You, the People

Heute wählen die USA. Jede Stimme zählt. Oder?

Von Anja Conzett, Oliver Fuchs (Text) und Simon Landrein (Illustration), 03.11.2020

Stellen Sie sich vor, Sie sind amerikanische Staats­bürgerin und über 18 Jahre alt. Nach Monaten des Wahlkampfs, Partei­tagen, Dauer­beschallung durch Werbungen von politischen Aktions­komitees, Robocalls und Social-Media-Posts irgend­welcher Trollfarmen haben Sie sich für einen der insgesamt 1224 Kandidaten entschieden.

Gehören Sie zu den 5 Millionen US-Bürgerinnen, die in Puerto Rico, auf Guam, Amerikanisch-Samoa oder auf den Nördlichen Marianen geboren wurden? Tut uns leid. Wenn Sie aus den US-Territorien stammen, durften Sie zwar bei den Vorwahlen mitmachen (und für Amerika in den Krieg ziehen) – doch das wars auch schon für Sie. Von den Präsidentschafts­wahlen sind Sie ausgeschlossen.

Wenn Sie aber eine der rund 230 Millionen amerikanischen Bürgerinnen sind, die in einem der 50 Bundes­staaten oder im separaten Hauptstadt­distrikt Washington D. C. leben, hat Ihre Reise erst begonnen.

Packen Sie genug Proviant ein, denn: Die USA haben wohl eines der dezentralisiertesten Wahl­systeme aller entwickelten Demokratien. Und in einzelnen Bundes­staaten steht Ihnen als potenzieller Wählerin ein regelrechter Marsch bevor.

Das sind die Hügel, über die Sie klettern müssen:

-> Felon Disenfranchisement (Wahlrechtsentzug für Straftäter)
-> Voter Registration (Wählerregistrierung)
-> Voter Purging (Wähler-Säuberung)
-> Mail-in Voting (Briefwahl)
-> In-person Voting (persönliche Wahl)
-> Voter ID (Wählerausweis)
-> Voter Intimidation (Wählereinschüchterung)
-> Two-party System (Zweiparteiensystem)
-> Error 404 – vote not found (technische Fehler)
-> The Electoral College (das Wahlkollegium)

Teil 1: Registrieren Sie sich!

Während man in den meisten Demokratien als Staats­bürgerin automatisch wählen darf, wenn das 18. Lebensjahr vollendet ist, müssen Sie sich in den USA vor Ihrer ersten Wahl in 49 von 50 Staaten registrieren lassen (ausser in North Dakota).

→ Felon Disenfranchisement (Wahlrechtsentzug für Straftäter)

Aber aufgepasst: Sollten Sie jemals ein Verbrechen begangen haben, auf das eine Gefängnis­strafe steht, können Sie sich die Registrierung möglicher­weise auch gleich sparen. So wie 5,2 Millionen Amerikaner, die aufgrund des sogenannten Felon Disenfranchisement (des Wahlrechts­entzugs für Straftäter) kein Anrecht auf Wahl­beteiligung mehr haben.

Wenn Sie als Möchtegern­wähler im Gefängnis sitzen, dann am besten in Maine, Vermont oder im District of Columbia. Nur in diesen zwei Bundes­staaten und dem Hauptstadt­distrikt ist es auch Häftlingen gestattet, ihre Stimme abzugeben.

In 27 Staaten dürfen Sie wieder wählen, sobald Sie Ihre Strafe abgesessen haben. In 11 Staaten müssen Sie einen zusätzlichen Effort leisten, wenn Sie wieder wählen wollen – zum Beispiel einen Antrag beim Gouverneur stellen, wie in Virginia.

Rekordhalter in Felon Disenfranchisement ist Florida: Zwar lässt der Staat die meisten ehemaligen Häftlinge wieder wählen – aber erst, nachdem diese ihre ausstehenden Strafen, Gerichts­kosten oder Entschädigungen abbezahlt haben. Sollte Ihnen das nicht möglich sein, sind Sie in bester Gesellschaft: Dann gehören Sie zu den rund 900’000 mehrheitlich afro- und lateinamerikanischen Ex-Sträflingen, die sich die Teilnahme an der Demokratie in Florida nicht leisten können.

Generell ist die afroamerikanische Community besonders von Felon Disenfranchisement betroffen: 1 von 16 schwarzen Wählerinnen werden die Wahlrechte einmal im Leben abgesprochen. Bei nicht schwarzen Wählern geschieht dies bei 1 von 59.

Wir sind für einmal grosszügig und gehen davon aus, dass Sie

  1. noch nie in Ihrem Leben bei einem schwerwiegenden Verbrechen erwischt wurden; oder Sie

  2. im richtigen Bundesstaat wohnen; oder

  3. über ausreichend Mittel verfügen, sich Ihre demokratischen Grund­rechte zurückzukaufen.

In anderen Worten: Hooray! Sie dürfen sich jetzt registrieren!

Hoffentlich sind Sie nicht zu spät dran.

