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Es fällt auf, mit was für einem verkürzten Demokratiebegriff diese Debatten geführt werden. Der Fokus liegt oft auf dem Wählen und Abstimmen als Akt der Entscheidung (Ausdruck des „Volkswillens“). Dabei gerät der vorangehende Prozess der Meinungs- und Willensbildung nicht selten aus dem Blick. Er ist - im Sinne einer deliberativen Demokratie - mehr zu gewichten als der punktuelle, mechanische Akt des Abstimmens. Denn es ist der offene, transparente und faire Meinungs- und Willensbildungsprozess, der die aus ihm resultierende Entscheidung legitimiert- nicht eine Zufallsmehrheit. Eine moderne Demokratie lebt von der Dauerdebatte auf allen Entscheidungsebenen. Deshalb liegt die Krise der Demokratie meines Erachtens im Meinungs- und Willensbildungsprozess, nicht im eigentlichen Akt des Wählens und Abstimmens. Dies ist umso bemerkenswerter, als es noch nie so einfach war, sich zu informieren und mit anderen Bürgerinnen auszutauschen.
Lieber Herr Schenkel, ich kann Ihnen da nur zustimmen. Im Kern der Demokratie steht immer die Deliberation, denn die allerfreisten Wahlen, die allerrepräsentativsten Parlamentssysteme, die allerbesten Formen der direkten Demokratie bleiben vollkommen sinnlos, wenn nicht auch der vorgängige Willensbildungsprozess eine gute Form angenommen hat. Dieser Aspekt liegt gewissermassen noch einmal auf einer fundamentaleren Ebene, als die Probleme, die ich abgehandelt habe, und würde einen weiteren Essay verdienen. Nur zwei Hinweise: In dem von mir angeführten Buch "Democracy for Realists" nimmt die Frage der Qualität der demokratischen Willensbildung einen relativ breiten Raum ein. Interessant ist dabei vor allem, wie die Autoren die extreme Irrationalität dieses Prozesses bei direktdemokratischen Entscheidungen belegen. Sie arbeiten nur mit Beispielen, die US-Abstimmungen auf der Ebene der Kommunen und Bundesstaaten betreffen, aber die Bilanz ist sehr deprimierend - und ähnliche Schlüsse liessen sich wohl auch für die Schweiz ziehen. Ich selber hab vor einiger Zeit auch ein paar Gedanken angestellt zu Demokratie und Deliberation: https://www.republik.ch/2018/10/20/…demokratie
Ich glaube, im Wesentlichen sind wir uns einig. Herzlich, DB
Danke für die Rückmeldung und den weiterführenden Beitrag, Daniel Binswanger. Wir könnten da noch viel tiefer graben und uns fragen, was „vernünftige“ bzw. „rationale“ Diskurse sein könnten oder ob wir die Habermassche Idee eines gewaltfreien Diskurses nicht zugunsten eines anderen, pragmatischeren Ansatz überdenken sollten (https://www.peterlang.com/view/title/35209). Jedenfalls, denke ich, sind wir uns einig, dass Deliberation nie Selbstzweck und nie eine Form von Pseudopartizipation sein sollte. Viel Gutes, Christian
Genau das habe ich mir auch gedacht beim Lesen des Artikels, Herr Schenkel. Dieser Prozess der Meinungsfindung ist zentral in einer Demokratie. Quasi der Stammtisch. Und er ist auch die Achillesehne der Demokratie. Menschen entscheiden relativ rational, aber mit hilfe von abgekürzten Entscheidungsverfahren, sogenannten Heuristiken. Das sind Denkmodelle an die wir glauben. Solche Denkmodelle sind zum Beispiel "Freiheit und Selbstbestimmung" bei den Liberalen, "Gemeinsam sind wir stark" bei den Linken, "Bewahren des Bewärten" bei den Konservativen. Das natürlich nur verkürzt. Ich vermute diese Denkmodelle sind uns sehr fundamental, d.h. kaum zu ändern. Was man hingegen beeinflussen kann ist wie eine konkrete Frage in diese Denkmodelle eingebunden wird. Dass ist dann die Arbeit der PR Büros, der Lobbyarbeit, und damit zunehmend des Geldes. So werden dann schlussendlich Entscheidungen gekauft, indem Entscheidungsprozesse einseitig manipuliert werden. Manipuliert ist ein starkes Wort, es geht eben mehr um einseitige Entscheidungsfindung.
