Sieben Statistiken zum Geschäft der Republik – Covid-Edition
Was wird in der Republik am meisten gelesen? Und wie überzeugen wir Menschen, dafür zu bezahlen? Klicks, Verkäufe, Kündigungen – die wichtigsten Zahlen zum Jahr 2020.
Von Oliver Fuchs und Thomas Preusse, 05.03.2021
Das Geschäftsprinzip der Republik in zwei Worten: Journalismus kostet. Im Covid-Jahr mit Fussnote: Auch kostenlos kann sich rechnen.
Etwas ausführlicher: Die Republik finanziert sich durch ihre Leserinnen – und nicht über Werbung. Neue Leser gewinnt sie mit brauchbarem Journalismus. Und wenn dieser in einer Ausnahmesituation bequem und gratis zu ihnen kommt, dann honorieren sie das auch mit Geld.
Einmal im Jahr wollen wir tief in den Maschinenraum des Unternehmens schauen. Die erste Ausgabe bezog sich auf alle Daten vom Launch im Jahr 2018 bis zum Stichdatum Anfang Februar 2020.
Diese Auswertung ist nun voll und ganz auf 2020 fokussiert.
Welche Beiträge waren besonders erfolgreich (und wie messen wir das)?
Wann kommt unser Publikum zu uns und woher?
Wie viele Menschen haben wir erreicht?
Und wie sind die Mitgliederzahlen gewachsen?
Wer ist schon lange dabei, und nimmt die Zahl an treuen Mitgliedern zu?
Wer verlässt uns und wieso?
Wie steht es um die Einnahmen und um Ihre Grosszügigkeit?
Diese Auswertung basiert auf den Daten aus unserem selbst betriebenen Analytiktool Matomo und aus unserer Kundendatenbank.
Wer was klickt, erhebt Matomo anonym, und es kann nur statistisch ausgewertet werden – es ist kein Rückschluss auf die Person möglich. Die Registrierungen, Abo-Abschlüsse, Kündigungen und Einnahmen aus der Kundendatenbank sind auf eine Person zurückführbar. Hier werden sie aber nur statistisch ausgewertet.
1. Die erfolgreichsten Beiträge der Republik?
Wir lernen immer noch, was ein «erfolgreicher» Republik-Beitrag eigentlich ist. Da sich die Republik nicht über Werbung finanziert, sind reine Klicks bei weitem nicht alles. Trotzdem helfen viele (neue) Blicke ins Magazin natürlich dem Mitgliederwachstum.
Um ein Republik-Mantra zu zitieren: Der beste Journalismus nützt nichts, wenn ihn niemand sieht.
Wenn Sie die Auswertung vom letzten Jahr gelesen haben, dann werden Ihnen zwei Beiträge auf dieser Liste bekannt vorkommen. Der Zweitplatzierte von damals steht jetzt sogar ganz oben auf dem Podest: das Interview mit dem Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, über den Fall Assange.
Wie kann das sein?
Der uninteressante Teil der Antwort: Die letzte Auswertung bezog sich auf die Publikationen bis Ende Februar 2020. Das Interview erschien im Januar und wurde entsprechend schon berücksichtigt.
Der interessantere Teil der Antwort ist, dass dieses Interview einen publizistischen Grundsatz der Republik sehr gut erfüllt: Nicht den ersten Beitrag zu einem Thema liefern, dafür den definitiven. In diesem Fall auch noch zu einem Thema, das damals weitgehend aus dem Fokus der öffentlichen Debatte verschwunden war. Der Beitrag ging mehrfach, tagelang und weit über die Schweiz hinaus «viral». Gut ein Drittel der Klicks kamen via Facebook (für unsere Verhältnisse ist das sehr hoch), und die Mehrheit der Leserinnen stammte aus Deutschland.
Ähnlich die beiden Beiträge zum Coronavirus. «Das Coronavirus geht um» erschien am 28. Februar, drei Tage nach der Meldung über den ersten bestätigten Fall in der Schweiz. Die 15 pragmatischen Antworten auf die Frage, was da auf uns zukommt, trafen im Ton und der Detailtiefe einen Nerv. Und «Im Fall von Panik» (kurz vor dem Schweizer Shutdown publiziert) profitierte neben dem Timing auch davon, dass ihn die Lese-App Pocket seinen Millionen von Nutzerinnen als besonders lesenswert empfahl.
