Die Republik ist nur so stark wie ihre Community. Werden Sie ein Teil davon und lassen Sie uns miteinander reden. Kommen Sie jetzt an Bord!
Träume immer noch von einem Journalismus, der mir meine eigenen Wertungen ermöglicht. Ich muss Ihre Bewertungen und Haltungen nicht lesen. Die schwierig recherchierten Fakten erlauben mir eine eigene Meinung entstehen lassen. Dafür vielen Dank. Ob ich dann zum Schluss "Willkür" komme, überlassen Sie bitte mir. So werden Sie wie alle, wie BLICK, Die Welt, Weltwoche usw. Das soll nicht von der sicher notwendigen Entwicklung einer anderen Lehrkultur ablenken. Vielleicht ist in der ETH an anderer Stelle die Zukunft schon sichtbar. Helfen Sie mir, die Zeit zwischen gegenwärtiger Zukunft und zukünftiger Gegenwart zu gestalten.
Und ich freue mich an einem Journalismus, der mir Daten und Fakten aufbereitet, diese einordnet und in einen Zusammenhang stellt und schliesslich das Ganze auch noch kommentiert. Meine eigene Meinung kann ich mir dann immer noch machen. Ja, und die Republik macht das m. E. sehr gut.
Die Reportagen der Republik über die ETH sind wichtig, aber leider immer noch einseitig und voller Unverständnis darüber, wie Universitäten und akademische Karriereplanung funktionieren. In diesem Artikel wird suggeriert, dass der freiwillige Rückzug aus der ETH keine Strafe sei. Ein Professor hat an der ETH üblicherweise eine so gute Stelle, dass ein Wechsel hauptsächlich aus zwei Gründen erfolgt: Privates, oder irgendwo wurde zu viel Porzellan zerschlagen. Dazu kommt: Auch wenn diese Fälle medial kaum bekannt werden, sprechen sie sich in der jeweiligen Community sehr wohl herum. Berufungskommissionen beachten dies, und viele Stellen gibt es nicht. Ein freiwilliger Rückzug aus der ETH ist also üblicherweise mit Reputationsverlust, einer aufwendigen Stellensuche sowie einer schlechteren Stelle verbunden. Nach Samthandschuh hört sich das für mich nicht an.
Danke für die Ausweitung der Perspektive – im Vergleich wird deutlicher, wie ein sinnvolles und faires Vorgehen aussehen würde (und dass ETH in der Vergangenheit bei Problemen weggeschaut hat). Aus meiner Sicht besteht es darin, Missstände aufzuarbeiten, Maßnahmen zu definieren und – werden diese nicht umgesetzt – Entlassungen anzustreben (in korrekten Verfahren).
Ob die Autoren der Artikelserie das auch so sehen, ist mir bei diesem Text allerdings nicht ganz klar geworden. Zwei Passagen seien kurz zitiert:
(1) »Das Schlimmste, was den Professoren in solchen Fällen drohte: die ETH verlassen zu müssen – im gegenseitigen Einvernehmen und möglichst ohne öffentliches Aufsehen. Ungeachtet ihrer womöglich schweren Verfehlungen können sie mit intaktem Ruf an einer anderen Universität weiter forschen und lehren.«
(2) »Doch der ETH-Rat leitet im Oktober 2017 eine Administrativuntersuchung gegen Marcella Carollo ein. Es ist eine Symptombekämpfung, die in einem Chaos mündet. Wie vom Rechtsdienst prognostiziert.«
Wenn also aus (1) zu schließen ist, dass eine Lösung im gegenseitigen Einvernehmen bei schweren Verfehlungen nicht sinnvoll ist, und aus (2) resultiert, dass Administrativuntersuchungen wenig bringen und ein »Chaos« verursachen – was wäre dann die Folgerung daraus, wenn eine Hochschule an einem Lehrstuhl ein Problem hat?
P.S.: Was mir im Text fehlt, ist ein Hinweis darauf, dass die Republik einen maßgeblichen Anteil an diesem Chaos hat. Das mag völlig richtig sein, aber ich fände es sinnvoll, die Verantwortung für die Auswirkungen der eigenen Artikel zu reflektieren.