→ Voter Registration (Wählerregistrierung)

Wenn Sie in North Dakota leben, sind die Winter lang und kalt, und das kulturelle Angebot lässt, wie man hört, zu wünschen übrig. Dafür bleibt Ihnen die Voter Registration erspart – Sie leben im einzigen Bundes­staat, der darauf pfeift. In 12 Staaten werden Sie immerhin automatisch registriert, wenn Sie es das erste Mal mit einer Behörde zu tun haben – zum Beispiel, wenn Sie sich einen Führer­schein ausstellen lassen.

In 20 Bundes­staaten können Sie sich auch am Tag der Wahl noch anmelden. Pech haben Sie, wenn Sie in Kentucky leben – dort müssen Sie sich ganze 28 Tage vor der Wahl registrieren lassen, aber wenigstens geht das online. Texas ist da restriktiver: Die Registrierung muss vier Wochen vor der Wahl per Post oder persönlich an den Schaltern der Wahlbüros oder der Behörde für Motor­fahrzeuge eingehen (die aufgrund der Pandemie gerade zuhauf geschlossen sind).

Diese Fristen haben Folgen: 90’000 Stimmberechtigte wurden etwa 2016 in New York abgewiesen, weil sie sich nicht rechtzeitig registriert hatten. 87’000 waren es vor zwei Jahren bei den Kongresswahlen in Georgia – wo ein republikanischer Kandidat mit nur 433 Stimmen Vorsprung gewählt wurde.

Zum ersten Grusel­kabinett: Yes, we Kansas!

Republikaner in Kansas wollten die Registrierung für ihre Bürgerinnen noch einen Zacken schwieriger machen: Angehende Wählerinnen sollten zur Registrierung statt der ID oder des Führer­scheins entweder ein Geburts­zertifikat vorlegen (was Ihnen beispielsweise als Eingebürgerter nichts nützt) oder einen Pass (den nur 42 Prozent der Amerikaner besitzen und auf den Sie bis zu sechs Wochen warten müssen). Kritikerinnen monierten, die Republikaner versuchten mit dem Gesetz ethnische Minderheiten und andere demokratisch Wählende von der Urne fernzuhalten. Ein Gericht befand die Praxis diesen Frühling schliesslich für unrechtmässig und verbot sie.

Wie war das? Sie haben sich schon bei Nixon versus Kennedy registrieren lassen? Gut für Sie – Sie haben nichts zu befürchten!

Es sei denn, Sie haben die letzten paar lokalen Wahlen ausgelassen.

→ Voter Purging (Wähler-Säuberung)

Wenn Sie sich registriert haben, sind Sie jetzt als Wählerin gespeichert. So weit die Theorie – es sei denn, Sie wechseln die Adresse oder versterben unpraktischer­weise. Damit nicht Tote und längst Weggezogene die Listen von registrierten Wählern bevölkern, werden diese regelmässig überprüft. Voter Purging nennt sich diese Praxis, die bezeichnender­weise mit «Wähler-Säuberung» übersetzt wird. An und für sich ist an Voter Purging nichts auszusetzen. Allerdings übertreiben es manche Bundes­staaten damit. Was dazu führen kann, dass Wähler an der Urne abgewiesen werden, weil ihre Registrierung nicht mehr gültig ist.

So reicht es in Ohio, Pennsylvania, West Virginia, Oklahoma, Oregon, Georgia und seit neuestem auch in Arizona, wenn Sie ein paarmal hinter­einander nicht gewählt haben (etwa den Schul­vorstand oder den Kongress­abgeordneten): Use it or lose it heisst das Credo.

Zum zweiten Grusel­kabinett: Ohi-no

In Ohio wurde diese Praxis vor Gericht angefochten. Der Supreme Court entschied letztlich, dass es legitim ist, Wähler zu streichen, die länger nicht gewählt haben und nicht in gegebener Frist auf eine Postkarte reagieren.

2019 wurde vom republikanischen Staats­sekretär von Ohio untersucht, dass von 235’000 Wählerinnen, die auf diese Weise gestrichen werden sollten, 40’000 – über 17 Prozent – fälschlicherweise durch Wahlbehörden oder mangelhafte Software eliminiert worden wären. 20’000 davon, obwohl sie regelmässig wählen gehen. Das ist heikel, da Ohio ein swing state ist: Barack Obama gewann hier zweimal, Hillary Clinton verlor deutlich.

Hinzu kommt, dass eine Studie von Reuters heraus­gefunden hat, dass die Purge-Praktiken in Ohio – auch wenn sie nicht spezifisch von einer Partei auszugehen scheinen – mehrheitlich Republikanerinnen helfen. Diese gehen im Allgemeinen regelmässiger an die Urne als Demokraten. «In den grössten drei Countys (…) wurden Wähler aus demokratisch tendierenden Wahl­kreisen doppelt so häufig gestrichen wie in Wahlkreisen, die zu Republikanern tendieren», schreibt Reuters.