Ich will es genau wissen: Wie wird die Republik ausserhalb der Schweiz gelesen?
Alle fünf der meistgelesenen Beiträge hatten einen beträchtlichen Anteil an Leserinnen in den deutschsprachigen Nachbarländern. Hier die Aufstellung:
Interview zu Assange: 64 % aus Deutschland, 17 % aus der Schweiz, 11 % aus Österreich
Im Fall von Panik: 76 % aus Deutschland, 20 % aus der Schweiz, 2 % aus Österreich
Coronavirus geht um: 63 % aus der Schweiz, 22 % aus Deutschland, 10 % aus Österreich
Der kalte Tech-Krieg: 92 % aus Deutschland, 5 % aus der Schweiz, 1 % aus Österreich
Interview mit Mike Davis: 48 % aus der Schweiz, 34 % aus Deutschland, 15 % aus Österreich
Sie sehen: Das Interesse aller Besucherinnen deckt sich nicht schlecht mit jenem der zahlenden Republik-Mitglieder. Drei von fünf Beiträgen kommen in beiden Listen vor. Die anderen zwei spielen in den USA. «Die Prophezeiungen von Q» ist eine aus dem Englischen übersetzte Reportage aus dem Magazin «Atlantic». Und in «Amerikanisches Roulette» widmete sich Constantin Seibt den US-Wahlen und Donald Trump.
In kaum einen Aspekt des Magazins haben wir seit dem Launch mehr Denkarbeit und Ressourcen investiert als in den Dialog. Der Lohn dafür ist eine so angeregte wie konstruktive Debattenkultur.
Besonders zu reden gaben 2020 wenig überraschend das Virus und der Umgang damit. Und ausserdem (Platz 2): Sinn oder Unsinn der Helmpflicht.
Alle fünf E-Mails in dieser Liste sind Covid-19-Uhr-Newsletter. Er ist gratis und liefert jeden Abend brauchbare Informationen zur Pandemie, allen, die das möchten. Während der ersten Welle erschien der Newsletter von Montag bis Freitag, von Mitte März bis Mitte Juni. Die zweite Staffel begann im Oktober – und läuft bis heute.
Unterdessen öffnen um die 33’000 Abonnentinnen diesen Newsletter jeden Tag – eine stattliche Reichweite. (Zum Vergleich: Das tägliche Nachrichtenbriefing der NZZ kommt auf 200’000). Obwohl er beachtliche Ressourcen bindet und direkt kein Geld einbringt, lohnt er sich für die Republik. Viele, die unser Magazin zum ersten Mal durch den Covid-19-Uhr-Newsletter kennengelernt haben, sind unterdessen Abonnentinnen und Verleger geworden.
Der Covid-19-Uhr-Newsletter hat uns Bekanntheit, Reichweite und Goodwill eingebracht. Und ist einer der Gründe, warum die Republik im vergangenen Jahr stark gewachsen ist. Dazu später mehr.
2. Wann und von woher wird die Republik besucht?
Die meisten Besuche verzeichnen wir direkt – also via App oder im Browser. Hier mit eingerechnet sind all jene, die ihre Herkunftsangabe unterdrücken. Darauf folgen mit einigem Abstand unsere Newsletter.
Unter soziale Netzwerke und Verweise sind andere Websites und Apps summiert. Hier führt Facebook, gefolgt von Google (wenn wir in der Google-Suche als Ergebnis auftauchen), der Lese-App Pocket und schliesslich Twitter.
Es gibt unter der Woche keinen Tag, an dem die Republik überdurchschnittlich oft gelesen wird. Einziger kleiner Ausreisser ist der Freitag, da an diesem Tag die Lese-App Pocket zweimal einen Republik-Beitrag empfohlen hat. Das führte beide Male zu so vielen Aufrufen, dass es selbst über das ganze Jahr gerechnet noch sichtbar ist (in Violett).
Ansonsten nehmen sich all unsere sechs Publikationstage besuchermässig in etwa gleich aus – mit 14,3 bis 15 Prozent am Gesamtanteil. Einzig der freie Sonntag fällt etwas ab, mit 10,7 Prozent der Besuche.
