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Meine unterkomplexe Schlussfolgerung aus dieser Zusammenfassung eines komplexen Werkes, dessen Urheber ich nicht kannte (danke Daniel Binswanger):
Wir wollten die Welt beherrschen. Aber wir sind halt begrenzt. Und jetzt haben wir sie kaputtgemacht.
Was bleibt noch ausser Bedauern?
Vielleicht die Scherben aufsammeln und vorsichtig versuchen, ob wir ein paar davon wieder zusammensetzen können?
Solidarität mit allen und allem ist eine schöne Vorstellung. Philosophie ist ihrem Wesen nach der Natur und dem sinnlich Be-greif-baren entfremdet. Weil sie sich ausschliesslich in gedanklichen Sphären bewegt. Das mindert ihren Wert in keiner Weise. Aber der macht nur die halbe Miete aus. (Damit wohnt man weiterhin im 'Unzuhause', um einen Heideggerschen Begriff zu gebrauchen, der in dem Text ja ganz stark 'anwest'. Mir kommt er fast vor wie Heidegger in modern).
Die andere Hälfte der Miete erschliesst sich viel unmittelbarer, wenn man seine Hände in feuchte Erde gräbt, sie zwischen den Fingern zerkrümelt, ein Samenkorn hineinlegt und zusehen darf, wie etwas wächst. Ohne unser Zutun, nur mit etwas Pflege.
Vielleicht wächst. Und vielleicht zugrunde geht. Da ist unsere Zugehörigkeit zu beiden Sphären unmittelbar erfahrbar: zur Natur, an deren Werden und Vergehen wir durch unsere Körperlichkeit gebunden sind. Und zur geistigen Welt, die uns der Intellekt eröffnet.
Eines gegen das andere auszuspielen finde ich sinnfrei. Wir werden beides brauchen, wenn wir auch nur den Hauch einer Chance haben wollen. Materie und Geist, Körper und Verstand, Dichter und Denker und Jugendliche, die sich ihre Zukunft nicht mehr länger kaputtmachen lassen wollen und auf die Strasse gehen.
Hätten wir ein bisschen früher ein bisschen weniger ge-macht und ein bisschen mehr nach-gedacht, sässen wir heute vielleicht nicht in dem Schlamassel, in dem wir sitzen.
Liebe Brigitte J.
Hab ich das schon mal geschrieben? Nämlich: dass ich es immer mal bedauere, bei Ihren Beiträgen nicht 10 Likes aufs mal klicken zu dürfen. Danke! Immer wieder.
Liebe Frau J., diesem Ihrem ebenso poetischen wie analytisch klugen Aufruf kann ich mich nur in jeder seiner Wendungen anschliessen. Herzlich, DB
Danke Frau J. Statt Abwehr, Verdrängung und Ausgrenzugng wäre das natürliche „Gebrechen“ des Subjekts und seines Souveränitätsanspruchs anzuerkennen.
https://www.republik.ch/dialog?t=ar…e0c4efcfab
Als politischen Anknüpfungspunkt für die vielstimmigen globalen Akteure der Zivilgesellschaft sehe ich allerdings die UN-Agenda 2030 mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen inkl. UN-Menschenrechtscharta. Diese bieten einen inklusive und sämtliche relevanten politischen und gesellschaftlichen Themen integrierenden Orientierungs-, Ziel- und Handlungsrahmen - auch für die Schweiz. Es ist für mich nur schwer nachvollziehbar, weshalb weder Grüne noch SP bisher fähig waren - „den Ball aufzunehmen“.
Danke Ihnen beiden. Ich finde auch die Bilder in Binswangers Text atembeklemmend. In einer gigantischen Abwehr übertragen wir unser 'Gebrechen' sichtbar auf alles um uns herum.
Und: etwas ist mit Ihrem Link wohl schiegelaufen, Herr S. Er verlinkt einfach zurück auf diesen Thread hier.
Ja, viele Menschen haben etwas ge-macht, bevor ich fertig ge-dacht habe. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir von Tieren abstammen und vielfach die Menschen überlebt haben, rechtzeitig den Gegner erschlagen haben. Diese Zerstörungspotential ist weiterhin in den Genen vieler Menschen ( https://www.republik.ch/2019/12/21/…sche-troll ) . Es braucht viel Geschick, dies Zerstörungspotential zu bändigen.
Ein paar Vorschläge:
Bändigen der Informationsflut - Alle Internetpublikationen sollte jeder mit einem Klick löschen können, wenn er der Meinung ist, die Publikation sein falsch oder schädlich. Wenn der Publizierende es trotzdem Publizieren möchte, muss er dem Löscher belegen dass das Publizierte wahr ist.
