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Spannendes Interview, bin bei fast allen Punkten gleicher Meinung. Ein Detail ist mir aber aufgefallen:
Es geht um das systematische Lügen als Strategie.
Das Wort "Lüge" scheint mir problematisch. Erstens denke ich, dass die Trumps, Salvinis und Hildmanns dieser Zeit ihren eigenen Unsinn tatsächlich glauben, aus ihrer Sicht also nach bestem Wissen und Gewissen handeln.
Zweitens, und das ist wohl der wirklich problematische Teil: Meinem Verständnis nach steckt im Wort "Lüge" die Absicht drin (der Duden ist da derselben Meinung). Ich sehe einen Lügner schnell als boshaft und schlecht, und verbaue mir damit Möglichkeiten zur Debatte und zur Lösung des Problems. Wenn ich jemanden aber nicht als Lügner, sondern "nur" als unwissend oder inkompetent sehe, habe ich die Lösungsmöglichkeit, mit ihm zu reden und Wissen und Erfahrungen auszutauschen. Wäre das nicht sinnvoller?
Das wäre nur dann sinnvoller, wenn das Gegenüber inkompetent oder unwissend ist. Tatsächlich sind die genannten Personen Lügner, die systematisch lügen. Gerade Trump mit seinen alternativen Fakten. Und das sollte man auch so benennen. Wüssten sie es nicht besser, würden sie ihre Aussagen ja nach einem Faktencheck verändern. Und mit Lügnern muss man anders reden. Das wäre die Rolle der Medien, klar zu signalisieren, was Sache ist und ihnen die Plattform verweigern.
Die Diskussionen über Klimakrise wie auch Corona drehen sich doch im Kreis, weil die eine Seite versucht, die Argumente ernst zu nehmen und zu erklären, obwohl die Gegenseite nur auf die Diskurszerstörung aus ist.
Ja, da ist was dran. Das Wort Diskurszerstörung weist schon darauf hin. Wer sich richtig genau informieren möchte, hier entlang: https://www.europarl.europa.eu/RegD…635_EN.pdf.
Leider lassen sich die beschriebenen Lügentechniken ausschliesslich destruktiv einsetzen, es gibt also in diesem Fall keine "white lies". Wäre ja schon schön sonst, wenn man einfach über eine facebook-Kampagne z. B. die SVP-Anhänger mit "guten" fakes fluten könnte. Begrifflich leider nicht machbar; das gilt auch für transformative Prozesse. Maja Göpel hat an einer einzigen Stelle des Interviews ganz deutlich erwähnt, was die Grundvoraussetzung demokratischer Gesellschaften ist: Vertrauen. Wer es schafft, das permanent zu zerstören der hat den Kampf gegen die westlichen Gesellschaftsmodelle gewonnen. Der allererste Aufmacher der Republik, "Demokratie unter Irrationalen" (echter longread, Vorsicht!!) hat das exzellent herausgearbeitet.
Bin im Prinzip einverstanden. Und ich bin ganz sicher dagegen, dass wir jedem Unsinn eine Plattform bieten. Worauf ich aber hinauswill: Wenn ich jemanden einen Lügner nenne, ziele ich - zumindest in meinem Verständnis - mehr auf seine Persönlichkeit. Das polarisiert mehr, als notwendig ist. Wenn ich hingegen sage, dass jemand Unwahrheiten von sich gibt, ist das aus meiner Sicht sachlicher.
Deshalb die ehrlich gemeinte Frage: Was gewinnen wir, wenn wir jemanden einen Lügner nennen? Werden wir ihn oder sie oder ihre Anhänger deshalb irgendwann mal einfacher von Fakten überzeugen können? Kaum. Klar, Trump et al. ändern sich deshalb nicht; Darauf, was ihre Anhänger tun, kann das aber durchaus einen Einfluss haben.
