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Die Autorin zeigt in ihrem wichtigen Beitrag Zusammenhänge auf, die im Lärm der Alltagspolitik zu wenig beachtet werden und doch ganz zentral sind. Es ist beklemmend zu erleben, wie diese hemmungslose Aggressivität und dieses im Grunde so lächerliche, aber in den Konsequenzen verheerende Machotum im Verbund mit einer im wahrsten Sinne des Wortes unseligen Pseudo-Religiosität weltweit eine solche Faszination ausüben kann. Antifeminismus, das wird im Beitrag deutlich, ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsextremismus, dessen elementarste Intention die Aushebelung der Menschenrechte und damit die Zerstörung demokratischer Strukturen ist.
Diesem Beitrag kann ich völlig zustimmen. Ich habe keinen akademischen Hintergrund und kann die Dinge deshalb nur aus meiner Lebenserfahrung aus den "unteren Etagen" einordnen. Als bekennende "Küchenpsychologin" komme ich am Ende immer zum gleichen Schluss: Es geht um den Kampf der Narzissten gegen empathische Menschen. Erstere beziehen ihre ganze Kraft aus der Machtausübung über andere. Dabei sind es eigentlich nicht die äusseren Merkmale wie Frauen, Ausländer, Hautfarbe oder sonst was, die bekämpft werden, sondern es geht um die einfachste Art, wie man diese Macht erreichen kann. Sie haben einen untrüglichen Sinn dafür, wer sich am besten für Unterdrückung eignet: diejenigen, die sich nicht wehren (können), egal wer das ist. Und sie merken auch intuitiv, wer ihnen hilft. Es sind diejenigen, die sich unbewusst und aus Bequemlichkeit "vor den Karren spannen" lassen, indem sie sich "neutral" verhalten, schweigen und wegschauen. Und so lässt sich eine Mehrheit von der Minderheit regieren.
Diese Dynamik ist mir immer wieder begegnet im Berufsleben, selbst in einer sozialen Institution. Die meisten Menschen sind zu bequem, um sich über ihre Nasenspitze hinaus zu engagieren und sich nicht bewusst, dass sie die nächsten Opfer sind, wenn sie sich nicht selber aktiv gegen Unrecht wehren. Wenn ich nur wüsste, wie man das den Menschen beibringt...? Meine Erfahrung ist die, dass die Meisten das erst merken, wenn sie selber darunter leiden, und dann ist es zu spät. Wie gerne wäre ich optimistischer.
Ich wollte etwas in eine ähnliche Richtung schreiben, aber so gut wie Sie hätte ich das nicht hingekriegt, danke vielmals für Ihren Beitrag!
Es geht um den Kampf der Narzissten gegen empathische Menschen. Erstere beziehen ihre ganze Kraft aus der Machtausübung über andere. Dabei sind es eigentlich nicht die äusseren Merkmale wie Frauen, Ausländer, Hautfarbe oder sonst was, die bekämpft werden, sondern es geht um die einfachste Art, wie man diese Macht erreichen kann.
Sie haben einen untrüglichen Sinn dafür, wer sich am besten für Unterdrückung eignet: diejenigen, die sich nicht wehren (können), egal wer das ist. Und sie merken auch intuitiv, wer ihnen hilft. Es sind diejenigen, die sich unbewusst und aus Bequemlichkeit "vor den Karren spannen" lassen, indem sie sich "neutral" verhalten, schweigen und wegschauen. Und so lässt sich eine Mehrheit von der Minderheit regieren.
Das ist der zentrale Punkt.
Vielen Dank! Hier in der Republik wird das verstanden. Ich wünschte aber, diese Erkenntnis und das Wissen über Narzissmus wäre viel verbreiterter und meine drängendste Frage ist: wie schafft man es, dies möglichst vielen Leuten verständlich beizubringen? Meine Erfahrung ist, dass ich bei diesen bequemen "Neutralen" ständig gegen eine Wand rede...
Autokratie ist eine Herrschaft von wenigen, Demokratie eine Herrschaft von vielen. Die grösste Furcht des Autokraten ist, dass sich die vielen gegen ihn verbünden könnten, denn dann würde er seine privilegierte Position verlieren.
Das Mittel der Wahl ist die Spaltung der Gesellschaft. Als Putin ansetzte, das russische Volk zu unterwerfen, griff er nicht alle auf einmal an. Er begann mit kleinen Minderheiten, diskredierte sie, und liess sie die ganze Macht seines Regimes spüren. Die Minderheit schrie auf, aber die Mehrheit, die ja nicht angegriffen wurde, sah das Problem nicht, und schritt nicht ein. Die Minderheit wurde unterworfen. Und Putin wandte sich der nächsten Minderheit zu.
Zuerst waren es nur die ausländischen Geldgeber. Dann die universitären Institute. Dann die Feministen. Und dann alle Frauen.
Zuerst waren es nur einzelne Journalisten. Dann ausländische Sender. Dann Sender mit ausländischen Geldgebern. Dann alle Sender. Dann die Demonstranten, die gegen den Krieg protestieren. Und nun die Demonstranten, die ein leeres Schild hochhalten.
Zuerst war es nur der Oligarch, dessen Medienunternehmen unabhängig berichtete, oder der Oppositionsparteien finanzierte. Nun sind es alle Oligarchen.
Parallel zur Vernichtung dieser Minderheiten wuchs der russische Repressionsapparat. Auch diesem Wachstum sah die Gesellschaft tatenlos zu, da er sich zuerst nur gegen diese Minderheiten richtete - es sind ja nicht wir, und die haben sicher etwas getan um sich diese Repression zu verdienen (einer Vorstellung, der niemand widersprechen kann, ohne sich durch seine Beziehung zur Minderheit selbst zum Ziel zu machen).
Das Resultat ist eine zersplitterte Gesellschaft, die zu gemeinschaftlichem Handeln nicht länger fähig und der Autokratie wehrlos ausgeliefert ist.
Das Beispiel Russland zeigt: Es reicht nicht, wenn jeder nur seine eigene Freiheit verteidigt, sondern wir müssen auch für die Freiheit der anderen einstehen - denn nur dann können wir hoffen, dass sie unsere verteidigen. Denn was anderen widerfährt, könnte auch uns widerfahren.