Ein Beispiel: Die Autolobby versteht es wunderbar das Auto mit Freiheit zu verbinden. Dabei töten Autos nur in der CH 1000 Fussgänger und 1000 Velofahrer pro Jahr. Dazu kommen noch etwa 1000 Abgastote. Und nichts ist freiheitsraubender als der unfreiwillige Tod. Jeder der mehr Freiheit will, müsste demanch dem Auto gegenüber sehr kritisch sein, also insbesondere die Liberalen. In der Realität ist es aber genau umgekehrt.
Ein wichtiges Mittel um die gegenwärtige Misere der Demokratien zu beheben wird im Artikel angetönt. Ich möchte ihn deutlich aussprechen:
Der Staatskundeunterricht sollte in der Schweiz in den Schulen ausgebaut werden, damit die Jungen realisieren, wie wichtig ihre politische Partizipation ist.
Dank Operation Libero und Greta Thunberg ist erkennbar, dass die Jungen langsam realisieren, das das wirklich wichtig, ja essenziell ist, um in Freiheit und nachhaltig zu überleben.
Partizipation ist wichtig. Aber ich verüble es niemandem, der resigniert hat:
Wir leben offenbar in einer der besten Demokratien dank Initiativ- und Referendumsrecht. Nun ja, wenn erwiesenermassen im Abstimmungsbüchlein "Fehler", die Abstimmungen massgeblich mitbeeinflusst haben (USTI, "Mehr bezahlbare Wohnung") toleriert werden und Abstimmungsplakate mit fälschester Polemik ("Wohnungsmarkt verstaatlichen") dank genügend Kapital das Land fluten....was ist das für eine Demokratie und was nützt uns das, wenn derart betrogen wird?
Zumindest zu meiner Schulzeit gab es Staatskunde. Ja, man ist mit dem System vertraut. In dem Alter denkt man aber noch einfach. Zu einfach. Im Sinne von : "Wollt ihr eine Pensionskasse?" - Ja. sicher. Dass das aber das Ende der gunstigen Wohnungen bedeutet ist nicht klar.
Wollt ihr eine Krankenversicherung ?" - Ja. sicher. Dass das aber ein inflationaerer Selbstbedienungsladen fuer die Medizinbranche wird ist nicht klar.
Und dass eine Korrektur von solchen Konstrukten sehr viel laenger dauert wie die Konstruktion ist auch nicht klar.
Durch eine passende Fragestellung kann man viele übertölpeln und es allen Recht machen. Die Einen haben den Traum, die Anderen verdienen.
Der grosse Teil der 16-20 Jährigen haben genügend allgemeine Stunden für die Abstimmungen und die Wahlen. Irgendwo sind die Stunden einmal voll.
[beispiel: rahmenlehrplan, berufsschulen grundbildung] (https://www.sbfi.admin.ch/dam/sbfi/…uflich.pdf)
In diesem ausgezeichneten Artikel bietet Daniel Binswanger einen eindrücklichen „tour d‘horizon“ über die Möglichkeiten, Grenzen und Bedrohungen der Demokratie an. Der Artikel bietet einem, gerade auch wegen den Quellenverweisen, gute Orientierungsmöglichkeiten an, sich in der Vielfalt der Aspekte und der Kritiken an der Demokratie zurechtzufinden.
Einige Sätze scheinen mir ganz zentral und sehr bedenkenswert zu sein:
"Die Menschen kümmern sich nicht um «Volkssouveränität». Sie wollen etwas Status, sie wollen Respekt, Perspektiven, Entfaltungschancen. Und vor allem: Sie wollen mitreden."