Die Medien sollten ihren Kodex so anpassen, dass Personen, die etwas negatives gemacht haben nicht genannt werden
Diese Maßnahmen könnte dazu führen, dass wir überhaupt wieder die Zeit und Raum zum denken haben.
Sehr, sehr spannender Artikel, da kommt keiner wirklich draus. Hoch interessant, ein Paradigmenwechsel, eine neue Sichtweise auf das Menschsein...
Das 'Ganze' ist ein Hyperobjekt (und als Ganzes für uns gar nicht fassbar, nur armselig kategoriesierbar, abspaltbar), es ist nun doch weit weniger, als die Summe seiner Teile...
Ja, was wir damals gelernt haben in der 'Schule', erweist sich (erwartungsgemäss und erfrischend) fortschreitend als Humbug oder zumindest als nur sehr kleiner Teil der 'Wahrheit'...
Entschuldigung, aber was wir jetzt machen müssen, ist
Alle Klimagasemissionen in einen Emissionshandel einbeziehen
Die Menge an Klimagasemissionen um mindestens 10% pro Jahr reduzieren
Solange nicht alle Länder am Emissionshandel teilnehmen, beim Import Abgaben auf die grauen Emissionen erheben
Und: Ja, ich verwickle auch jeden, der mich nach dem Wetter fragt, in eine Diskusion über den Klimawandel. Oder wie Haim Omer sagt: "Bist Du nicht willig, brauche ich Geduld." Die Diskussion über den Klimawandel hat schon Züge der Diskussionen, die Eltern mit ihren jugendlichen Kindern führen, die das Zimmer nicht aufräumen wollen, aber den Eltern die Schuld geben, wenn Sie ihre Sachen nicht finden.
Schön, leider bleibt die banale Tatsache. Der grösste Teil der Menschheit sind blinde Egomanen und wollen alles dem eigenen Profit unterordnen. Hauptsache billiger Ferienflug, billige Lebensmittel, mein fossiler SUV (+ einer für Mami um die Kleinen zur Schule zu fahren), jeden Tag Fleisch und alles schön in Plastik verpackt. Schliesslich bringt man ja Petflaschen zurück. Die Politik und Wirtschaftsführer leben es vor. Man sollte, ich sicher nicht, lasse mir den Spass doch nicht verderben. Die wenigsten sagen es, fast alle tun es.
Suffizienz ist für die meisten ein Fremdwort. Würde es gerne anders sehen, aber ein Blick nach draussen reicht. Arme nächste Generationen.
KOLLAPS fast 100% sicher
https://www.heise.de/amp/meldung/Al…ssion=true
Das "fast" bedeutet, dass es, wie in den Katastrophenfilmen, noch etwas Hoffnung gibt. Genau das können und sollte wir jetzt nutzen. Spielen Sie gerne den Helden und gehen Sie mit guten Beispiel voran. Gerne folge ich ihnen, wenn Sie mir sagen können, was ich genau machen soll.
Nun zum Helden reicht es nicht. Tipps? Weder fossiles Auto noch fossile Heizung. Wärmepumpe. Haus umbauen zu Energie-Effizienz A (Isolation z. B. mit Altpapier), grösstenteils Holzbau mit Originalteilen. Strom 80% Solar / Rest Wasserkraft und Wind (Winterlücke). Bioteich Regenwasser / Biogarten. Keine Flugreisen (>20 Jahre), nie Kreuzfahrten. Möglichst wenig Fleisch. Dinge selber reparieren, sorgfältig behandeln, möglichst gebraucht kaufen. Reisen regional, zu Fuss mit Velo / Bahn, oder allenfalls mal mit gemietetem Elektroauto. Möglichst wenig Plastik. Lebensmittel saisonal, lokal einkaufen, meist zu Fuss. Maximal ein halbvoller, lockerer Müllsack alle 2 Wochen, nicht rauchen, keine/wenig Kinder - alles nicht nur einzelne Punkte... Ok ;-)
Hier noch etwas zum Nachdenken: https://youtu.be/isGy512d_68?t=1150 Ende (noch) offen?
Wenn Sie sich für Lösungen interessieren, mein Buchtipp (falls sie es noch nicht kennen sollten): «Warum Meerschweinchen das Klima retten», Christof Drexel, «Einfache Strategien für eine bessere CO2-Bilanz».
Pragmatisch, nicht moralisierend – wird in meinem Bekanntenkreis sehr geschätzt – weil Drexel (ein Ingenieur) Lösungen anbietet. Schritte in die richtige Richtung sozusagen.
