Mit Laib und Leben
Arbeiten, bis man krank wird? Eine Grossbäckerei, die Aldi, Coop und Migros beliefert, soll Mitarbeiter mit Krediten abhängig gemacht und zu unzähligen Überstunden gedrängt haben. Die Verantwortlichen bestreiten es. Doch die Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren eingeleitet.
Von Lukas Häuptli (Text) und Erli Grünzweil (Bild), 17.06.2022
Sie glänzen gluschtig aus Aldis Gestellen: Buttergipfel, Butterweggli, Semmeln. Holzofenbrot, Landbaguette, Toskanabrot. Krustenkranz, Halbweissbrot, Ruchbrot. Einen Gipfel gibts für 54 Rappen, in der Aldi-Werbung heisst es: «Mehr fürs Leben».
Ein Teil der Backwaren des Grossverteilers, der in der Schweiz fast 230 Filialen hat, stammt von Bertschi. Das war eine Bäckerei in Zürichs Innenstadt, die in den Nullerjahren in die Agglomeration zog und da gross und grösser wurde. Heute hat sie 370 Angestellte und liefert Backwaren nicht nur an Aldi, sondern auch an Migros, Coop und Denner. An Hotels, Heime und Spitäler. Und an Unternehmen der sogenannten Systemgastronomie, etwa an die SV Group und an die ZFV-Unternehmungen.
Trotz der Grösse des Unternehmens schwärmt der ehemalige Bertschi-Betriebsleiter in einem Internetvideo: «Wir sind wirklich eine Handwerksbäckerei. (…) Es ist natürlich immer ein schöner Moment für jeden Bäcker, wenn er sieht, wie sein Teig, den er 24 Stunden gepflegt hat, der 24 Stunden geruht ist, nach einer Stunde Backzeit aus dem Backofen kommt.»
Einer von Bertschis Bäckern war Ahmed Abbas, der in Wirklichkeit anders heisst. Der Iraker war 2006 in die Schweiz geflüchtet und fing 2008 an, in der Grossbäckerei zu arbeiten. Im Vertrag stand: 42 Stunden Arbeitszeit pro Woche, 3100 Franken Bruttolohn pro Monat. Weil Abbas aber nicht nur ein guter Bäcker, sondern auch ein fleissiger Arbeiter war, stieg sein Lohn stetig. Zuletzt betrug er 4800 Franken. Es schien ein Traum.
Doch es war die Hölle. 2020 konnte Abbas nicht mehr. Er – Ehemann und Vater zweier Kinder – brach zusammen. Physisch und psychisch.
Verfahren wegen Verdacht auf Nötigung
Jetzt, zwei Jahre später, wird gegen die Bäckerei Bertschi und deren Verantwortliche ermittelt. Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat ein entsprechendes Strafverfahren eingeleitet, wie ein Sprecher auf Anfrage der Republik sagt. Nähere Angaben zu den Ermittlungen macht er nicht. Er weist lediglich darauf hin, dass für die Beschuldigten «bis zu einem rechtskräftigen Verfahrensabschluss» die Unschuldsvermutung gelte.
Fest steht, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren am 1. April 2022 aufgrund einer Anzeige von Ahmed Abbas eröffnet hat. In dieser werden die Bäckerei und ihre Verantwortlichen unter anderem der Nötigung, des Betrugs und der gewerbsmässigen Kreditvergabe ohne Bewilligung beschuldigt.
Die Bertschi-Verantwortlichen bestreiten die Vorwürfe – sowohl diejenigen in der Strafanzeige als auch diejenigen, die andere gegenwärtige und ehemalige Mitarbeiterinnen der Grossbäckerei machen.
Worum geht es?
Um die Frage zu klären, hat die Republik mit verschiedenen heutigen und früheren Angestellten gesprochen, aber auch mit Aussenstehenden und mit den Verantwortlichen von Bertschi. Manches des Gesagten lässt sich mit Dokumenten belegen, anderes nicht. Und über Drittes werden vielleicht die Gerichte entscheiden müssen.
Trotzdem verfestigt sich bereits jetzt das Bild:
Verschiedene Mitarbeiter waren von der Grossbäckerei abhängig – und sind es womöglich noch immer.
