Eine Ära geht zu Ende
Der erste Genossenschaftsrat von Project R hat sich zu seiner letzten Sitzung getroffen. Was war, was bleibt und was kommt: Eine Bilanz mit einem Ausblick und ein bisschen Melancholie.
Von Nina Scheu (Text) und Nick Lobeck (Bilder), 25.11.2021
Liebe Verlegerinnen, liebe Verleger and everyone beyond
So schnell können drei Jahre vergehen, trotz Stillstandsgefühlen in der Pandemie, im Lockdown, im Homeoffice. Er habe den Rat als Kraftort wahrgenommen, meinte ein Genossenschaftsrat rückblickend auf seine erste Amtszeit bei der letzten Sitzung vor den Neuwahlen.
Das grosse Wort war wohl auch einer gewissen Melancholie geschuldet, die jedes Ende begleitet. Ansonsten war Ende Oktober erstaunlich wenig von Abschied die Rede an dieser letzten Sitzung des ersten Genossenschaftsrats von Project R.
«Die erste Legislatur neigt sich ihrem Ende zu», wollte ich zuerst salbadern. Aber eine Legislatur ist die Amtsperiode des Genossenschaftsrats ja eben gerade nicht: Es werden keine Gesetze erarbeitet und verabschiedet, sondern Vorschläge und Projekte ausgetüftelt, es wird erläutert, debattiert und unterstützt. Und selbst wenn es um Regeln geht, wie beispielsweise bei der Statutenänderung im vergangenen Jahr, so liegt es doch in der Hand von Ihnen, liebe Verlegerinnen und Verleger, was davon umgesetzt wird. Sie sind es, die letztlich über die Grundfesten der Project R Genossenschaft ab- und bestimmen. Über die Grundfesten jener Genossenschaft, welche die Republik herausgibt und diese durch alle Hochs und Tiefs begleitet.
Was tut der Genossenschaftsrat von Project R? Und wer ist darin vertreten? Hier erfahren Sie das Wichtigste auf einen Blick, und hier sehen Sie, wie Project R und die Republik zusammenhängen.
Die Republik ist ein sehr junges und bisher trotz Krisenmomenten ein enorm erfolgreiches Start-up. Nach nur 3,5 Betriebsjahren kann ein Überschuss von 1,1 Millionen Franken ausgewiesen werden. Trotzdem ist das Projekt noch nicht in trockenen Tüchern. Denn die Abhängigkeit von der Zahl der Zahlenden ist gross, auf ihr basiert das gesamte werbefreie Geschäftsmodell.
Umso erfreulicher ist es, dass die Republik mit aktuell über 29’500 Mitgliedern und Abonnentinnen bereits selbsttragend ist. Doch die Gunst der Lesenden ist volatil, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, wäre fatal. Ausserdem bin ich überzeugt, dass das Potenzial noch viel grösser ist. Bis also unser Flaggschiff in sichereren Gewässern segelt, gibt es für den Genossenschaftsrat noch viel zu tun, viel Unterstützung zu leisten, viele Ideen auszuhecken.
Davor nun doch ein Hauch von Rückblick und Nostalgie (und Stolz): Fünf Ziele hatte sich unsere Präsidentin, Tanja Messerli, vor der allerersten Genossenschaftsratssitzung gesetzt, und alle fünf hat sie, haben wir erreicht:
«Dass wir dableiben»: Ja, es gibt sie noch, die Republik und Project R und den Genossenschaftsrat. Das war zu Beginn unserer Amtszeit noch alles andere als klar. Fast alle Ratsmitglieder blieben für die gesamte Amtsdauer engagiert dabei: Nur fünf von ihnen haben den Rat vor Ablauf ihrer Amtszeit verlassen, weil sie sich für andere Ämter engagierten, ihren Wohnsitz verschoben oder auch, es muss gesagt sein, weil sie sich im Tonfall der Covid-Berichterstattung nicht wiederfinden konnten.
