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Was ich aber ganz und gar nicht verstehe: warum dürfen diese Waffen bei einer Demo eingesetzt werden, und das ja wohl meist zu einem Zeitpunkt wos drunter und drüber geht? Wie können da der Munition angemessene Distanzen eingehalten werden, und wie kann auf die dafür vorgesehenen Körperteile gezielt werden, die ja nicht einfach stillhalten? Geht es darum, Angst und Schrecken zu verbreiten, weil allgemein bekannt ist, was passieren kann? Laut woz feuerte die Basler Polizei am letzten Freitag Gummischrot auf eine Demonstration gegen Gewalt an Frauen und Queers - was ist da los? Wer kontrolliert und verantwortet die Einsatzmittel der Polizei bei uns?

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Vielleicht ist eine Teilantwort im nacfolgenden Auszug eines Interviews von Tsüri enthalten

Bei jedem Ereignis gibt es verschiedene Eskalationsstufen, bei denen vor jedem Einsatz, egal ob von Reizgas, Wasser oder Gummischrot, immer gewarnt wird. Wenn solche Mittel zum Einsatz kommen, ist das die letzte Eskalationsstufe. Vorher versucht man immer zu deeskalieren und zu warnen, um so die Menge aufzulösen. Jede.r hatte also die Möglichkeit, den Platz zu verlassen. Wer dennoch bleibt, nimmt das Risiko einer Verletzung bewusst in Kauf. Die Polizei geht dann davon aus, dass die Anwesenden gewaltbereite Leute sind und reagiert entsprechend darauf.

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blauäugige Bürgerin
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Sehr geehrter Herr Schöni,
besser spät als nie: Die Grenzwerte aus Dr. Kneubühls Standardlehrbuch für Wundballistik gelten fürs Eindringen ins Gewebe und ausdrücklich nicht für "eine schwere Prellung des Auges". Das ist mir erst im Frühling 23 aufgegangen und floss in folgende Publikation ein: https://www.ophta.ch/wp-content/upl…3-2023.pdf

Kurzfassung: Beim Auge beträgt der Grenzwert für die Penetration 0.06J/mm2. Aus Sicherheitsgründen wurde er nochmals halbiert, wie der Antwort des Zürcher Stadtrats auf Renate Schochs Anfrage 2001 zu entnehmen ist: https://www.gemeinderat-zuerich.ch/…1_0269.pdf

Nur: Schwere Prellungen des Auges sind bereits bei einem Bruchteil dieser Energie möglich. Eine Berner Serie von Verletzungen durch Airsoft Guns beschrieb relevante Schäden bei einer Energiedichte von 0.01 J/mm2.

Zudem müsste man die Gesamtenergie des Geschosses beim Aufprall mitberücksichtigen. Als Vergleich können hier Paintballs dienen. Dass sie schwerste Augenverletzungen verursachen können, ist in der Fachliteratur dutzendfach beschrieben. Die Aufprallenergie von Schrotprismen aus dem MZW ist aus der Mindestdistanz leicht höher.

Publikationen sind unglaublich schwierig, aus zig Gründen, vom Persönlichkeitsschutz der Betroffenen bis hin zu einem gewissen Desinteresse gewisser akademischer Kreise. Während die universitäre Ophthalmologie sich hierzulande teils auf den Standpunkt stellt, das sei alles bekannt und nicht mehr publizierbar, stellt sich die universitäre Rechtsmedizin teils auf den Standpunkt, eine Meldung an die Rechtsmedizin (wie von Dr. Kneubühl persönlich empfohlen) sei "nicht vorgesehen". Kunststück: Die Verletzungen ja auch nicht...

In Frankreich und den USA sahen es die Augenärztinnen und Augenärzte anders. Sie haben die Fälle der "yeux crevés" zusammengetragen und publiziert. Das schiene mir die rationale und professionelle Reaktion auf solche Verletzungsserien. Die Inzidenz (Häufigkeit pro Zeiteinheit und Kopf der Bevölkerung) ist bei uns z.Z. höher als in F während der Proteste der gilets jaunes. Ich hoffe immer noch, das gehe irgendwann auch in der Schweiz, und bleibe dran. Bis dahin höre ich Dürrenmatts berühmte Rede von der Schweiz als Gefängnis mit neuen Ohren. Nicht als Satire. Sondern als Tatsachenbeschreibung.

Unterdessen hat es in F und in den USA gebessert: nach hohen Schadenersatzzahlungen durch den Staat. Gibt es in der Schweiz bereits Gerichtsurteile zur Frage der Staatshaftung? Ich weiss nur von aussergerichtlichen Vergleichen, habe diesbezüglich aber noch viel zu lernen.

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