Da bin ich ganz anderer Meinung. Gerade weil sich eine Menge Leute dazu herablassen mit diesen Lügnern vernünftig sprechen zu wollen, sind diese ja völlig hemmungslos geworden und glauben alles und jedes ihrer fragilen Tagesform anpassen zu können.
Das sind Menschen, welche nicht erwachsen geworden sind, weil ihnen ihr Umfeld stets wiederspruchsfrei zudiente.
Man muss diesen Leuten klare Grenzen ziehen, wie es auch bei der Kindererziehung notwendig ist.
Es ist absurd anzunehmen, dass ein Trump glaubt, dass seine Behauptungen wahr seien. Er ist sich einfach gewohnt, dass ihm niemand wiederspricht, weil alle in seinem toxischen Dunstkreis Speichellecker sind. Andere Menschen duldet er nicht. Für ihn funktioniert das, weil er viel Geld hat.
Auch Salvini ist privilegiert aufgewachsen und musste zeitlebens nie arbeiten um über die Runden zu kommen.
Diese Leute lügen weil sie es können, und ihr Umfeld von ihnen abhängig ist, weil es ihnen Macht suggeriert und weil ihnen niemand zu wiedersprechen wagt.
Ihre Lügen zu relativieren bringt nichts.
Ich denke, wir sind nur zur Hälfte anderer Meinung. Ich bin gegen Appeasement, ganz einfach weil es nicht funktioniert. Gewisse Leute fühlen sich in ihrem Unsinn oder Fehlverhalten bestätigt, weil wir - da sind die Medien eingeschlossen - hinhören und hinsehen. Insofern bin ich einverstanden und durchaus dafür, dass wir klare Grenzen ziehen. Mein Punkt ist aber trotzdem: Ich denke, dass, wenn wir jemanden als Lügner bezeichnen, unnötigerweise mehr polarisieren, als wenn wir sagen, dass er/sie Unwahrheiten verbreitet.
Wo ich anderer Meinung bin: Zugegeben, ich habe nie mit Trump gesprochen. Aber in meinem Umfeld gibt's (leider) genug Corona-Skeptiker und Esoteriker. Bei jedem einzelnen von ihnen, und in jeder einzelnen Diskussion mit ihnen, bekomme ich den Eindruck, dass die von ihrem Unsinn tatsächlich überzeugt sind. Deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass das auch bei Trump et al. so ist. Dass diese Leute dann noch privilegiert aufgewachsen sind und nie auf Widerstand stossen, hilft sicher nicht.
Möglicherweise. Vielleicht ist es aber genau auch das Vorgehen, dass den Erfolg solcher Menschen überhaupt ermöglicht. Wenn man statt "aufeinander Zugehen" bei einem Lügner maximal Gegensteuer gibt, dann passiert was. Bei "aufeinander Zugehen" riskiert man, dass man kompletten (und manchmal böswilligen) Unsinn legitimiert durch Diskussion und eine Plattform. Toleranz ist gut, aber in dem Fall fehl am Platz.
Und bei einem anderen Punkt von Ihnen würde ich ebenfalls widersprechen: wenn jemand unwissend ist, diskutiere ich gerne, aber für Inkompetenz habe ich keine Zeit.
Und wenn Sie im Lügner ein verlorenes Kind sehen, das nie sich selbst sein durfte und sich nur gut fühlt, wenn es gewinnt oder andere fernsteuern kann? Sie werden solche Kinder nicht die Spielregeln bestimmen lassen wollen.
Schaffen Sie es, da trotzdem stets freundlich und zugewandt zu bleiben? Hut ab.
Ja, die gibt's durchaus. Und nein, wir sollten diese Leute nicht die Spielregeln bestimmen lassen, weil sie tatsächlich ein Problem haben. Freundlich und zugewandt bleibe ich da auch nicht immer. Mein Punkt ist einfach: Ich denke, dass der Begriff "Lügner" mehr polarisiert als notwendig ist, und deshalb nicht hilft.
