Der Pressante

Bis vor kurzem hatte Fredy Bayard keine Ahnung vom Medien­geschäft. Heute gehören ihm drei Zeitungen, zwei Radio­stationen und ein TV-Sender. Das Medienpaket könnte ihm Subventionen in Millionen­höhe bescheren. Warum löst das bei ihm nur ein Schulterzucken aus?

Von Philipp Albrecht (Text), Joan Minder (Bilder) und Elena Xausa (Illustration), 10.02.2022

Dass es Fredy Bayard nicht so mit der Geduld hat, darüber wurde man vorgewarnt. Doch beim Sprint durch sein Verlags­haus wird klar, warum er Jogging­schuhe trägt. Nach einem Schwatz in der Druckerei gehts runter in den Keller, rauf in den zweiten Stock, wieder runter in die Redaktion. Und bevor man sich die Schweiss­perlen vom Gesicht wischen kann, hat Bayard schon je dreimal Management-Buy-out und Geschäfts­modell gesagt.

Drei Jahrzehnte lang hat der heute 59-jährige Walliser Kleider für den Mittel­stand verkauft – zuerst nur in Visp, später im ganzen Land. Und als er etwas Neues machen wollte, überliess er die Firma seinen Führungs­kräften und wurde Verleger. Er übernahm die Mengis-Gruppe in Visp und drei Jahre später die Gassmann-Gruppe in Biel. Fast 500 Leute arbeiten inzwischen für Bayard, schreiben für den «Walliser Boten», das «Bieler Tagblatt» und das «Journal du Jura» oder senden für TeleBielingue, Canal 3 oder Radio Rottu.

Von der Mode­branche ins Verlags­geschäft: Unternehmer Fredy Bayard.
«Alle sagten, es sei sehr schwierig, in dem Metier Geld zu verdienen»: Bayard auf der Redaktion von Gassmann Media in Biel.

In seiner Person treffen Neugierde und Verschmitztheit auf eine beneidens­werte Affinität für Zahlen. Nachdem er die Geschäfts­bücher der Mengis-Gruppe studiert habe, sei für ihn kein Zweifel geblieben, dass eine profitable Zukunft in der Medien­branche möglich sei, sagt er.

Doch während viele seiner Mitbewerber ihre Gewinne mit dem Abbau von Personal erreichen, macht er genau das Gegenteil: Er investiert. «Heute arbeiten 15 Prozent mehr Leute hier als vor meiner Zeit», sagt Bayard, während er durch die Gänge eilt.

Keiner dieser Patrons

Die langjährige Mode­kompetenz ist bei Fredy Bayard augen­scheinlich: Er ist der lebende Gegen­beweis zur verbreiteten Vorstellung, dass Männer um die sechzig keine Sneakers, Stretch­jeans und Daunen­jacken tragen sollten. Wer dem Mann im zwanglosen Outfit hinterher­rennt, denkt zuletzt an einen Patron. Bayard verkörpert vielmehr die Idee des modernen, unabhängigen Verlegers, der mit seinen Medien gegen die Grossen besteht, die alles aufkaufen und fusionieren, was sie kriegen können.

Doch ausgerechnet im Abstimmungs­kampf zum Medien­paket will er nicht in den Kanon der Schweizer Verleger­schaft einsteigen. Nachdem einige von ihnen am Branchen­kongress «Swiss Media Forum» Ende September des letzten Jahres flammende Reden für die Vorlage gehalten hatten, wich Bayard, auf der Bühne darauf angesprochen, aus – und sagte: «Ich muss mich noch damit beschäftigen», während seine rechte Hand die Stuhl­lehne suchte und sich die Finger der linken unkontrolliert aneinander­rieben.

Vier Monate später verweigert er weiter eine Antwort darauf, ob er dafür oder dagegen ist. Nicht nur, weil er sich weder von der Ja- noch von der Nein-Seite vereinnahmen lassen will. Es fehlt ihm auch das Feuer für die Forderung nach staatlicher Hilfe. Oder besser: für noch mehr Staatshilfe. Denn ohne sie liessen sich sein TV-Kanal und seine Radio­sender gar nicht erst betreiben.

Doch jenes Geld, das aus dem Gebühren­topf an Fernseh- und Radio­stationen fliesst, hat wenig mit der neuen Vorlage zu tun. Nun soll es darum gehen, kleine regionale Zeitungen und Online­portale vor dem Aus zu retten. Genau da fühlt sich Bayard aber nicht angesprochen. «Ich bin bemüht, so gut wie möglich ein Geschäfts­modell aufzubauen, das funktioniert», sagt er. «Und beim ‹Walliser Boten› scheint es zu funktionieren.»