Wichtig zu wissen: Voter Purging trifft Minoritäten grundsätzlich härter, weil sie öfter tieferen Einkommens­schichten angehören und so öfter umziehen als beispiels­weise Haus­eigentümer in den Vorstädten. Ausserdem tragen sie öfter weitverbreitete Namen wie zum Beispiel Maria Lopez, was das Risiko erhöht, fälschlicher­weise für doppelt Registrierte gehalten zu werden. Insbesondere da in mehreren untersuchten Fällen Mittelnamen (zum Beispiel Maria Estella Lopez) ignoriert wurden.

Ein nicht ganz vernachlässigbares Detail: Wer einer Minderheit angehört, tendiert dazu, demokratisch zu wählen. Unter dieser Prämisse ist es mindestens ein bisschen verdächtig, dass von den 7 Bundes­staaten, die ein besonders aggressives Voter Purging durchführen, 6 republikanisch regiert sind.

Verdammt verdächtig wird es, wenn man auf Georgia blickt.

Bei den Gouverneurs­wahlen in Georgia im Jahr 2018 war der Kandidat der Republikaner, Brian Kemp, gleichzeitig der amtierende Staatssekretär – hatte also als solcher die Aufsicht über die Wahlbehörde. Das heisst: Er war zuständig für Voter Registration und Voter Purging. Unter seiner Regie wurden 300’000 Wählerinnen in Georgia «gesäubert». Mehrheitlich in demokratischen Wahlkreisen. Und mehrheitlich People of Color.

Zum dritten Grusel­kabinett: The devil comes back to Georgia

Das Gesetz in Georgia besagt, dass der Registrierungs­antrag exakt mit den gespeicherten Daten dieser Person über­einstimmen muss. Mit Berufung auf dieses Gesetz wurden unter Gouverneur Brian Kemp 53’000 Anträge für eine Registrierung so lange zurück­behalten, bis sie die Deadline für die Gouverneurs­wahlen verpassten – mehrheitlich wegen kleinerer Schreib­fehler, fehlender Binde­striche oder Apostrophen.

Bei 80,1 Prozent dieser so vom Wählen abgehaltenen Antrag­stellerinnen handelte es sich um Menschen mit asiatischer, afro- oder latein­amerikanischer Abstammung. (Und bevor Sie fragen: Ja, Sie müssen Ihre race angeben, wenn Sie sich registrieren.)

Kemp gewann am Ende mit weniger als 55’000 Stimmen Vorsprung gegen die Kandidatin der Demokraten, die Afroamerikanerin Stacey Abrams.
Auch für die kommenden Wahlen seien in Georgia von 313’243 wegen Umzugs gesäuberten Wählern rund 200’000 unrecht­mässig von den Listen entfernt worden – sie seien gar nie umgezogen.

Today is the 55th anniversary of the #VotingRightsAct going into effect. In gutting the VRA in 2013, #SCOTUS said #JimCrow had been "ERADICATED." Tell that to Christine Jordan, #MLK's cousin, purged after 50 years of voting. Her crime: Voting While Black.

Voter Purging hat generell zugenommen. Während zwischen 2006 und 2008 12 Millionen US-Wählerinnen von Wahllisten gesäubert wurden, waren es zwischen 2014 und 2016 insgesamt 16 Millionen.

Dieser Anstieg geht einher mit einem Entscheid des Supreme Court aus dem Jahr 2013. Dieser hob ein Kernstück des Voting Rights Act auf, Amerikas Antwort auf die Bürger­rechts­proteste der 1960er. Die gestrichene Passage besagte, dass Staaten, die in der Vergangenheit afroamerikanische Wähler unterdrückt hatten, dazu verpflichtet sind, jegliche Änderung im Wahlgesetz dem Justiz­ministerium vorzulegen. Dieses prüfte dann die Änderungen auf rassistisch diskriminierende Aspekte. Nachdem dies nicht mehr nötig war, änderten mehrere Staaten umgehend ihre Wahlgesetze – unter anderem in Bezug auf Purge Laws.

Und auch wenn wir jetzt grosszügig davon ausgehen, dass Sie

  1. sich fristgerecht registrieren konnten,

  2. keinem purge zum Opfer gefallen sind

  3. oder rechtzeitig bemerkt haben, dass Sie fälschlicher­weise gestrichen wurden,

könnte dieser Entscheid des Supreme Court Ihnen noch auf andere Weise zum Verhängnis werden.

Teil 2: Wählen Sie!

Sie haben es bis hierhin geschafft – jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie Sie Ihre Stimme abgeben.

→ Mail-in Voting (Briefwahl)

Da wegen der Covid-Krise viele Stimm­lokale geschlossen bleiben (unter anderem, da viele der freiwilligen Helfer altersbedingt zur Risikogruppe gehören), empfiehlt es sich, brieflich abzustimmen.

Doch wenn Sie in den (mehrheitlich republikanisch regierten) Bundes­staaten Indiana, New York, South Carolina, Louisiana, Tennessee, Texas oder Mississippi wohnen, haben Sie Pech: Sie können nicht brieflich abstimmen, es sei denn, Sie haben einen triftigen Grund.

