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ich empfehle, den eindrücklichen Podcast zu den Hintergründen zu hören (siehe Link unten bei Marco Di Nardo). Insbesondere wird deutlich, dass es nicht an guten Willen der einzelnen Akteure fehlt, sondern an Zusammenhangsdenken, zB die mediale Empörung über Kosten des Sondersettings die zu einem Abbruch einer wirksamen Massnahme führt im Vergleich zu den nicht ausgewiesenen bedeutend höheren gesellschaftlichen und individuellen Gesamtkosten dieses Eskalationsprozesses.
Diese Analyse teile ich.
Ich auch
Ich finde es tragisch das wir es in der Schweiz nicht schaffen menschenwürdige Gefängnisse zu haben. Es mag sich dabei um einen „Einzelfall“ handeln aber egal um wenn es geht sind die Menschenrechte einzuhalten. Was soll den als nächstes kommen? Waterboaeding?
Ich finde es eher ein gutes Zeichen, sollte es in der Schweiz nur diesen Fall von „Justizversagen“ geben. Es gibt kein fehlerfreies System.
Herr R., ich hatte erst einmal mit dem CH Justizsystem zu tun, musste aber erleben, dass es völlig dysfunktional ist. Wirklich schlimm. Seither kann ich mir gut ausmalen, wie erst recht schlecht dieses System bei einem jugentlichen, farbigen funktionieren könnte.
Ausser im Sondersetting, der leider in eine TV-Sendung leichtfertig und Kostenlastig öffentlich wurde, hat Carlos aber immer mit Gewalt reagiert. Was ist nun als falsch zu werten? Der Abbruch des Sondersettings oder die Weiterführung der Bestrafung? Schade, dass Chancen von allen Parteien verspielt wurden.
Der Abbruch des Sondersettings geschah, weil der Justizdirektor dem Druck einiger Medien nicht standhalten konnte (ich mochte Herrn Graf deshalb seine Nicht-Wiederwahl von Herzen gönnen). Ich will Carlos nicht heilig sprechen, ich kenne ihn überhaupt nicht, aber der Abbruch des Sondersettings war nun wirklich eine Katastrophe in seinem Leben. Ich weiss auch, dass man sich nicht das Leben lang auf erlittenes Unrecht berufen kann, irgendeinmal ist man selber für sich verantwortlich, das schwere Unrecht, dass der Herr Justizdirektor aus schierem Opportunismus Carlos zugefügt hat, soll aber nicht vergessen werden.
Der Blick nennt Carlos ab sofort beim richtigen Namen. Das titelt die Boulevard-Postille heute dick und fett. Es ist immer wieder unglaublich, wie moralinsauer ausgerechnet der Boulevard daherkommt - und wie selbstherrlich moralisch die Stimmung geschürt wird. Weh dem, der in diese Mühle gerät, selbst wenn er sich besser zu wehren weiss.
Lieber Herr Steuble, die Republik wird teilweise verhöhnt, weil wir erstens das stigmatisierende Pseudonym "Carlos" nicht mehr verwenden und zweitens nach wie vor darauf verzichten, den richtigen Vornamen zu verwenden. In Absprache mit der Familie nennen wir den jungen Mann immer noch Mike. Das verstehen nicht alle. Doch wir können mit dem Hohn leben. Beste Grüsse, Brigitte Hürlimann
Liebe Frau Hürlimann
In den kleinen Zeichen liegt oft die grosse Botschaft.
Danke für Ihren weiteren Einblick in Ihre Beweggründe.
Beste Grüsse zurück, KuS
ich glaube nicht, dass die Praxis der Justiz im Fall von Carlos "einzigartig" für die Schweiz ist, d.h. im Fall von Mike. Vielleicht ist es gut, wenn man ihn unter dem Namen Carlos kennt. Das schützt ihn.
Ich habe der Redaktion der Republik gestern den Newsletter vom Oktober von Amnesty International geschickt. Er sollte Beachtung finden.