«Dass wir sichtbar werden»: Der Rat war und ist für die Mitglieder der Project R Genossenschaft sichtbar. Sei es, weil sich seine Mitglieder in den Debatten beteiligen, sei es, weil Berichte wie dieser auf der Website veröffentlicht und von den Verlegerinnen kommentiert und manchmal auch debattiert werden.
«Dass unsere Motivation erhalten bleibt»: Mehr als das – unsere Motivation ist ebenso erhalten geblieben wie die Genossenschaft und die Republik. Ja, alle drei sind sogar gewachsen.
«Dass unsere Arbeit der Republik dient»: Hehre Vorsätze, die wir hoffentlich erfüllen konnten. Dies zu beurteilen, liegt jedoch an Ihnen, liebe Verlegerinnen und Verleger.
«Dass unser Auftrag in jeder Situation transparent und für unsere Nachfolgerinnen nachvollziehbar sein wird»: Damit dies gesichert ist, haben wir alle Dokumente, die in den Arbeitsgruppen des Genossenschaftsrats erarbeitet wurden, sorgfältig archiviert, damit sie auch künftigen Ratsmitgliedern zur Verfügung stehen.
Denn ja, es gilt, die Nachfolge zu regeln. Fast die Hälfte der bisherigen Genossenschaftsratsmitglieder stellt sich für eine zweite Amtsperiode zur Verfügung (und ermöglicht damit, dass das erarbeitete Wissen nicht verloren geht). Insgesamt haben sich 115 Interessierte gemeldet auf den Aufruf, zu kandidieren, und 46 davon haben sich zur definitiven Kandidatur um einen der 30 verfügbaren Plätze im Genossenschaftsrat entschlossen.
Die Wahl liegt nun bei Ihnen, liebe Verlegerinnen und Verleger – wir sind gespannt auf Ihre Entscheidung.
Entscheiden Sie als Verlegerin der Republik über die Zukunft des gemeinsamen Unternehmens. Auf der Wahlplattform erhalten Sie alle nötigen Informationen.
Der neue Rat wird sich neu zusammenraufen. Einige Arbeitsgruppen werden wohl weiterbestehen, andere vielleicht auf Eis gelegt und neue gegründet. Nur eines ist sicher: Langweilig wird es weder den eventuell wiedergewählten bisherigen noch den neuen Genossenschaftsratsmitgliedern.
Zu den schon fast routiniert ins Auge gefassten Aufgaben der Sitzung vom 30. Oktober – der siebten, seit es den Rat gibt – gehörte die Stellungnahme zu Geschäfts- und Risikobericht, Jahresrechnung und Budget als Empfehlung zuhanden der Urabstimmung, die nach kurzer Fragerunde einstimmig verabschiedet wurden. Ebenso einstimmig empfahl der Rat die Wiederwahl der Revisionsstelle, zumal ein frischer Blick auf die Unterlagen schon dadurch garantiert ist, dass die Personen, welche bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO für uns zuständig sind, gewechselt haben.
Länger dauerte die Diskussion um die Erweiterung und Neubesetzung des Project-R-Genossenschaft-Vorstands und die Vorstellung der neu für diesen Vorstand Kandidierenden Regina Meier, Alfonso von Wunschheim und Constantin Seibt. Die Argumente zur Vergrösserung des Vorstands fanden ebenso einhellige Zustimmung wie die Kandidierenden. Nachdem der bisherige Vorstand vor allem mit dem Erhalt und phasenweise gar der Rettung des Projekts Republik beschäftigt gewesen war, sagte Vorstandsmitglied Peter Schmid zum Abschluss, der neue Vorstand könne jetzt den Blick nach vorne richten und Neues denken.
Schöne Worte, die auch für den neuen Genossenschaftsrat gelten. Wir «Alten» schauten an unserer letzten gemeinsamen Sitzung noch ein bisschen selbstzufrieden zurück (der amüsanten Fotoshow von Nick Lobeck sei Dank) – und zuversichtlich nach vorn.