Wenn Sie in Kalifornien, Washington, Oregon, Utah, Nevada, Colorado, New Jersey, Hawaii, Vermont oder Washington D. C. leben, gehören Sie zu den 21 Prozent der Wahl­bevölkerung, die es am einfachsten haben. Diese (mehrheitlich demokratisch regierten) Bundes­staaten sowie die Hauptstadt schicken Ihnen als registrierter Wählerin den Abstimmungs­bogen einfach zu. In 34 weiteren Bundes­staaten können Sie wenigstens beantragen, Ihren Wahlzettel nach Hause geschickt zu bekommen.

Aber ganz so einfach ist das alles dann doch nicht. Wenn Sie Ihre Stimme brieflich abgeben wollen, stellt sich Ihnen niemand Geringeres in den Weg als der Präsident der USA, Donald Trump.

The Unsolicited Mail In Ballot Scam is a major threat to our Democracy, & the Democrats know it. Almost all recent elections using this system, even though much smaller & with far fewer Ballots to count, have ended up being a disaster. Large numbers of missing Ballots & Fraud!

In den letzten Monaten hat Trump ordentlich Stimmung gegen die Briefwahl gemacht. Diese öffne Tür und Tor für massiven Wahlbetrug – Hunde und Tote würden Wahlzettel erhalten, ausgefüllte Zettel würden in Flüssen landen.

Mehrere Gerichte haben Trump dazu aufgefordert, Belege für systematischen Wahlbetrug bei der Briefwahl zu liefern. Erhalten haben sie bislang nichts.

Sicher ist: Im swing state Pennsylvania wurde vor kurzem ein Pöstler dabei erwischt, wie er Post (darunter mutmasslich Wahlzettel) weggeworfen hat. Der Mann ist Anhänger der Verschwörungstheorie QAnon.

Zum vierten Grusel­kabinett: California dreaming

In Kalifornien hat die Republikanische Partei Boxen aufgestellt, die offizielle Briefkästen für Wahlzettel imitieren. Damit wollen sie demonstrieren, wie einfach Wahlbetrug ist. Dass die Politiker sich damit selbst des Wahl­betrugs schuldig machen, ist ihnen nach eigener Aussage egal.

Trumps Administration attackiert zudem seit Monaten die Infra­struktur der Post, indem sie der Behörde Milliarden entzogen hat, was zur prekären Verlangsamung von Zustellungen geführt hat. Trump gibt unterdessen offen zu, dass er auf diese Weise versucht, die briefliche Stimm­abgabe zu sabotieren.

Republikaner würden nie wieder eine Wahl gewinnen, wenn die briefliche Wahl ausgeweitet werde, sagte Trump im Frühling. Doch das stimmt nicht. Zwar haben mehr Supporter des demokratischen Kandidaten Joe Biden angekündigt, brieflich abstimmen zu wollen. Eine Stanford-Studie hat aber ermittelt, dass die Briefwahl per se weder Republikanern noch Demokraten hilft. Aber sie macht es Leuten einfacher, die ohnehin schon wählen wollen.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Briefliche Wahlen machen es schwieriger für jemanden, der – sagen wir mal – ganz gezielt bestimmte Gruppen davon abhalten möchte, wählen zu gehen.

Justin Clark, republikanischer Stratege und Berater von Trumps Wahl­kampagne, wurde vor kurzem an einem privaten Anlass aufgezeichnet, als er sagte: «Es waren traditionell immer die Republikaner, die Wähler unterdrückten. Lasst uns unsere Wähler schützen. Wir wissen, wer sie sind – lasst uns ein bisschen offensiver werden. Das werdet ihr an den Wahlen 2020 sehen. Es wird ein grösseres, sehr viel aggressiveres und sehr viel besser finanziertes Programm werden.»

So viel ist sicher:

Wenn Sie nicht brieflich abstimmen wollen, weil Sie das Gefühl haben, dass

  1. Ihr Pöstler zu viel Zeit auf dem Twitter-Feed des Präsidenten verbringt, oder weil Sie

  2. zu den 22 Prozent der Wählerinnen gehören, die gar nicht anders können,

müssen Sie persönlich wählen gehen. Und das wird schnell zur shit show.

→ In-person Voting (persönliche Wahl)

Wenn Sie persönlich wählen wollen, können Sie das in 43 Staaten vor dem 3. November tun. Das ist gut, vor allem wenn Sie am Wahltag nicht freinehmen können, was besonders dann ein Thema ist, wenn Sie einer tieferen Einkommens­schicht angehören. Der Wahltag ist in den USA nämlich kein gesetzlicher Feiertag.

Pech haben Sie, wenn Sie in Mississippi leben: Dort können Sie weder brieflich noch frühzeitig wählen. Mit anderen Worten: Sie müssen am 3. November persönlich auftauchen und Ihre Stimme abgeben.