Lieber Philippe Wampfler, ich denke, die Autoren teilen ihre Sicht, nämlich "Missstände aufzuarbeiten, Maßnahmen zu definieren und – werden diese nicht umgesetzt – Entlassungen anzustreben (in korrekten Verfahren)". Was aus folgenden Passagen ersichtlich wird:
Stattdessen prangerte Carollo die fehlende Schlichtung an und pochte darauf, dass die Vorwürfe korrekt geprüft werden.
«Das Verfahren wurde mittels Anordnung bzw. Vereinbarung (!) einer Massnahme abgeschlossen.» Gemeint sind die Co-Supervision von Carollos Doktoranden und das Coaching für die Professorin.
Ein Kündigungsverfahren sei nur möglich, wenn die formalrechtlichen Grundlagen eingehalten worden seien – darunter die Abmahnung der fehlbaren Professorin. «Im Fall MC liegen die Voraussetzungen nicht vor und werden auch nach einer Administrativuntersuchung nicht vorliegen (keine Dokumentation von bisherigem Fehlverhalten, keine Abmahnung).»
Was es also gebraucht hätte, wären also:
Schlichtungsbehörde mit Anhörung beider Seiten
Co-Supervision und Coaching
Dokumentation
Abmahnung
Und erst dann:
5. Nahelegen der Kündigung auf gegenseitigem Einverständnis
6. Administrativuntersuchung
7. Kündigungsverfahren
PS: Ich finde, das Chaos wurde bereits vorher angerichtet (u.a. durch die ETH selbst, dann durch die NZZ). Die Republik wirkte vielleicht als weiterer Katalysator, aber mit der Wirkung das intransparente und unordentliche Geschehen zu klären.
Ja, das mit dem PS kann man so einschätzen, kommt wohl immer auf die Perspektiven an.
Diese Liste klingt für mich sinnvoll. Hätte im Text gern gelesen, dass eine Untersuchung durchaus einen Wert hat. So lese ich die Klage darüber, dass Carollo anders behandelt wurde als der Architektur-Professor (was wohl gar nicht stimmt) – und gleichzeitig die Kritik an der Praxis, im gegenseitigen Einvernehmen Kündigungen zuzulassen.
Mobbing auf hohem Niveau.
Kosten in Höhe von CHF 225‘000, unbezifferte Reputationsschäden, teure Rechtsbeistände Zürcher Anwaltskanzleien, beauftragt für umfangreich dokumentierte und konfektionierte Gutachten über 67 Seiten und vieles mehr. Gebundene Ressourcen auch auf der Seite des Redaktionsteams.
Vom Versagen einer Organisation ist die Rede, und seit heute auch von „Willkür“.
Was aber, wenn genau diese von der Republik nachgezeichnete Methode im akademischen Bereich oder klassischere Mobbingmethoden (Gruppe gegen einzelne Person) in einer Organisation bewusst zur Anwendung kommen? Probate Mittel darstellen, sich Unannehmlichkeiten zu entledigen? Wenn orchestriertes Mobbing dazu dient, Vorgänge nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen? Wenn Mobbing eigentlich nur das kleinere Übel ist und die zu untersuchenden Hintergründe viel schwerer wiegen: Begünstigung, Sexismus, ein Suizid, ein Amtsenthebungsverfahren oder die Ämterverteilung im Zuge einer Umstrukturierung, wie etwa die Kirchgemeindefusion der reformierten Kirche Zürich?
Ich frage mich, wie viele Verleger der Republik die mehrteilige ETH-Serie auf ihrer Stuhlkante mitverfolgen und sich bald erleichtert zurücklehnen, in der Gewissheit, nicht selbst in die Öffentlichkeit gezerrt worden zu sein. Mitglieder des Kirchenrates darunter der Rechtsdienst, die Aufsichtsbehörden, Kirchgemeindepräsidenten, Leitende der Abteilungen Gender und Diversity und Ethik, Blogbetreiber und digitale Botschafterinnen, Pfarrpersonen sowieso, der Projektleiter der beendeten Kirchenfusion und inzwischen Präsidenten des neuen Stadtverbandes. Und nicht zuletzt eine beauftragte Mobbingfachstelle.