Wow, echt schöner Text. Ihr Freiheitsverständnis teile ich und wohl die meisten Verleger:innen hier auch. Dann kommen wir wieder zum Punkt von Frau Anonym 3. Wie bringen wir diese Botschaft unter die Leute? Wir brauchen Optimismus und Courage. Wir müssen den Status Quo nicht einfach hinnehmen, er kann sich verbessern, wenn wir solidarisch miteinander sind. Es sind nicht nur Gesetze, sondern vor allem auch die Gesellschaft, die Diskriminerung nicht zulässt.
Wenn jeder bei sich selbst anfängt, können wir als Vorbild für Andere dienen.
Das Bundesamt für Statistik hat bezüglich Rassismus etwas veröffentlicht:
80% der Bevölkerung ist bereit, sich gegen Rassismus zu engagieren. Was verstehen wir aber unter „engagieren“?
Nur noch 50% würde bei rassistischen Beleidigungen im Bus einschreiten. Leider bin ich aber auch da skeptisch, denn ich habe bereits Videos aus der Schweiz gesehen, wo jemand im Bus rassistisch beleidigt wurde und die Fahrgäste waren komplett still. Natürlich können auch hier die Gründe vielfältig sein, denn im Schockzustand sind wir mit solchen Situationen überfordert. Aber müssen wir still sein, oder sollten es diejenigen sein, die andere Menschen diskriminieren?
Der obere Teil von Ihrem Text macht mir nochmal bewusst, was in den vergangenen Jahren in Russland alles schleichend passieren konnte, ohne dass es jemand geschafft hat, diesen Prozess zu stoppen. Manchmal realisiert man das erst, wenn man die Chronologie nochmal zusammenfasst.
So sind die diebischen Diktatoren und ihre internationalen rechtspopulistischen Fans:
Die eigenen Bürgerinnen und Bürger ausrauben. Und dann die verfolgte Unschuld spielen:
„Ich soll schuld sein? Nein, schuld sind immer die Anderen! Die Frauen, Ausländer, Schwulen und Lesben, Moslems, Schwarzen, Jungen, Gebildeten, Städter, Demokraten.“
Jedes Volk braucht Demokratie, damit es schlechte Herrscher wieder loswerden kann. Und damit alle seine Bewohnerinnen und Bewohner ihren Beitrag zum Wohlergehen Aller leisten können. Und ihr Leben so führen können, wie sie es wollen.
Dafür müssen wir einstehen gegen Putin und seine Fans.
Vielen Dank für diesen wichtigen Beitrag, der zugleich beängstigend als auch augenöffnend ist. Was mich jedoch etwas störte ist die Gleichsetzung von Feminismus mit LGBTQ. Der Feminismus geht vom biologischen Geschlecht aus wohingegen die LGBTQ-Aktivisten das soziale Geschlecht in den Vordergrund stellen. Gerade letzteres sorgt in traditionellen Gesellschaften für Aufruhr und schadet, so wie mir nach der Lektüre dieses Essays scheint, nicht nur sich selbst, sondern führt sogar zu einem Backlash bei den Frauenrechten, welche schon akzeptiert waren.
Einen Grund mehr gemeinsam für diese Rechte und Akzeptanz zu kämpfen? Feminusmus bedeutet auch sich von traditionellen Geschlechterrollen zu lösen. Nur wenn Frauen stark, selbstbestimmt und gleichberechtig sind, ist der Mann in seiner Geschlechterrolle frei und kann sich geben wie er ist. Feminismus und LGBTIQ+ Freiheiten helfen und bereichern unsere Gesellschaft als Ganze und erhöhen die Freiheit der eigenen Entfaltung für alle, auch der Traditionellen und Konservativen.
Wie kommen Sie denn auf sowas? Selbstverständlich haben sich feministische Autorinnen und Denkerinnen mit beiden Aspekten auseinandergesetzt, dem biologischen und dem sozialen Geschlecht. Ausserdem gibt es auch viele queere Feminist*innen.
Auch die Behauptung, dass die Forderung nach weniger Diskriminierung von LGBTQIA-Personen "dem Feminismus" schaden würden und für den Backlash verantwortlich wäre, finde ich absurd. Mir scheint eher, hier werden LGBTQIA zu Sündenböcken gemacht. Im Artikel hingegen wird gut beschrieben, was zum Backlash führt: Autokratische Gelüste reicher und mächtiger Männer, die u.a. auch mit viel Geld gegen demokratische Anliegen aller Art (inkl. Feminismus und LGBTQIA-Rechte) vorgehen.
Wie Frau B. in ihrer untenstehenden Antwort auf meinen Kommentar schreibt, habe ich dies in ihrem Essay schon richtig verstanden:
Der Feminismus, den ich recherchiert hat, steht sowohl für Frauenrechte und LGBTQ und unterscheidet nicht, auch nicht, um Gegenwehr vorzubeugen.
Ich bin nicht gegen LGBTQ-Aktivismus, aber sehe doch einen Unterschied zum Feminismus, bei dem es zuerst einmal um gleiche Rechte der Frauen geht. Wenn nun Putin die „Dekadenz des Westens“ anprangert, bezieht er sich nicht darauf, dass Frauen in der Gesellschaft sichtbar sind, sondern auf wie im Essay auch geschrieben auf die „Ehe für alle“. Ein durchaus berechtigtes Anliegen, aber kein feministisches Anliegen. Wenn nun in Russland mit der Bezug auf die „böse Homosexualität“ Gesetze gegen häusliche Gewalt rückgängig gemacht werden, dann ist dies in meinen Augen ein Backlash für den Feminismus, der in der Zunahme des LGBTQ-Aktivismus begründet liegt. Dies ist auch keine Wertung sondern eine Schlussfolgerung aufgrund der beschriebenen Sachverhalte im Essay.
Wie eine der bekanntesten feministischen Denkerin vor nicht langer Zeit sagte, wir müssen genau so übermächtig sein, wie uns die Gegner*innen demonisieren. Der Feminismus, den ich recherchiert hat, steht sowohl für Frauenrechte und LGBTQ und unterscheidet nicht, auch nicht, um Gegenwehr vorzubeugen. Nicht zuletzt, weil wir alle erst frei sein werden, wenn alle frei sind.