PS: Die Rechner müssen für uns einen «Infrastruktur» Grundwert annehmen, weswegen sie im heutigen Setup nicht auf 0 kommen können. Wir alle benützen eben die Spitäler, Verwaltungen, Strassen, Bahnen, Schulen, Kraftwerke etc.
Wer soll es uns Dichtern, Philosophen, kurz: Geschichtenerzählern, verargen, wenn wir immer auf der Suche nach geeignetem Stoff sind, unsere Leser nachdenklich werden zu lassen oder auch nur zu unterhalten. So bedienen wir uns naheliegenderweise auch der Thrills des sogenannten Zeitgeistes - zugegeben: auch wirklicher brennender Probleme, wie dem des Klimawandels. Allerdings bezweifle ich, ob die Fantasien mancher Erzähler über das Verhältnis von Natur und Kultur etwas beitragen zur Lösung der wirklichen Gefahrenlage – im Gegensatz zum Protest der Teenager, der manche Unternehmer und Politiker unter psychologischen Druck setzt, ihre Haltung, zumindest in der Öffentlichkeit, zu ändern. Was Morton erzählt, ist alter Wein in neuen Schläuchen. Die philosophischen Fragen, die das Anthropozän angeblich aufwirft, sind von den Philosophen selbst verschuldet: Sie haben die Trennung von Natur und Kultur erfunden. Jetzt können sie einmal mehr kritisch darüber schwatzen, was ihnen ihre weisen Vorväter eingebrockt haben; doch der Diskurs surft im Virtuellen – und verdeckt ganz einfache unphilosophische Tatsachen: Das Leugnen des Klimawandels beruht nicht auf mangelnder Einsicht; es geht schlicht ums Geschäft. Das Leugnen ist propagandistische Desinformation, in Australien z.B. der Mafia der Kohlenbarone und und und … So falsch liegen jedenfalls jene nicht, welche das mangelnde Tempo katastrophenverhindernder Massnahmen interessebedingten Trägheiten des real existierenden Kapitalismus zuschreiben. Es bedarf keiner Philosophen, sondern potenter Mafiajäger (auch geistiger) – die Dichter und Philosophen könnten mehr bewirken, wenn sie zusammen mit den protestierenden Kindern, Jugendlichen und Rentnern auf die Strasse gingen. Ungehorsam ist das Mittel (auf allen Ebenen), nicht gescheit daher reden.
Lieber Herr Cho,
Sie haben natürlich recht: Dadurch dass man etwas philosophiert, hat man noch gar nichts gelöst. Aber die Prämisse Ihres Einwandes, nämlich dass der Klimawandel letztlich vom Profitinteresse des entfesselten Kapitalismus herbeigeführt wird, ist es ja gerade, was Morton in Frage stellt. Seine These ist, dass die Zivilisationskräfte, die für die heutige Krise verantwortlich sind, von weiter herkommen. Und dass wir das erst begreifen müssen, bevor wir adäquat handeln können. Ich finde, mindestens uns die Zeit nehmen, uns dieser Debatte zu stellen, sollten wir.
Philosophie ist aber nicht die Lehre des Geschichtenerzählens. Zu behaupten, dass ein Denker zum gesellschaftlichen Diskurs mehr beitragen kann, wenn er sich unter eine Demo mischt, als wenn er seine analytischen Gedanken formuliert, überzeugt mich nicht. Ich frage mich, warum das Denken in Ihnen auf Ablehnung stösst. Es macht doch absolut Sinn, wenn jeder seine persönlichen Fähigkeiten nutzt, um seinen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten. Die Individuen selber sind es übrigens, welche sich solidarisch und gerecht gegenüber der Natur verhalten müssen. Es ist nicht der Kapitalismus, die Mafia, die Barone. Jeder ist es. Das ist leider schwierig und fast unmöglich. Sicher wird es nicht am Philosophen oder gar wegen einem scheitern. Es gibt deshalb keinen Grund diesen zu verachten. Und das spüre ich zwischen Ihren Zeilen. Oder?
Spannend aber nicht ganz nachvollziehbar -für mich wenigstens nicht. Im Artikel heisst es etwas plötzlich, wir hätten keine Welt mehr, dass das Ganze das Umwahre sei und ökologie das Gegenteil von Ganzheitlichkeit.
sorry ich verstehe das nicht, wieso soll das so sein? Meine etwas einfache Vorstellung ist eher, dass wir beginnen zu begreifen (mit Händen und Mäusen), dass es eben in der Nähe nur einen bewohnbaren Planeten gibt und dass wir wenn wir gerade nix besseres zu tun haben, die Welt als lebenswerten Ort retten sollten... und ja dabei sollten wir auf Artenvielfalt achten, dass das Ganze vielfältig bleibt.