Maja Göpel ist eine der wichtigsten deutschsprachigen Stimmen zur Transformation unserer Gesellschaften. Es freut mich, dass sie heute in der Republik eine Plattform erhält.
Es gibt viele Auftritte von ihr auf YouTube zu entdecken, das Interview auf rbb mit Jörg Thadeusz vom 20. Nov. 2020 zeigt ihre Argumentationsstärke und die ihr eigene Resilienz sehr eindrücklich.
Es sind bedenkenswerte Überlegungen, die Maja Göpel in diesem Interview äussert. Besonders bedeutsam finde ich ihre weite Sicht auf die Umwelt- und Klimaprobleme, die nicht von sozialen Fragen getrennt werden dürfen, die Frage des Verzichts, die sich uns allen unweigerlich stellt, wenn wir das Ruder noch herum reissen wollen und, ganz zentral auch, die Forderung nach moralischer Integrität von PolitikerInnen, die eine unabdingbare Voraussetzung sind, wenn wir Probleme gemeinsam lösen wollen.
So spannend! Tolles Interview!
Maja Göpel unterstützt die Kampagne von Ferdinand von Schirach, die sechs neue Menschenrechte fordert. Finde ich sehr inspirierend: https://www.jeder-mensch.eu/informationen/
Herzlichen Dank an Angela Richter und an Maja Göpel für dieses wunderbare Interview. Ich habe es mit Freude gelesen. Es lohnt sich über die Aussagen von Maja Göpel gründlich nachzudenken und sie zu Herzen zu nehmen. Das Recht auf Wahrheit ist ein sehr wichtiges Prinzip. Wahrhaftigkeit hat das Vermögen unendlich viel Gutes zu schaffen.
Dankeschön, das freut mich zu hören. Nach der Wahl in Deutschland sind die Probleme, die wir im Interview besprochen haben, umso virulenter geworden.
Warum haben wir Menschen wie Maja Göpel nicht in der Politik und in Konzernleitungen?
Der Artikel bringt es auf den Punkt:
Zukunftsfragen wurden verdrängt.
Denn Deutschland hat seine Öffentlichkeit verloren. Wo ist der Ort, an dem sich die Bürgerinnen und Bürger austauschen, miteinander argumentieren und gemeinsame Ziele entwickeln? Das Lagerfeuer, der Thing, der Marktplatz der Ideen?
Vor Jahrzehnten waren das die Tagesschau, die Zeitungen und die Parteitage. Heute? leider boring ¯_(ツ)_/¯ .
Heute ist der Marktplatz der Ideen ein feindlicher Ort geworden, an dem Manipulatoren und Lügner am lautesten schreien können. Aufmerksamkeit findet, wer schockiert, manipuliert, Gegner schlechtmacht oder persönliche Duelle inszeniert ("Hängt die Grünen", "Ghostwriter-Kampagne" Russlands, negative campaigning, "Triell"). Und darum gibt es auch keine grossen Parteien mehr. Es können keine Mehrheiten mehr entstehen, die hinter gemeinsamen Zielen stehen.
Deutschland, du siehst so müde aus.
Und die Schweiz erst. Auch morgen wird die Mehrheit wieder gegen die Interessen der sozial Schwachen und des Mittelstandes stimmen, wird sich in konstanter Regelmässigkeit von den immer gleichen Angst-Argumenten und Falschaussagen der Lobbyisten und rechten Politiker bekehren lassen. Maya Göpel bringt es auf den Punkt:
Neben Transparenz über die Wirkung politischer Entscheidungen braucht es auch eine Verantwortungsübernahme privilegierter Personen. In diesen Kreisen findet sich zum Teil ein sehr aggressiver Ton mit dem Anstrich eines vulgär ausgelegten Liberalismus: «Lass mich bloss in Ruhe in meinem Lebensstil! Ist mir total egal, was die Konsequenzen meines Handelns sind. Und wenn du mir das vorhalten willst, dann bist du der Moralapostel.»