Die beiden klassischen Wege, die Republik zu nutzen, sind auch mit Abstand die wichtigsten: Die meisten kommen via App und Internetbrowser zu uns, gefolgt von den täglichen und wöchentlichen Newslettern.
Der Covid-19-Uhr-Newsletter bringt uns am Abend etwas mehr Besucherinnen ein. Am gesamten Kuchen hat er aber nur einen kleinen Anteil. Zwar verweisen wir regelmässig auf Beiträge im Magazin – wir «teasern» aber bewusst nicht. Heisst: Wer nicht klickt, hat trotzdem die wichtigsten Informationen im Newsletter selbst bekommen.
Etwa 2,5 Prozent des Gesamtvolumens kaufen wir mit Werbekampagnen hinzu. Also beispielsweise, wenn wir auf Facebook etwas Geld in die Hand nehmen, damit sich ein Post stärker verbreitet.
Die übrigen 3 Prozent sind weitere Soziale Netzwerke, die relativ wenig Besuche auslösen – zum Beispiel Instagram und Linkedin –, und Verweise von Foren, Blogs und verschiedenen Websites. Schweizer Medien spielen keine grosse Rolle: Den 1. Platz macht der «Tages-Anzeiger» mit 0,074 Prozent, darauf folgt die «Medienwoche» mit 0,033 Prozent, dicht gefolgt von «Watson» mit 0,029 Prozent.
3. Reichweite
Sagt Ihnen der Begriff Trump-Bump etwas? So nannte man in der Branche den Umstand, dass nach der Wahl 2016 viele Onlinemedien einen markanten Besucheranstieg verzeichneten. Vielleicht werden wir im Rückblick dann vom Covid-Crush sprechen? Jedenfalls hat auch die Pandemie das Informationsbedürfnis massiv erhöht – gerade in den ersten Monaten.
Starker Einstieg ins Jahr und solider Mittelwert
«Unique Visitors» pro Monat im Jahr 2020
Datenstand: 28. Februar 2021.
Das Jahr startete mit einem Knall. Anfang Januar brachte der «kalte Tech-Krieg» wie schon erwähnt viele Pocket-Nutzerinnen zu uns, am 31. Januar erschien das virale Interview zum Fall Assange.
Unsere monatliche maximale Reichweite wird stark von einzelnen Beiträgen beeinflusst. Vier Beiträge aus den Top 5 der aufgerufenen Republik-Beiträge erschienen in den ersten drei Monaten. Der fünfte (das Interview mit Mike Davis) dann im Dezember – ein weiterer Monat mit erhöhter Reichweite.
Einerseits haben wir es im Jahr 2020 erfreulich oft geschafft, «die Bubble zu sprengen». Anderseits lassen sich neben der Sommerflaute im Juli und August auch alle anderen Monate sehen. Der Mittelwert für 2020 verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahr nämlich fast.
4. Neue Mitglieder
Der März 2020 brach Rekorde. Erstens – Sie erinnern sich vielleicht – waren wir im Endspurt der Überlebenskampagne. Zweitens – Sie erinnern sich sicher – erreichte eine globale Gesundheitskrise die Schweiz.
Viele neue E-Mail-Registrationen im März 2020
Anzahl neuer, verifizierter E-Mail-Adressen in unserer Datenbank pro Monat
Datenstand: 28. Februar 2021.
Am 16. März erschien die erste Ausgabe des Covid-19-Newsletters «Gemeinsam einsam». Ende März hatten wir bereits rund 32’000 Adressen auf der Empfängerliste.
Doch auch die intensiven Arbeiten an der Märzkampagne zahlten sich aus. Rund tausend Komplizen unterstützten uns tatkräftig dabei, neue Mitglieder zu gewinnen und die Republik bekannter zu machen. Wir sammelten nicht nur viele neue Adressen und Kontakte, sondern verkauften auch kräftig Abos und Mitgliedschaften.
Verkaufte Mitgliedschaften und Abos
Pro Monat im Jahr 2020
Anzahl neuer Mitgliedschaften und Monatsabos. Datenstand: 28. Februar 2021.