Entweder habe ich bei Adorno et al. zuwenig aufgepasst oder ich denke antimodern? Kann mir jemensch erklären was ich da verpasst habe? Herzlichen Dank.
Als Brücke zur „Solidarität mit der Natur“ könnte Birgit J. an anderer Stelle in der „Republik“ geäusserter Gedanke weitergesponnen werden „Was wir haben: alle gemeinsam eine begrenzte Welt und jede*r Einzelne ein Leben.“
„Ein Leben“ — Im Umgang mit der Natur muss das Natursein und die Endlichkeit von uns Menschen wieder in das Blickfeld geraten: „Es stellt sich die Aufgabe, die Natur, die wir selbst sind, d.h. unser Leibsein, mit unserem Selbstbewusstsein zu integrieren [statt abzuspalten]. Wir müssen anerkennen, dass wir im Durchzug der natürlicher Medien leben. Erde, Wasser, Luft ziehen durch uns hindurch“ (Gernot Böhme, 1995).
Statt Abwehr und Verdrängung ist das natürliche „Gebrechen des Subjekts“ und seines Souveränitätsanspruchs anzuerkennen: Unsere Subjektfähigkeit ist an eine sich bewusstlos vollziehende, singulär gegebene und unverfügbare Leiblichkeit gebunden. Wir sollten darauf achten, zu dieser ein freundschaftliches Verhältnis zu pflegen. Dann findet auch die Aufklärung zu sich selbst. „Einst ist alles Leib“ (Novalis).
Mit 5% der Wirtschaftsleistung könnten wir den Klimawandel vermeiden, aber wir machen viel zu wenig. Stattdessen diskutieren wir über den Weltuntergang. Wo ist der Schweizer Pragmatismus geblieben?
Könnte diejenigen, die "Daumen runter" gedrückt haben, mir sagen, ob sie dies gemacht haben, weil:
b) Ich den Artikel kritisiere und mich nicht wirklich mit ihn auseinandergesetzt habe?
a) die 5% unrealistisch sind oder man dies gar nicht mit Zahlen messen sollte?
Vielleicht im Kern nicht ganz relevant in Bezug auf den Artikel, aber ich lese in Republik-Artikel letzter Zeit häufig den Begriff "Klimawandel". Gibt es hier vonseiten der Redaktion Überlegungen zur Framingdebatte und den Begriffsverwendungen, wie man es z.B. vom Guardian kennt? https://www.theguardian.com/environ…nvironment
Grundsätzlich verwenden wir Klimakrise, siehe auch Dossier. Es macht aber nicht in jedem Beitrag Sinn, das in der Produktion einheitlich durchzuziehen. Kommt auf Kontext an.
Sie haben schon recht: Man sollte Klimakrise benutzen. Ich finde aber auch, dass man das nicht dogmatisch behandeln und zum Beispiel innerhalb eines Textes, je nach konkretem Kontext auch variieren kann. In meinem Artikel verwendete ich zweimal Klimawandel und viermal Klimakrise. Das scheint mir vertretbar.
Postatheismus: "Die Schöpferkraft des Universums zu respektieren, heisst die Schöpfung und die Geschöpfe zu respektieren." Das ist keine neue Erkenntnis, aber die welterobernden Europäer haben sie vergessen. Siehe Jack D. Forbes:"Kolumbus und andere Kannibalen", dt.1981 hammer- verlag
https://epdf.pub/download/columbus-…l?reader=1
Als Hinweis: Die Begriffe „Anthropozän“ und „Grosse Transformation“ sind auch Eckpunkte des Narrativs des sehr umfassenden und auch lesenswerten Berichts bzw. Analyse des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Bundesregierung - Globale Umweltveränderungen WBGU „Unsere digitale Zukunft gestalten“ (2019). Persönlich halte ich geschichtsphilosophische bzw. -teleologische Bezüge und Begriffe zur Begründung einer nachhaltigen, global auszurichtenden Zukunftspolitik nicht für zweckmässig. M.E. liefern die UN-Agenda 2030 (17 Nachhaltigkeitsziele) und die UN-Menschenrechtscharta hierzu bereits die geeigneten Grundlagen.
Ich danke Ihnen für den Link.
Sie schreiben: "Persönlich halte ich geschichtsphilosophische bzw. -teleologische Bezüge und Begriffe zur Begründung einer nachhaltigen, global auszurichtenden Zukunftspolitik nicht für zweckmässig."
Dieser Meinung muss ich widersprechen. Denken und Handeln können wir nicht trennen. Wenn uns ein kein neues Denken gelingt, werden wir auch nicht in der Lage sein, das dringend not-wendige Handeln einzuleiten.