Nicht Neid ist das Problem, sondern Gier und unhaltbare Freiheitsansprüche der Privilegierten! Kapitalgewinne sind immer Gewinne, die andere Menschen für den Investor erschaffen haben. Solche Gewinne höher zu besteuern ist eine Win-Win-Situation, weil damit die Allgemeinheit, die den Gewinn erschaffen hat, davon profitiert, genauso wie der Investor, der das Risiko trägt.
Ich muss vorausschicken:
Ich bin ein Mensch, der sehr viel liest, vor allem Bücher - zum Glück kann heute niemand mehr das Erscheinen von Büchern verhindern! - die mich zum Nachdenken "zwingen". Und eben dieses Interview von zwei sehr intelligenten, scheuklappen- und ideologiefreien, selbstständig denkenden, mutigen, verantwortungsvollen und um die Zukunft besorgten Menschen, hat die gleiche Wirkung. Ich habe bewusst nicht geschrieben "Frauen", denn ich war bisher auch der irrigen Meinung, Kinder weiblichen Geschlecht besitzen einfach "weibliche" Eigenschaften, Kinder männlichen Geschlechts besitzen vorwiegend Eigenschaften, die man bisher - sehr bewusst - als "typisch männlich" bezeichnet hat. Ich habe soeben ein sehr spannendes Buch von einem Menschen of Color - ebenfalls weiblichen Geschlechts - gelesen, nämlich von Frau Emilia Roig, "why we matter , das Ende der Unterdrückung", die u.a. geschrieben hat, es gebe nicht männliche und weibliche, sondern nur "menschliche" Eigenschaften. Im Verlaufe der Jahrtausende seien den Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen "weibliche Eigenschaften" zugeschrieben worden, - und umgekehrt -, und zwar von den jeweils herrschenden, "deutungsmächtigen" Männern, die das patriarchalische System eingerichtet hatten und von deren Nachfolgern aufrrechterhalten wurde.
Meine erste Reaktion: "Diese Frau schreibt ja sehr interessante Tatsachen über die Wirkung der Kolonisation und damit der jahrhundelangen Erniedrigung der Nichtweissen auf den verschiedenen Kontinenten. Aber das stimmt doch einfach nicht, das ist doch eine auch von allen Psychologen, "Seelenfachleuten" , immer wieder bestätigte Tatsache."
Doch je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr musste ich mir dann doch eingeste-hen, dass ja auch viele Religionsgemeinschaften, wie die kathol. Kirche oder die heutigen Freikirchen, aus dem gleichen eigensüchtigen Interesse ihrer Führer, diese Unterscheidung bewusst kultivieren, um ihre Macht zu erhalten. Und wenn wir vergleichen, es gibt auch in der Geschichte genügend Beispiele von Frauen, die genauso brutal oder noch brutaler gegen die Menschen vorgegangen sind als Männer. Ich habe das von leitenden Frauen bei den Nazis gelesen, ich denke an Thatcher, Hilary Clinton, zwei Kriegsgurgeln sondergleichen. Thatcher tat sich auch noch hervor als von der Murdoch-Presse globte Sozialabbauerin, wie nachher ihre männlichen Nachahmer Blair Schröder (beide nannten sich "Sozialisten"!)
Ich komme zurück zu Frau Richter und Frau Göpel. Nun, ich habe ja in der "Republik" oder in der NZZ schon zu oft Aussagen von Professoren, Doktoren gelesen, die einen völligen Unsinn verzapften, und mir ist dabei vor allem eines klar geworden, ein akad. Titel schützt vor Dummheit nicht, oder sagen wir vorsichtiger, vor dummen und falschen Behauptungen, die jedoch ideolog. solide "abgesichert" sind, und die dem Denken der Herrschenden weltweit, von den USA über Deutschland, Russland, die Schweiz, China, etc. etc - Ja die gehören alle in den selben Topf! - entsprechen. Die Unterschiede sind formaler Natur, auch wenn jetzt wahrscheinlich ein Wolfsgeheul ausbricht über meine unverschämte Behauptung, welche die von der US-beherrschten Mainstreampresse bisher so erfolgreich verbreiteten Fake-News über die grossen, angeblichen Unterschiede zwischen "freien und unterdrückten" Ländern bewusst und aufgrund von Kenntnissen und Erfahrungen in Frage stellt .