Doch auch ausserhalb von Mississippi müssen Sie damit rechnen, Schlange zu stehen. Bis zu 11 (!) Stunden warteten über 40 Millionen Wähler in den vergangenen Tagen, als sie frühzeitig abstimmen wollten. Beide Zahlen brechen Rekorde.

This is what democracy looks like. #Election2020 #VoteEarly

Die langen Wartezeiten sind einerseits Covid-19 geschuldet. Andererseits der sinkenden Anzahl Wahl­lokale: 2012 waren es noch 120’000, 2016 nur noch 117’000. Viele dieser Schliessungen haben unbedenkliche Gründe wie Bevölkerungsschwund.

Aber «Vice News» hat festgestellt, dass ausgerechnet jene Staaten, die aufgrund rassistisch diskriminierender Wahlpraktiken bis 2013 jede Änderung dem Justiz­ministerium vorlegen mussten, im Schnitt 20 Prozent häufiger Lokale schlossen.

Zum fünften Grusel­kabinett: Deep in the heart of Texas

In Houston wurde festgestellt, dass lange Warteschlangen vor Wahllokalen überproportional in nicht weissen Nachbarschaften vorkommen. Doch der republikanische Gouverneur in Texas beschloss gar, jedem Wahlbezirk nur ein einziges Wahllokal zuzugestehen. Angesichts dessen, wie unterschiedlich dicht der Staat besiedelt ist, sind damit demokratisch dominierte Städte stark benachteiligt. Ein Gericht erklärte den Erlass zuerst für unrecht­mässig. Dann entschied ein weiteres Gericht, dass die Einschränkung so lange bleiben würde, bis sich noch ein Gericht – ein höheres – mit der Klage befassen wird.

Nehmen wir nun an, dass Sie

  1. in der richtigen Nachbarschaft wohnen,

  2. Ihr Wahllokal ausfindig gemacht haben

  3. und freibekommen haben, um notfalls den ganzen Tag in der Schlange stehen zu können,

dann haben Sie hoffentlich die richtigen Unterlagen zur Hand, oder?

→ Voter ID (Wählerausweis)

Um erfolgreich in persona wählen zu können, müssen Sie in 18 (mehrheitlich republikanischen regierten) Staaten eine Photo ID vorlegen. Wenn man in einem Land lebt, in dem standardisierte Identitäts­karten mit Bild eine Selbst­verständlichkeit sind, ist das nicht weiter ungewöhnlich.

Nur: Die USA sind nicht dieses Land.

Die einzige national einheitliche Photo ID ist der Pass respektive die Passkarte. Diese Dokumente sind aber selten. Als Amerikaner weisen Sie sich in der Regel entweder mit dem Führer­schein aus oder mit der Social Security Card – dem einzigen Dokument, das wirklich jede Amerikanerin besitzt, aber im Gegensatz zum Führer­schein keine Photo ID ist. Gesetze, die eine Photo ID verlangen, sind in den USA deshalb hoch umstritten.

Sie ahnen es: Kaum hat der Supreme Court 2013 den Paragrafen des Voting Rights Act gestrichen, der die üblichen verdächtigen Bundes­staaten unter verschärfte Beobachtung gestellt hatte, haben einige von ihnen nicht nur intensiveres Voter Purging durchgeführt und Wahllokale geschlossen – sie haben auch strikte Voter ID Laws eingeführt.

Einer dieser Bundesstaaten ist North Carolina.

Er führte unmittelbar nach dem Supreme-Court-Entscheid strikte Voter ID Laws ein, strich 7 Tage Early Voting, führte eine Frist für Registrierungen ein und verbot das Wählen ausserhalb des eigenen Wahl­kreises. Ein Gericht beurteilte diese Gesetzes­änderungen 2016 als diskriminierend und machte sie rückgängig.

Unmissverständlich war das Verdikt bezüglich Voter ID. Das Gericht stellte fest, dass republikanische Gesetz­geber gezielt nach jener ID gesucht hatten, die Afroamerikaner in North Carolina am seltensten haben. «Mit fast chirurgischer Präzision» seien die Wahl­gesetze angepasst worden, um die Minderheit zu diskriminieren.

Nach einigem Hin und Her hat North Carolina heute noch immer eine der strengsten Regelungen in Bezug auf die Voter ID. Briefliche Abstimmungen sind unterdessen zwar möglich – aber nur, wenn die Unterschrift eines Zeugen mitgeliefert wird.

Zum sechsten Grusel­kabinett: Bitter home Alabama

In Alabama haben 118’000 registrierte Wählerinnen (die überproportional einer Minderheit angehören) nicht die Dokumente, die gesetzlich verlangt werden, damit ihre Stimme gezählt wird. 2015 sorgte Alabama zudem für Schlag­zeilen, weil der Bundesstaat gezielt Motor­fahrzeug­büros in afroamerikanischen Nachbarschaften geschlossen hatte – jene Ämter, die einerseits Führer­scheine und andererseits Wahl­registrationen ausstellen. Unterdessen wurde dieser Schritt unter öffentlichem Druck wieder rückgängig gemacht.

