Spiel des Lebens
Leben von der Sozialhilfe: Wie gut geht das – und wie lange geht das gut? Eine Simulation.
Von Andreas Moor und Elia Blülle, 01.05.2019
In der Schweiz beziehen rund 270’000 Menschen Sozialhilfe. Sie ist das letzte finanzielle Auffangnetz und hat gemäss Verfassung den Auftrag, jedem ein menschenwürdiges Leben zu gewährleisten.
Die Sozialhilfeleistungen setzen sich aus Wohnkosten, medizinischer Versorgung und dem Grundbedarf zusammen. Letzterer steht den Sozialhilfebezügern zur freien Verfügung, sie müssen damit sämtliche Ausgaben bestreiten. Der Grundbedarf ist für alle Einzelpersonen gleich hoch; Familien erhalten für jedes Mitglied einen zusätzlichen, etwas tieferen Betrag.
Der Grundbedarf ist immer wieder politischen Diskussionen ausgesetzt: Ist er zu tief – oder gar zu hoch? In unserer Simulation können Sie das selbst herausfinden. Schaffen Sie es, damit sechs Monate lang Ihr Leben zu finanzieren – und worauf müssen Sie dabei verzichten?
Anleitung
Zu Beginn eines Monats, beim Gang über «Start», wird der Grundbedarf ausbezahlt.
Für alltägliche Ausgaben wie Nahrungsmittel oder Energieverbrauch ziehen wir bei jedem Spielzug einen Pauschalbetrag ab.
Ein Spielzug entspricht etwa zwei Kalendertagen.
Wenn Sie zu viel Geld ausgeben und mehr als 50 Franken im Minus sind, haben Sie verloren.
Nach sechs Monaten ziehen wir Bilanz. Los geht’s!
Max Mustermann, Bern, 58 Jahre
Max arbeitete 30 Jahre lang bei der Post, bis seine Poststelle geschlossen wurde. Er erhielt zwei Jahre lang Arbeitslosenentschädigung und bezieht nun Sozialhilfe. Sein Vermögen ist aufgebraucht, er lebt mit seinem Hund Fidi in einer Stadtberner Einzimmerwohnung und singt einmal pro Woche im Männerchor.
Grundbedarf: 977 Franken
Barbara Beispiel, Zürich, 34 Jahre
Barbara ist alleinerziehende Mutter. Ihr Mann hat sie vor zwei Jahren verlassen und bezahlt keine Alimente. Sie ist jung Mutter geworden und findet heute keine Arbeit mehr. Bisher konnte sie ihre Familie noch mit dem angesparten Vermögen über die Runden bringen. Nun ist das Geld weg. Ihre zwei minderjährigen Kinder, Luca und Silvana, sind 10 und 14 Jahre alt.
Grundbedarf: 1842 Franken
Die Simulation orientiert sich am Warenkorb der Richtlinie der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos), der aufzeigt, wie sich der Grundbedarf für den Lebensunterhalt zusammensetzt. Für die Felder der Simulation haben wir daraus die Kategorien «Medien», «Mobilität», «Leben», «Kleider», «Alltag» und «Freizeit» abgeleitet.
Der abgezogene Pauschalbetrag für alltägliche Ausgaben orientiert sich ebenfalls am Skos-Warenkorb und umfasst die Warengruppen «Nahrungsmittel», «Energieverbrauch», «Haushaltsführung» und «Gesundheitspflege».
Die Entstehung der Simulation wurde von mehreren Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern beratend unterstützt. Wie die Idee entstanden ist und was wir uns dabei überlegt haben, erfahren Sie im Beitrag «Darf man mit der Sozialhilfe spielen?».
Debatte: Was soll die Sozialhilfe leisten – und was nicht?
Ist es eine gute Idee, die Sozialhilfe zu kürzen? Bekommen die Schwächsten der Gesellschaft zu wenig – oder sogar zu viel? Was soll ein Sozialstaat ermöglichen – was nicht? Diskutieren Sie mit!