Ich wünsche mir, dass diese Serie ebenso viel Resonanz erzeugt, wie die Berichterstattung zum Baukartell im Bündnerland, als sie auf andere Branchen und Organisationen übersprang. Denn das ist dem Storytelling der Republik gelungen, vielleicht mehr als anderen Titeln.
Sie haben sich immer noch nicht mit dem Professoren auseinandergesetzt, der Ihre Recherchen kritisierte.
Sie behaupten zwar, die Entlassungskommission zerzause den Berich Rüssli, zitieren dazu aber nur eine oider zwei kritische Bemerkungen. Im akademischen Milieu ist es normal, Berichte zu kritisieren, was nicht bedeutet, dass man sie für falsch oder ungenügend hält. Bis ich vom Gegenteil überzeugt werde, namentlich den vollen Bericht der Entlassungskommission, der angeblich öffentlich sein soll (ich finde ihn nicht), kenne, ist für mich der Verdacht einer einseitigen Recherche nicht ausgeräumt. Die Vorwürfe der ungleichen Behandlung (die ETH gebe einzelnen Professoren die Möglichkeit, selber zu kündigen, um nicht entlassen zu werden) und die Vorwürfe des systemischen Versagens, fallen ja in sich zusammen, wenn Sie selber behaupten, die ETH habe der betroffenen Professorin die Möglichkeit gegeben, selber zu kündigen
Ich schliesse die Möglichkeit nicht aus, dass gewisse DoktorandInnen hypersensibel sind und ihre Beschwerden auch Rachecharakter haben. Deshalb halte ich eine einseitige Recherche nicht per se für unnütz. Die Art aber, wie Sie und Ihr treuer Leserkreis Ihre Recherche gegen jede Kritik immunisieren, gibt schon zu denken.
Die Links zum Abschlussbericht und zur Beurteilung der Kommission finden Sie hier.
Im vorliegenden Artikel geht es ja nicht um irgendeine akademische Kritik, sondern um Dokumente des eigenen Rechtsdienstes und der eigenen Entlassungskommission. Und die Ungleichbehandlung betrifft nicht das Angebot der freiwilligen Kündigung, sondern die "willkürliche Härte", nachdem MC das Angebot ablehnte.
Die Klage der Ungleichbehandlung betrifft die "willkürliche Härte" der Verwaltung, nachdem sie selbst auf ein ordentliches Verfahren beharrte. Das heisst, Carollo selbst lehnte den freiwilligen Abgang ab, weil es kein fairer Prozess gewesen wäre. Aber dass nachdem sie "die Samthandschuhe" ablehnte, gleich "das Schwert" der Vorverurteilung kam und nicht "eiserne Hand" eines ordentlichen Verfahrens, ist das eigentlich Beklagenswerte.
Ich habe die Artikelserie nie so gelesen, als würden die Autoren die Doktorand*innen verdächtigen und die Professorin schützen (victim blaming), sondern die Dokumente der Aussagen waren nicht öffentlich zugänglich und die Doktorand*innen wollten - aus legitimen Gründen - sich nicht öffentlich äussern. Doch auch die Professorin wurde offenbar nicht fair behandelt. Die Artikel richten sich auf das unordentliche und intransparente Verfahren der ETH-Verwaltung. Was weder der Professorin noch den Doktorand*innen - letzten Endes auch nicht der ETH selbst zugute kommt.
Vergleichen Sie auch den Artikel im Hochparterre, insbesondere folgende Passage:
Detaillierte Regeln zum Disziplinarverfahren, die über die grob dargelegten Abläufe – u.a. Artikel 15 der Geschäftsordnung der Schulleitung, Artikel 58a der Personalverordnung des ETH-Bereichs, Artikel 98 der Bundespersonalverordnung – hinaus gehen, gibt es scheinbar keine. An der Yale University sind solche Fragen ebenso wie die Dauer der Verfahrensschritte seit 1981 in einer klaren Prozedur dargelegt. Während der ‹Verhaltenskodex Respekt› der ETH dazu «ermutigt», Fehlverhalten nicht zu tolerieren und vier Seiten umfasst, gibt es dort eine Meldepflicht und allein zu sexueller Belästigung einen 32-seitigen Leitfaden.
