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Dreierlei geht mir durch den Kopf: ich habe die Hoffnung, dass es sich bei Bolsonaro, Trump und Co. um das letzte Aufbäumen einer aussterbenden Art handelt. Meine Befürchtung ist, dass wir in düstere Zeiten gehen, die wir uns jetzt noch nicht vorstellen können. Und letztlich löst der Beitrag die Assoziation zur Hydra und zum Gedanken aus, dass der (Neo)Faschismus genau das ist, eine Hydra.
Trotz und gerade deswegen ist es so wichtig, dass wir als Einzelne menschlich bleiben und dem Frieden dienen wo immer möglich.
Liebe A. B., danke für Ihre Worte. Insbesondere für Ihren letzten Satz.
Es ist eher so, dass das Desaster so lange andauert, wie es Menschen gibt, die Nationalstaten, Religionen und andere Konzepte dazu benutzen, zwischen dazugehörig und ausgeschlossen, wert und unwert usw. zu unterteilen sowie dadurch die eigene Macht auszubauen.
Solche Evangelikale wie in Brasilien gibt es auch bei uns. In der aktuellen Ausgabe ihres Magazins werden Zweifel an der US-Präsidentenwahl geschürt (das Signal). Wieweit sich „unsere Rechtsaussen-Evangelikalen“ auch bewaffnen, entzieht sich meiner Kenntnis. Spannend wäre einmal eine Recherche, die die Finanzierung solcher Kreise offenlegt. Mich würde nicht überraschen, wenn da auch Gelder über Staatsgrenzen verschoben würden.
Ich war selber jahrelang Mitglied von Freikirchen. Seit 16 Jahren nicht mehr. Bewaffnung war dort kein Thema. Finanzierung über den Zehnten der Mitglieder (10% des Lohns). Andere Quellen sind mir nicht bekannt. Politische Einflussnahme hab ich nur 1x erlebt. Einige stimmen EVP, viele EDU.
Mich würde mal interessieren, ob es Studien/Analysen dazu gibt, warum die Evangelikalen in Europa so wenig politisiert sind, im Gegensatz zu den USA und Brasilien. Was ist die tiefere Motivation dieser Gruppierungen in Amerika, sich mit solcher Vehemenz in die Politik einzumischen?
Die tiefere Motivation dieser Kreise (ich gehörte vor vielen Jahren auch dazu, war auch in der christlichen Politik sehr aktiv) stammt meiner Meinung nach aus einer wörtlichen Auslegung der Bibel.
Sie meinen, dass die Erde sowieso untergehen werde (daher fast kein Engagement für den Umweltschutz) und dass Menschen, welche Jesus Christus nicht als ihren Erlöser annehmen und sich bekehren, sowieso in der Hölle landen werden. Demnach halten sie es für erstrebenswert, dass möglichst viele Menschen dazu 'bewegt' werden, Gottes Gebote zu befolgen, da das der 'sicherste' Weg sei, dass sich die Menschen dann bekehren. Und wenn dann jemand kommt, der scheinbar für die Errichtung Gottesstaat-ähnlicher Gesetze einsteht (z.B. Abtreibungsverbot, gegen Homosexualität und LGBTQ!) dann reicht das diesen Menschen, diesem 'Jemand' fast blind (auf alle Fälle mit grossen Scheuklappen und Brett vor dem Kopf) nachzufolgen.
Dass dieser 'Jemand' selber in krassester Weise gegen die Gebote Gottes verstösst, wird dann - im Interesse des Grosse und Ganzen - einfach ausgeblendet.
Wohin Gottesstaat-ähnliche Strukturen führen konnte man ja bereits im Genf Calvins beobachten.
aus dem gleichen Fatalismus heraus kommt auch das Desinteresse, für eine soziale Gerechtigkeit einzustehen. Wenn jemand nur ein Kind Gottes sei (und Jesus Christus als seinen Erlöser angenommen habe) dann gelte es sein Leben in Demut und Hingabe an Gott zu fristen.
Von der latenten und auch heute noch subtil gehandhabten Unterdrückung der Frauen und des Weiblichen in diesen Kreisen mag ich gar nicht anfangen (das Weib schweige in der Gemeinde, usw..).
Man fragt sich nur, wie man die Bergpredigt dermassen falsch verstehen, resp. auf die Seite schieben kann....