Lieber Herr Kienholz, es geht mir nicht um die Trennung von Denken und Handeln. Nur erachte ich Ausdrücke bzw. Narrative wie die „Grosse Transformation“ für beliebig. Die UN-Agenda 2030 inkl. Nachhaltigkeitsziele inkl. UN-Menschenrechtscharta bezeichnen hingegen einen konkret benenn- und überprüfbaren Werte-, Ziel- und Handlungsrahmen für die Umsetzung einer nachhaltigen, demokratischen und solidarischen Gesellschaft. D.h. sie eignen sich als globale Verständigungsbasis der vielstimmigen Akteure der Zivilgesellschaft. Beste Grüsse
Sehr spannender, inspirierend irritierender Artikel! Interessant auch im Blick auf die Themen und Thesen der Collapsologie im französischsprachigen Raum (Pablo Servigne u. a.) Wer hat irgendwo diese Ansätze im deutschsprachigen Raum aufgearbeitet? Oder weiss davon, wer's gemacht hat... Wo gibt's Verbindungen, Ergänzungen, Widersprüche?
Mir reicht "Kollaps" von Jared Diamond völlig. Er zeigt recht fundiert auf, wie es nicht geht. Ich werde, wie gesagt, lieber darauf konzentrieren, wie wir den Kollaps vermeiden können.
Wenn ich mich richtig erinnere, war ich mal bei einer Lesung von Jared Diamond, die von "Das Magazin" und Daniel Binswanger veranstaltet wurde. Interessanterweise finde ich mit den übliche Internetsuchen dies nicht mehr. Ich werde wohl doch auf yacy.net umsteigen müssen.
Danke für diesen anspruchsvollen und sehr anregenden Artikel. Die Gedanken von Timothy Morton scheinen eine wichtige Ergänzung und Weiterführung der nicht einfach zu verdauenden Lektüre von „Die unbewohnbare Erde“ von David Wallace-Wells darzustellen.
Nach einem ersten Durchlesen dieses Artikels stellen sich mir unter vielen anderen folgende Fragen, denen nachzugehen sich lohnen könnte_
welche Zusammenhänge gibt es mit den philosophischen Überlegungen von Markus Gabriel („Warum es die Welt nicht gibt“ und andere Bücher)?
welche Einsichten kann uns das Werk von Jean Gebser in diesen Fragen geben? Hilft uns ein „integrales Bewusstsein“ mit dieser in der Geschichte des Menschen nie dagewesenen und völlig neuen Situation umzugehen?
Keine Frage ist, dass wir denkend und handelnd vor Herausforderungen stehen, die wir kaum absehen können.
Wann beginnt das Anthropozän? Spannende Frage. Nach dem 2. Weltkrieg? Zu Beginn der Industrialisierung? Beim Start des Ackerbaus? Ich bin der Meinung, es beginnt sogar schon seit dem Auftreten von Homo Sapiens, also schon zu Zeiten als Jäger und Sammler, denn der Historiker Yuval Harari berichtet in seinen Büchern, dass der Mensch schon damals dramatisches Artensterben und somit drastische Veränderungen in den Ökosystemen verursacht hatte.
Das Holozän beginnt vor etwa 11 000 Jahren und bezeichnet den aktuellen Zeitabschnitt in der Erdgeschichte. Ihn durch den Begriff Anthropozän zu ersetzen scheint mir sinnvoll, weil durch die Sesshaftigkeit und der Domestizierung von Tieren ein markanter Grundstein für den globalen Einfluss des Menschen gelegt wurde. Für die folgende, immer schnellere Entwicklung und deren bekannten Folgen könnte man natürlich noch feinere Unterteilungen vornehmen, aber dieser deutliche anthropogene Einschnitt nach der letzten Eiszeit rechtfertigt am ehesten eine solche Bezeichnung.
Andere Einschnitte wären ja auch die Trennung der Hominiden von den Menschenaffen vor 6 Mio. Jahren oder - auch spannend - die ersten künstlichen Steinwerkzeuge vor 3 Mio. Jahren. Aber bedeutender - oder verheerender - ist sicher der menschliche Einfluss in der Neuzeit.
Lieber Herr M., Ihr Verweis auf Harari ist sehr treffend. Auch Harari ist stark inspiriert von Jared Diamond. Hier gibt es eine starke Verbindung zu Morton. Herzlich, DB
Bei Gesprächen übers Wetter hab ich mir in den letzten 10 Jahren angewöhnt ein Welcome to the Climate Change! anzufügen – in Analogie zu Welcome to the Desert of the Real! In mal resigniertem, mal trotzigem Unterton.