Restriktive Voter ID Laws werden fast ausschliesslich von Republikanern portiert. Damit wollen sie Wahl­betrug verhindern. Doch mehrere Studien haben festgestellt, dass Wahl­betrug in den USA kaum vorkommt.

Der republikanische Stratege Scott Tranter drückte es 2012 bei einem Fernsehauftritt anders aus: «Wir wollen alles tun, um unserer Seite zu helfen. (…) Manchmal glauben wir, das sind lange Schlangen, manchmal glauben wir, das sind Voter ID Laws

Selbst wenn Sie den Führer­schein stets griffbereit haben, ist die Sache mit dem persönlichen Wählen noch nicht ausgestanden. Zumindest nicht, wenn Sie aussehen, als würden Sie der falschen Partei angehören.

→ Voter Intimidation (Wählereinschüchterung)

Stellen Sie sich vor: Sie möchten wählen und werden vor dem Wahllokal von einer Horde bis an die Zähne bewaffneter Männer in Splitter­schutz­weste in Empfang genommen. Bei diesen Wahlen müssen Sie damit rechnen.

Einerseits, weil Trump seine Unterstützer (darunter Bürger­wehren wie die rechts­extreme Gruppierung Proud Boys) dazu angestachelt hat, die Wahlbüros zu überwachen und «sich ganz genau anzuschauen», was da passiert.

#Michigan polling station with Armed "Poll Watchers"!! And look at the "Police" guy. This is not a dream. This is a nightmare.

Andererseits, weil es nicht das erste Mal wäre, dass die Republikaner mit bewaffneten Privat­personen Präsenz vor Wahl­lokalen markieren. Im November 1981 hielten in New Jersey rund 200 bewaffnete Männer in Fantasie­uniformen Schwarze und latein­amerikanische Wähler davon ab, ihre Stimme abzugeben – teilweise, indem sie diese wegjagten. Der republikanische Gouverneurs­kandidat gewann die Wahl mit 1800 Stimmen Vorsprung.

Die Demokraten reichten daraufhin Klage gegen die Republikaner ein. Diese unterzeichneten 1982 eine Unter­lassungs­erklärung, in der sie sich verpflichteten, landesweit keine bewaffneten Wahl­beobachter mehr zu entsenden.

Diese Erklärung ist 2018 abgelaufen.

Zum siebten Grusel­kabinett: Walking in Memphis

Selbst wenn kein Trump-Supporter mit einem Sturm­gewehr vor Ihrem Wahllokal patrouilliert, können Sie vom Wählen abgehalten werden. In Memphis, Tennessee, hat ein offizieller Wahlhelfer vor kurzem early voters abgewiesen, weil sie T-Shirts mit dem Aufdruck «Black Lives Matter» – oder «I can’t breathe» trugen. Zwar ist es in Tennessee verboten, beim Wählen Kleidung mit Werbung für Parteien oder Kandidaten zu tragen – doch die weggeschickten Wählerinnen hatten weder das eine noch das andere getan. Der Wahlhelfer wurde unterdessen gefeuert.

Wir gehen mal davon aus, dass Sie

  1. Donald-Trump-Supporter sind oder

  2. man Ihnen nicht ansieht, dass Sie jemand anderem Ihre Stimme geben wollen.

Dann haben Sie es geschafft! Wir gratulieren, Sie haben gewählt.

Jetzt stellt sich nur noch die Frage, ob – und wenn ja, wie – Ihre Stimme zählt.

Teil 3: Fast jede Stimme zählt!

Sie haben gewählt, Sie fühlen sich gut, denn egal, ob Ihre Seite gewinnt oder nicht – in einer Demokratie kommt es auf jede Stimme an, nicht wahr?
In einer einiger­massen gesunden Demokratie mit Sicherheit. Fraglich nur, ob die USA unter diese Kategorie fallen.

→ Two-party System (Zweiparteiensystem)

Sie können weder mit Donald Trump noch mit Joe Biden etwas anfangen? Ihr Pech. Denn eine Kandidatin, die nicht von den Republikanern oder den Demokraten gestellt wird, hat in den USA keine Chance. Ergo geht es weniger darum, welchen Kandidaten Sie wollen, als darum, welche Kandidatin Sie nicht wollen.

Natürlich steht es Ihnen frei, nach all den Mühen Ihre Stimme einer dritten Person zu geben. So, wie es Ihnen freisteht, Ihre Empörung über das Zwei­parteien­system betrunken in einen Wald zu rufen. Das Resultat ist das Gleiche, nur der Spassfaktor variiert deutlich.

Aber wir gehen davon aus, dass Sie sich

a) tatsächlich für einen der beiden Kandidaten begeistern können oder Sie
b) den anderen Kandidaten schlimm genug finden, um gegen ihn zu stimmen.

Dann müssen Sie jetzt nur noch hoffen, dass die Maschine Ihnen wohlgesinnt ist.

