreingenommenes Nachdenken.
P.S. Gespannt bin ich auf das Urteil der Verehrer:innen und Verächter:innen der Erinnerungskultur im Falle des Instagram-Accounts «ichbinsophiescholl» (SRF, TA, FAZ). Oder welche Fragen mit diesem aufgeworfen werden.
Kann ich Ihnen für meinen Teil gerne sagen. Ich hab den Republik-Link angeschaut, wie ich eig. alle Verlinkungen in den Texten hier anschaue. Hat für mich etwas mit Respekt zu tun. Hab also den Link angeschaut
Sophie Scholl
Harter Geist, weiches Herz
21 I Studentin Philosophie & Biologie
Kunst & echter Kaffee
Von SWR und BR
#ichbinsophiescholl
swr.de/ichbinsophiescholl
und gedacht: was für ein Kitsch. Schamlos eigentlich: Ich bin Sophie Scholl? Na so was.
Dann etwas traurig gedacht: vor sechs Monaten hätte ich dazu in der Republik noch eine Anmerkung geschrieben. Heute denke ich: der Aufwand lohnt sich nicht.
Dann an einen gedacht, der auch über Sophie Scholl nachgedacht hat, vor längerem schon und nicht, weil sie Geburtstag hat und grad angesagt ist, wahrscheinlich eher weil sie etwas berührt, in ihm etwas berührt hat, was zeitlos ist: Konstantin Wecker, einmal mehr, ein Stolpernder, Gestrauchelter, ein Suchender, einer wie Lukas Bärfuss, nur etwas älter, für mich auch etwas echter. Hat vielleicht damit zu tun, dass Wecker, da bin ich überzeugt davon, nie so etwas Pathetisches von sich geben würde wie Bärfuss:
Für wen, für welchen konkreten Menschen würde es sich lohnen, das Leben hinzugeben? Für die eigenen Kinder mit Freude und auf der Stelle
Was weiss denn der schon? denke ich. Und dann: sei nicht arrogant, was weisst denn du von ihm? Aber das ist Kitsch, beharre ich. Mit Freude das eigene Leben hingeben? Also bitte.
Nun aber Wecker, kein Kitsch. Weil er das Berührende, das einzige, was zählt, das Grosse, bei Sophie Scholl lässt. Und bei jenen, die mit ihr waren. Sich nicht aufbläst in ihrem Schatten. Aus meiner Sicht. Die meine ist.
"Es geht ums tun und nicht ums siegen" - danke für die Erinnerung an dieses mittlerweile schon bald vierzigjährige Lied von Konstantin Wecker zum vierzigsten Todestag von Sophie Scholl. Aber sind wir doch ehrlich - o bissel pothetisch wor und is auch er!
Bärfuss‘ Fragen sind keineswegs rhetorisch - da muss ich Herrn Rebosura entschieden widersprechen. Die Fragen lenken absichtlich suggestiv in eine Richtung - aber nur, um die logisch scheinende Antwort durch die nächste Frage dialektisch wieder aufzuheben. Wie in einem Mantra kreisen die Fragen um eine Leerstelle, um - zum Ende hin - in immer kürzere und dringlicher werdende Fragen einzumünden: nicht zufällig, wenn auch konsequent als Frage formuliert, tauchen dann Worte wie Gebet, Trost, Rettung, Verzweiflung auf. Ich verstehe Bärfuss‘ Text als Anrufung von einem, der sucht, der zweifelt, nicht weiss, aber den Glauben nicht verlieren möchte.
Vielleicht im Sinne von Kafkas Dictum, dass die Herrlichkeit des Lebens nur gerufen werden kann. „Ruft man sie mit dem richtigen Wort, beim richtigen Namen, dann kommt sie. Das ist das Wesen der Zauberei, die nicht schafft, sondern ruft.“
Ich danke Herrn Bärfuss für diesen wunderbaren und tiefsinnigen Text.
Zum verzweifeln - nein, zum heulen gut. Dank
Fragen zu stellen und es sind deren viele zeugen davon, wie ambivalent Denken, Empfinden und Handeln des Menschen sind. Die Geschichte von Sophie Scholl könnte uns in Erinnerung rufen, was Menschsein auch bedeuten kann: Sich dem zu stellen, was Not tut. Und in der heutigen Zeit tut vieles Not; in allererster Linie die Natur, der Artenschwund, die Plünderung der rohstoffreichen Welt. Wir könnten uns fragen, ob unsere Lebensweise gegenüber unserer Spezies und anderen Lebewesen faschistoid ist? Wir könnten uns fragen, ob wir das Leben in seiner jetzigen Form überhaupt noch aushalten? Heute stellen viele gesellschaftlich anerkannte sogenannt gescheite Wesen keine Fragen mehr, sondern erklären uns Tag für Tag die Welt. Manchmal nur noch erbärmlich. Bärfuss sei Dank dafür, dass er Fragen stellt, die den Homo Sapiens in seiner ureigensten Innerlichkeit nicht kalt lassen sollten.