Und:
Verschiedene Mitarbeiterinnen wurden – und werden – womöglich von der Grossbäckerei ausgenutzt.
Was sich sagen lässt:
Die Bäckerei Bertschi vergab während Jahren Kredite und Darlehen an Angestellte.
Bertschi zog geschuldete Zinsen, Kredite und Darlehen direkt von den Löhnen ab. Dadurch sanken diese unter die Beträge, die in den Arbeitsverträgen standen. Bei mindestens einem Arbeitnehmer sackte der Lohn sogar während mehrerer Monate unter das Existenzminimum.
Mitarbeiter galten Zins- und Kreditschulden bei Bertschi direkt durch Arbeit ab.
Bertschi liess Angestellte mehr arbeiten, als in den Arbeitsverträgen stand. Und womöglich mehr, als es Gesamtarbeitsvertrag und Arbeitsgesetz erlauben. Das Gesetz sieht für industrielle Betriebe eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 45 Stunden vor, für andere eine von 50 Stunden. Im ersten Fall ist dazu eine jährliche Überzeit von 170 Stunden erlaubt, im zweiten eine von 140 Stunden.
Bertschi leitete Krankentaggelder nicht immer in vollem Umfang an die Betroffenen weiter.
Was sich nicht ausschliessen lässt:
Bertschi soll Kredit- und Darlehensnehmer oft im Ungewissen gelassen haben, wie hoch ihre Schulden tatsächlich sind.
«Wirkt wie ein Knebel»
Rausan Noori ist die Anwältin von Ahmed Abbas. Sie hat für ihren Mandanten die Strafanzeige bei der Zürcher Staatsanwaltschaft eingereicht und sagt: «Die Verknüpfung von Kreditverträgen mit Arbeitsverträgen wirkt wie ein Knebel. Das bringt die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in eine verhängnisvolle Abhängigkeit vom Arbeitgeber – vor allem dann, wenn sie von diesem nicht über die ausstehenden Kredite und Zinsen informiert werden.» Es gebe verschiedene Hinweise darauf, dass es vielen Bäckerei-Angestellten gleich wie ihrem Mandanten ergangen sei. «Wer aber als Arbeitgeber solche intransparenten Arbeits- und Abhängigkeitsverhältnisse schafft, öffnet Tür und Tor für Tatbestände wie Betrug und Nötigung.»
Weiter sagt die Anwältin: «Im Fall meines Mandanten hat Bertschi wiederholt gegen das Arbeitsgesetz verstossen. Gemäss dem kantonalen Amt für Wirtschaft und Arbeit gilt die Grossbäckerei nämlich als industrieller Betrieb mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden. Mein Mandant hat aber oft viel länger gearbeitet.»
Schliesslich weist Rausan Noori darauf hin, dass die Bäckerei und ihre Verantwortlichen womöglich gegen das Konsumkreditgesetz verstossen haben. Gemäss dem Gesetz müssen gewerbsmässige Kreditgeber über eine Bewilligung verfügen und die Kreditwürdigkeit ihrer Kreditnehmer in jedem einzelnen Fall prüfen. Beides sei bei Bertschi nicht der Fall gewesen, so die Anwältin.
Wenn das Geld nicht reicht
Wenn man Ahmed Abbas heute fragt, wie es ihm geht, sagt er: «Gut.» Und er fragt, bevor man sich nach seinem wirklichen Befinden erkundigen kann, zurück: «Selber?» Anstand ist ihm wichtig. Dass er es mit den Leuten gut hat, auch. Wenn einer anruft, begrüsst er ihn am Handy gern mit «Bruder».
37 Jahre alt ist er mittlerweile, ein grosser und kräftiger Mann. Volles Haar, voller Bart. Doch hinter der stattlichen Statur verbirgt sich, was er in den letzten Jahren erlebt hat. Was ihn umtreibt. Und was ihn immer wieder schlaflos macht. Er wirkt älter, als er ist. Alt manchmal sogar.
Mit 22 hatte er, der Bäcker aus dem Irak, bei Bertschi angefangen. Feste Stelle, fester Lohn, seine Familie freute sich mit ihm. Bald aber zeigte sich, dass das Geld nicht reichte: Wohnung, Krankenkasse, Steuern. Handy, Kleider, Essen.