Morton gehört gewiss zu den interessanteren Philosoph*innen einer „Natur-ist-tot-Ökologie“. Und vorweg gesagt, unterstütze ich die Stossrichtung Mortons, wie Haraways oder Latours. Doch bereits in Binswangers Zusammenfassung sind trotz der Absetzbemühungen merkwürdige Kontinuitäten festzustellen, die widersprüchlich oder zumindest erklärungsbedürftig erscheinen.
Der auffälligste Widerspruch ist dieser: „Im Anthropozän verliert der Mensch seinen Platz im Zentrum der Welt“, wo nun doch „der Mensch“ sogar als geologische Epoche firmiert. Donna Haraway kritisierte dies in ihrem Buch Unruhig bleiben, präzisierte die Epoche als Capitalozän (exponentiell steigt der Hockeystick erst mit der industriellen und wissenschaftlichen Revolution) und fordert ein Chthuluzän, in der wir Menschen uns wie alle anderen Lebewesen als auf der Erde „kriechende“ Erdenbewohner*innen (critter) sehen.
Weiter gäbe es kein „Zurück zur Natur“ mehr, da wir die Natur sind, so wie es bereits seit der Antike hiess: Der Mensch ist das Mass aller Dinge. Dennoch fordert Morton eine vorneolithische Lebensweise in voragrarisch-nomadischen Sozial- bzw. symbiotischen Lebensverbänden, welche den Dualismus zwischen Natur und Mensch hinter sich lässt. Die Frage ist dann, wie dies im 21. Jahrhundert aussehen könnte.
Man kann darüber spekulieren, ob die Menschen vor 12’000 Jahren so viel friedliebender und lebensfreundlicher gewesen sind. In gewisser Weise steht Morton damit in einer Tradition, die u. a. bereits mit der Bibel begann. Man vergleiche den Sündenfall und insbes. die Ermordung Abels, dem Hirten, durch Kain, dem Ackerbauer, da ersterer „näher bei Gott“ gewesen sei. Darin drückt sich eine gewisse Nostalgie gegenüber einer aussterbenden „ursprünglicheren“ Lebensform aus.
Natur war zudem wohl seit jeher ambivalent: Umwelt, die gegeben war, ja Schicksal, und Welt, in die man eingriff und sich „heroisch“ untertan machte. Gab es früher auch die Magie, in der man mit Opfer die Natur-Götter zu besänftigen suchte, so gibt es heute die Technik, mit der man mit grossen Opfer das Klima zu moderieren versucht.
Natur war „das grosse Andere“, gefürchtet und begehrt. Deus sive Natura wie Spinoza sagte. Dann das transzendente Objekt für ein Erkenntnissubjekt. Verdinglichte Ressource für homo faber/oeconomicus. Und nun ein Hyperobjekt für die datenbasierten Modelle. Auch hier sehe ich mehr die Kontinuitäten als die Differenzen (statt dem radikalen Graben zwischen Menschen und Götter oder Subjekt und Ding-an-sich haben wir nun einen zwischen Daten und Dingen).
Was bleibt ist die Unüberwindbarkeit – und die Demut.
Auch dass wir nach der Subjektphilosophie postmetaphysisch und -humanistisch das Augenmerk auf Strukturen, Systeme und Felder richten müssen, ist nicht neu. Die andere Lehre Meillassoux’ finde ich fast noch wichtiger, nämlich dass es keine Notwendigkeiten gibt, ja, dass selbst Naturgesetze kontingent sind – wenn auch nicht willkürlich veränderbar. Und so jede Form von Essentialismus unterminiert.
Richtig bleibt jedoch, dass wir den rationalistischen wie technologischen Totalisierungstendenzen – auch in Form des Solutionismus („nur noch die Deus ex Machina kann uns rette!“) – widersetzen müssen. Und „Frieden damit machen, dass unsere Welt voller Gräben und Lücken ist“.
Bei allen Weltsimulationen und Grosstechnologien findet das Leben im konkreten hier und jetzt statt, das eine situative, lokale Umgangsform erfordert. Damit stimmt Morton auch mit Jonathan Franzen überein, der in Das Ende vom Ende der Welt gegenüber dem Klimawandel und CO2 auch spezifisches Artensterben und dessen lokale Ursachen nicht übersieht.
Als letzter Punkt noch eine Bemerkung – oder vielmehr ein Wunsch – zum Satz:
Im deutschen Sprachraum war sein Name bis anhin weniger präsent. Eine wichtige Rezeptionslücke beginnt sich zu schliessen.