Sie helfen dem Feminismus, der Gleichberechtigung der Frauen nicht, wenn sie den Feminismus mit dem Recht nach freier sexuellen Orientierung, der LGBTQ-Bewegung, gleich setzen. Das sind zwei unterschiedliche Sachen. Es mag eine statische Korrelation geben, wer für (oder gegen) feministische Anliegen ist, ist auch für (oder gegen) die Anliegen der LGBTQ-Bewegung. Putin und andere Reaktionäre in ihrem geistigen Durcheinander zu kopieren ist wenig löblich. Also: Bitte Feminismus und LGBTQ als zwei unterschiedliche Begriffe verwenden.
Natürlich geht beides Hand in Hand. Beides sind Gruppen, die unter einer patriarchalen Gesellschaftsordnung benachteiligt sind.
Ausserdem haben Sie schon von dem Begriff "Intersektionalität" gehört? Menschen können mehrere Dinge gleichzeitig sein und sich daher für mehrere Themen gleichzeitig einsetzen. Ich bin eine bisexuelle Frau, daher sind mir Feminismus und LGBTIQ+-Rechte gleichermassen wichtig.
Logisch kann man sich für beides einsetzen und auch beides sein. Ich kann auch für Umweltschutz und für Tierrechte sein, trotzdem beinhaltet der Kampf für Tierrechte nicht automatisch auch den Kampf für Umweltschutz.
Ich will auch gar nicht sagen, dass LGBTQ-Aktivismus falsch sei, aber wie Frau B. in ihrem Essay ausführte, führt konkrer in Russland der LGBQT-Aktivismus zu einer Verschlechterung der Frauenrechte, welche dann von Putin mit dem Kampf gegen die „Homoehe“ begründet wird. Damit bin ich nicht einverstanden aber stelle es nach dem Lesen des Essays fest.
Das ist mir bei diesem ansonsten sehr klaren und erhellenden Artikel auch aufgefallen: gewisse Ansichten und Forderungen von LGBTIQ+-Aktivistinnen stossen aktuell im Westen nicht nur in konservativen Kreisen auf Ablehnung sondern sind z.B. auch bei traditionellen Feministinnen umstritten. Tatsächlich gibt es einen direkten logischen Widerspruch zwischen dem neu entdeckten Geschlechter-Essentialismus gewisser LGBTIQ+-Aktivisten und der jahrzehntelangen Bestrebung von Feministen, die Vorstellung von einer naturgegebenen Weiblichkeit und Männlichkeit, die weit über ein paar banale körperliche Gegebenheiten hinausgehen und der diskriminierenden Rollendefinition dienen, als reine Fiktion und schädliches soziales Konstrukt zu entlarven und loszuwerden. In neuen LGBTIQ+-Theorien sind das naturgegebene “eigentlich Weibliche“ und “eigentlich Männliche“ jedoch als zentrales Konzept wieder zurückgekehrt. Das passt irgendwie nicht zusammen, und deshalb wird derzeit angeregt (und wohl mit noch offenem Ausgang) darüber debattiert.
Wenn dies die berechtigte Kritik der TERFs wäre, hätte niemand ein Problem mit denen. Es sind sich alle einig, dass die Überwindung der Geschlechterrollen ein Ziel des Feminismus als auch der LGBTIQ+ Bewegung ist. Eine transgeschlechtliche Person darf ihre Geschlechterrolle genauso wählen, wie alle anderen auch und dies kann auch ein traditionelles Bild einer Frau oder eines Mannes sein. Der TERF Aktivismus geht aber wesentlich weiter mit Thesen, dass Transfrauen ja eigentlich Männer und deshalb eine Gefahr für Cis-Frauen seien, oder dass Transmänner ja nur Männer sein wollen, weil es die Gesellschaft den Frauen so schwer macht. Und das ist, pardon, hahnebüchen und entbehrt sich jeglicher wissenschaftlichen Grundlage. Prominente TERF wie Stock, Rowling, Schwarzer, Weber und Tagi-Binswanger nutzen ihre Reichweite um die LGBTIQ Szene aufzustacheln und sich dann als Opfer zu inszenieren. Die Sonntagszeitung veröffentlicht fast wöchentlich einen Trans-kritischen Artikel zur entsprechenden Empörungsbewirtschaftung. Dabei hat das Thema eigentlich nicht genügend gesellschaftliche Relevanz für dieses Mass an Berichterstattung. Es scheint bestens zu funktionieren und LGBTIQ+ Feindlichkeit ist wieder sehr salonfähig geworden.
Aus meiner Sicht müssen solche Entwicklungen von innen heraus entstehen damit sie nachhaltig sind. Ist eine "ernsthafte Investitionen in die Stärkung der Menschenrechte und der Geschlechtergerechtigkeit" nicht auch eine Art von Imperialismus? Stellen Sie sich vor, der kommunistische Osten hätte vor 50 Jahren die Gleichstellung der Frau für die Schweiz gefordert oder durch Propaganda unterstützt. Die Abstimmung über das Frauenstimmrecht wäre sicher hochgradig gefährdet gewesen!
Bringen wir doch zuerst unser Haus in Ordnung und richten wir die Gleichstellungen ein bevor wir andere belehren oder beeinflussen.
Wieso sollte eine Stärkung der Menschenrechte und der Geschlechtergerechtigkeit Imperialismus sein? "Menschenrechte" heissen so, weil sie für alle Menschen gelten - egal wo sie leben. Sie haben auch nichts damit zu tun, dass man irgendwelchen Staaten eine Wertesystem überstülpte, das nicht das ihre wäre. Alle Länder, die UN-Mitglied sind, bekennen sich (formal) zu den Menschenrechten. Es kann nicht imperialistisch sein, sie zur Einhaltung selbst eingegangener Verpflichtungen anzuhalten. Es kann auch nicht anti-imperialistisch sein, zuzulasen, dass Menschen (welchen auch immer) das Recht auf Leben, Schutz vor Sklaverei, Schutz vor Diskriminierung, gleichberechtigter Teilhabe etc. abgesprochen wird. Da Feminismus das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit und damit der gleichen Teilhabe von Frau und Mann hat, ist er eine Strategie zur Einhaltung und Umsetzung der Menschenrechte.