Es ist relativ schwierig heraus zu finden, in welchem Kanton welche Rechtsauslegung gilt. So kann man nicht sagen, es seien Gesetze missachtet worden.
Daran stosse ich mich nun seit vielen Jahren. Auch die Wahl und Besetzung der Richterämter sollte in diesem Zusammenhang hinterfragt werden. Gerade die Rechtsprechung m u s s zuverlässig neutral in allen Kantonen gleich verstanden und praktiziert werden können.
Carlos wird nicht der einzige sein, bei dem es nicht fair zuging. Zwar gibt es andere Betroffene, die sich selber am Kragen aus dem Schlammassel gezogen haben und nachgeben konnten ! Das kann er offenbar nicht.
In diesem Fall Carlos sind die Widersprüche in der Art und Weise seiner Verwahrung von Gefängnis zu Gefängnis echt krass für einen jungen Menschen.
Sorry da trifft das Wort "Knast" leider zu. Zuerst wurde er viel zu bevorzugt behandelt und dann halbwegs misshandelt. Solche pädagogischen Missgriffe lassen sich n i e mehr ausmerzen, wenn sie in der Seele eines Menschen eingeprägt sind!
Siehe oben, wie kann das passieren? Verstehen wir in der Rechtsprechung den Föderalismus manchmal zu eng?
Nein, er wurde nicht viel zu bevorzugt behandelt. Wenn bei einem Jugendlichen so viel schief läuft, dann ist eine solche paradoxe Intervention, wie sie das Sondersetting darstellte, sinnvoll und keine "Bevorzugung". Sonderpädagogische Massnahmen können sich nicht an einem schalen Verständnis von "Gleichheit" orientieren. Es war ein grosser Fehler von Gürber, der immer schon ein bisschen mediengeil war, dass er mit diesem Fall zum Fernsehen ging. Man hätte jugendstrafrechtliche Massnahmen auch anhand eines etwas "durchschnittlicheren" Falles dokumentieren können. Aber Gürber wollte ernsthaft etwas in Carlos Leben ändern.
Der Fall bestätigte, was ich immer gedacht habe, als Anwalt oder Jugendanwalt sollte man nicht mit den Medien zusammenarbeiten, sondern ihnen nur die Informationen geben, die gesetzlich erforderlich sind (beim Anwalt sind das keine). Medien wollen den sensationellen, zugespitzten Fall und hauen deinen Klienten in die Pfanne, wenn dies für die Auflage besser ist.
lieber Herr Hegetschweiler,
wie viele Jugendliche, die gar nichts verbrochen haben und dennoch arbeitslos sind, sollte man auch noch unterstützen? Irgendwie muss das Geld gerecht verteilt werden.
Das heisst nicht, dass "Einzelhaft" wie im Fall von Carlos, in der Art und Weise, wie sie durchgezogen wird, nicht zu verantworten ist und gegen die Menschenrechte verstösst. Das wäre im Moment primär.
Ich muss mir einfach immer wieder an den kopf fassen wenn ich lese "wurde als 10 jähriger in Handschellen abgeführt". Ist das wirklich so passiert?
Ich meine: 10! Warum soll sowas bitte nötig sein? Ein 10 jähriger ist doch nun echt keine Bedrohung für eine erwachsene körperlich halbwegs fitte Person. Ich würde mich schämen, wenn ich es nötig hätte gegenüber einem Kind auf sowas zurückgreifen zu müssen. Im schlimmsten fall halte ich das kiddie halt am arm fest, das ist erheblich weniger degradierend als handschellen (sollte auch nicht notwendig sein... aber immerhin verständlich).
So viel Hoffnung in die Versetzung nach Lenzburg und wieder schief gelaufen. Es tut einem weh, die Ohnmacht und Hilflosigkeit nachzuvollziehen. Da ist einerseits dieser körperlich kräftige, aber psychisch hochgradig fragile junge Mann, der seine Impulse nicht kontrollieren kann und sich in einen nicht zu gewinnenden Kampf verstrickt.