Es gibt natürlich zum Glück auch unter den Akademikern wirklich unabhängige, von den bisher geltenden "ewig gültigen Wahrheiten" befreite, selbstständig denkende Menschen wie Frau Göpel.
Ich möchte an dieser Stelle auch den Machern der "Republik" danken, dass sie zwei geistigen "Schwergewichten" weiblichen Geschlechts eine Plattform bieten.
Ist es Zufall, dass es gerade Frauen sind?! Frauen hatten ja seit urdenklichen Zeiten in unserer Gesellschaft nichts zu melden, sodass man ihnen gefahrlos Eigenschaften wie empathisch, rücksichstvoll, umsorgend, an die Zukunft denkend usw. zugeschrieben hat. Wenn sie es aber trotzdem nicht lassen konnten und sich öffentlich gegen die Meinungs-diktoren äusserten, dann war es für die ein Leichtes, diese "unwissenden" Weiber lächer-lich zu machen, denn "Mann war sich einig", das waren je "nur Frauen, die von Politik und der Realität sowieso keine Ahnung hatten". Wenn sie aber dank ihres Wissens und ihres Könnens tatsächlich die Vorherrschaft von Männern in Frage stellten, wurden sie als Hexen verschrieben und kurzerhand umgebracht - mit dem Segen der Kirche, wohl-gemerkt.
Ich hätte zwar noch viel zu schreiben über die Äusserungen des "Informations-architekten" Timo Würsch - was ist das, noch nie gehört!?- über Lügen und Politik, aber das würde nochmals eine Seite füllen.
Ich möchte drum abschliessen mit dem - ich bin mir bewusst vorläufig noch utopischen - Wunsch, dass man jeder/m Politiker*in, bevor sie/er ein Amt antreten darf, vorschreibt, zuerst den heutigen Beitrag "Die Frage nach dem Lebensstill wird sich bald sehr stark stellen", zu lesen.
Ich beende hiermit meine Ausführungen und möchte Ihnen, liebe Frau Richter, liebe Frau Göpel, von ganzem Herzen danken für Ihre Denkanstösse und Sie ermuntern: "Denken und schreiben Sie weiterhin so unvoreingenommen und zukunftsweisend: Solche Menschen braucht nicht nur Europa, sondern die Menschheit dringendst! Sie sind sich sicher bewusst, dass Sie sind nicht mehr allein sind, aber viele sind nicht so sprachgewandt und auch mutig genug, um sich frei äussern zu können wie Sie beide."
Maja Göpel sagt im Interview: "Weil man es kann, externalisiert man die Folgen von Entscheidungen auf andere. Freiheit ist gesellschaftlich betrachtet immer relativ." Sie verweist damit auf eine Passage in ihrem spannenden Buch "Unsere Welt neu denken - Eine Einladung" mit der sie den Soziologen Stephan Lessenich (Seite 122/123) zitiert: "Er hat in seinem Buch 'Neben uns die Sintflut' erklärt, wie der Wohlstand der westlichen Welt zu weiten Teilen darauf beruht, dass wir seine wahren Kosten nicht selbst tragen, sondern anderen aufgehalst haben." Beispiel: Ein Flug zu einer Südseeinsel kostet uns wenig und die ökologische Belastung für die Inselbewohner ist tödlich. Müssten wir diesen Flug gerecht bezahlen, wäre er für Normalverdiener unerschwinglich oder wir dürften solche Flüge gar nicht mehr durchführen. Aber zurück in die Schweiz. Welche Politikerin oder welchen Politiker kann man mir benennen, die oder der ein Konzept für die Eliminierung der Externalisierung vorgelegt hat (bitte nicht eine harmlose und billige Flugticketgebühr)? Und was sagt Maja Göpel dazu? Sie unterstützt die Kampagne von Ferdinand von Schirach, mit der das Recht auf Wahrheit gefordert wird. Hier könnten sich unsere Parteien mal was abkupfern und in bevorstehenden Wahlkämpfen Kante zeigen.
