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Herr Hess ist für mich wiedermal ein Beispiel dafür, wie abgekoppelt gewisse Politiker von der Lebensrealität der meisten Menschen in diesem Land sind, geschweige denn eine Ahnung haben, wie schwierig es für Menschen mit kleinen Einkommen ist, KK-Prämien zu stemmen (trotz Prämienverbilligung)
Man setzt zwangsläufig die Wahlfranchise hoch und vermeidet dann nach Möglichkeit jeden Arztbesuch. Aber das wollen Hess und seine Leute ja und nennen es "Eigenverantwortung". Sie fordern diese von armen, kranken Menschen und kassieren selber absurde Summen. Mich macht das wirklich hässig.
Warum begreift niemand, dass dieses ganze Gesundheitssystem einen gewaltigen Konstruktionsfehler hat? Wenn jeder darin Gewinn machen MUSS, wie das jetzt ist, dann bedeutet das auch zwangsläufig Wachstum, wie es eben im Kapitalismus so ist.
Und jetzt soll mir doch bitte jemand erklären, wie wir es schaffen, dass ein Gesamtsystem, in dem jeder permanent mehr verdient, am Ende nicht mehr kosten soll.
Die Lobbyisten werden da bestimmt nicht helfen dabei.
Tja, cui bono? Doch die Blöden sind wir, wir, die wir diese Damen und Herren Legislatur für Legislatur bestätigen. Wir, die wir die horrende Intransparenz (Partei- und Wahlfinanzierung) und die Spielwiesen (75 KK statt Einheitskasse...) dieser unser Vertreter tol(l)erieren. Nur weiter so - oder doch mal umdenken?
Hess: «Dass heute so viele Krankenkassenvertreter drin sind, hat mit den letzten Wahlen zu tun. Da sind zwei neue Vertreter dazugekommen. Das war wohl zu viel.»
Ob sich der PR-Berater bewusst ist, was er hier sagt? Nämlich:
Die Wählerinnen und Wähler haben dafür gesorgt, dass zu viele Krankenkassen-Zugewandte in der Gesundheitskommission sitzen – auch wenn die Kommissionsmitglieder nicht vom Stimmvolk gewählt werden. Und zu viel sind bloss die zwei von den letzten Wahlen. Vorher war es ok.
Sagt der Gemeindepräsident, Nationalrat und Verwaltungsratspräsident der Visana.
Warum sollte dieser Mann noch wählbar sein als «Volksvertreter»?
Die steigenden Kosten haben natürlich auch noch andere Ursachen, beispielsweise die Alterung der Gesellschaft. Aber der exzessive Lobbyismus im Gesundheitssektor ist auf jeden Fall ein grosses Ärgernis. Dieser ist übrigens umso ausgeprägter, je zentralistischer regiert wird. In Washington gibt es 11'000 registrierte Lobbyisten und in Brüssel wird die Zahl sogar auf 25'000 geschätzt! Das ist sind 77 mal so viele wie in Bern, wo der Blick 321 gezählt hat. Zentralismus ist ein regelrechter Lobbyistenmagnet und neben der viel diskutierten Transparenz sollte man - wenn man den Lobbyismus eindämmen möchte - daher auch eine Stärkung der Föderalismus ins Auge fassen, so dass politische Entscheidungen näher beim Bürger gefällt werden.
Quellen:
Dezentralisierung gegen Manipulation. Spannende Überlegung, die einleuchtet. Dabei war ich eigentlich nie ein grosser Freund des Föderalismus.
Man denke auch daran, dass die "ideale" Demokratie der Philosophie des alten Griechenlands unter der Prämisse stand, dass alle Stimmbürger sich untereinander kennen.
In der EU leben auch 61 mal mehr Menschen als in der Schweiz. Die Zahl vom Blick limitiert sich auf das Götti-System – dauerhafter Zugang zur Wandelhalle – daneben gibt es Tagesgäste und Lobbyisten die ausserhalb des Bundeshauses agieren. Würden sich alle Tagesgäste die lobbyieren registrieren müssen wären es mehr.
26 Sozialversicherungsgesetze, während die grossen Konzerne international und die Sozialversicherungen national organisiert sind, scheint nicht wirklich eine realistische Alternative. Da kann man sich dann genauso gut ein exponentielles Lobbyisten-Wachstum dazu vorstellen.
Es gibt bereits viele regionale Krankenkassen und regionale Spitäler. Warum also nicht auch eine regionale Regelung? So könnte man auch einfacher herausfinden, welche Rezepte wirklich funktionieren, wenn beispielsweise die Franchisen in einem Kanton sehr hoch und im Nachbarkanton sehr niedrig sind. Man hätte dann Daten statt nur Argumente.
Was bei Beiträgen zur Gesundheitspolitik immer wieder zu kurz kommt: die Anliegen der Krankenversicherer sind - trotz hier bemängelten Übervertretung - in vielen Fällen nicht mehrheitsfähig. Denn wäre dies der Fall, hätten diese schon längst die Vertragsfreiheit eingeführt oder Innovationszuschläge bei Medis abgeschafft. Es wäre schön, wenn sich Journalisten wirklich mal seriös mit dem Gesundheitswesen auseinandersetzen würden.
In der Gesundheitspolitik mischen ausser der Versicherungslobby ja auch noch andere mit: auch die Pharmaindustrie hat starke Interessen zu vertreten, ebenso die Leistungserbringer und die Kantone. Eine noch tiefere Durchdringung dieses Interessengemenges fände auch ich sehr spannend, und erhoffe es mir für die Zukunft, aber irgendwo muss man ja anfangen.
Und falls Sie derjenige C. S. sind, der bis vor kurzem bei Farner Consulting gearbeitet hat, wissen auch Sie, dass Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit hier nicht unbedingt zu den obersten Grundsätzen gehört. Aber vielleicht meinen Sie mit seriöser Auseinandersetzung ja eigentlich auch etwas anderes, mehr in Richtung Hofberichterstattung oder als redaktionelle Beiträge getarnte PR?
Liebe Frau J., ich war mal Krankenkassenlobbyist, arbeitete bis vor kurzem für Farner Consulting, was mir erlaubte, mir ein einigermassen holistisches Bild der Gesundheitspolitik anzueignen. Ich bin gegenwärtig maximal unabhängig. Meine Kritik bezog sich darauf, dass gerade die Gesundheitspolitik ein schlechtes Beispiel für die Wirkung einer einzigen Lobby (wie im Artikel kolportiert) ist, da ebengerade die Wirkung der Krankenversicherer überblickbar ist. Die Probleme liegen an anderen Stellen. Transparenz finde ich toll, nicht aber Unterstellungen und Vorurteile. Ist doch schön, beteiligen sich Personen mit unterschiedlichem Hintergrund an der Diskussion.
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