Ich habe nun, dank dem hier veröffentlichten Link den Bericht der Entlassungskommission gelesen. Er kritisiert den Bericht Rüssli tatsächlich wiederholt, im Sinne, dass er negative Stimmen überbewerte und Suggestivfragen gestellt habe (ohne für die zweite Kritik ein Beispiel zu geben). Gleichzeitig sagt die Kommission aber, dass sie im Wesentlichen auf diesen Bericht abstelle (er kann also nicht unbrauchbar sein), dass die Betroffene sich in einer Weise verhalten habe, die nicht den ETH-Standards entspreche, dass man ihr keine Doktoranden mehr zur Betreuung geben solle und dass sie uneinsichtig sei. Von einer Entlassungsempfehlung wird im Wesentlichen abgesehen, weil man ihr (wie dies im öffentlichen Arbeitsrecht vorgeschrieben ist) keine Bewährungsfrist angesetzt hat. Der Bericht ist also für die Betroffene eher negativ. Er wird dazu führen, dass bei einer Entlassung eine Entschädigung gesprochen wird (was ich völlig ok finde), er ist aber keine Grundlage, um, wie Prof. Keller, der ETH systemisches Versagen vorzuwerfen. Professoren stehen für Lehre und Forschung. Dissertanden sind am Schnittpunkt dieser beiden Aufgaben. Ein Professor, dem man keine Dissertanden geben kann, ist nicht geeignet, an der ETH zu arbeiten.
Nun kann es ja immer noch sein, dass sich die Organe der ETH allesamt verrannt haben; mit dem Bericht der Entlassungskommission lassen sich aber die Schlussfolgerungen der Republik nicht stützen. Wir sollten einfach daran denken, dass das Kriterium des wichtigen Grundes für eine Entlassung im öffentlichen Arbeitsrecht sehr schwierig zu handhaben ist, und praktisch keine Amtsstelle in der Lage ist, ein Personalproblem rechtlich einwandfrei zu lösen. Die HR der Ämter haben deshalb zwei Möglichkeiten: Entweder schwierige Mitarbeiter weiter zu beschäftigen und so das Betriebsklima zu ruinieren, oder sie herauszuschmeissen und dann halt Entschädigungen in Kauf zu nehmen. Für einen Anwalt sind solche Fälle dankbar, weil man fast immer etwas herausholt. Aber um echte Skandale handelt es sich eigentlich nicht, in der Privatwirtschaft würde bei solchen Krisen auch einer der Beteiligten gekündigt und dort wäre dies völlig legal.
Die Serie zur ETH ist wichtig, ist gut recherchiert und gut geschrieben.
Bloss: würden Eure Autoren bitte aufhören von "mobbender" Professorin zu schreiben?
Es ist hier bereits bei einer früheren Folge von jemand moniert worden, dass "mobbing" einen Mob voraussetzt, also eine Gruppe, die andere, zumeist einzelne, Menschen drangsaliert oder diskriminiert.
lieber luciano, das aus dem englischen übernommene verb "mobbing" mit der eingedeutschen grundform "mobben" leitet sich zwar vom bekannten substantiv "mob" (=pöbel, kriminelle Bande, organisiertes Verbrechertum) ab, wird aber inzwischen als pöbelnde, kriminelle, diskriminierende handlungen von einzelnen ebenso verwendet wie für gruppen-handlungen.
Genau, es wäre nichts Ungewöhnliches, wenn ein Begriff nicht mehr direkt mit der Bedeutung des ursprünglich zugrunde liegenden Worts zu tun hat.
Allerdings könnte es auch sein, dass das deutsche «Mobbing» gar nicht aus dem englischen Substantiv, sondern aus dem Verb «to mob» (= anpöbeln, schikanieren, etc.) entstanden ist und deshalb gar nie zwingend als Gruppe gemeint war. Hat jemand eine zuverlässige Quelle zur Etymologie?
Gemobbt werden kann auch von Vorgesetzten gegenüber abhängigen Angestellten, das Machtverhältnis ist etwa gleich unausgewogen und die Folgen beim Gemobbten (Ängste, Schlaflosigkeit) ähnlich. Wird auch als "Bossing" bezeichnet und ist die häufigste Form von Mobbing.