Das kleine Medien­wunder im Oberwallis

Bayard ist vernarrt in die Vorstellung, eine Firma zur Blüte zu bringen, um sie dann den Mitarbeitenden zu übergeben. «Ich denke, in einem Jahr bin ich hier so weit», sagt er am Ende des schweiss­treibenden Rundgangs in Visp. Fredy Bayard spricht wieder vom Management-Buy-out, dem Kauf einer Firma durch dessen Management – es ist die seltenste der drei klassischen Nachfolge­regelungen bei Schweizer Unternehmen. Deutlich öfter (in 41 Prozent der Fälle) kommen der inner­familiäre Nachwuchs oder externe Käuferinnen (40 Prozent) zum Zug.

Schon bei Mode Bayard, dem Familien­unternehmen, das er gemeinsam mit seiner Frau in dritter Generation betrieben hat und von einer auf 75 Filialen ausbaute, gabs ein Management-Buy-out. Genauso wie später bei den drei Druckereien, die er zusammen mit dem Medien­haus der Familie Mengis abkaufte, auslagerte und fusionierte. Und sollte in einem Jahr das geplante Management-Buy-out des restlichen Unternehmens ebenso klappen, wird er es später wohl auch in Biel wieder tun.

Mit der Tatsache, dass er keine Kinder habe, an die er seine Unternehmen vererben könne, habe seine Faszination für Management-Buy-out nichts zu tun, sagt er. Ihn treibe die Vorstellung an, gemeinsam mit cleveren Leuten einer Idee zum Erfolg zu verhelfen. Wenn das Geschäfts­modell nachhaltig läuft, zieht er sich aus dem Tages­geschäft zurück und verkauft die Mehrheit der Anteile an die Mitarbeitenden – seine wichtigsten Verbündeten: «Ich bin nicht brillant, aber ich kann gut mit Menschen. Für ein gutes Produkt brauchst du letztlich immer die guten Leute, egal, welches Business.»

Zum «Walliser Boten» kam er zufällig. Nach dem Verkauf der Mehrheit der Modekette 2017 hatte er erst eine Auszeit genommen und sich in Lausanne auf den Pilgerweg in Richtung Rom begeben. Nach zwei Monaten auf Wanderung brach er in der Toskana ab und kehrte heim, wo er jeden Abend seine Frau bekochte, die weiterhin das Tages­geschäft von Mode Bayard lenkte. Als der Hobbykoch nach einer Weile schon morgens zu fragen begann, was sie zum Abend­essen wolle, legte sie ihm nahe, nach einer neuen Heraus­forderung Ausschau zu halten.

Daraus wurde ein kleines Medien­wunder im Oberwallis. In einer Region, deren Zeitungs­leserinnen laut einer Umfrage am liebsten die Todes­anzeigen lesen.

Vier Jahre nachdem Bayard der zuletzt glücklosen Familie Mengis die Nachfolge­regelung abnahm, steht er schon fast am Ziel. Er brachte Zeitung und Radio physisch und digital zusammen, beerdigte das Gratisblatt «Rhone-Zeitung», stellte neue Leute ein, erhöhte die Löhne der Radio­journalistinnen, hievte erstmals in der Geschichte eine Frau in die Chef­redaktion des «Walliser Boten» – und digitalisierte die Todesanzeigen.

Sein Tempo schien im Haus keinen zu stören. Im Gegenteil: Bayard steckte von Anfang an die Leute mit seiner Aufbruch­stimmung an, wie man aus der Redaktion hört. Die Chemie stimmte, auch weil er ständig präsent war, während man früher die Verleger bestenfalls beim Jahres­empfang traf. Zu Beginn beschäftigte er sich haupt­sächlich mit der Verlagerung der Kanäle ins Internet, was schliesslich dazu führte, dass der gesamte journalistische Output in einer App konzentriert wurde. Sie trägt den Namen der Strasse, an der das Verlags­gebäude steht: Pomona, die römische Göttin der Baum­früchte. Der «Walliser Bote» taucht digital nur noch als E-Paper auf.

