Liebe Leserinnen und Leser
Wir hätten gerne einen lockereren Einstieg für heute gewählt.
Doch die Lage ist ernst.
In den Schweizer Spitälern sind seit heute die Intensivbetten praktisch vollständig belegt. In mehr als einem Drittel der Kantone sind die Intensivstationen an ihrer Kapazitätsgrenze. Insbesondere in der Genfersee-Region, im Espace Mittelland und in der Nordwestschweiz sind die zertifizierten Intensivplätze bereits vollständig ausgelastet. Rund 60 Prozent der Menschen auf den Intensivstationen sind Covid-19-Patienten. Dies sagte Andreas Stettbacher vom Koordinierten Sanitätsdienst (KSD) heute an einer Pressekonferenz. In der Schweiz gibt es insgesamt rund 900 zertifizierte Intensivbetten.
Heute Morgen gab es schweizweit 34 freie zertifizierte Intensivbetten, kurz nach Mittag waren sie alle belegt. Die Situation könne sich innerhalb eines halben Tages stark ändern, so Stettbacher. Weiter gebe es im Land 240 zusätzlich geschaffene, nicht zertifizierte Intensivbetten. Auch hier könne nochmals ausgebaut werden. Aber: «Die zertifizierten Betten sind schweizweit praktisch ausgelastet», so Stettbacher.
Dies bestätigt auch die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI). «Die schweizerischen Intensivstationen sind an der Grenze ihrer ordentlichen Bettenkapazitäten, tun aber ihr Möglichstes, um diesen im Vergleich zur ersten Covid-19-Welle erhöhten Zustrom an kritisch kranken Patientinnen und Patienten zu bewältigen und auch künftig alle kritisch kranken Patientinnen und Patienten versorgen zu können», schreibt sie in ihrer heutigen Stellungnahme.
In den vergangenen Tagen seien mehrere kritisch kranke Patientinnen aufgrund mangelnder intensivmedizinischer Ressourcen in andere Kantone oder gar Sprachregionen verlegt worden. Die SGI appelliert, die Pandemie mit allen Mitteln zu verlangsamen. Alle sollen «die geltenden Schutzmassnahmen einhalten, verantwortungsvoll handeln und unnötige Risiken vermeiden».
Als weitere Massnahme, um freie Betten auf den Intensivstationen freizuschaufeln sowie die Entscheidungen von Angehörigen und Medizinpersonal bei der Triage zu erleichtern, schlägt die SGI vor: «Alle Personen – vor allem diejenigen, die durch das neue Coronavirus besonders gefährdet sind – werden gebeten, sich im Rahmen einer Patientenverfügung Gedanken dazu zu machen, ob sie im Falle einer schweren Erkrankung lebensverlängernde Massnahmen erhalten möchten oder nicht.»
Das ist harte Kost.
Über die schwierigen, eigentlich unmöglichen Entscheidungen über Leben und Tod, vor denen Ärztinnen aufgrund von Kapazitätsengpässen stehen, haben wir im März berichtet: «Leben und Sterben in Zeiten der Seuche».
Weitere wichtige Nachrichten des Tages
Die erste Welle der Pandemie hat in der Schweiz auf die persönliche Zufriedenheit der Bevölkerung keine negative Auswirkung gehabt. Dies gemäss einer Studie des Bundesamtes für Statistik, die von Januar bis Juni 2020 erhoben wurde. Demnach habe die Pandemie keinen Einfluss auf die Zufriedenheit mit dem Leben, den persönlichen Beziehungen, dem Gefühl von Glück oder dem selbst wahrgenommenen Gesundheitszustand gehabt. Das Vertrauen in das politische System ist während des ersten partiellen Shutdowns im Frühjahr deutlich gestiegen, insbesondere bei älteren Personen. Gesunken hingegen ist das Gefühl der Arbeitsplatzsicherheit, insbesondere bei ausländischen Staatsangehörigen im Land.
Das Paracelsus-Spital in Richterswil muss seinen stationären Bereich schliessen. Es konnte im Rahmen der Nachlassstundung keinen Kooperationspartner finden. Der stationäre Bereich stellt seinen Betrieb am 27. November ein, die Notfallaufnahme bereits am 23. November. Die Geburtshilfe der Frauenklinik wird in Zukunft durch die Spitäler Lachen und Einsiedeln gewährleistet. Kleinere Spitäler mit breitem Angebot haben es grundsätzlich bereits schwer, sich wirtschaftlich zu behaupten. Corona habe die schwierige Situation noch verschärft, so das Spital.
Die Schweizer haben die Berge neu als Wohn- und Arbeitsplatz entdeckt. Ausgerechnet die Corona-Krise könnte in den Bergregionen Problemen wie Abwanderung, Überalterung und der wirtschaftlichen Entwicklung etwas entgegenwirken. So zumindest lassen sich die Zahlen von Bündner Immobilienhändlerinnen vorsichtig interpretieren. Die Nachfrage nach Zweitwohnungen sei massiv angestiegen.
Das Fussballspiel der Schweiz gegen die Ukraine in der Uefa Nations League findet heute Dienstagabend nicht statt. Grund dafür sind Corona-Fälle in der ukrainischen Mannschaft. Der Match hätte ursprünglich in Luzern durchgeführt werden sollen. Nachgeholt wird er nicht. Der europäische Fussballverband Uefa wird entscheiden, ob die Partie mit einem 3:0-Forfaitsieg für die Schweiz gewertet wird.
Und zum Schluss: Tee, der Leibhaftige
Die Autorin dieses Newsletters bemerkte gestern einen Husten und ein Kratzen im Hals. Better safe than sorry, dachte sie sich und machte sich einen Termin zum Schnelltest klar. Heute Morgen konnte sie erleichtert ihren negativen Befund nach 30 Minuten in Empfang nehmen.
Um diese Jahreszeit ist es grundsätzlich wichtig, die Abwehrkräfte zu stärken. Deswegen verrät die Autorin – notabene nicht eine medizinische Fachperson – hier das Rezept für ihren eigenen Seuchensud:
Dafür braucht es frischen Ingwer, den Sie schälen und in feine Scheiben schneiden. Falls Sie welchen finden, tun Sie dasselbe mit frischem Kurkuma (Achtung, färbt alle Finger gelb!). Sonst tun es auch ein paar Teelöffel Kurkuma-Pulver. Schneiden Sie Zitronengras der Länge nach auf. Optional können Sie auch etwas frischen Thymian oder Thymiantee dazugeben. Lassen Sie alles mit rund zwei Litern Wasser eine Weile kochen. Das Gebräu kann heiss als Tee oder kalt als Powershot getrunken werden.
Bleiben Sie umsichtig. Bleiben Sie freundlich. Und bleiben Sie gesund.
Marguerite Meyer und Christof Moser
PS: Haben Sie Fragen und Feedback, schreiben Sie an: covid19@republik.ch.
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PPPS: Ganz Mutige können vor dem Aufkochen des Teesuds noch ein oder zwei Knoblauchzehen hinzugeben – das hält nicht nur Erkältungsbazillen fern, sondern auch potenzielle Bettpartnerinnen sowie Vampire.