Danke Christoph. André, es gibt kein "deutsches Wort Mobbing", es handelt sich um einen aus dem Englischen eingedeutschten Begriff.
Wie die Oxford Dictionnaries zur Etymologie erläutern : 'mob'='excitable crowd', die erregbare Menge, ist der Schlüsselbegriff. Und diese Menge 'mobbt' (das Verb ist vom 'mob' abgeleitet, wie wir jetzt wissen), weil sie keine formale Macht hat. Sie kann nur via Gruppendynamik quälen und diskriminieren. Das ist die spezifische Bedeutung von 'mobbing'.
Wenn nun dasselbe Verhalten (quälen, plagen, diskriminieren) eines Vorgesetzten gegenüber einem Untergebenen, ebenfalls als 'mobbing' bezeichnet wird, so ist das beschönigend und verharmlosend, weil der Vorgesetzte die in seiner Funktion enthaltene Macht missbraucht. Der gute deutsche Begriff des Amts- oder Machtmissbrauchs ist da viel klarer und eindeutiger.
Und weil der deutsche Begriff klarer ist, ist eine höhere Hemmschwelle zu überwinden, bevor man ihn benutzt. Die 'mobbenden' Vorgesetzten sind das Ergebnis der verschlampenden Sprache der sozialen Medien, wo Vorverteilungen hinter schwammigen Begriffen versteckt werden.
Ich bleibe dabei: seriöser Journalismus schreibt nicht von 'mobbing' gegenüber Untergebenen, sondern erarbeitet die Fakten und nennt es dann Machtmissbrauch oder Amtsmissbrauch, wenn derlei Verhalten nachgewiesen werden kann.
zur serie eth: lese jeden artikel mit grosser spannung und kompliment. sie ist unglaublich gut und macht auf verfehlungen aufmerksam, die einfach nicht passieren dürften.
mein vorschlag: man verwende den begriff, der es verdient verwendet zu werden. die intrige. der begriff mobbing/mobben stiftet nur verwirrung, verharmlost zusätzlich den eigenen zustand der vernichtenden dynamik, die die zerstörung weitergibt, er verwendet sich leichter. und ist ein gescheiterter versuch, eine klare und konkrete definition für das hochkomplexe gebilde der (ab)folge einer "intrige" zu definieren. die verschwörung ist konkret, aber die (ab)folge dieser erscheint meist chaotisch und willkürlich. diese dynamik wird durch den intrigierenden teil in kauf genommen, ist gar gewollt. es wird instrumentalisiert, damit übergibt man die dynamik an beteiligte, die es dann wiederum weitergeben. und so weiter... bis man am ende eigentlich gar nicht mehr so genau weiss, worum es am anfang ging. aber die hinterlassenschaft ist sehr oft zerstörung und ein sehr bitterer geschmack, der lange haften bleibt.
lesetipp (einer der hohepriester des begriffs "intrige" w. shakespeare) meine lieblingsstücke sind othello und j caesar.
persönlich verwende ich den begriff mobbing übrigens nie. ich nenne das "kind" beim namen - habe beobachtet, dass arbeitskollegen/innen die aus welchen gründen auch immer diese tendenz haben, zumindest mich diesbezüglich in ruhe lassen, wenn ich diesen begriff verwendete, weil man versuchte mich zu instrumentalisieren, um üble verleumdungen zu verbreiten. das merken sich übrigens intriganten. denn in diesem moment und dieser situation verpufft die dynamik (zumindest ein bisschen).
[entschuldigung für meinen kommenter: ich habe es auf dem händi getippt, was ich sonst nie mache. ich gelobe besserung.]
Sie schreiben von willkür, da aufgrund der weigerung von prof carollo „einvernehmlich“ zu gehen, eine untersuchung eingeleitet wurde. Gibt es einen fall bei dem sich ein professor geweigert hat „einvernehmlich“ zu gehen, bei der keine untersuchung eingeleitet wurde?