«Wir wussten, dass Bertschi allen Geld gab, die Geld brauchten», sagt Abbas. Er selbst erhielt seinen ersten Kredit in seinem ersten Jahr bei der Bäckerei. Dann folgte einer nach dem andern. Mal waren es 1000 Franken, mal 3000, der Zins schwankte zwischen 5 und 6 Prozent. Dass Abbas Kredite und Zinsen mit Arbeit abgelten konnte, kam ihm entgegen – zumindest glaubte er das lange. Er leistete Überstunden, er leistete Sonntagsarbeit, die Bäckerei verrechnete das so verdiente Geld direkt mit den Ausständen.
Irgendwann nahm Abbas auch bei der Cembra Money Bank Geld auf. Da stieg der Zins auf fast 14 Prozent – und die Schuld auf fast 60’000 Franken.
Es war 2017, als Bertschi ihm eine «Schuldensanierung» anbot. Die Bäckerei schaltete einen Anwalt ein, dieser schloss mit Cembra einen Vergleich, für Abbas blieben Restschulden von 15’000 Franken und Anwaltskosten von 14’000 Franken. Was für ihn weiter hiess: schuften, schuften, schuften. Und hohe Abzüge vom Lohn.
So habe er, erzählt Abbas, immer öfter an mehr als sechs aufeinanderfolgenden Tagen und immer öfter während mehr als 9 Stunden pro Nacht gearbeitet. In einem einzigen Monat, nämlich im Januar 2018, seien fast 100 Überstunden zusammengekommen; bis Ende des Jahres seien diese sogar auf über 470 gestiegen. Damit aber habe Bertschi, sagt Abbas’ Anwältin, «in strafrechtlich relevantem Mass» gegen das Arbeitsgesetz verstossen.
Die Verantwortlichen der Grossbäckerei bestreiten das. Sie korrigieren die Zahl der fraglichen Überstunden in Stellungnahmen ein erstes und dann auch ein zweites Mal nach unten – bis sie schliesslich mit Verweis auf das laufende Verfahren erklären, sie könnten «zu diesem Einzelfall» nicht Stellung beziehen.
Daneben zog die Bäckerei ausstehende Zinsen und Kredite regelmässig von Abbas’ Lohn ab. So sackte dieser während Monaten unter das Existenzminimum – was auch das zuständige Sozialamt beanstandete. Beispielsweise erhielt Abbas Ende Juni 2018 für sich und seine vierköpfige Familie lediglich 129.20 Franken ausbezahlt. Damit bestehe der Verdacht, so seine Anwältin, dass Bertschi «in nötigender Art und Weise» gegen das Obligationenrecht verstossen habe. Dieses erlaubt Verrechnungen von Schulden nur bis zum Existenzminimum.
Auch da stellen die Verantwortlichen der Grossbäckerei ein Fehlverhalten weitgehend in Abrede. Bei den Abzügen habe es sich meistens um Lohnvorschüsse gehandelt, die dem Betroffenen schon zu einem früheren Zeitpunkt ausbezahlt worden seien. Das sei gesetzeskonform. Sie sagen aber auch: «In einigen wenigen Monaten wurden Löhne unter dem Existenzminimum ausbezahlt, weil Veränderungen bei den ausgerichteten Krankentaggeldern nicht zeitnah berücksichtigt werden konnten.» Es handle sich um einen Einzelfall. «Bei anderen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen sind uns keine vergleichbaren Fälle bekannt.»
Im Juli 2020 war Ahmed Abbas am Ende. Er konnte nicht mehr, er schaffte es nicht mehr in die Bäckerei, sein Arzt und seine Psychiaterin hielten in Attesten fest: «Arbeitsunfähig.»
Vier Monate später entliess ihn Bertschi.
Die Bäckerei schrieb im Mai 2021 in Abbas’ Arbeitszeugnis: «Er zeichnete sich als zuverlässiger, fleissiger und ausdauernder Mitarbeiter aus. Besonders hervorheben möchten wir seine grosse Flexibilität.»