Die 'lieben' Evangelikalen sind die Schafe, die sich ihre Metzger selber ausgewählt haben. Oder muss man hier von 'nützlichen Idioten' sprechen..?..
Danke für diesen, einmal mehr, hervorragenden Beitrag!
Geht das nur mir so, oder sind die Parallelen zwischen Trumpismus und Bolsonarismus leider nur allzu augenfällig?
Vor allem scheint mir die jeweilige Wählerschaft recht ähnlich zu sein: Weiss, relativ wohlhabend, plus die ganzen Evangelikalen....
Von der angestrebten "Korrektur" eines allfällig nicht passenden Wahlergebnisses mit 'Kugeln' ganz zu schweigen... Was ist bloss los mit der Welt?...
Ich möchte nichts beschönigen, denn ich bin mit Ihnen weitgehend einverstanden. Auch für mich sind die Parallelen zum Trumpismus offensichtlich und sehr erschreckend. Gemäss dem Text sind aber nicht die ganzen Evangelikalen für Bolsonaro: 50 % für Bolsonaro, 32 % gegen ihn und offenbar 18 % noch unentschieden. Unter der Annahme, dass sich die Unentschiedenen im gleichen Verhältnis aufteilen wie die Entschiedenen, ist also damit zu rechnen, dass etwa 61 % der Evangelikalen für und 39 % gegen Bolsonaro sind. Das ist schlimm genug, obwohl es nicht alle sind.
Ich möchte festhalten, dass ich kein Evangelikaler bin und es mir in keiner Weise darum gegangen ist, die Evangelikalen zu verteidigen. Ich habe lediglich eine Falschaussage korrigiert und dies mit Zahlen aus dem zur Diskussion stehenden Beitrag belegt. Wenn ich möglichst viele Likes anstreben würde, hätte ich auf diese Kritik selbstverständlich verzichtet. Dass ich aber bis jetzt nur 2 Likes im Vergleich zu den 14 Likes, welche A. F. für seinen Kommentar erhalten hat, erhalten habe, hinterlässt bei mir einen schalen Nachgeschmack. Immerhin habe ich bis jetzt keine Dislikes erhalten.
Mir gefällt, dass im Artikel nicht nur von Bolsonaro, sondern von Bolsonarismus geschrieben wird. Denn:
Klar ist, dass der Bolsonarismus nach den Wahlen nicht verschwinden wird.
Es ist nie nur ein einzelner Bösewicht verantwortlich für den ganzen Terror. Anne Applebaum nennt solche Vorstellungen «ein Cartoon-Bild» davon, wie ein autokratischer Staat tatsächlich aussieht:
All of us have in our minds a cartoon image of what an autocratic state looks like. There is a bad man at the top. He controls the police. The police threaten the people with violence. There are evil collaborators, and maybe some brave dissidents.
But in the 21st century, that cartoon bears little resemblance to reality. Nowadays, autocracies are run not by one bad guy, but by sophisticated networks composed of kleptocratic financial structures, security services (military, police, paramilitary groups, surveillance), and professional propagandists. The members of these networks are connected not only within a given country, but among many countries. The corrupt, state-controlled companies in one dictatorship do business with corrupt, state-controlled companies in another. The police in one country can arm, equip, and train the police in another. The propagandists share resources—the troll farms that promote one dictator’s propaganda can also be used to promote the propaganda of another—and themes, pounding home the same messages about the weakness of democracy and the evil of America.
Solche Figuren zu bekämpfen ist wichtig, aber man kann sich leider nicht in Sicherheit wiegen, wenn die mal nicht mehr am Ruder sind. Die dahinter verborgenen Strukturen aufzudecken ist mindestens genauso wichtig, wie die einzelnen Vergehen dieser Clowns minutiös auszulisten.
Obwohl im Artikel 82 Mal der Name «Bolsonaro» genannt wird, verstehe ich jetzt doch auch den dahinterliegenden «Bolsonarismus» etwas besser. Merci dafür!
Was, wenn Bolsonaro verliert? Dann wird richtig gefeiert! Und weiter gebetet, dass seine widerlichen Sinnesgenossen auf der ganzen Welt auch bald in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
Ein sehr guter, wenn auch erschreckender Beitrag dazu, was der Neofaschismus anzurichten in der Lage ist und leider erneut ein Statement, dass viele Menschen aus der Geschichte nichts lernen.