Es wäre schön, wenn in der Republik mehr fremdsprachige Texte quasi vorrezensiert oder auszugsweise vorübersetzt werden würden, um so einen gewissen cultural lag zu reduzieren. Etwa so wie Daniel Binswanger es bereits mit Thomas Piketty tat.
Aber vielleicht stell ich das besser in den Wunsch-Thread.
Timothy Morton, 2015, 350'000 airmiles.
https://www.theguardian.com/books/2…ton-review
Mich freuen Kommentare wie Ihre. An den Aussagen von Herr Morton scheint etwas dran zu sein, wenn die Kritik sich nur noch gegen seine Person zu richten vermag.
Ist das wirklich alles, was Sie aus dieser nicht uninteressanten Guardian-Besprechung ziehen?
Ich muss vorausschicken, dass ich Timothy Morton und sein Werk nicht kenne, mich also nur auf diesen Artikel abstütze.
Gemäss der ‚Definition‘ eines ‚Hyperobjekts‘ scheint mir, dass auch viele andere prozesshafte Phänomene oder dingliche Systeme, die teils seit Urzeiten Gegenstand menschlichen Denkens und Handelns sind, ‚Gegenstände‘, die eigentlich unbegreifbar sind auf Grund ihrer räumlichen oder zeitlichen Dimensionen ‚Hyperobjekte’ sind. Unsere Sprache drückt es ja wunderbar aus : Tatsächliche Gegenstände sind Dinge, die uns entgegenstehen, die wir begreifen können mit unseren Händen und deren mentale Repräsentationen im Gehirn die Grundlagen der Denkvorgänge sind. Denken ist mentales Hantieren mit mentalen Repräsentationen dessen, worüber wir denken oder nachdenken : Begreifliches, wie das zu bereitende Mittagessen, das zu reparierende Velo, die zu besuchende Wirtschaft, aber auch Unbegreifliches, wie das Universum, die Evolution, die Marktwirtschaft oder eben das Klima. Ich frage mich, ob nicht auch Phänomene oder Systeme, die sich durch ihre Kleinheit in räumlicher oder zeitlicher Ausdehnung der Begreifbarkeit entziehen, als ‚Hyperobjekte‘ zu bezeichnen wären. Und dann die Frage an den Autor des Beitrags, ob die Folgerungen, die Morton aus der ‚Hyperobjekthaftigkeit‘ des Klimas und dessen menschenverursachter Veränderung zieht, auch für andere ‚hyperobjekthafte’ Phänomene oder Systeme gälten. Gerade die jahrtausende alte gedankliche und messende Beschäftigung von Menschen mit dem Universum hat doch auch zu einem grundlegenden Wandel im Selbverständnis der Menschen geführt, indem die Erde und die sie besiedelnde Menschheit als Teil eines unbegreifbaren Ganzen, worüber zwar immer mehr Daten in einer ebenfalls eigentlich unbegreifbaren Menge vorhanden sind und weiter erhoben werden, verstanden oder gedacht wird.
Meine Sicht auf Klimafragen, oder eigentlich - allgemeiner - Fragen der Ressourcennuntzung durch Menschen ist wesentlich simpler.
Die Natur, deren Teil wir als Spezies unbestreitbar sind, ist ein Regelkreis - oder präziser - eine große Anzahl miteinander vernetzter Regelkreise. Diese funktionieren völlig automatisch. Wir können uns als Menschheit also maximal aussuchen, an welchem Punkt der jeweiligen Regelkurven wir uns aufhalten möchten, also z.B. ob die Natur unsere Population früher oder später begrenzt, oder wir der Natur dabei zuvorkommen.
Bei stabiler Population müsste die Nutzung der Ressourcen vermutlich drastisch zurückgehen, wobei wir Nachhaltigkeit, also einen Ressourcenverbrauch, der kleiner als das Nachwachsen der Ressourcen ist, m.E. auch mit der gegenwärtigen Population unter keinen Umständen erreichen können. Bliebe also noch eine Reduktion der Population als weitere Möglichkeit. (Danach sieht es aber bisher nicht aus)
Wir müssen uns als Menschheit also entweder auf einen Stand einigen, bei dem eine Population X einen Ressourcenverbrauch Y hat, so daß diese Population unter für diese Population wünschenswerten Bedingungen leben kann, die sicherlich auch von Y abhängen, oder wir überlassen das den natürlichen Regelkreisen, mit all deren Auswirkungen auf unser Freude- oder Frustpotential. Dann wird es vermutlich eher ungemütlich für viele Menschen.