Die Anwältin schrieb im März 2022 in ihre Strafanzeige: «Er arbeitete sich mit Überstunden buchstäblich krank. Noch immer befindet er sich in medikamentöser und psychischer Behandlung.»
Er selbst sagt heute: «Das war meine schlimmste Zeit. Alles war schwarz.»
14 Stunden Arbeit pro Tag?
Am ersten Freitag in diesem Juni strahlt die Sonne über Bertschi. Die Grossbäckerei hat ihren Sitz draussen im Klotener Hohrainli-Quartier. Ein paar hundert Meter sind es bis zum Flughafen, ein paar hundert Meter bis zur Kaserne, auf der nahen Unterland-Autobahn donnern Autos und Lastwagen vorüber.
Am Industriegebäude prangen ein «B» und ein Gipfel, es ist das Logo, das Bertschi schon während Jahrzehnten in Zürich benutzte. In einem Geschoss werden Bäckereiwaren hergestellt, in einem anderen Confiseriewaren, im ersten Stock befinden sich die Büros. Beim Haupteingang gibts eine Bäckerei und ein Café, neben dem Aufgang zum Obergeschoss hängt ein Schild: «Dieser Sektor wird per Video überwacht.»
In einem der Büros sitzt der Geschäftsführer, der die Grossbäckerei seit Juli 2020 leitet. Links von ihm hat Christoph Stutz Platz genommen, ein Anwalt der Zürcher Kanzlei Walder Wyss. Rechts von ihm sitzt Jürg Wildberger, Kommunikationsberater und ehemaliger Chefredaktor von «Weltwoche», «Facts» und TV3. Beide haben ein Mandat von Bertschi.
Zur Geschichte von Ahmed Abbas sagt der Geschäftsführer: «Das ist ein Einzelfall. Es gibt keine vergleichbaren Fälle.»
Ein Einzelfall?
Fest steht, dass die Grossbäckerei während Jahren Angestellten Geld geliehen hat – und noch heute leiht. Wie viele es sind, ist umstritten. «Lediglich ein tiefer einstelliger Prozentsatz aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat ein Arbeitnehmerdarlehen oder bezieht Lohnvorschüsse», sagt der Bertschi-Geschäftsführer. «Konkret sind es zwischen 15 und 20. Die Zahl war in den letzten Jahren immer etwa gleich.» Dass er in einem persönlichen Gespräch früher auch einmal von «30 bis 40 Fällen» gesprochen haben soll, bestreitet er heute.
Ein ehemaliger und sehr gut informierter Kadermann von Bertschi sagt zu den Krediten: «Natürlich gab es die. Da waren zeitweise x tausend Franken draussen.»
Auch andere gegenwärtige und ehemalige Mitarbeiter erzählen von den Darlehen und davon, wie diese und deren Zinsen von den Löhnen abgezogen worden seien. Und davon, wie viele Überstunden und Sonntagsarbeit die Betroffenen geleistet hätten. Einer sagt: «Nicht wenige arbeiteten 12 bis 14 Stunden pro Tag. Und nicht wenige 7 Tage pro Woche.»
Und sie beklagen, dass sie – wegen der ausstehenden Schulden – gar nicht anders gekonnt hätten.
Einer von ihnen ist Firas Jawad, der in Wirklichkeit ebenfalls anders heisst. Er, Vater zweier Kinder, arbeitete fünf Jahre lang bei Bertschi und erhielt in dieser Zeit von seinem Arbeitgeber immer wieder Kredite. Er brauchte das Geld unter anderem für seinen Sohn und seine Tochter, für ein Wohnungsdepot und für Steuern.
Heute erzählt der 39-Jährige: «Ich habe 3200 Franken pro Monat verdient. Davon wurden mir immer wieder ausstehende Kredite und Zinsen abgezogen. Um halbwegs genug Geld zu verdienen, musste ich unzählige Überstunden machen.» So habe er regelmässig an drei Sonntagen im Monat gearbeitet.
«Der Vorwurf trifft nicht zu»
Die Bertschi-Verantwortlichen bestreiten praktisch alle Vorwürfe. Der heutige Geschäftsführer sagt, man gewähre langjährigen Mitarbeitenden zur Überbrückung finanzieller Engpässe seit mehreren Jahren «Arbeitnehmerdarlehen» und «Lohnvorschüsse». Diese Darlehen und Vorschüsse würden aber nicht unter das Konsumkreditgesetz fallen. Zudem sei die Praxis 2019 eingeschränkt worden.