Heute sind knapp 60’000 Userinnen registriert. Angesichts der 83’000 Menschen im Oberwallis ein elysischer Markt­anteil. Jeden Monat kommen im Schnitt 1000 neue dazu. Das Unternehmen ist schulden­frei und schreibt Gewinne; Bayard hat seine Investitionen wieder eingespielt und nebenbei etwas geschafft, womit sich andere Zeitungen seit vielen Jahren abkämpfen: die zahlende Leserschaft ins Internet zu überführen.

Wer braucht da noch Subventionen für das Austragen der gedruckten Zeitung?

Pro in Biel, Kontra in Visp

So einfach ist das nicht, sagt Sophie Hostettler, publizistische Leiterin bei Gassmann Media und Bayards wichtigste Mitstreiterin in Biel: «Schon vor fünfzehn Jahren hatte man voraus­gesagt, dass es in zehn Jahren keine Zeitung mehr geben wird, aber noch immer liest der grösste Teil unserer Abonnenten die Inhalte in gedruckter Form.» Hostettler ist Verfechterin des Medien­pakets, über das am 13. Februar abgestimmt wird.

Bayard selbst will nicht über das Politische sprechen und lässt lieber die Pro- und die Kontra-Seiten seiner Medien­managerinnen zu Wort kommen. Ganz nach seinem obersten Credo, dass in seinen Kanälen keiner publizistisch ausgeschlossen wird, oder wie er es nennt: «Wir lassen alle Glocken läuten.»

Hostettler machte Beiträge für TeleBärn und war zuletzt Programm­leiterin bei TeleBielingue. Seit September teilt sie sich im Gassmann-Verlags­haus direkt am Bahnhof Biel ein Büro mit Bayard. Umringt von den Arbeits­plätzen der Journalisten, die alle auf einem Stock Platz finden, setzt sie nun seinen Plan um.

«Ich mache mir Sorgen um die Medien­vielfalt in der Schweiz», sagt sie und verweist auf den Verlust der Inserate, die ins Internet abgewandert sind: «Kleine Lokal- und Regional­zeitungen verloren in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren Werbe­einnahmen von bis zu 80 Prozent des Umsatzes. Das ist gigantisch.»

Hostettlers Kollege Herold Bieler, publizistischer Leiter in Visp und einer, der trotz drei Jahrzehnten bei derselben Zeitung ein unverhofftes Mass an Interesse und Neugier an den Tag legt, widerspricht ihr von der anderen Seite des Lötschbergs. Ihm missfällt das Giesskannen­prinzip: «Dass man den Kleinen helfen will, finde ich grundsätzlich gut. Aber warum muss man gleichzeitig Millionen an Ringier, Tamedia und NZZ überweisen?»

Er spüre den Missmut vieler Menschen im Oberwallis gegenüber der Vorstellung von staatlich unterstützten Zeitungen und News­portalen, gerade bei den Jungen. Die Förderung würde darum die Gefahr bergen, dass man den «Walliser Boten» in der Bevölkerung nicht mehr als unabhängige Zeitung wahrnähme. «Die Sache mit der Unabhängigkeit würde immer irgendwo unterschwellig mitlaufen», sagt er.

Einig sind sich Hostettler und Bieler einzig bei der Frage, ob eine kantonale Medien­förderung nicht die bessere Lösung für Regional­zeitungen sei. «Ein No-Go», sagt er. Die Gefahr der Abhängigkeit von der Kantons­regierung wäre viel zu gross. «Der Horror», sagt sie. Jeder Kanton könnte dann andere Spiel­regeln für die Medien­förderung festlegen.

2 bis 3 Millionen aus dem Fördertopf

Bayard beteiligt sich nur passiv an den Gesprächen, serviert Kaffee, lässt sich draussen vom Fotografen ablichten, öffnet Postpakete, kommt und geht. Doch irgendwann, beim Gespräch mit Bieler in Visp, muss doch etwas raus: «Es liegt nicht an mir, andere Medien zu beurteilen, aber meine Motivation, das hier zu machen, ist eine rein unternehmerische. Alle sagten, es sei sehr schwierig, in dem Metier Geld zu verdienen. Ich hatte Lust, es zu versuchen, und finde es wichtig, dass die Region selbst­ständige Medien hat. Wenn man die richtigen Voraus­setzungen hat, ist das ohne Subventionen möglich.»

Nach eigener Schätzung würden seine beiden Verlage von 2 bis 3 Millionen Franken Staats­hilfe profitieren. Wenn Bayard darauf verzichten und nicht noch mehr eigenes Geld investieren will, muss er das Tempo beim Leser­wechsel von Print auf Digital erhöhen. Schafft er das nicht, könnten seine Blätter mit dem Medien­paket immerhin wertvolle Zeit gewinnen, wie ein Blick auf die Zeitungs­verteilung zeigt.