Die begründung, eine administrativuntersuchung zu verhindern um reputationsschäden zu vermeiden, da sie „wenig oder gar nichts bringen und potentiell grossen schaden anrichten“ ist ja genau das was sie -völlig zurecht- kritisieren.
Sie bringen da etwas durcheinander. Die Klage der Ungleichbehandlung betrifft die "willkürliche Härte" der Verwaltung, nachdem Carollo selbst auf ein ordentliches Verfahren beharrte. Das heisst, Carollo selbst lehnte den freiwilligen Abgang ab, weil dies kein fairer Prozess gewesen wäre. Aber dass nachdem sie "die Samthandschuhe" ablehnte, gleich "das Schwert" der Vorverurteilung kam und nicht die "eiserne Hand" eines ordentlichen Verfahrens, ist das eigentlich Beklagenswerte. Siehe:
Auch im Fall Carollo ging die ETH zunächst genau so vor. Auch ihr wurde nahegelegt, selber zu kündigen und zu verschwinden. Sie lehnte ab.
Stattdessen prangerte Carollo die fehlende Schlichtung an und pochte darauf, dass die Vorwürfe korrekt geprüft werden.
Ein Kündigungsverfahren sei nur möglich, wenn die formalrechtlichen Grundlagen eingehalten worden seien – darunter die Abmahnung der fehlbaren Professorin. «Im Fall MC liegen die Voraussetzungen nicht vor und werden auch nach einer Administrativuntersuchung nicht vorliegen (keine Dokumentation von bisherigem Fehlverhalten, keine Abmahnung).»
Es würde jetzt wohl niemanden überraschen, wenn als nächstes der Rechtsdienst an die Kasse kommt ...
Als ehemaliger Richter weiss ich, wie klar eine Streitfall daherkommen kann, nachdem man nur den Anwalt der einen Seite gehört hat. Nur ist die Erzählung der Gegenseite oft genau so überzeugend. Die Kunst des Richtens besteht dann darin, beiden Seiten mit gleicher Empathie zuzuhören und die Argumente gegeneinander abzuwägen. Was ich auch noch weiss: Dass eine Doppelprofessur eines Ehepaars am gleichen Institut eigentlich nicht gutgehen kann.
Die Republik-Autoren haben sich aus unerfindlichen Gründen von Anfang an auf die Seite von Frau Corolla geschlagen und erzählen die Geschichte weitgehend aus deren Perspektive. Das ist ziemlich billig. Das hätte der Anwalt der Frau auch gleich selbst schreiben können, und hätte der Republik dafür wahrscheinlich noch etwas bezahlt. Deshalb interessierte mich diese Berichtserie nicht und habe ich sie nur am Rand mitverfolgt. Dennoch erlaube ich mir diesen Kommentar.
Die Trennung einer Hochschule von einem Professor ist immer eine komplexe, delikate Sache, bei der es keine allgemeine Praxis geben kann, sondern es immer auf den Einzelfall ankommt. Verschiedenste, schwierig zu beurteilende Aspekte spielen mit, nicht zuletzt charakterliche und vor allem auch fachliche. Letztere konnten die Autoren nicht beurteilen, Wenn man weiss, wie begehrt Professuren an der ETH sind, und wieviel Gewicht die ETH auf die fachliche und pädagogische "Excellenz" ihres Lehrkörpers legt, liegt das Brisante an diesem Fall aber vor allem im fachlichen Bereich: Der wundersame akademische Aufstieg einer Mittelschullehrerin zur ETH-Professorin, nachdem sie zufällig einen bekannten Astrophysiker getroffen hat, der ihr eine Dissertation auf seinem Fachgebiet ermöglichte. Das wäre eine filmreife Story a la "A star is born". Ein so steiler Aufstieg birgt halt naturgemäss auch die Gefahr eine Falls in sich. Zu diesem interessanten Thema erfährt man aber leider praktisch nichts.
Die Autoren versuchten vielmehr, den Fall auf die Gender-Frage herunter zu brechen. Die spielte hier wohl in der Tat auch eine gewisse Rolle, aber mit umgekehrtem Vorzeichen: Ich wage zu behaupten, dass es ausgeschlossen ist, dass ein Mittelschullehrer durch Bekanntschaft und Heirat mit einer bekannten Astrophysikerin zu einer ETH Professur gekommen wäre. Mit grösster Wahrscheinlichkeit würde dieser sein Leben weiter als Mittelschullehrer oder Hausmann fristen.