Insbesodere folgende Passage beschreibt für mich eine offensichtliche Tatsache perfekt:
Bolsonaros Wähler lassen sich recht deutlich identifizieren. Sie sind wohlhabender als der Durchschnitt und haben eine bessere Bildung. Sie sind mehrheitlich Weisse und Männer. Bolsonaros Hochburgen liegen im europäisch geprägten Süden Brasiliens, in den städtischen Oberschichtenvierteln sowie im von der Agrarindustrie geprägten Hinterland.
Purer Egoismus lohnt sich langfristig nicht, nur merken es viele erst, wenn es zu spät ist...
Ein hervorragender Beitrag, der im richtigen Zeitpunkt aufzeigt, dass offenbar auf der ganzen Welt der Faschismus wieder salonfähig wird. Und leider ist es nicht abzusehen, dass der reiche Norden, falls Bolsonaro sich bei einer Wahlniederlage an die Macht putscht, wirtschaftliche Sanktionen gegen das Regime ergreifen wird. Die UNO wird auch nichts ausrichten. Wie weiter unten erwähnt: Die Reichen werden gewinnen. Hoffen wir, dass die demokratischen Kräfte obsiegen. Sonst haben die ultrarechten und Autokratie freundlichen Machthaber:innen auf der ganzen Welt noch mehr Rückenwind. Mir graust es langsam.
Macht Angst! Ich muss immer wieder an das Interview denken, das die New York Times mit Warren Buffet, grösster Privatinvestor aller Zeiten, geführt hat. Auf die Frage, was er für den zentralen Konflikt unserer Zeit halte meinte er: "Das ist doch klar, es ist der Krieg Reich gegen Arm und meine Klasse, die Klasse der Reichen, hat diesen Krieg begonnen und wird ihn auch gewinnen."
Hat sich Warren Buffet dazu noch öfter geäußert?
Im NYT-Artikel aus 2006 wurde aus dem Interview meist auch nur paraphrasiert. Etwas ausführlicheres habe ich auf die schnelle nicht gefunden.
Mich würde interessieren wie er sich positioniert bzw. positionierte.
Das weiss ich auch nicht. Aber ich weiss, dass er einen sehr grossen Teil seines Vermögens der Gates-Stiftung vermacht hat.
Beängstigender Artikel! Vielleicht werden hier die Gründe beschrieben, wieso ich mich als "halber" Brasilianer - nebst dem ich Brasilien nur bereist, nie dort gewohnt habe - praktisch nicht mit diesem Land identifizieren kann. Hoffen wir, dass Bolsonaro nicht wiedergewählt wird.
Wie auch in den USA stellt sich hier die Frage, wieso in einem Land mit Abermillionen Einwohner:innen nicht geeignetere Leute zur Wahl stehen als diese zwei Politiker.
Und kleine Korrektur: Goiânia ist die (wohl gemeinte) Grossstadt und die Hauptstadt vom Bundesstaat Goiás.
Lieber Herr W., vielen Dank für Ihre Richtigstellung, Sie haben natürlich recht! Der Name ist korrigiert! ^_^
Was ist auch los mit uns Menschen! Hat uns Corona also doch die Hirne manipuliert oder gar zerstört …. Sehr ähnliche Erscheinungen überall! Oder war es immer so und nie anders? Funktionieren wir immer nur aus unsern narzisstischen Ängsten heraus ? Deshalb hat Spinoza die ETHIK geschrieben und uns ans Herz gelegt, mit unsern Affekten bewusst, und nicht zerstörerisch umzugehen, was einer Sozialisierung gleich käme.
Bolsonaros Wähler sind „im von der Agrarindustrie geprägten Hinterland“ - war zu erwarten - hart zu verdauen hingegen: „in den städtischen Oberschichtenvierteln“ und
„sie sind wohlhabender als der Durchschnitt und haben eine bessere Bildung.“
Sind die blöd - ist da keine Erklärung. Wenn die Einkommensungleichheit auseinander driftet, ist das keine schlechte Sache für eine egoistische Oberschicht. (Armut ist bedauerlich, doch billige Hausangestellte komfortabel…) Dass eine profitierende Minderheit den Plan demokratisch durchziehen kann, ist unwahrscheinlich, dazu braucht Bolsonaro wie die SVP patriotisch verblendetes Fussvolk. Oder Gewalt - Gott bewahre…
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