Ganz abgesehen davon, hat natürlich der damals kommunistische Osten vom Westen die Gleichstellung der Frauen gefordert und sich selbst als gutes Beispiel dafür präsentiert. Die nicht vollzogene Gleichstellung im Westen galt dem "Osten" damals als Beweis für die Unterlegenheit des westlichen Systems gegenüber dem Kommunismus - wo das angeblich längst anders war.
Das Problem hierbei ist, dass entsprechende Aktivisten, die es ja zuhauf gab, in Russland entweder im Gefängnis landeten oder umgebracht wurden. Wegen eines Regimes, dass sich wegen unserer gescheiterten "Wandel durch Handel"-Politik und der Politik des kollektiven Wegschauens, solange man dabei Geld verdienen kann, stark festigten konnte.
Das Gleiche übrigens in China. Taiwain, offiziell Republik China (Taiwan), also ein Land voller Chinesen mit tausendjähriger chinesischer Kultur mit sehr traditionellen Werten, hatte die gleichgeschlechtliche Ehe vor der Schweiz.
Menschenrechte sind ihrem Begriff nach universelle Rechte, da sie für alle Menschen gelten, und sie sind egalitäre Rechte, da sie für alle Menschen in der gleichen Weise gelten.
Vor diesem Hintergrund kann wohl kaum von Imperialismus gesprochen werden wenn es darum geht, Menschenrechte zu stärken.
Ich verstehe Ihre Argumentation und gehe mit Ihnen im Grundsatz klar einig. Ich bezweifle nur, ob mit "ernsthaften Investitionen" in einem fremden Land etwas verändert wird. Ob nicht eher eine Abwehrhaltung erzeugt wird, die das Gegenteil bewirkt. Darum habe ich eben das Beispiel einer Intervention des kommunistischen Ostens herangezogen, die - wie L. S. schreibt - durchaus glaubwürdig gewesen wäre. Aber aus meiner Sicht völlig kontraproduktiv.
Was verstehen Sie denn unter "ernsthaften Investitionen" für Menschenrechte in einem fremden Land?
Ich sehe nur einen glaubwürdigen Weg: selbst mit gutem Beispiel vorangehen.
Welch differenzierter und kritischer Beitrag, vielen Dank, mein Frauenherz freut sich
Endlich, endlich wird der Kern der Weltproblematik erkannt und genau untersucht! Dass das Patriarchat in der modernen Welt von einer primitiv funktionalen Einrichtung zur Gefahr für das Menschengeschlecht mutierte, ist nicht einfach zu begreifen, und doch ist es die Erklärung der globalen Krise! Jeder Erfolg kann zum Fluch sich wandeln. Dass Staaten ein Männergebilde mit Wettbewerbszwang ist, weiss man längst, es als eine Perversion eines bislang funktionierenden Systems zu erkennen, fällt schwer. Tradition zerstört sich selbst in funktionaler Weise, was zu akzeptieren ist.
Kultur und FrauenbeHERRschung sind nicht vereinbar, auch Kriege nicht mit Humanismus. Männer dezimierten sich selbst und dazu Frauen durch Jahrtausende, nun fragt man sich, ob solche Tradition mit Zivillisation vereinbar ist.
Vergangenheit steht nun offen nicht nur gegen Zukunft, sondern seit langem gegen Gegenwart. Es geht nö lich auch gönzlich ohne das Patriarchat.
Jaja, die Männer° und "ihr" "Patriarchat" sind an allem schuld. Die haben ja schliesslich die Ressourcenknappheit und den Wettbewerb erfunden. Wir müssen nur alle Feminist°innen werden und uns ganz doll lieb haben, dann gibt es das alles nicht mehr!^^ Ist ja nicht so, als wären diese Dinge einfach natürlich – oder dass die Frauen° (wie bei vielen Arten auch die sexuellen Selektor°innen beim Menschen) genau diese Art Mann° (bzw. Männlichkeit) mitherangezüchtet hätten, über die sich dann beschwert wird.
Die Erklärung heisst wohl eher "Evolution durch natürliche und sexuelle Selektion" als "Patriarchat".
An dieser Stelle muss ich Sie ermahnen, Ihre Beiträge sachlicher zu formulieren, M. S. – denn dieser Beitrag von Ihnen entspricht nicht der hier vorherrschenden Diskussionskultur.
Graeber und Wendrow widmen sich in ihrem Buch "Anfänge, eine neue Geschichte der Menschheit" sehr bewusst dem Ausschluss und der Diskriminierung der Frauen.
Das Buch ist sehr umfangreich, aber eine wahre Fundgrube und eine Herausforderung, den vermeintlich normalen Lauf der Dinge einmal anders zu sehen und daraus Inspiration für Veränderungen zu finden.
Die zwei Zitate scheinen mir passend zum Artikel.
Das Wort Zivilisation" leitet sich vom lateinischen Begriff civilis ab, das eigentlich Eigenschaften wie politische Weitsicht und gegenseitige Hilfe meint, die es Gesellschaften ermöglichen, sich in freiwilligen Zusammenschlüssen zu organisieren. Was bislang als "Zivilisation" galt, ist vielleicht nichts anderes, als die geschlechtsspezifische Aneignung eines früheren, ursprünglich weiblichen Wissenssystems durch Männer, die ihre Ansprüche buchstäblich in Stein meisselten.
Und ein weiteres:
Schon das Wort "Familie" hat in familia eine gemeinsame Wurzel mit dem lateinischen Wort famulus, das "Haussklave" bedeutet. Familia bezog sich auf alle Personen, die unter der häuslichen Autorität eines einzigen pater familias oder männlichen Haushaltsvorstandes standen. Von domus, dem lateinischen Wort für Haushalt ist nicht nur eng domestic (englisch für häuslich) und das deutsche "domestizieren" abgeleitet, sondern auch das lateinische dominium, der Terminus technicus für die Souveränität des Kaisers und die Verfügungsgewalt des Bürgers über seinen Privatbesitz. Dies führt uns zu den im Englischen vertrauten (familiar) Vorstellungen davon, was es heisst, "dominant" zu sein und zu "dominieren".