Ein paar einfache Thesen dazu:
Nachhaltigkeit ist mit mehr als 7*10^9 Menschen auf der Erde nicht erreichbar
Wachstum und Nachhaltigkeit sind ein Widerspruch
Alle zur Verfügung stehenden Ressourcen werden weltweit durch die Anzahl der Menschen geteilt, wenn auch nicht unbedingt gleichmäßig.
Eine kleine Population kann also im Überfluss, eine Große nur im Mangel leben. Dazwischen gibt es alle Graustufen.
Wo wollen wir uns also als Spezies einsortieren, wie wollen wir mit welcher Population leben, und können wir überhaupt eine Einigung zustandebringen?
Meine Prognose: Es läuft ungefähr so weiter wie bisher, und es wird eher im (notfalls bewaffneten) Konflikt entschieden werden, als im Konsens, sobald die Regelung richtig einsetzt, d.h. die Population und/oder die Lebenserwartung der Menschen im Durchschnitt zu sinken beginnt.
Lieber Herr F., dieser These kann ich nicht folgen. Natürlich haben Sie recht: Der Ressourcenverbrauch ergibt sich aus Gesamtweltbevölkerung mal Verbrauch pro Kopf. Aber ich denke nicht, dass wir an der Bevölkerung schrauben müssen. Sondern am Verbrauch.
Lieber Herr Binswanger,
vielen Dank für Ihre Antwort. Mich würde sehr interessieren, worauf Sie Ihre Ansicht stützen.
Schauen Sie sich doch mal diese beiden Grafiken (Quelle:Wikipedia) an:
https://upload.wikimedia.org/wikipe…ion_v3.svg
https://upload.wikimedia.org/wikipe…ssions.svg
Sehen Sie keinen Zusammenhang?
Meine Definition für Nachhaltigkeit: Die Verbrauchsmenge einer Ressource ist kleiner oder gleich der neu entstandenen Menge dieser Ressource im Beobachtungszeitraum.
Nehmen wir mal beispielhaft den Bereich Erdöl. Die meisten Wissenschaftler sind der Ansicht, dass es einige Millionen Jahre dauert, bis aus organischem Sediment Erdöl entsteht. Bei Kohle und Erdgas sieht es nicht viel anders aus. Selbst wenn wir mal sehr großzügig annehmen, dass 0,1% p.A. davon nachwachsen, müssten wir rund 81% des weltweiten Primärenergiebedarfs substituieren oder einsparen.
Die Erdölproduktion betrug im Jahr 2019 80.622.000 Barrel pro Tag. Das macht 29.427.030.000 Barrel oder 4.678.897.770.000 Liter pro Jahr. Das sind etwa 1,65 Liter pro Erdenbürger und Tag. Der Erdölverbrauch entspricht 32% des gesamten Primärenergiebedarfs von 162.494 TWh (2017).
Der gesamte fossile Energieanteil, auf den die gleichen Annahmen zutreffen, beträgt 82% oder 133.245 TWh. Dazu kommt noch Kernenergie, die ich auch nicht unbedingt als nachhaltig einordnen würde.
Wenn hier nicht eine ökologisch unbedenkliche „Silver Bullet“ der Energiegewinnung auftaucht, ist mir schleierhaft, wo diese 133.245 TWh ersatzweise herkommen oder eingespart werden sollen, zumal sowohl die Bevölkerung, als auch der Energiebedarf per Capita bisher unablässig steigt.
Ich freue mich auf gut begründete Gegenthesen.
Danke für den interessanten Artikel. Mir ist dabei das Buch "Ishmael" von Daniel Quinn in den Sinn gekommen, das sich mit sehr ähnlichen Themen beschäftigt. Das Buch wurde 1992 erstveröffentlicht.
puuuuhhh... Extrem spannender Artikel! Aber ich bin mir nicht sicher, ob und wie viel ich überhaupt verstanden habe - schade. Eigentlich schön, dass der Autor des Textes den Bildungsgrad von den Leser*innen als so hoch einschätzt, aber ein Lexikon mit den Übersetzungen all dieser Begrifflichkeiten im Text hätte vielleicht geholfen :)
Ich gebs auf, den Artikel versteh ich nicht. Was mir dazu einfällt sind die Quanteninformatiker/physiker, die verstehen auch nicht so genau wie das was sie beobachten philosophisch interpretiert werden soll. "Shut up and calculate" scheint mir ein ganz nüchterner Ansatz, der auch in der Klimakrise nützlich sein sollte.
Ja, da die Klimakrise sehr viel mit Physik zu tun hat, kann rechnen hilfreich sein. Mein Problem war, das ich kein universelles Format für die komplexen Datenmengen hatte, aber ich glaube, dass habe ich jetzt gelösst.
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