Allein in den ersten fünf Märztagen verkauften wir 1200 neue Abos und Mitgliedschaften. Bis zum Shutdown Mitte Monat weitere 900. Und im Shutdown kamen dann bis Ende Monat noch 1600 dazu. Damit wurde der März 2020 zum besten Verkaufsmonat seit dem Crowdfunding.
Doch auch das ganze 2020 war ein sehr erfolgreiches Jahr. In den meisten Monaten übertrafen wir die Zahlen von 2019 deutlich. Das Resultat: Der Mittelwert der verkauften Mitgliedschaften und Monatsabos verdreifachte sich fast im Vergleich zu 2019: Er stieg von 379 auf 1074.
5. Verlängerungen
Nun der einzige Abschnitt, in dem wir Ihnen eine Zahl aus dem laufenden Jahr zeigen: die Erneuerungsrate vom Januar 2021.
Die war nämlich überwältigend. Vielen herzlichen Dank!
Sie wurden uns wirklich treu!
Erneuerungsrate der fälligen Jahresmitgliedschaften in Prozent
Das sind alle Jahresmitgliedschaften, die im Januar erneuert werden müssen. Durch den Publikationsstart im Januar 2018 fallen in diesem Monat jeweils die meisten Erneuerungen an.
6. Abgänge
Wir lesen jede Kündigung. Und versuchen auch, Personen systematisch und persönlich zurückzugewinnen. Trotzdem gehen Verlegerinnen von Bord.
Die Kündigungsgründe im Jahr 2020
Alle nicht zurückgezogenen Kündigungen
«Weitere Gründe» enthält feingliedrige Kategorien. Einige Personen haben mehrmals gekündigt, pro Kategorie zählen diese höchstens einmal. Datenstand: 28. Februar 2021.
Dazu kommen weitere 2747 Personen, die ihre Mitgliedschaft still auslaufen lassen – und sich auch auf mehrmalige Kontaktversuche nicht mehr meldeten.
Wir freuen uns natürlich immer, wenn jemand nach einer Auszeit wiederkommt. Falls Sie ein knappes Budget haben, können Sie Ihre Jahresmitgliedschaft übrigens auch zu einem vergünstigten Preis lösen oder verlängern.
7. Wie viel Geld kommt aus welchem Angebot?
Wir haben ein Produkt: das digitale Magazin. Und drei Arten, dafür zu bezahlen: pro Jahr, pro Monat oder als Geschenk an Freunde und Feindinnen.
Jahresmitgliedschaften sind das wichtigste Produkt
In Prozent der eingegangenen Zahlungen im Jahr 2020
Datenstand: 28. Februar 2021.
Bei den Jahresmitgliedschaften stammten 60,2 Prozent im Jahr 2020 aus Verlängerungszahlungen. Heisst: Das Jahr ist rum und die geneigte Verlegerin verlängert um ein weiteres. Unterdessen wird etwa jede fünfte Verlängerungszahlung automatisch der hinterlegten Kreditkarte belastet.
Die Waren spielen keine direkte Rolle bezüglich der Einnahmen. Vielleicht haben Sie mitbekommen, dass wir im Dezember 2020 Republik-Masken angeboten haben – die meisten davon kostenlos bei der Verlängerung oder einem Neuabschluss. Und bei Geschenkabos lassen sich Taschen und Notizbücher dazubestellen, auch weil sich ein digitales Magazin schlecht unter den Weihnachtsbaum legen lässt. Für diese Artikel verrechnen wir in etwa den Selbstkostenpreis.
Schliessen wir mit Ihrer Grosszügigkeit:
Wer sich den Jahresbetrag von 240 Franken nicht leisten kann, dem steht es frei, so viel zu bezahlen, wie eben grade geht. Durch diese vergünstigten Jahresmitgliedschaften gehen uns etwa 4 Prozent der theoretischen Einnahmen verloren – Sie wiegen das aber mehr als auf. Mit Gönnerbeiträgen, Einzelspenden und freiwillig erhöhten Mitgliederbeiträgen.
Danke.
In einer früheren Version haben wir Äpfel mit Birnen verglichen: Abonnentinnenzahlen des Covid-19-Newsletters mit Öffnungszahlen des NZZ-Briefings. Jetzt vergleichen wir die Öffnungen miteinander.