Die wichtigsten Klima-Bücher des Jahres
Grüne Welle auf dem Buchmarkt: Nie gab es so viele Titel zur Klimakrise wie 2019. Hier haben wir eine Auswahl zusammengestellt.
Von Daniel Graf, 04.12.2019
Der Sachbuchmarkt ist ein Spiegel gesellschaftlicher Debatten. Und so wundert es nicht, dass sich das Klima-Jahr 2019 auch in den Buchläden und auf den Bestsellerlisten niederschlägt.
Die Republik hat über die vergangenen Monate hinweg immer wieder ausgewählte Titel und die dahinterstehenden Denkerinnen vorgestellt.
Die Physikerin Friederike Otto zum Beispiel, die der Frage nachgeht, ob sich mit den Methoden wissenschaftlicher Berechnung die Verantwortung für Extremwetterereignisse bestimmen lässt. Wir haben sie dazu interviewt.
Oder David Wallace-Wells, der eines der weltweit meistbeachteten Bücher zur Klimakrise geschrieben hat: eine dystopische Schilderung dessen, was passiert, wenn wir die Kehrtwende nicht schaffen. Hier unsere Rezension, die auch einen Seitenblick auf thematisch verwandte Bücher von Nathaniel Rich und Harald Welzer wirft.
Auch Tanja Busses Bilanz des drohenden (und schon längst begonnenen) Artensterbens haben wir eine eingehende Besprechung gewidmet.
Nun sind in den vergangenen Wochen noch einmal etliche Neuerscheinungen von hochkarätigen Autorinnen herausgekommen. Eine Auswahl davon stellen wir hier stichwortartig vor. Die Bücher von Naomi Klein, Jonathan Safran Foer und Jeremy Rifkin diskutieren wir ausserdem in einem vergleichenden Rezensionsessay.
Luisa Neubauer und Alexander Repenning, «Vom Ende der Klimakrise»: Das Buch zur «Fridays for Future»-Bewegung. Taugt als Einführung mit den wichtigsten Fakten zur Klimakrise und zur Ideengeschichte des Klimaschutzes. Eröffnet zugleich persönliche Einblicke in die Arbeit von Aktivistinnen und Aktivisten. Nicht zuletzt ein ebenso vehementes wie reflektiertes Plädoyer für Klimagerechtigkeit im umfassenden Sinn: als soziale, postkoloniale, Gender- und Generationengerechtigkeit.
Carola Rackete, «Handeln statt Hoffen»: Die ehemalige Sea-Watch-Kapitänin, heute Aktivistin bei Extinction Rebellion, über den Zusammenhang von Flucht und Klimakrise. Mit einer persönlichen Bilanz ihrer Zeit als Seenotretterin. Gibt mit dem leidenschaftlichen Prolog von Hindou Oumarou Ibrahim auch einer Umweltaktivistin aus dem Tschad das Wort.
Jeremy Rifkin, «Der globale Green New Deal»: Die These: Nur ein «Green New Deal» kann die Weltwirtschaft vor einer Katastrophe bewahren. Denn die Investitionen im fossilen Sektor drohen schon bald zu gestrandeten Anlagewerten zu werden – in Billionenhöhe. Trotz einer etwas schönfärberischen Bilanz der bisherigen Klimapolitik bietet Rifkin eine inspirierende Vision einer globalen grünen Transformation, mit konkreten Konzepten für den Übergang zu einer nachhaltigen Energieinfrastruktur.
Naomi Klein, «Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann»: «Klimagerechtigkeit» ist das Schlagwort der Stunde. Kleins Essays und Reden aus den letzten zehn Jahren beleuchten dessen verschiedene Facetten. Der rote Faden dabei: eine kapitalismuskritische Version des «Green New Deal». War dieser anfangs eine Formel für «grünes Wachstum», stellt Klein das Konzept unter den Slogan «Degrowth».
Beat Ringger, «Das System-Change-Klimaprogramm»: Der geschäftsleitende Sekretär des linken Schweizer Thinktanks «Denknetz» mit einem Plädoyer für eine soziale Energiewende. Das Buch enthält einen 27-Punkte-Plan für die Schweiz und einen ausführlichen Debattenteil, der auch als Bullshit-Bingo gegen Zauderer funktioniert. Digitale Fassung kostenlos zum Download.
Jonathan Safran Foer, «Wir sind das Klima!»: Die Botschaft: Keine Klimarettung ohne die Abschaffung der heutigen Massentierhaltung. Denn die ist der bisher meistunterschätzte Klimakiller. Nachdem der Drogerie-Unternehmer Dirk Rossmann vor Begeisterung 25’000 Exemplare verschenkte, schoss das Buch auf Platz 1 der deutschen Bestsellerliste.
Eigentlich hätte in diesen Tagen noch ein weiteres Klima-Buch auf Deutsch erscheinen sollen. Autor ist Roger Hallam, einer der Gründer von Extinction Rebellion. Weil er aber in einem Interview mit der «Zeit» den Holocaust relativierte, hat der Ullstein Verlag kurz vor dem geplanten Erscheinungstermin die Auslieferung gestoppt. Hallams Äusserungen haben bis weit über die Verlagswelt hinaus Empörung hervorgerufen. Auch der deutsche Ableger von Extinction Rebellion distanzierte sich von Hallam, der mittlerweile eine Entschuldigung folgen liess.
Die Klimakrise wird indes auch 2020 die Sachbuchprogramme prägen.
Die Politökonomin Ann Pettifor hat ebenfalls ein Buch zum «Green New Deal» geschrieben. Im nächsten Jahr erscheint es auf Deutsch.
Und auch die Liste der Promi-Bücher zum Thema wird länger: Für kommenden Sommer hat Bill Gates seinen Lösungsvorschlag angekündigt.