Danke, für diesen wichtigen Text. Die frauenfeindlichen und gesellschaftlichen Störungen finden auch anderswo in der Welt statt. Von diesen lesen wir wenig. Die gesellschaftliche „ Umordnung“ zugunsten der Macht- es ist männliche Macht; schmeisst uns Frauen zurück. Diese Absicht, dieses Vorhaben müssen wir Frauen verhindern. Auch in der Schweiz; wo wir immer noch eine Stimme, Verbündete und einen politischen Einfluss haben.
Danke für das erhellende Essay, vor allem auch der umfassenden Sammlung weiterführender Links wegen. Einen Aspekt von vielleicht zentraler Bedeutung vermisse ich allerdings völlig: Die Frage nach der sexuellen Orientierung von Putin selber.
Der russisch-polnische Politikwissenschaftler und Kreml-Kritiker Stanislaw Belkowski behauptete in seinem 2013 erschienenen Buch Wladimir: Die ganze Wahrheit über Putin, dieser sei zumindest latent schwul. Man denke auch an die homoerotischen Fotos von Putin die es aus dieser Zeit gibt. Vom Spiegel Autor Jan Fleischhauer kann man sicherlich geteilter Meinung sein, seinen Beitrag Ist Putin schwul? den er zum Thema ebenfalls 2013 verfasste, finde ich aber auch heute noch lesenswert.
Wieso ich dies schreibe? Aus der Psychologie weiss man ja seit langem was unterdrückte Persönlichkeitsanteile in einem Menschen anrichten können. Was wir an anderen ablehnen, ist oft genug dass, was wir bei uns selbst verdrängen.
Natürlich stimmt alles, was den Antifeminismus in autoritären Systemen betrifft.
Was ich aber nicht nachvollziehen kann, ist das gegeneinander ausspielen der Militär- und Sozialausgaben.
Wenn nämlich der russische Militarismus in der Ukraine triumphiert, werden alle finanziellen Mittel, welche westlich der Ukraine in Geschlechtergleichheit und Bildung investiert werden, ziemlich wertlos sein, weil sich die Gewaltwalze dann weiter Richtung Westen bewegen wird, bis sie den Atlantik erreicht.
Man sollte nicht die Ausgaben fürs Militär, sondern die Art und Weise, wie sie eingesetzt werden, infrage ziehen. Die heutige Rüstungsindustrie ist hochgradig korrupt, die beschafften Gerätschaften oft hemmungslos überteuert, unzuverlässig und viel zu kompliziert, um ernsthaft eingesetzt zu werden.
Zuerst sollte die Bedrohungslage analysiert werden, bevor Dinge angeschafft werden.
Der Krieg in der Ukraine zeigt, dass der Bedrohung durch Panzer und Infanterie am besten mit einfachen Mitteln auf kurze Distanz Herr zu werden ist.
Der Schutz vor Luftschlägen, Raketen und Artillerie, hingegen, setzt sehr weiträumige, zielgenaue und flexibel einsetzbare Präzisionswaffen voraus.
Aus diesen Erkenntnissen sollte dann die Rüstungsindustrie geeignete Mittel bereitstellen.
Wer sich für politische Entwicklungen interessiert, hat so ziemlich alles, was im Essay steht, schon länger erkannt, also wenig Neues. Ausser dem letzten Teil, welcher die internationale Vernetzung und gegenseitige Unterstützung aufweist. Die Republik-Leserschaft gehört wohl mehrheitlich dazu.
Wer wie ich nun 40 Jahre mit dem Thema Gleichstellung, Frauenerechte, Feminismus auch professionell unterwegs ist, möchte mehr darüber berichtet haben, was die Motive antreibt und da ist es halt ein wenig komplexer.
Der (grob ausgedrückt und aus einer Vielfalt heruntergebrochene) mentale Stand einer Gesellschaft kann kein Gegenstand von "bewusster Motivation" sein. Es ist ahistorisch, einfach die Gegenwart als Referenzpunkt zu nehmen. Die feministische Geschichte ist selbstverständlich mit der demokratischen eng verknüpft. Olympe de Gouges war entsetzt, dass in der französischen Verfassung nach der Revolution 1789 die Frauen in den Bürgerrechten einfach nicht vorkamen. Doch damals waren es nur sehr wenige, die das auch so sahen. Sogar noch weniger Frauen als Männer. Denn Letztere waren aufgrund von mehr Zugang zu Bildung viel mehr in der Lage als die meist noch ungebildeten bis analphabetischen Frauen, zu sehen, wie willkürlich das war. Der gleiche Vorgang war dann 200 Jahre später in der Schweiz immer noch am Wirken. Die direkteDemokratie, als noch Männerdemokratie, bildete halt einen "mentalen Volksdurchschnitt" ab.
Also erstens die Historie. Es geht langsam. Die eine Entwicklung führt zur nächsten, ist interaktiv mit anderen Interessen, oft mit Hindernissen und Rückschritten.
Erst seit der Alltag von Männern und Frauen sich annähert, vor allem aufgrund der Reduktion von physischen Aufgaben, welche von Technik abgelöst wird, wird die mentale Struktur offener für Angleichung. Einfach weil das Leben "gleicher" wird.
(Etwas vereinfacht zusammengefasst).
2. Bildung steigert das Bewusstsein. Das wissen alle. Putin hat eine durchschnittliche Bildung, so etwa "Mittelstand".
Innerhalb dieser historischen Abläufe bestehen in einerGesellschaft grosse Differenzen: Schichten, Stadt-Land, alt-jung, etc. . Diese unterscheiden sich deshalb auch mental, vor allem bezüglich konservativ-progressiv.
Progressive Gruppen sind in der Regel gebildeter und städtischer. Die ihr inneliegende Offenheit für Neues ist auch starkmit Intelligenz korreliert. Was erklärt, warum auch immer einige Menschen aus ländlich ungebildeten Schichten dabei sind. Oder migrierten. Hier ist der Antrieb für "neue Gesellschaftsentwicklungen". Oft dauert es aber Jahrzehnte, bis solche in der Mitte, bei der Mehrheit ankommen. Da ist einfach so, und niemandes Schuld.