Unser grosses Problem ist: wie versuchen die heutigen enormen Probleme (Klima, Gesundheit, Demografie mit all ihren Folgen, Digitalisierung u e m) weiterhin mit Mitteln aus dem letzten Jahrtausend zu lösen (überbordender Föderalismus, Referendumsdemokratie, Parteien- und Verbandsfilz). Das funktioniert einfach nicht mehr, diese Mittel taugen nicht mehr. Und keine einzige Partei hat den Mut, den Leuten die Wahrheit zu sagen (aus Angst vor Stimmenverlusten natürlich). Wir müssten (Konjunktiv) schleunigst radikal umdenken, sind aber weder intellektuell noch mental in der Lage dazu. Die Hoffnung stirbt zuletzt…
Schade, dass Maja Göpel am Ende dieses interessanten Interviews noch zur abgedroschenen Phrase greift, wonach links und rechts obsolet seien. Wenn man sich die Mühe macht, die konkreten Programme der Parteien mal anzuschauen, ist klar: Linke sind zukunftsfähig, rechte von vorgestern. Wer diese politischen Kategorien über Board wirft, verwischt reale Interessengegensätze in der Gesellschaft und wirkt lähmend.
Um eine Verschiebung des Haupttriggers in unseren Gesellschaften vom Geld auf nachhaltige Komponenten mit Umwelt, Biodiversität, Wohlbefinden zu ermöglichen braucht es doch die Überwindung eben dieser Paradigmen. Oder?
Wieso genau? Womit wollen Sie dann Umwelt, Biodiversität und Wohlbefinden finanzieren? Mit Luft und Liebe? Linke wollen Geld in solche Perspektiven investieren, Rechte nicht.
Links und Rechts sind Schablonen und Phrasen. So machen wir das Komplexe zu einem Schwarz/Weiss-Verständnis einer Realität, die in Worten gar nicht wirklich zu beschreiben ist. Viel näher wäre doch die Unterscheidung zwischen lebensfördernden Bestrebungen, und solchen, die das Leben als Ausbeutung und Zerstörung verstehen.
Göpel spricht vom Recht, nicht von Algorithmen ausspioniert zu werden. Klingt gut, liest sich in der Kampage aber diffenzierter. Dort heißt es:
Artikel 3 – Künstliche Intelligenz
Jeder Mensch hat das Recht, dass ihn belastende Algorithmen transparent, überprüfbar und fair sind. Wesentliche Entscheidungen muss ein Mensch treffen.
Das ist butterweich, weil unter "fair" jeder etwas anderes verstehen wird. Und läuft für mich auf ein Social Scoring hinaus. Im Unterschied zu China (das sind die mit dem bösen, diktatorischen Social Scoring) aber natürlich auf ein gutes Social Scoring im Namen der Gesundheit, der Umwelt, der Freiheit und der Einsicht in die Notwendigkeit.
Da bin ich anderer Meinung. Das ist knallhart. Würde das von den Datensammlern eingefordert, schluckten die erst ein paar Mal leer. Die Bombe steckt hier: "belastende Algorithmen transparent, überprüfbar und fair".