Daneben betont er: «Der Vorwurf, dass die Bäckerei Bertschi gegen die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes und des Gesamtarbeitsvertrags verstossen haben soll, trifft nicht zu. Wir halten die Bestimmungen vollumfänglich ein.» Bei der Bäckerei handle es sich um einen Gewerbebetrieb, deshalb gelte eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 50 und nicht von 45 Stunden. Das sei in diesem Zusammenhang wichtig.
Auch habe man Mehr- und Sonntagsarbeit im Rahmen der gesetzlichen und gesamtarbeitsvertraglichen Bestimmungen nur dann angeordnet, wenn dies betrieblich notwendig gewesen sei. «Der unterstellte Zusammenhang zwischen angeordneter Mehrarbeit und ausstehenden Darlehen besteht nicht. Von einer Nötigung oder einer Abhängigkeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kann keine Rede sein.»
Weiter sagt der Geschäftsführer: «Die Bäckerei Bertschi hat auf Wunsch von Arbeitnehmenden in einzelnen Fällen einen Teil des Lohnes als Vorschuss vor dem ordentlichen Lohnzahlungstermin ausbezahlt. Der ganze – zum Beispiel in zwei Tranchen – ausbezahlte Lohn lag nie unter dem Existenzminimum.»
Auch habe man den Stand der ausstehenden Darlehen gegenüber den Betroffenen immer genau ausgewiesen. Deshalb sei der Vorwurf des Betrugs «überhaupt nicht nachvollziehbar».
Einzig in einem Punkt räumt er Fehler ein. «In der Vergangenheit gab es wenige Einzelfälle, in denen von den Krankentaggeldern Sozialversicherungsbeiträge abgezogen wurden, obschon das nicht hätte erfolgen sollen.» Man habe das in der Zwischenzeit aber bereinigt.
Fest steht schliesslich, dass Bertschi für seine Darlehen seit Anfang 2022 nicht mehr wie früher Zinsen von 5 bis 6 Prozent verlangt, sondern nur noch von 0,25 Prozent. Darüber, warum das geschah, schweigt sich der Geschäftsführer aus.
Sein Vorgänger, der die Grossbäckerei bis im Juli 2020 leitete, will sich zu den Vorwürfen gar nicht äussern. «Ich habe mit dem nichts mehr zu tun», sagt er am Telefon. Er habe seinerzeit auch kaum je rechtliche Probleme gehabt.
«Kaum», denn mindestens ein rechtliches Problem gab es. 2015 rutschte in der Grossbäckerei die ungenügend gesicherte Metallklappe einer Abfallpresse auf den Kopf eines Mannes, der mit Malerarbeiten beauftragt war. Der 51-Jährige starb auf der Stelle. Aus diesem Grund wurde der ehemalige Sicherheitsverantwortliche der Bäckerei 2019 vom Bezirksgericht Bülach wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Fall noch immer hängig.
Hängig ist auch das aktuelle Strafverfahren der Zürcher Staatsanwaltschaft. Deshalb gilt für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung.
Und so bleibt, was der Geschäftsführer der Grossbäckerei im Gespräch mit der Republik auch noch sagt: «Der Erfolg der Bäckerei Bertschi beruht auf ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Hier ziehen alle am gleichen Strang.»
Und das, was die Grossbäckerei über sich auf der Internetseite von Aldi schreibt: «Wir fühlen uns der Tradition verpflichtet und glauben an das Bäcker-Handwerk. (…) Wir von der Bäckerei Bertschi nehmen uns diese Zeit, um nachhaltige Produktionen zu fördern. Denn wir glauben, dass man neue und bessere Wege finden kann, wenn man sich und sein Umfeld kritisch prüft.»
Zum Update: Bertschi macht Geschenke
Bertschi erhöht plötzlich flächendeckend die Löhne der Angestellten. Mit den Recherchen der Republik habe das selbstverständlich nichts zu tun. Hier gehts zum Update.