Gleichstellung steckt als extrem grosse Umwälzung von mentalen Prozessen noch viel länger in solchen Prozessen. Wo der Alltag der Geschlechter noch sehr verschieden ist (aufgrund von besonders starken Differenzmythen oder schlicht fehlender Bildung/Technik/Ressourcen), besteht in vielen uns heute hier selbstverständlichen "normalen" Annahmen, einfach noch kein "Boden" zum drauf wachsen.
Wenn wir uns vor Augen führen, was für Eigenschaften der durchschnittliche russische Mann immer noch haben soll, erscheint es uns alskaum möglich, geschweige denn vernünftig! Es istpraktisch der Prototyp von bei uns auch erst kürzlich in den Mainstream-Katalog aufgenommenen "toxischer Männlichkeit": Saufen, keine Gefühle zeigen, physisch stark sein, sich nicht um Gesundheit scheren, wenn nötig Gewalt anwenden, ... Dies im Deal für Dominanz, Recht des Stärkeren, Frauenunterordnung, Allmachtsansprüche, Heldenhaftigkeit. Homosexualitätist da der Supergau!
Der Preis: kürzeste Lebenserwartung der Männer global, (hintendran noch 22 Entwicklungsländer, v.a. Afrika, https://www.laenderdaten.info/lebenserwartung.php) mit leichten Aufholeffekten in den letzten Jahrzehnten. Das einzige Land mit einem Riesengap zwischen den Geschlechtern, die russischen Frauen werden 10 Jahre älter.
Wen wundert es also, was Putin diesbezüglich sagt und denkt, wenn man/frau diese Fakten kennt??
Der mentale Gap zu Homosexualität und Genderthemen ist riesig. Natürlich vernetzen sich diese "Abgehängten" trotzdem, weil es halt technisch heute möglich ist. Die Taliban verwenden auch Handys, so hirnrissig dies angesichts der mentalen Mittelalterlichkeit auch ist! Das ist 2022!
Progressive städtische Communities, die sich seit Jahren in Queerthemen bewegen, und manchmal auch etwas versteigen, könnten für die Russen und Putin auch von einem anderen Planeten kommen, so fremd sind sich die Milieus. Digitale Communities verstärken es noch und da ist die Herausforderung. Eine enorme Präsenz ist gleichzeitiger zunehmender Polarisierung! Selbstverständlich verbinden sich deshalb die Bewegungen und untersützten sich "gegen" die Anderen. In dieser Hinsicht ist eben das momtenan allgegenwärtige Thema der Diversität öfters auch mal kontraproduktiv, zB wenn es Transgender ganz hoch oben auf der Agenda ansetzt, (esbetrifft ca1% der Bevölkerung und auch die werdenin demokratischen Ländern nicht mehr in Gefängnisse gesteckt) weil es die Akzeptanz einer Normenverschiebung vermindert, statt erhöht. Es sollte bewusster werden, dass zB in russland wohl noch für einige Jahrzehnte die Hauptenergie in die "klassischen feminsitischen Anliegen", dieGleichstellung und Verhinderung von Diskriminierung von Frauen gestekct werdenmuss, bis überhaupt nur eine Basis des Bewusstseins für Transgendervorhanden ist. Dasist einfach die Realtität, das Leben. Westlich urbane Menschen müssen deswegen nicht ihr Engagement verkleinern. Aber wohl ihren Dialog und ihren Aktivismus gezielter einsetzen. Gerade auch zum Wohl von Transgender-Thematiken aller Art, denn dann wird der Boden für Akzeptanz bereitet. Man kann nicht ernten, bevor der Boden bereitet ist und gesät. Das geht nicht, indem man mit dem Bagger über das Feld walzt und mit der Kanone die Samen in die Gegend knallt. Da wäscht nichts oder kaum etwas. Stattdessen kann mann/frau als gebildete urbane Person im wohlstand und sicherheit auch einfach froh und dankbar sein,so leben zu können und noch Zeit zu haben, sich ideel zu engagieren. Das haben global nur sehr wenige . Dann wird man auch nicht mehr so "kalt erwischt" durch kriegerische Ereignisse, die plötzlich in die Nähe kommen. Denn dann wird einem immer klar sein, dass diWelt noch weit entfernt ist davon,einn Ort des ständigen Friedens zu sein. Dass wir noch sicher 100 Jahre mit den Resten der patriarchalen Weltordnung leben müssen, bei allem Einsatz für Gleichheit. Engagementmacht auch immer die sich einsetzende Personglücklich, indem es Sinn und Ziele vermittelt, es ist alsoimmer auch ein teil Ego-Projekt. Ein sehr gutes und wichtiges, aber man sollte es von beiden -seiten sehen, damit maneben nicht zur bereits sehr starken Polarisierung beiträgt. Es kann eben tatsächlich die Antifeministen anheizen, durch vergrössern des "Gaps". Und wird Teil des Problems - das Letzte, was man/frau möchte!
Doch zum Glück: alle sind Menschen und ticken grundsätzlich psychologisch gleich.
Bei Allen gibt es graue "Zonen",wo Neugierde und Offenheit in Ablehnung und Fremdheitsgefühl umschlagen. Bei Progressiven etwas später als bei Konservativen. Diese Mechanismen sind in den letzten 30 Jahren gründlich missachtet worden, so dass die mental in alten konservativen Mustern Steckenden angefangen haben, rückwärts zu denken, um ihre Selbstachtung zu erhalten. Wenn wir dies weiterhin sogar verstärkt anprangern, werden sie lediglich diesen Weg beschleunigen, aber sicher nicht freiwillig stoppen. Jetzt hilft für die nächsten Monate halt nur noch Gegengewalt, um das Schlimmste zu stoppen.
enn die Ukraine ist mental offensichtlich bereits mehrheitlich in der "neuen Norm" angekommen, sowohl was Geschlechtergleichheit/Männlichkeitsnormen anbelangt, als auch "Ablehnung des Rechts des Stärkeren". Deshalb kann es unmöglich "zurück". Das war vor dem Angriff noch nicht so klar.
im 1. Absatz könnte ein Missverständnis entstehen: Die Republik-Leserschaft gehört mehrheitlich zu den Leuten, denen die Aussagen über Antifeministen im Zusammenhang mit Demokratiefeindlichkeit nichts Neues sind. Das ist gemeint. Keinesfalls, dass sie zu Letzteren gehören. Was wohl aber die Lesenden sicher gemerkt haben...