Es ist eher peinlich mitanzusehen, wie sich die Republik hier in etwas verbissen hat, von dem unklar ist, was es überhaupt ist.
lieber hansjakob, dein beitrag als ehemaliger richter ist für die diskussion hier ein gewinn, danke! mir stößt die "mittelschullehrerin" auf, die im folgenden absatz dann noch alliterativ zur "mittelmäßigen mittelschullehrerin" avanciert. hast du sachkenntnis, die dir die einschätzung als "mittelmäßig" erlaubt? dann wäre es hilfreich, dies hier mitzuteilen. es gibt einige hilfreiche beispiele aus der jüngeren geschichte der naturwissenschaften, die zeigen, daß wissenschaftliche exzellenz in academia durchaus keine adäquate würdigung erfuhr. denke bitte an das komplizierte verhältnis von lise meitner und otto hahn (ohne daß ich für den «fall carollo» hier allzu direkte parallelen ziehen will). oder denke an den abt eines böhmischen provinz-klosters, dessen jahrelange bemühungen als gärtner auch von schweizerischen akademischen koryphäen belächelt wurden. ja, ich rede von gregor mendel. genug davon...
Lieber Christoph, Danke für den Kommentar und den Hinweis. Du hast recht, das "mittelmässig" ist vielleicht etwas zuviel an Pointiertheit, ich werde den Text entsprechend redigieren. Die "Mittelschulleherin" habe ich aber aus dem Republik-Bericht. Das hat auch nichts Herabwürdigens an sich, Mittelschullehrerin zu sein ist etwas durchaus ehrenwertes. Im allgemeinen werden heute Mittelschullehrer aber nicht mehr zu ETH-Professoren.
Könnten sich die emsig-ETH-kritischen Repubik-Journalisten im Rahmen ihrer Artikelserie einmal einer anderen durch und durch verdächtigen Gestalt annehmen, derer ganz offensichtliche Schuld an diesem Fall der zurecht oder zuunrecht in Ungnade gefallenen Astronomieprofessorin doch absolut evident ist und ganz gewiss eine ganz eigene Artikelserie mit wohlig-schaurigen Bebilderungen der ETH by night, der ETH by Abenddämmerung, der ETH by grauem, nebelverhangenen Novemberlight verdiente, mit Kommentaren und Gegenkommentaren, welche jeweils auf dem Flug mit Eifer vom geschätzten Herrn M. redationell gekonnt abgefackelt und mit dem Versprechen? der Drohung? gekontert werden, dass da noch ganz viel mehr empört-anklägerisches aus dem Republikhause geschriebenes auf uns zukommen würde, dass sich die Republik an der ETH noch weiter abarbeiten würde wie ein giftiger Appenzellerhund sich an den bleichen Wädli der ahnungslosen Wanderer aus dem Unterland beissend abarbeitet, bis auf dem hehren ETH-Gebäude kein Stein mehr auf dem anderen ruhen werde, ja, ich rede von niemandem anderen, als Gottfried Semper himself, dessen Schuld an diesem ganzen Geschehen doch einfach einmal ganz hemmungslos aufgearbeitet werden muss, dieser Dresdner Blow-in mit seinen Allmachtsfantasien, der unser liebliches Städtlein mit seinem Heiligthum der Wissenschaften und der Künste, als das er das ETH-Hauptgebäude verstand, dermassen markierte, dass die in diesem Gebäude Ein- und Ausgehenden von der prägenden Baute? vom Tempel des rationalen Erkenntnisgewinns? von der wuchtigen Macht der massivsandsteinquadrigen Gesteine zu all diesen Verfahrensmängeln, Verfahrensfehlern, Verfahrensunachtsamkeiten, Verfahrensunterlassungen, Verfahrensunregelmässigkeiten und Verfahrensshortcomings doch geradezu gezwungen wurden und uns Normalsterblichen wieder eimal die heimlich/unheimliche Macht der Architektur am Verhalten der Menschen illustrieren.
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