Covid-19-Uhr-Newsletter

Willkommen in der zweiten Delle

19.10.2020

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Liebe Leserinnen und Leser

Haben Sie uns vermisst? Wir hoffen nicht. Viel lieber wäre es uns, Sie hätten den Covid-Newsletter der Republik schon beinahe vergessen. Zusammen mit den vielen Einschränkungen, den schlechten Nachrichten und den bösen Überraschungen dieses surrealen Frühlings.

Aber da sind wir wieder, pünktlich um 19 Uhr.

(Wenn Sie diesen Newsletter nicht mehr erhalten möchten, dann können Sie sich hier abmelden.)

Nun, wir hoffen, Sie hatten einen angenehmen Sommer – freundlich, umsichtig und gesund. Und ohne grösseren Ärger mit dem Häufchen in Protein verpacktem Erbgut namens Sars-CoV-2.

Wir haben versprochen, uns erneut zu melden, sollte die Lage wieder deutlich ernster werden. Jetzt ist sie es.

Lange blieben wir optimistisch: Das könnte alles noch drehen. Auch noch, als Nachbarstaaten Schweizer Kantone auf Risikolisten setzten. Als im Norden Europas die Bars wieder schlossen. Als Verwandte und Freunde kurzfristig den Besuch absagen mussten, weil sie (spätestens) nach der Rückreise in Quarantäne hätten sitzen müssen. Und wir blieben auch dann noch gelassen, als an einem Septembermorgen die Nachricht unsere Redaktion traf: Wir haben den ersten Fall im Team. (Keine Ursache, es geht ihm wieder gut!)

Dann aber kam die vergangene Woche. Die Zahl der Spitaleintritte verdoppelte, verdrei- und vervierfachte sich innert weniger Tage. In einigen Kantonen brach das Contact-Tracing zusammen – die Kontakte von Infizierten konnten nicht mehr nachverfolgt werden. Frankreich führte eine abendliche Ausgangssperre ein. Die Weltgesundheitsorganisation warnte vor einer fünfmal schlimmeren europäischen Winterwelle. Die täglich registrierten Positivtests überschritten in der Schweiz die 3000er-Marke. Und Bundespräsidentin Sommaruga gab die Zeitangabe «fünf vor zwölf».

Da blieb uns nichts anderes übrig, als nach einem der Lieblingssätze unserer Wirtschaftsredaktorin Olivia Kühni zu handeln: «Mut ist nichts anderes als die radikale Zurkenntnisnahme der Wirklichkeit.»

Auch wenn sich die Situation in der Schweiz bald wendet – wir hoffen es –, es ist jetzt klar, dass dieser Winter ein mühsamer Winter wird. Positiv gesagt: Er wird für uns alle eine wertvolle Übung in Rücksicht und Geduld werden. Auch gegenüber Menschen, die das nicht so sehen.

Unsere Vorhaben werden nebliger, unsere Pläne kurzfristiger, die Spitäler voller und jedes physische Treffen, jede Sitzung und Veranstaltung wieder zur Abwägungssache.

Immerhin wissen wir, anders als noch im März, was das bedeuten wird. Und anders als damals wissen wir auch, dass es machbar ist.

Die Neuauflage des täglichen Covid-19-Uhr-Newsletters richtet sich an alle, die eigentlich die Schnauze voll haben von der Pandemie. Unser Ziel ist quasi ein Schutzkonzept für Ihr Nervenkostüm:

Die Republik ordnet das Nachrichtenchaos. Die Lage ist nicht dieselbe wie im März. Forscherinnen haben mehr Daten. Mediziner mehr Erfahrung. Behörden mehr Konzepte (und manchmal immerhin die besseren Ausreden). Aber auch die Massnahmengegner und Virusskeptikerinnen sind lauter geworden – nicht in jedem Fall mit schlechten Argumenten. Wir beschränken uns deshalb noch stärker auf das Wichtigste – wenn möglich nur auf Nachrichten, mit denen Sie wirklich etwas anfangen können.