Ein etwas ausschweifender, aber sicherlich hilfreicher Beitrag. Der Fortschritt richtet sich halt nach der "konservativeren" Hälfte – sehen wir z. B. schön bei den Volksabstimmungen.
Vor diesem Hintergrund stelle ich mir folgende Fragen:
Wie viele Jahrzehnte muss die Debatte noch beackert und müssen die statistischen und logischen Kompetenzen der "konservativen" Durchschnittsfeminist°in noch ausgebaut werden, bis die banale Erkenntnis, dass die sog. "Gender-Pay-Gap" (2 % durch die verfügbaren Daten nicht erklärte Lohndifferenz) keinen Sexismus belegen kann, auf fruchtbaren Boden fällt?
Oder bis selbige erkennen, dass auch das männliche Geschlecht mit einer Fülle von geschlechtsbedingten Nachteilen zu leben hat, für die sie sich aber kaum interessieren – gerade aufgrund eines solchen Nachteils, des sog. "Gender-Empathy-Gaps"?
Oder bis sie merken, dass es lächerlich ist, mehr "Frauenrechte" zu fordern, wenn Frauen° (in unseren Breitengraden) schon dieselben Rechte haben und sogar rechtlich bessergestellt sind?
Oder dass "Gleichberechtigung" (equality of opportunity) und "Gleichheit" (outcome equality) zwei verschiedene Konzepte mit entspr. verschiedenen Namen sind?
Oder bis die "konservative" Durchschittsfeminist°in eingesteht, dass sie solche Fragen selbst hätte stellen müssen, falls sie behauptet, der Feminismus sei für alle, diene allen und fordere nur gleiche und faire Bahandlung für alle, nicht nur die Besserstellung der Frauen°?
Fragen, die nur die Zeit beantworten kann. Würden sie schon heute berücksichtigt, so käme der Fortschritt schneller, glaube ich, da es weniger Desinteresse und Abwehr vonseiten der Männer° gäbe.
Um uns nicht endlos zu zersplittern, was wohl im Sinne Putins und aller Autokraten inklusive ihrer Fans wäre, sollten wir vielleicht einen Blick auf das grosse Ganze und den grossen Rahmen werfen. Ziel wäre meines Ermessens ein Rechtssystem, das allem Lebendigen, egal wie verschiedenartig, Lebensraum und Grundlagen für ein gutes Leben garantiert. Ob menschliche Gesellschaften im entfesselten Artensterben noch lange bestehen werden, wenn sie sich nicht an einer solchen Rechtsordnung orientieren und diese kulturell adaptieren, würde ich bezweifeln.
Ob jetzt Gleichstellung der Frauen, Rechte für LGBTQIA, für gehaltenes Vieh, für Bäume, für Pilzmycel, oder für ganze Landschaften als Superorganismen etc. zuerst erkämpft werden, kann strategisch diskutiert werden, sollte einander aber nicht ausschliessen. Der Feind sät Abgrenzung und Zwietracht unter jedem Vorwand.
Übergeordnete Befehlsstrukturen mit Gefolgschaften und Reinheitsideal sind jedoch tödlich, nicht nur in der Politik. Ohne Andersartige, gelangt unser Zweig der Evolution möglicherweise bald an sein Ende. Andersartige haben auch Rechte. Dafür sollten wir gemeinsam einstehen, wo wir können.
Ne jetzt, ehrlich? Es soll strategisch diskutiert werden, ob zuerst für die Gleichstellung der Frauen oder für Pilzmycel gekämpft werden soll? Auch wenn das jetzt als feindliche Ausgrenzung ausgelegt wird: Ich sehe da schon noch Unterschiede.
Ha, da muss ich jetzt einhaken: beim Kampf für die Gleichstellung der Frauen und Pilzmycel sehen Sie eine klare Priorisierung. Wenn ich aber die Frage aufwerfe, ob allgemeine Frauenrechte, welche nicht zuletzt 50% der Menschen betreffen, nicht Priorität haben sollten über Forderungen nach einem dritten Geschlecht im Pass oder geschlechtsneutrale Toiletten, welche eine Minderheit betreffen, wird mit Empörung reagiert. ;-)
Die nächste Stufe der Aufmerksamkeit und Befreiung gehört der ganzen belebten Natur, die - genau wie früher (?) Frauen und Sklavin:innen - als Ressourcen behandelt wird, und zwar auch in unserer Mehrheitsgesellschaft. Von daher dürfen wir gerne gleichzeitig mit dem kritischen Blick auf andere Gesellschaften auch unsere eigenen Hausaufgaben machen und uns zB. mit den Vorschlägen von Bruno Latour (Das terrestrische Manifest, Wo bin ich?) beschäftigen.
„Darum ist klar: Dieser Konflikt ist mit Militarisierung nicht zu gewinnen.“ Welcher „Konflikt“ ist hier genau gemeint? Jener zwischen anti-feministischer Autokratie und Demokratie? Oder der Russland-Ukraine-„Krieg“?
Und was bedeutet das konkret? ZB für Waffenlieferungen an die Ukraine? Wie bewerten Sie zB Alice Schwarzers Position, die kürzlich in einer Kolumne so beschrieben worden ist: „Im Umgang mit Wladimir Putin sind es Intellektuelle und Politikerinnen im freien Westen, die vorauseilend erörtern, was den Mann im Kreml alles reizen, ja «demütigen» (so die «Emma»-Herausgeberin Alice Schwarzer) könne, mit welchen Zugeständnissen man ihm helfen müsse, sein Gesicht zu wahren, wenn er in der Ukraine nicht bekommt, was er will.“
Link: https://www.republik.ch/2022/05/31/…ht-bringen
Danke für den Artikel Frau B.
