«Klugscheissen oder etwas tun?»
Der Genossenschaftsrat von Project R ist zum zweiten Mal zusammengekommen. Auf der Agenda: grundlegende Fragen zu seiner Rolle. Ein Bericht – und eine Debatte.
Von Christian Heuss, 09.04.2019
Liebe Genossenschaftlerinnen, liebe Genossenschaftler
Ein Mandat zu erhalten, ist das eine. Ein Mandat verantwortlich zu schultern, etwas ganz anderes. Die Genossenschaftsrätinnen und -räte von Project R haben über die vergangenen Monate in Arbeitsgruppen ihre Köpfe zusammen- und ihr Mandat abgesteckt. Dabei lautete die zentrale Frage immer wieder: What are we and what should we be doing?
Haben wir «ein Mandat zum Klugscheissen oder um etwas zu tun?», wie es ein GR-Mitglied formulierte.
Diese Frage trieb die GR-Mitglieder um am 16. März 2019 beim zweiten Treffen in Zürich. Viel vorhandener Enthusiasmus für die Republik und das Projekt R paarte sich mit einer gewissen Verunsicherung:
Vertritt der GR Anliegen der Leserinnen und Leser gegenüber der Redaktion?
Hat er irgendeine eine operative Rolle?
Schmiedet er Strategien?
Oder ist er vielleicht so etwas wie ein Sounding Board ähnlich dem Publikumsrat der SRG?
Intensiv hat der GR darüber debattiert und an einem Fallbeispiel versucht zu verstehen, welche Rolle(n) ihm zukommt. Eines zeigte die Diskussion rasch. Redaktionelles ist und bleibt tabu. Der GR nimmt keinen Einfluss auf redaktionelle Belange der Republik, denn deren Unabhängigkeit ist vielleicht das höchste Gut des Projekts. Journalistische Anliegen oder Inputs für Recherchen von Leserinnen und Lesern sind Sache der Redaktion.
Und doch: Der GR ist gewählt von Genossenschaftlerinnen und Genossenschaftlern, die eben auch Abonnentinnen und Abonnenten der Republik sind mit hohen Qualitätsansprüchen und Erwartungen an die Redaktion. Engagierte Leserinnen und Leser suchen den Austausch, die Debatte, den Dialog nicht nur mit der Redaktion oder online, sondern eben auch mit dem GR. Daher fand der GR Gefallen an der Idee eines Publikumsrats ähnlich wie bei der SRG als möglicher Resonanzkörper der Leserschaft. Eine Arbeitsgruppe wird sich nun mit dieser Idee konkreter auseinandersetzen.
Andere Arbeitsgruppen sind bereits konstituiert und an der Arbeit.
Beginnen wir mit dem Handfesten. In der AG Finance and Legal finden sich die Juristen und Finanzspezialistinnen des GR wieder. Sie suchten den Kontakt zum Vorstand von Project R und der Republikleitung, stellten kritische Fragen zum Budget, zur Risikoabsicherung für den Worst Case, zum raschen Stellenaufbau und zu den Statuten vom Project R. Sie bekamen viele befriedigende Antworten. Die AG Finance and Legal wird die Vorbereitung der nächsten Urabstimmung begleiten. Und sie will dazu beitragen, dass der nächste Geschäftsbericht von Project R/Republik an Verständlichkeit und Übersichtlichkeit gewinnt.
Ein ganzer Ideenspeicher ist in der AG Marketing entstanden. Ideen, wie der Republik zu mehr Durchschlagskraft verholfen werden kann: mit einer besseren Durchdringung in den Regionen ausserhalb von Zürich beispielsweise, mit neuen Zielgruppen, neuen Abo-Angeboten oder Preisstrukturen. Das Wichtigste vielleicht auch hier: Die Arbeitsgruppe hat einen guten Draht zur Leitung gefunden. Das Interesse der Republik ist gross, vom vorhandenen Know-how zu profitieren, und die Ansätze sind vielversprechend.
Die AG Kommunikation hat sich Gedanken gemacht zum Austausch mit den Verlegerinnen und Verlegern. Gibt es dafür überhaupt ein Bedürfnis? Wenn ja: Braucht es ein eigenes Debattierforum? Und wer leistet die Moderationsarbeit? Skeptiker im GR warnten vor Schnellschüssen. Vielleicht gibt es hier auch Inputs der Verlegerinnen und Verleger (dann gerne als Kommentar zu diesem Artikel), die die AG in ihre weiteren Überlegungen einbeziehen kann.
Und schliesslich gibt es auch eine AG Zukunft. Was kann das Project R über die Republik hinaus leisten? In diesen Diskussionen ist ein schönes Bild entstanden. Während Projekt R als Hafen noch aufgebaut wird, ist mit der Republik bereits der erste Dampfer ausgelaufen. Künftig kommen hoffentlich weitere kleinere oder grössere Schiffe und Segelboote dazu, die «dem Journalismus seinen Platz als Wachhund der Demokratie sichern».
Die AGs werden sich nun bald wieder treffen. Die Debatten gehen weiter und werden sich konkretisieren. Wir halten Sie – liebe Genossenschaftlerinnen und Genossenschaftler – auf dem Laufenden.
Was geht Ihnen, liebe Verlegerinnen und Verleger, durch den Kopf, wenn Sie an den Genossenschaftsrat denken? Welche Rolle schreiben Sie ihm zu und welche Erwartungen haben Sie an ihn? Diskutieren Sie hier mit dem und über den Genossenschaftsrat.
Die Debatte ist eröffnet, Genossenschaftsrätinnen und Genossenschaftsräte werden sich gerne einklinken.