Heimliche Liebe und staatliche Repression
Es beginnt 1957 mit dem Mord an einem bekannten Komponisten, der sein Schwulsein verheimlichte. Dann: wieder ein Mord, wieder ein schwules Opfer. Die Behörden werden nervös – und jagen statt der Täter fortan schwule Männer. Die Podcast-Serie «Mord im Männermilieu» arbeitet sechs Mordfälle auf.
26.02.2022
Das Zürich der 1950er- und 1960er-Jahre. Sex unter Männern ist auf dem Papier legal – doch Schwule müssen ihre Liebe, Freundschaften und Sexualität heimlich ausleben. Als 1957 der berühmte Komponist Robert Oboussier getötet und posthum geoutet wird, stürzt sich die Presse aufs «Homosexuellenmilieu». Wenn in Zeitungen über schwule Männer geschrieben wird, dann im Kontext von Prostitution, Kriminalität und abnormalem Verhalten. Der Druck durch die aufgescheuchte Politik macht die Polizei nervös, sie beginnt ihr «Schwulenregister» zu füllen. Die Täter werden zwar meistens gefasst, die Gerichte übernehmen jedoch die Stimmungsmache der Medien – und vertauschen in den Prozessen zunehmend die Rollen: Tote Opfer werden zu mitschuldigen Tätern. Grund: Homosexuelle Männer seien Meister im Verführen.
Der Podcast «Mord im Männermilieu» fokussiert auf sechs Mordfälle an schwulen Männern in Zürich über einen Zeitraum von rund zehn Jahren. Auch wenn die Fälle nicht zusammenhängen, so sind sie doch durch einen feinen Faden miteinander verbunden. Sie geschehen im Kontext einer homophoben Gesellschaft, einer übersteuernden Polizei und sensationslüsternen Medien. Vor allem die Polizei geht unzimperlich mit der Szene um. Darüber berichten im Podcast auch Zeitzeugen, welche die damaligen Geschehnisse selbst zu spüren bekamen.
Zürich, die tolerante, offene Stadt? Davon war damals wenig zu spüren. Der Podcast zeigt, wie engstirnig und ängstlich die grösste Stadt der Schweiz einst war. Und wie die Verbohrtheit immer mehr Risse bekam, wie Menschen für sich und ihre Rechte einstanden und sich die Gesellschaft langsam verändert hat.
Die Crew hinter der Produktion
Folgende Personen und Institutionen haben die Realisierung der Podcast-Serie «Mord im Männermilieu» möglich gemacht:
Alexander Wenger ist Co-Autor dieses Podcasts und arbeitet als Journalist und Moderator. Er ist seit 2007 journalistisch tätig und schloss 2010 die Diplomausbildung an der Schweizer Journalistenschule MAZ ab. Als Realisator und Produzent drehte er diverse Fernsehformate wie «Üse Buurehof» (SRF), «LandLiebeTV» (Sat 1), «Die Schweiz umsonst» (3sat) oder «Princess Charming» (RTL+). Seit 2020 moderiert er den «Zurich Pride Podcast» auf Spotify und spricht mit seinen Gästen über LGBT-Themen.
Michael Rüegg, ebenfalls Co-Autor dieser Podcast-Serie, lernte Strafrecht und Strafvollzug als Kommunikationschef der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich kennen, bevor er 2012 selber in den Journalismus wechselte. Zuerst als Zürich-Redaktor und Kantonsratsberichterstatter für die AZ Medien (heute CH Media), seit dem Start der Republik als Autor und später Co-Chefredaktor des Online-Magazins. Seit Ende 2019 ist er als freier Mitarbeiter der Republik mit dem Format «Geschmacksache» auch deren Hauskulinariker, daneben Theaterautor und gelegentlich Ghostwriter.
Daniel Hobi hat die Musik komponiert und produziert und war für sämtliche Tonaufnahmen und den Schnitt verantwortlich. Er ist freischaffender Musiker, Komponist und Sounddesigner. Seit 2009 arbeitet er im eigenen Studio hauptsächlich an Filmvertonungen und an der Produktion von musikalischen Projekten. Er ist ausserdem Sänger, Gitarrist und Komponist der Band The Legendary Lightness.
Thomas Ott hat die Illustrationen gezeichnet. Ott lebt in Zürich und arbeitet als freischaffender Comiczeichner und Illustrator für internationale Zeitungen und Magazine. 2017 wurde er mit dem «Schweizer Grand Prix Design» für sein Lebenswerk geehrt. Sein neuestes Buch «Der Wald» ist erst kürzlich erschienen.
Mitwirkende der Republik: Intern wurde das Projekt betreut von Marco Di Nardo (Produktionsleitung), Patrick Venetz (Regie) und Sven Gallinelli (Artdirection).
Dieses Projekt wurde finanziell unterstützt durch: Rechercheetat von Project R, Heinrich Hössli Stiftung, Migros-Kulturprozent, Katholische Kirche im Kanton Zürich, Sebastiana-Stiftung und investigativ.ch: Recherche-Fonds der Gottlieb und Hans Vogt Stiftung.
Quellenangaben: Schwulenarchiv Schweiz; Schweizerisches Sozialarchiv; Staatsarchiv des Kantons Zürich; Stadtarchiv der Stadt Zürich; Schweizerisches Bundesarchiv; «Neue Zürcher Zeitung»; «Tages-Anzeiger»; «Blick»; «Die Tat»; «Neue Presse»; «Züri Woche»; «Appenzeller Zeitung»; NZ; NZN; «Basler Nachrichten»; Radio DRS; Polizeianzeiger; Bevölkerungsamt der Stadt Zürich; Familienforschung Glarus, «Das Genealogienwerk von Johann Jakob Kubly-Müller»; Tonhalle-Orchester Zürich; deutsche-biographie.de; Historisches Lexikon der Schweiz HLS; SUISA; Masterarbeit «Ein warmes Problem wird heiss» von Stefan Thalmann; «Krisen, Kritik und Sexualnot. Die ‹Nacherziehung› männlicher Jugendlicher in der Anstalt Aarburg (1893–1981)» von Kevin Heiniger; olympics.com.