Memo an Herrn Berset

Vielfältig wie das Parlament: Was sich unsere Verleger zur AHV-Reform überlegt haben.

Von Olivia Kühni, 06.03.2018

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Von: Republik, Zürich
An: BR A. Berset, Eidgenössisches Departement des Innern, Bern
Betreff: (!) AHV-Reform

Sehr geehrter Herr Bundesrat Berset

Zunächst besten Dank, dass Sie die Reform der AHV/AVS mit nicht nachlassendem Elan in Angriff nehmen. Wir begrüssen es, dass Sie noch vor dem Sommer einen konkreten Entwurf vorzulegen und in die Vernehmlassung zu schicken gedenken, wie Sie letzte Woche angekündigt haben. Wir möchten nicht in Ihrer Haut stecken, wünschen Ihnen das Beste und unterstützen Sie hiermit gerne mit einigen Ideen unserer Verlegerinnen und Verleger.

Diese Vorschläge sind ebenso vielfältig wie jene, denen Sie in Parlament und Vernehmlassung begegnen dürften; eine Erkenntnis, die Ihren Job nicht einfacher macht, aber immerhin zeigt: Sie können nichts dafür. Es liegt nicht an Ihnen, dass Sie in dieser Causa wohl nicht so schnell wie erhofft zum Abschluss kommen werden. Die Meinungen gehen halt auseinander.

Jedenfalls: Hier sind unsere Ideen.

Einnahmen erhöhen:

  • AHV-Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber erhöhen (mehrere Voten)

  • Mehrwertsteuer (MwSt.) erhöhen (mehrere)

  • Statt einer Erhöhung der MwSt.: Kapitalgewinne besteuern (mehrere)

  • Statt einer Erhöhung der MwSt.: Erbschaften besteuern (mehrere)

  • Vermögenszuwachs (unabhängig von Quelle) besteuern (Herr T. Wohlwend)

  • Einkommenssteuern auf AHV-Renten an Bund zur Finanzierung der AHV statt an Kantone (Herr K. Bachmann)

Rentenalter ändern:

  • Rentenalter 67 für alle (bis in 15 Jahren), Kopplung an die Lebenserwartung (Rentenalter steigt und sinkt mit ihr) nach Vorbild Dänemark (Herr P. Stähler)

  • Anzahl Beitragsjahre statt fixes Rentenalter festlegen (Herr C. Trösch)

  • Rentenalter 65 für alle, später 67 für alle, dafür Mindestrenten erhöhen (Frau O. Kühni)

  • Rentenalter 64 für alle, dazu AHV-Beiträge erhöhen (Frau F. Beltzung)

Sonstige Massnahmen:

  • Alterskinderrenten abschaffen (Herr L. Huwyler)

  • Kopplung der Renten an die Konjunktur (Herr R. Tschaggelar)

  • Fehlanreiz der altersabhängigen BVG-Beiträge abschaffen, um Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmer zu verbessern (Herr R. Wenger)

  • Zusätzlich zur AHV: eine Pflegeversicherung (Herr J. Schmid)

  • AHV ganz abschaffen, stattdessen bedingungsloses Grundeinkommen (mehrere)

  • Berufliche Vorsorge (2. Säule) abschaffen und dafür AHV-Beiträge und Rente erhöhen (mehrere)

Wie viele Parlamentarierinnen finden auch einige unserer Verleger, man solle auch über Grundsätzliches nachdenken: etwa über unsere allenfalls nicht mehr zeitgemässe Vorstellung von Arbeit und Karriere (Herr P. Stähler und andere). Herr R. Zimmermann appelliert an die Kompromissbereitschaft des heutigen Freisinns nach dem Vorbild des früheren Bundesrats Stampfli, Herr R. Fischer zusätzlich auch an jene der SP. Eine Empfehlung bezüglich Kommunikation hat Frau M. Walther Kohn: Sie, Herr Berset, mögen nicht nur pragmatisch, sondern auch im Namen des grundsätzlichen Ideals argumentieren, das die AHV verkörpert – das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit nämlich, und der Gegenseitigkeit dieser Gerechtigkeit, von dem sie überzeugt ist, dass es eine Mehrheit der Menschen mitträgt.

Sie und Ihr Departement haben letzte Woche skizziert, wie Sie sich eine Reform vorstellen: Rentenalter 65 für alle, eine Flexibilisierung des Rentenbezugs und Anreize für ein längeres Arbeiten, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Ausserdem: «Ausgleichsmassnahmen für die Erhöhung des Frauenrentenalters».

Sie werden zugeben, Herr Berset, dass Sie in letzterem Punkt etwas vage geblieben sind. Das ist allerdings auch wenig überraschend: Hier wird, wie wir bei der Republik und andere es vermutet haben, der grosse Streit entbrennen. Wie gesagt: Wir wünschen Ihnen nur das Beste. Und bleiben, das verstehen Sie bestimmt, mit kritischem Blick dabei.

Mit besten Grüssen aus der Republik

i. A. O. Kühni

Die AHV-Reform

Bei der AHV geht es um mehr als nüchterne Zahlen. Die grösste Volksversicherung der Schweiz ist das Ergebnis eines langen, zähen Kampfes und bleibt für viele Menschen die wichtigste Einkommensquelle im Alter.

Es ist darum wenig erstaunlich, dass die nun anstehende Reform – Innenminister Alain Berset legte letzte Woche dem Gesamtbundesrat einen neuen Entwurf vor – heftige politische Diskussionen auslöst. Wir haben hier über die lange Geschichte der AHV und über die verschiedenen Positionen berichtet – und Sie aufgefordert, mögliche Ideen für die Reform mit uns zu teilen. Beziehungsweise mit Bundesrat Berset, denn eine Auswahl Ihrer Vorschläge geht hiermit und per E-Mail an den Innenminister, angesichts seiner bestimmt knappen Zeit in ebenso knapper Form.