→ Error 404 – vote not found (technische Fehler)

Wenn Sie brieflich abgestimmt haben, müssen Sie wissen, dass in den Primaries – den parteiinternen Vorwahlen – in 23 Staaten insgesamt 534’000 Wahlzettel für ungültig erklärt wurden. (Das sind 200’000 mehr als vor vier Jahren.) Der Hauptgrund? Der Zettel ist zu spät angekommen. 27 Prozent der mail-in votes wurden gemäss einer Analyse der «New York Times» 2018 nicht gezählt.

Aber wähnen Sie sich nicht in falscher Sicherheit, nur weil Sie persönlich abstimmen. Seit den noch heute umstrittenen Wahlen im Jahr 2000, bei denen George W. Bush nach Nachzählungen in Florida um Haaresbreite über Al Gore triumphierte, sind mechanische Butterfly-Punch-Maschinen für ihre Ungenauigkeit berüchtigt.

Diese Maschinen wurden unterdessen zwar weitläufig digitalisiert, aber auch dann ist nicht sicher, dass Ihre Stimme zählt. Denn die Software ist nicht nur hoch anfällig auf Hacking, sondern auch auf Bugs. So beschwerten sich 2018 bei den Senats­wahlen in Texas Wählerinnen, dass das Display, nachdem sie gewählt hatten, nicht ihren Wunsch­kandidaten, sondern dessen Gegner anzeigte.

I chose the “straight ticket” option for the Democratic Party on the first screen.

Once I toggled through the 16+ page ballot and reached the final screen to review my choices, I saw that my vote for @BetoORourke had been changed to a vote for Ted Cruz.

Photo below.

2/x
#TXSen

Wenn Sie zu den Glücklichen zählen, deren Stimme nicht wegen technischer Schwierigkeiten auf dem Müll landet, müssen Sie immer noch damit rechnen, dass Sie verlieren.

Sogar dann, wenn Sie gewinnen.

→ The Electoral College (das Wahlkollegium)

«Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen», sagte Winston Churchill. Offenbar war der grosse Brite eng vertraut mit dem amerikanischen Wahlsystem.

Denn als Wählerin in den USA schreiben Sie bei der Präsidentschafts­wahl zwar den Namen Ihres gewünschten Kandidaten auf – aber wählen tun Sie ihn nicht. Der Präsident der Vereinigten Staaten wird nicht direkt durch Sie bestimmt, sondern durch das sogenannte Electoral College – einen Wahlausschuss.

Dieser besteht aus 538 sogenannten Elektoren. Die Zahl der Elektorinnen, die jedem Bundesstaat zustehen, orientiert sich einerseits an der Grösse der Bevölkerung – 435 Sitze entfallen nach diesem System (plus 3 für den Distrikt Columbia). Dazu kommen je 2 Elektoren pro Bundesstaat – unabhängig von dessen Grösse –, was ursprünglich auch kleinen Bundes­staaten ein Mitsprache­recht garantieren sollte.

Das klingt so weit vernünftig. Aber lassen Sie sich nicht täuschen: Der Wahlausschuss kommt bestenfalls aus der «War mal gut gemeint»-Abteilung der amerikanischen Demokratie.

Denn in 48 Bundesstaaten und im District of Columbia gilt: «The winner takes it all». Das heisst: Auch wenn der Kandidat nur eine Stimme mehr hat, gewinnt er alle elektoralen Stimmen des Staates. Nur Maine und Nebraska teilen die Stimmen gemäss dem Wunsch der Bevölkerung auf.

Bereits vier Mal hat deshalb nicht die Mehrheit den nächsten Präsidenten gewählt – sondern die Minderheit. Zwei dieser Fälle haben sich allein in den letzten 20 Jahren ereignet – Gore gegen Bush und Clinton gegen Trump. Dass die Demokraten dabei zweimal das Nachsehen hatten, ist kein Zufall.

Der Grund: Durch die zunehmende Abwanderung der Bevölkerung in die Städte verlieren ländliche Bundes­staaten Einwohnerinnen, während die Zahl der Bundes­staaten gleich bleibt. Dadurch haben ländliche Bundes­staaten mehr zu sagen als urbane, obwohl sie immer weniger Bürgerinnen vertreten. Und auf dem Land wird tendenziell republikanisch gewählt.

Das bedeutet, dass ein demokratischer Kandidat heute auch dann verlieren könnte, wenn er 5 Millionen Stimmen mehr hätte als der republikanische Gegenkandidat. Rechnet man mit der Wahl­beteiligung von 2016, sind das bis zu 3,6 Prozent der Stimmen, die allein durch das Electoral College wertlos werden.

Zum achten und letzten Grusel­kabinett: This is not a democracy

Vielleicht denken Sie jetzt: Dieser Text lässt die Republikaner wie Bösewichte aussehen, aber was ist mit den Demokraten? Natürlich gibt es auch Republikaner, die versuchen, Wählern unabhängig ihrer Partei­zugehörigkeit gerecht zu werden, (der Staatssekretär von Ohio zum Beispiel). Und natürlich bestehen die hier beschriebenen Hindernisse teilweise auch für Wählerinnen in demokratisch regierten Staaten. In zwei Fällen lässt sich den Demokraten tatsächlich Voter Suppression – also die Unterdrückung von Wählern – vorwerfen.