So kostet es heute den «Walliser Boten» 1,4 Millionen Franken pro Jahr, um die Hälfte der Auflage mit eigenen Leuten per Früh­zustellung zu verteilen. Das Verteil­gebiet erstreckt sich über 80 Kilo­meter vom Obergoms bis nach Salgesch. «Bis die 700 bis 800 Zeitungen bei den Abonnentinnen im Obergoms ankommen, sind mehrere Leute ein paar Stunden unterwegs», sagt Bieler.

Die andere Hälfte wird mit der Post versandt, die in gewissen Dörfern erst am Nachmittag ankommt. Diese Zustellung wird heute schon durch die Presse­förderung mit 29 Rappen pro Exemplar vergünstigt. Bei einem Ja zur Vorlage würde auch die Früh­zustellung gefördert. In welcher Höhe, ist noch nicht bestimmt. Aber es ist ein Element der Vorlage, das selbst Bieler begrüsst.

Bei den Blättern im Berner Jura ist die Situation ähnlich. Je dünner besiedelt das Einzugs­gebiet, desto teurer ist es, die Zeitung frühmorgens zu verteilen. «Die Früh­zustellung ist ein Bedürfnis der Leute. Viele erhalten die Zeitung erst am Mittag mit der Post, würden sie aber gerne am Morgen zum Kaffee lesen», sagt Sophie Hostettler. «Das Medien­paket würde das unterstützen.»

Geld verdienen statt Politik machen

Später, im Zug nach Biel, nachdem die surreal leuchtenden weissen Berg­gipfel vom Schwarz des Lötschberg­tunnels verschluckt worden sind, verfinstert sich auch Bayards Miene leicht, als er gefragt wird, was ihn an der Medien­branche am meisten überrascht habe. «Wie kommt es, dass hier so wenig von der Kundschaft aus gedacht wird? Ich meine nicht nur den Werbe­kunden, sondern auch die Abonnenten: Was wollen sie? Welchen Nutzen ziehen sie aus dem Produkt? Im Vergleich zum Detail­handel werden diese Fragen viel zu selten gestellt. Das muss man unbedingt verbessern.»

Bayard hat sich für eine Branche entschieden, die nach anderen Gesetzen funktioniert, mit einer Käuferschaft, der man nicht alle paar Wochen neue Produkte vorlegen kann, und einer Konkurrenz, die noch andere Interessen verfolgt als den Verkauf von Informationen und Unterhaltung.

Dass Verleger­familien einen gewissen gesellschaftlichen Status genössen, interessiere ihn nicht, sagt er. Und in seinen Kanälen politische Ziele zu verfolgen, kommt nicht infrage. Er sieht keine Alternative zur fairen politischen Debatte, die er aus seinem Eltern­haus kennt. Seine inzwischen 95-jährige nord­italienische Mutter hatte als Partisanin gegen den Faschismus gekämpft, war dann nach Visp geflüchtet, wo sie mit dem Besitzer eines Mode­hauses fünf Mädchen und zuletzt einen Buben hatte – sie brachte neue Perspektiven in das katholisch-konservativ geprägte Oberwallis.

«Man kann Fredy Bayard politisch nicht verorten», sagt Michel Venetz, stellvertretender Chef­redaktor bei Radio Rottu. «Er ist ein Oberwalliser, der etwas von Zahlen versteht, mit Medien Geld verdienen will und die Journalisten ihre Arbeit machen lässt.»

«Ich bin nicht brillant, aber ich kann gut mit Menschen. Für ein gutes Produkt brauchst du letztlich immer die guten Leute»: Fredy Bayard.

Bayard hat seine Medien­häuser von Familien übernommen, die mit dem Geschäft nichts mehr anzufangen wussten. Nach Spar­runden und Fehl­investitionen blieb ihnen nur noch die Frage, welchem der Grossverlage die Arbeits­plätze, die Druck­maschinen und die TV-Studios überlassen werden sollten. Mit der Gefahr eines radikalen Stellen­abbaus und dem Verlust regionaler Bericht­erstattung zugunsten einheitlicher Inhalte, die dann in Zürich, Bern oder Aarau produziert werden.