Danke, Lukas Barfuß, für die zum grössten Teil sehr präzisen und konzisen Fragen. Hier der Versuch einiger Antworten:
Vernunft und Bedingungslosigkeit schliessen sich nicht aus, das heisst, ich kann sehr wohl zu einem vernunftgeprägten Schluss kommen und diesem dann bedingungslos nachleben.
Die Grenze von der Bedingungslosigkeit zum Fanatismus ist dünn, aber es gibt sie, und Sophie Scholl, so wage ich zu behaupten, hat sie gekannt und berücksichtigt.
Kritik und Widerstand aus dem Innern eines Systems ist und war immer schon sehr effektiv, das heisst Sophie Scholls Mitgliedschaft beim BDM war wohl eine zentrale Voraussetzung für ihren bedingungslosen Widerstand gegen die Naziherrschaft.
Sophie Scholl handelte meines Erachtens vorbildlich, aber sie ist glaube ich tatsächlich zu kostbar, um zur Maxime zu erstarren.
Die Gefahr, dass Sophie Scholl in unseren Tagen zum Heiligenbildchen verkommt, das man von Zeit zu Zeit abstaubt, ist tatsächlich real. Jede/r, der/die ihrem Vorbild nachlebt, indem er/sie totalitäre Ansätze rational analysiert und dann bedingungslos bekämpft, wird dieser Gefahr aber entkommen.
Wenn Menschen aus dem politisch rechten Lager, zum Beispiel Covidleugner*innen, sich auf Sophie Scholl berufen, zeigt das, dass sie Sophie Scholl gründlich missverstanden haben und /oder es ist eine anmassenden Okkupation, um dem eigenen Widerstand einen heroischen Mantel umzuhängen.
Statt auch nur einer Antwort eine Riesenverbeugung vor Lukas und seinen Fragen. Ich werde diesen Text wohl noch mehrmals lesen.
Ein schöner Text. Mühe habe ich einzig mit eine Stelle : "Braucht es die Unschuld, die Reinheit, die Unbedingtheit, die aus allen Bildern spricht, die wir von ihr kennen....". Für mich ist dieses patriarchale Frauenbild der "reinen" Jungfrau(?) hier völlig unnötig, auch wenn es als Frage formuliert ist.
Interessanter Schluss: Gebet vor der Aktion
Wer wäre der Adressat/die Adressatin an den/die sich das Gebet richten müsste, das vor unserer gemeinsamen Aktion stünde: der abgeschaffte Gott? die abgeschaffte Göttin?
Was wäre der Inhalt des Gebetes: die Verwirklichung der Menschenrechte?
Welche Energie würde uns antreiben: die Liebe?
Käme Lukas Bärfuss in seinem spiralförmigen Fragentaumel auf zumindest hypothetische Antworten würde ich diese noch gerne in der Republik lesen.
Danke Lukas Bärfuss, Danke Sophie Scholl
Wie schon öfter habe ich mich an dem vereinnahmenden „wir“ gestört. „Wenn wir Sophie Scholl gedenken und die anderen ignorieren“ - wer tut das denn? In meinem Geschichtsunterricht in Stuttgart damals ging es immer um alle 5 oder wenigstens um Sophie und Hans Scholl, nie allein um sie. Was soll die Unterstellung also?
Belassen wir doch die Symbolik als vielfältig interpretier- und anwendbar; als übertragbares Symbol steht Sophie allemal (worunter auch missbräuchliche Zwecke fallen können resp. in der jeweiligen Epoche, wie aktuell, fallen können müssen) à la metaphorisch! Es gilt vermehrt zu fragen, wie Lukas es tut, ausser wir scheuen die Antworten: Es sind nicht die ersehnten Antworten, die wir fürchten und 'zurechtzimmern', sondern vielmehr die Fragestellungen als Prämisse, womit wir uns selber konfrontieren und die in uns (Ur)Angst verursachen.
Lukas Frisch? Jedenfalls mag ich Fragen, wenn sie offene sind, auf Ambiguitäten und Ambivalenzen verweisen, auf eine Unentschiedenheit und Möglichkeit, auf ein Sowohl-als-auch und Weder-noch. Hingegen finde ich sie etwas müssig, wenn sie – derart massiv und gravitätisch daherkommend – suggestiv in eine Richtung lenken, die Antwort beinah unbemerkt flüsternd eingeben. Oder als rhetorische eigentlich gar nie Fragen waren.
Aber eingedenk der starken Indikative, die ein:e Intellektuelle:r wie etwa Muschg kürzlich von sich gab – und damit frappierend zu «seiner» eigenen Präambel, «dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen», in krassem Gegensatz zu stehen schien – besann sich Bärfuss vielleicht in Anbetracht der Verantwortung im Gebrauch der Sprache auf die eigentliche Leistung von Literat:innen, die vielmehr im Konjunktiv, dem Sinn der Möglichkeiten, und im Interrogativ, der Befragung der angeblichen Wirklichkeit, besteht.
Dies halte ich Bärfuss – trotz aller Rhetorik der Suggestion, die mal hier, mal dort aufscheint – doch zugute.
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