Einmal, weil sie 2018 bei den partei­internen Wahlen für Kongress­kandidatinnen in New York die Frist für die Wahlregistration nicht verkürzt haben. Ein andermal, weil sie – zum Beispiel bei Schulvorstandswahlen in Michigan – antizyklische Wahlen ermöglichten, was die Wahl­beteiligung tendenziell schwächt.

Aber das alles steht in keinem Vergleich dazu, was sich die Republikanische Partei in den letzten Jahrzehnten geleistet hat. Und kein gewählter Demokrat der jüngeren Zeit hat sich je dazu hinreissen lassen, öffentlich Sätze von sich zu geben wie diejenigen, die der republikanische Senator von Utah, Mike Lee, vor zwei Wochen vertwitterte: «Demokratie ist nicht das Ziel: Freiheit, Frieden und Wohlstand sind es. Wir wollen, dass der Zustand der Menschen sich verbessert. Die Demokratie kann dieses Ziel vereiteln.»

Und in einem anderen Tweet, zelebrierend: «Wir sind keine Demokratie.»

Teil 4: Die friedliche Machtübergabe

So, damit hätten wir jetzt den letzten Hügel hinter uns. Fassen wir zusammen.

In den USA haben Sie die besten Chancen, dass Ihre Stimme tatsächlich zählt, wenn Sie ein

  • in einem ländlichen Bundesstaat lebender,

  • in einem republikanisch dominierten Wahlbezirk wohnender,

  • nicht vorbestrafter,

  • (und wenn doch, dann gut situierter),

  • Auto fahrender,

  • älterer,

  • weisser,

  • unscheinbar aussehender

  • Bürger sind,

  • der weder in Puerto Rico noch in Guam oder in Amerikanisch-Samoa lebt.

Doch in diesem Wahljahr gilt es noch ein paar weitere Hügel zu überwinden.

Der amtierende Präsident, Donald Trump, bekennt sich nicht zur wichtigsten Spielregel in einer Demokratie: Gewählt ist, wer gewonnen hat. Und wer verliert, räumt seinen Sitz und übergibt friedlich und umstandslos die Macht an den Sieger.

Das Problem: Diesmal könnte es Tage oder Wochen dauern, bis klar ist, wer gewonnen hat.

«Wir haben uns alle daran gewöhnt, dass wir das Wahlergebnis gegen 22 Uhr am Wahlabend kennen, manchmal am Morgen danach. Dieses Jahr wird das anders sein», sagte unlängst zum Beispiel Steve Simon, der Staats­sekretär des nördlichen swing state Minnesota. Es könnte «ein paar Tage dauern, sogar eine Woche», bis alle eingeschickten Stimmen gezählt sind. Dabei ist Minnesota vorbildlich: Wahl­couverts werden schon seit Wochen verarbeitet – sobald sie eintreffen.

In den swing states Florida und Ohio beginnen die Wahl­helferinnen dagegen erst jetzt gerade damit, die Berge an eingeschickten Couverts zu öffnen und auszuzählen. In Pennsylvania und Wisconsin dürfen sie damit sogar erst am Wahltag selbst loslegen.

Den USA könnte nach dem 3. November also wochenlange Unsicherheit bevorstehen. Und die vielleicht grösste Justizschlacht in der Geschichte des Landes. Beide Teams, sowohl jenes des Präsidenten wie auch das seines Herausforderers, haben in den letzten Monaten ganze Armeen von Anwälten rekrutiert. Diese sollen jedes Wahl­büro abklopfen, jeder Unregel­mässigkeit nachgehen, jeden Wahl­zettel zweimal umdrehen – und in jedem Bezirk mit knappem Ergebnis eine Neuauszählung erzwingen.

Ein weiterer Hinweis darauf, dass es zu dieser Justiz­schlacht kommen könnte, ist ein Urteil des Supreme Court von letzter Woche. Das Oberste Gericht entschied, dass Brief­wahlstimmen in Wisconsin, die nach dem Wahldienstag eintreffen, nicht mehr gezählt werden dürfen. Richter Brett Kavanaugh begründete das hoch umstrittene Urteil damit, dass so Chaos und Zweifel an der Recht­mässigkeit der Resultate aus dem Weg geräumt würden.

Grundsätzlich gilt: Falls die Wahl­umfragen einiger­massen stimmen und Joe Biden gewinnen sollte, dann idealer­weise mit einem historisch grossen Vorsprung von 8 Prozent­punkten oder mehr. Es ist der einzige Weg, den eventuellen Sieg über den Amts­inhaber schnell und ohne allzu böse Überraschungen ins Trockene zu bringen.

Insofern hat Donald Trump also recht, wenn er sagt: «The system is rigged». Das Spiel ist tatsächlich abgekartet.

Zu seinen Gunsten.