Wenn ich recht verstehe wird im Artikel festgestellt, der Putinismus und seine rechten Fanboys und -girls zitierten die "traditionellen westlichen Werte", also die patriarchalen Korsette der ersten Bauernstaaten vor allem im sog. Mittleren Osten vor langer Zeit. Und die sollen dann also gegen - ja, eigentlich alles, verteidigt werden. Hoffe das ist einigermassen richtig zusammengefasst.
Wenn dem also so ist, würde mich interessieren wie die Situation in den weniger westlich fundierten Staaten des Fernen Ostens liegt, speziell Vietnam, Korea, China, Taiwan und - das ist besonders interessant - Japan. Was wissen wir dazu? Rechte Werte als traditionell westliche gibt es dort nicht. Worauf bezieht sich der Antifeminismus dort, worin gründet er?
Danke für diesen aktuellen kulturanalytischen Beitrag. Die faschistische Vergangenheit hat auch interessante Muster, wie Gender-Rollenmuster und antidemokratische Gesetzgebung Frauen regieren: https://hundertjahrefrauenwahlrecht…esprochen/
Putin Anfang Februar 2022, an der Pressekonferenz nach einem Gespräch mit Macron, über seine Sicht auf die Ukraine: "Like it or don't like it, it's your duty, my beauty."
CNN, 8. Februar 2022
dass Geschlechtergerechtigkeit Voraussetzung für eine stabile Demokratie ist
Steile These in einem Land, das eine der ältesten und stabilsten Demokratien der Welt hat, das aber noch nie geschlechtergerecht war: Stimm- und Wahlrecht für Schweizerinnen auf Bundesebene erst ab 1971, allg. Gleichstellungsartikel in der BV erst ab 1981 und heute noch immer die sexistische Diskriminierung der Männer° in div. Bereichen...
(Und dann fragt mensch sich, wieso den Gender-Studies manchmal Ideologie vorgeworfen wird?!)
M. S., Sie zitieren hier nur den Nebensatz, wobei im Hauptsatz auf einen Artikel verwiesen wird, der diesen Punkt weiter ausführt: In Erica Chenoweths und Zoe Marks' «Revenge of the Patriarchs – Why Autocrats Fear Women» (Sie müssen sich anmelden, um den Artikel abzurufen; aber es gibt keine Paywall) wird anhand mehrerer Beispiele ausgeführt, wie die Autorinnen zum folgenden Schluss kommen:
It turns out that frontline participation by women is a significant advantage, both in terms of a movement’s immediate success and in terms of securing longer-term democratic change. Mass movements in which women participated extensively on the frontlines have been much more likely to succeed than campaigns that marginalized or excluded women.
Und die unsachliche Klammerbemerkung am Schluss bringt übrigens keinerlei Gewinn für die Diskussion.
(Edit: Schreibfehler)
Ich behaupte, dass ich meinen Einwand zu einem (Neben-)Satz, der so, wie er im Text steht, ziemlich fragwürdig ist, gut dargelegt habe. Ich lese mir nicht immer alle verlinkten Inhalte durch.
Ich masse mir hier nicht an, über den Nutzen Ihrer Antwort für die allgemeine Diskussion zu urteilen – auch bei einigen meiner Beiträge mag der diskutabel sein. Aber danke für die Ergänzung, falls sich jemand diesbezüglich vertiefen will!
Ich finde übrigens Ihr Zitat interessant. Mir kommt dazu u. a. ein Gedanke: Kann es sein, dass hierfür weibliche "Privilegien" (i. S. v.: Wenn Frauen° "aus Schwüche heraus" etwas fordern, müssen "wir" etwas tun, "Beschützerinstinkt") relevant sind?
Es gibt da nämlich eine Anekdote aus der Zeit der Industrialisierung, wo in Minen viele Männer° wegen fehlender Sicherheitsmassnahmen verunfallten. Erst als eine Frau° mit Verweis auf die dadurch un(ter)versorgten hinterblieben Frauen° und Kinder dieser Männer° mehr Sicherheit forderte, gaben die Minenbertreiber° nach. Nicht um Ihre Arbeiter° willen, nur um der armen Frauen° und Kinder willen, gab es dann Veränderungen der Arbeitsbedingeungen: "Kinder- und Frauen°bonus" sozusagen.
Anderes Beispiel: Einige Frauen° fühl(t)en sich benachteiligt und fordern weiterhin eine (sexistische) Bessterstellung bei der Rente. Sie bekommen mit AHV 21 tatsächlich einen sexistischen Rentenbonus, obwohl das bürgerlich dominierte Parlament eigentlich AHV-Ausgaben kürzen möchte.
"Wie also zeigt sich der Antifeminismus im Putinismus? Welchen Zweck erfüllt er? Und wie könnte und müsste man ihm begegnen...?"
Leider geht der Essay nur den ersten zwei Fragen ausführlich nach, nicht aber der Frage nach dem Umgang damit, die mich besonders interessiert hätte. Hierzu wird am Ende lediglich nochmal wiederholt, es müssten auch Investitionen in die Menschenrechte und die Gendergerechtigkeit getätigt werden. Schon einverstanden, aber das werden putinistische Regims tunlichst verhindern. Ich hoffte eben auf zwei, drei Vorschläge, wie demokratische Regierungen auf Staatsebene und feministisch gesinnte Weltbürger "ihm begegnen" könnten.
Aber das soll nicht als grundsätzliche Kritik verstanden werden, mir ist sogar etwas noch deutlicher bewusst geworden: Der direkte Zsammenhang von Machismo/Antifeminismus und dem (quasimilitanten) Kampf gegen Abtreibung. Letzterer wird ja meist religiös, bzw mit dem "Recht auf Leben" begründet, aber letztlich steckt eben eher der machistische Wunsch nach einem Recht auf Vergewaltigung dahinter.
Diese Frage stellte ich mir auch. Was heisst das jetzt praktisch? ZB für Waffenlieferungen an die Ukraine? Wie würde eine feministische Aussenpolitik aussehen? Wie wird zB Alice Schwarzers Position bewertet?
In der NZZ erschien der Artikel "Das Zauberwort von der feministischen Aussenpolitik macht die Runde. Die Wahrheit ist: Machtpolitik hat kein Geschlecht" Link: https://www.nzz.ch/feuilleton/annal…ld.1687185
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