Konkret wird die Überprüfbarkeit bei KI-Anwendungen zum Problem, da diese eigentlich nur Näherungen basierend auf Trainingsdaten liefern. Da kann selbst der Entwickler nicht mehr genau herleiten, wieso das Ergebnis so ausfiel. Oder anders gesagt, kann das Ergebnis mit dem gleichen Input einen Tag später anders ausfallen.
Transparenz können Sie bei KI übriges auch knicken - ist in der Regel inhärent nicht gegeben.
Zu KI: https://de.m.wikipedia.org/wiki/K%C…ntelligenz
Das stimmt so nicht. KI wird in so Fällen stellvertretend für klassisches Machine Learning gebraucht und das ist im Training zwar (üblicherweise) nicht deterministisch, in der Ausführung aber sehr wohl. D.h. wenn nicht dauernd am Modell/Algorithmus rumgeschraubt wird, kommt bei gleichem Eingang auch immer das Gleiche raus.
Transparent könnte hier zB heissen: Trainings- und Validierungsdaten sind bekannt (und evtl. per öffentlichen Diskurs oder Rekursmöglichkeiten veränderbar), Struktur der KI/des neuronalen Netzes und Trainingsvorgang sind offengelegt, etc. So dass halt jede mit genügend Lust und Laune den Algorithmus selber herleiten könnte. Dann müssten die Input-Daten offengelegt werden, also was fliesst alles wie in eine Entscheidung ein. Mit all dem kann dann ein KI-Entscheid überprüfbar gemacht werden. Verstehen in dem Sinne kann man es zwar immer noch nicht, aber nachvollziehen schon. Und dann kann man auch schauen, ok, wenn man die und die Eingangsdaten weglässt, kommt dann was anderes raus oder nicht?
Die Fairness ergibt sich dann vielleicht durch die Revisionierbarkeit: man kann rekurrieren gegen falsche Eingangsdaten, Diskriminierung im Trainings- oder Validierungsset, etc.
Im Zweifelsfall wäre es auch noch ein Geschäftsgeheimnis.
Man könnte ja ein Theaterstück daraus machen. Und die Besucher abstimmen lassen: Appellant fährt Benziner, aber Kleinwagen und lebt auf dem Land. In der Republik hat er einen progressiven Beitrag geliked. Andererseits hat er auf Twitter ein Like für eine Meinung vergeben, die zwar nicht direkt verboten ist, aber doch vor allem von Fortschrittsfeinden geteilt wird. Soll der Appellant nach Ablauf seiner dreijährigen Wartefrist die Genehmigung erhalten, in den Urlaub fliegen zu dürfen? Oder hat das ein anderer mit günstigerem sozialen Fußabdruck mehr verdient?
Ah, das war jetzt nicht konstruktiv, aber ich bin immer noch im Sarkasmus-Modus aus meinem vorigen Posting.
Ich wünschte, die Republik würde sich stärker auf Investigation verlegen statt auf Meinungsstücke, wo im Wesentlichen Gleichgesinnte einander interviewen.
Einsparung von Energie über Effizienzgewinne [...] das Stichwort ist nutzen statt besitzen
Das spielt doch dem Überwachungskapitalismus und hierarchischer Kontrolle allgemein voll in die Hände? Wie ist das vereinbar mit z.B.:
[...] das Recht, nicht von Algorithmen ausspioniert zu werden.
Man kann doch robust und zukunftssicher produzieren, reparieren und wiederverwenden ohne die Menschen zu Leibeigenen zu machen. Das Beibehalten von Machtstrukturen und Ungleichheit sollte keine Vorbedingung für eine nachhaltigere Zukunft sein.
Prof. Göpel wünscht sich das wohl selbst auch kaum, da sie ja auch Dinge sagt, wie:
[...] die patriarchale Struktur wankt.
Aber ich sehe hier ein Spannungsfeld. Elektronische Geräte entwickeln sich schon eine Weile immer weiter Richtung Modell "nutzen statt besitzen", und es ist ein bedenklicher Prozess.
Republik AG
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