Der seinen Eltern über Jahre einen Gang nach Canossa aufbürdet, der ihnen mit der Zeit keinerlei Distanz mehr erlaubt, insbesondere offenbar dem Vater. Und andererseits ein Justizsystem, eine Psychiatrie, eine Medienwelt, eine Bevölkerung, die allesamt ebenso an ihre Grenzen stossen. Und alle ihre je eigenen Ansprüche an den jungen Mann haben. Denen dieser nicht entsprechen kann.
Dass man ihm narzisstische Züge nachsage, erstaunt nicht. Narzisstisch heisst eigentlich nur: den Selbstwert betreffend. Und wie könnte dieser stabil sein und nicht extrem bedürftig nach einer solchen Geschichte? Da finde ich den Entscheid gut begründet, ihn beim Wunsch nach Namensnennung auch ein Stück weit vor sich selber zu schützen.
Streckenweise erinnert die Geschichte an Walter Stürm. Oder an Marco Camenisch, die sich beide als junge Männer, allerdings ein bisschen älter als Mike am Anfang war, ebenfalls in ein autoritäres Justizsystem verstrickten. Der eine hat seinem Leben dann schlussendlich selber ein Ende gesetzt, der andere wurde 2017 nach 37 Jahren, die er entweder im Gefängnis oder auf der Flucht verbracht hatte, als 65-jähriger bedingt entlassen.
Mike wünscht man beides nicht.
Da Elia Blülle meint, Journalisten hätten ihre Arbeit dann gut gemacht, wenn sie kein Lob bekommem, halte ich mich jetzt zurück. Möchte aber doch anmerken, dass ich den Podcast in meinem Bekanntenkreis an jene streue, die ich noch nicht für ein Republik-Abo erwärmen konnte.
Die geschichte von mike macht mich unendlich traurig. was für ein schreckliches schicksal.
Was für eine blödsinnige idee vom srf damals diesen film zu zeigen, mit den entsprechenden konsequenzen. warum liess man ihn nicht einfah in ruhe im sondersetting seinen weg zu finden.
ich hoffe dass nun eine lösung gefunden werden kann, und dass er keinesfalls verwahrt werden darf.
Im Podcast «Aus der Redaktion» ab Minute 05:30 erklärt Brigitte Hürlimann die Hintergründe zur Namenswahl. https://www.republik.ch/2019/10/30/…n-am-limit
Ich finde es auch sehr hilflos, wenn die Gutachter (wie die Tagespresse schreibt) nun sagen, Carlos habe psychopathische Züge. In der forensischen Psychiatrie wird der Psychopathiebegriff oft normativ und nicht deskriptiv gebraucht. Praktisch sagt der Gutachter damit, der Kerl ist zwar nicht normal, aber voll schuldfähig, macht mit ihm, was Ihr wollt.
Was soll er denn auch sagen? Frau Hürlimann beklagt, es sei eine Schande, dass die Schweiz nicht fähig sei, Mike zu therapieren. Das Problem liegt aber nicht an einem unfähigen Gutachter oder ein paar unfähigen Therapeuten. Sonst könnte man ja Experten aus dem Ausland hinzuziehen. Ich fürchte, die würden es auch nicht richten. Es gibt halt keine Lösung.
Beim Lesen wird mir so richtig bewusst, was hier falsch läuft. Der Täter wird zum Opfer. Nicht über die Gewaltbereitschaft und die Tätlichkeiten des Mannes und das seit Jahren. Auch die Jugend wird nicht ganz so "normal" abgelaufen sein, sonst wäre er nicht in diese Situation geraten. Es wird ja wohl einen Grund haben dafür, dass sich das Gefängnispersonal offensichtlich teilweise schützen muss. Fehler wird es mit Sicherheit gegeben haben, leider sind es Menschen, die mit solchen aggressiven Jugendlichen zu tun haben. Freuen wir uns doch auf die Zeit, in der Roboter das Ganze übernehmen werden. Da wird sich Carlos aber wundern.
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