Da kam einer wie Bayard genau richtig. Beim Verkauf des «Walliser Boten» 2018 freuten sich die Beteiligten, dass die Unternehmung in Oberwalliser Hand bleibe (obwohl Bayards seit vielen Jahren in Bern wohnen). Aus Biel ist wiederum überliefert, dass Patron Marc Gassmann, der seinen Kindern die Übernahme des 175-jährigen Familien­betriebs nicht schmackhaft machen konnte, auf gar keinen Fall an einen Grossen wie den TX-Konzern verkaufen wollte. Der Käufer war ihm wichtiger als der Preis. Beim entscheidenden Treffen nannte Gassmann eine Zahl, und Bayard gab ihm die Hand.

Fredy, der Kollege

«Ein Schnäppchen wars aber nicht», sagt der Käufer, der mit Gassmann Still­schweigen über den Preis vereinbart hat und sich seit einem Jahr bemüht, das kleine Wunder von Visp zu wiederholen. Die Stellen­zahl ist im Moment stabil, einzig die Finanzen und das HR wurden aus Effizienz­gründen nach Visp verschoben.

Wenn die Entwicklung der Abozahlen mitmacht, will Fredy Bayard im journalistischen Bereich ausbauen, so wie er es auch in Visp getan hat. Von dort stammen zudem die Software für das neue Redaktions­system und die App, die im Frühling erscheinen soll. Im Vergleich zur Erfolgs-App von Pomona wird sie leichte – regional­bedingte – Unterschiede aufweisen: «Die Kultur­agenda ist in Biel viel wichtiger», sagt Bayard. «Dafür die Todes­anzeigen weniger.»

Hier springt der Funke weniger schnell als in Visp. Die Angestellten müssen sich erst daran gewöhnen, regelmässig auf einen gut gelaunten Verleger in Pulli und Jeans zu treffen. «Er gibt sich aktiv Mühe, den Leuten zu begegnen, hält Small Talk, fragt sie, wie es ihnen geht, und bietet das Du an, was einige auch etwas überfordert», erzählt eine Mitarbeiterin. «Herrn Gassmann sahen wir vielleicht einmal pro Jahr am Weihnachts­essen, wo er eine Rede hielt. Nichts lag da ferner als die Vorstellung, den Patron zu duzen.» Der Fredy wiederum mache einen auf Kollege, und man hoffe, dass er das auch sei.

Zumindest können die Journalistinnen in Biel davon ausgehen, dass er mit ihnen am gleichen Strang zieht. Uneinig sind sie aber bei der Frage, ob das aus eigener Kraft gelingt oder ob es dazu staatliche Hilfe braucht.

Er wolle sich nicht mit der Medien­förderung beschäftigen, sagt Bayard. Wenn das Geld komme, komme es halt. «Aber ich bin nicht der Meinung, dass ich ein Geschäfts­modell aufbaue, das auf Subventionen beruht, sondern eines, das langfristig hält. Ich weiss nicht, wie das bei anderen Medien ist, aber für mich ist das der Anspruch als Unternehmer.»

Bei anderen Medien ist es so: Verleger­familien verlangen von ihren Titeln hohe Renditen, während gleichzeitig die Werbe­einnahmen schrumpfen. Die Werbung ist in der Zwischen­zeit nicht nur zu Facebook und Google abgewandert, sondern auch zu den Anzeigen­portalen, die unter anderem Ringier und der TX Group gehören und hohe Profite generieren. Gleichzeitig erklärt etwa TX-Präsident Pietro Supino in seinem «Tages-Anzeiger», dass es eine gute Sache sei, Subventionen vom Staat zu erhalten.

Sich im «Walliser Boten» ähnlich politisch äussern? Bayard würde nicht im Traum daran denken. «Fredys Meinung interessiert im Oberwallis keinen», sagt Herold Bieler. «Darum lassen wir ihn in der Zeitung auch nicht zu Wort kommen.»

Und Bayard lacht herzhaft: «Wenn ich das nächste Mal in der Zeitung erscheine, ist es meine Todesanzeige.»

Zur Transparenz

Von der staatlichen Medien­förderung, über die das Schweizer Stimm­volk am 13. Februar abstimmt, würde auch die Republik profitieren. Wie viel Geld sie erhielte, ist derzeit unklar. Klar ist: Über die Frage, ob sie das Geld überhaupt annehmen würde, müsste die Verlegerschaft entscheiden. Genauso haben wir die Entscheidung, welche Parole Project R, die Genossenschaft hinter der Republik, zum Medien­gesetz fassen soll, an die Verlegerschaft delegiert. Die Befragung ist abgeschlossen, hier finden Sie die Ergebnisse.