Die Republik blickt vorwärts. Wir gehen fest davon aus, dass nach dem Winter das Allermühsamste hinter uns ist. Dazwischen liegen aber noch einige Monate der Unsicherheit. Wir wollen Sie durch diese Zeit begleiten und zeigen, was dabei hilft: Einordnung, Tipps, Antworten auf Ihre Fragen und ein Ausblick auf den Frühling. Ernsthaft, wo nötig. Praxistauglich, wo möglich. Und mit Humor, wo angebracht. (Wobei Humor, wenn er wirklich lustig ist, eigentlich fast immer unangebracht ist.)

Wir bauen wieder auf Sie – auf Ihre Hinweise und Fragen. Das Postfach von covid19@republik.ch war auch über den Sommer nie ganz leer. Danke dafür! Wir wollen noch stärker als im Frühjahr diesen Newsletter an Ihren Fragen und Bedürfnissen ausrichten.

Und schliesslich: Wenn es heute laut der Zeitansage aus dem Bundesrat fünf vor zwölf ist, dann wird es morgen nicht zehn nach sieben sein. Wir wollen Sie also nicht mit Statistiken bombardieren – und vermelden in der Neuauflage nicht jeden Tag die Fallzahlen. Stattdessen geben wir Ihnen immer freitags einen kompakten Lagebericht zur Woche.

Was gleich bleibt: Die Republik schreibt diesen Newsletter für alle. Auch Nicht-Republik-Verlegerinnen können den Covid-19-Uhr-Newsletter kostenlos abonnieren. Die verlinkten Republik-Geschichten bleiben frei zugänglich. Und wir freuen uns, wenn Sie, falls Sie davon überzeugt sind, unsere Artikel oder den Newsletter Ihren Freunden oder Bekannten schicken.

In diesem Sinne: Willkommen zur zweiten Delle im Gefühl, die Lage im Griff zu haben.

Zum Schluss: Drei Vorschläge für die kommenden Tage

  • Nehmen Sie sich eine Stunde für eine entspannte, aber bewusste Zeitreise zurück in den April. Der Lockdown war eine schlimme Zeit. Aber auch eine innovative. Sie haben damals Lösungen für viele kleine und grosse Zumutungen gefunden. Davon können Sie jetzt zehren.

  • Vereinfachen Sie sich die Sache mit den Masken. Seit heute gelten landesweit einheitliche Regeln dafür, wann Sie das Ding tragen sollten. Sie sind ziemlich kompliziert. Wenn Sie zum Beispiel ins Fitnessstudio gehen, können Sie unmaskiert das Haus verlassen. Müssen sich die Maske an der Bushaltestelle anziehen. Dürfen sie beim Aussteigen wieder ausziehen. Müssen sie beim Betreten des Studios aufsetzen, sie in der Umkleide anbehalten und dürfen sie auf der Hantelbank wieder ausziehen. Danach dieselbe Prozedur rückwärts. Einfacher: Tragen Sie die Maske immer, wenn Sie nicht an der frischen Luft oder zu Hause sind.

  • Machen Sie jetzt einen Termin für künftige Termine. In der nächsten Zeit stehen an: Advent, Familientreffen, Geburtstage, Weihnachten, Winterferien, Silvester. Verabreden Sie sich mit Freundinnen und Familie zum gemütlichen Nachtessen – und schmieden Sie zum Dessert Pläne, die auch unter nochmals deutlich schlechteren Umständen umsetzbar wären. Sie werden sich Streit, Stress und Enttäuschungen ersparen.

So viel für heute. Bis morgen Abend, wenn Sie mögen.

Bleiben Sie umsichtig. Bleiben Sie freundlich. Und bleiben Sie gesund.

Oliver Fuchs und die ganze Crew der Republik

PS: Haben Sie Fragen und Feedback, schreiben Sie an: covid19@republik.ch.

PPS: Wir würden uns freuen, wenn Sie diesen Newsletter mit Freundinnen und Bekannten teilten. Er ist ein kostenloses Angebot der Republik.

PPPS: Was erwartet uns im Herbst, im Winter und im Frühling? Wo stehen die Impfstoffe? Und was werden sie taugen? Dazu hat Marie-José Kolly vor ein paar Wochen recherchiert – und der Beitrag ist immer noch frisch.

PPPPS: Noah Lindquist hat ein Lied aus dem Disney-Klassiker «Die Schöne und das Biest» auf Englisch neu vertont: «Wear a mask, wear a mask … is this really much to ask?» Grosse Klasse.