"Lassen sich die vertikalen Konflikte zwischen Besitzenden und Besitzlosen, die horizontalen Rivalitäten um Anerkennung und Distinktionsgewinn, die transversale Ausgrenzung von Nicht-Staatsbürgern entschärfen und überwinden, universell zugängliche Berechtigungsräume eröffnen – und gleichzeitig die Ausbeutung der Natur verhindern?"
"So dürfte sich tatsächlich die Schicksalsfrage unserer Epoche artikulieren. In den Blick bekommt sie aber nur, wer «Demokratie» nicht auf staatsbürgerliche Grundrechte und freie Wahlen reduziert, sondern sich dem vielschichtigen Klassenkampf um Teilhabe und Berechtigungen stellt."
"Es gibt keine illiberale Demokratie – und dass der Liberalismus heute als undemokratisch denunziert wird, liegt nicht daran, dass der liberale Rechtsstaat im Widerspruch steht zur Volksherrschaft. Vielmehr liegt es darin begründet, dass der Liberalismus die Verbindung zu seiner eigenen Wertebasis zu verlieren droht. Er lässt sich von einem neoliberalen Ultrakapitalismus in Geiselhaft nehmen, von den internationalen Tech-Konzernen einschüchtern, von den Zwängen der Standortkonkurrenz zu immer weiteren Steuersenkungen und immer weiterem Staatsrückzug verleiten."
Vielen Dank für diesen Beitrag, der ein Grund mehr ist, dass die „Republik“ unbedingt weitergeführt werden muss!
Für den Ok, Boomer-Moment in der Schweiz: Ein älterer Beitrag über die Wahlbeteiligung von 2015.
Die Schweiz als Gerontokratie? Oder zur Herrschaft des "Senats".
Damit wir zur Orientierung Daten haben, hier als Beispiel die Zahlen und die Wahlbeteiligung von 2015 - natürlich stark vereinfacht.
Zur Ausgangslage:
Ständige Wohnbevölkerung: ca. 8 Mio. = 100%
Zur Altersstruktur:
0-19: 20% = ca. 1.6 Mio.
20-39: 27% = ca. 2.1 Mio.
40-64: 35% = ca. 2.8 Mio.
65-79: 13% = ca. 1 Mio.
80+: 5% = ca. 0.4 Mio.
Zu den Wahlberechtigten:
Wahl- und Stimmberechtigte: ca. 5 Mio. = 60% (minus ca. 20% Minderjährige und ca. 20% Nicht-Eingebürgerte)
Junge Wahl- und Stimmberechtigte (18-25): ca. 600‘000 = 7.5%
Zur Wahlbeteiligung:
Wahlbeteiligung Insgesamt: ca. 50%, entspricht 30% von 8 Mio. = 2'500'000
Wahlbeteiligung Junge: ca. 30%, entspricht 2.25% von 8 Mio. = 180'000 (zur Schwierigkeit der Datenlage siehe hier)
Mehr und häufiger Ältere als Jüngere
Mehr und häufiger Männer als Frauen
Mehr und häufiger höher Ausgebildete als weniger hoch Ausgebildete
Mehr und häufiger Wohlhabendere als weniger Wohlhabende
Absolute Mehrheit (51%) = 1'275'00, entspricht 51% von 50%, also 16% von 8 Mio.
16% der ständigen Wohnbevölkerung bestimmen also über die "restlichen" 84% .
Oder:
Sehr interessant zum Thema «Herrschaft der Wenigen» ist auch dieser aktuelle Artikel zu den USA, der dem Phänomen in seiner historischen Entstehung nachgeht. Dabei wird auch deutlich: Trotz des ähnlichen Problems sind die Voraussetzungen und Ursachen in der Schweiz und in den USA recht verschieden. In der Schweiz entsteht das Phänomen bei Abstimmungen und Wahlen aufgrund niedriger (und nach Alter und Geschlecht asymmetrischer) Wahlbeteiligung. In den USA sorgt vor allem das Wahlsystem selbst für Schieflagen: Erstens durch das Mehrheitswahlrecht mit Wahlmännerprinzip (Stichwort «people's vote»: Trump hatte fast 3 Millionen weniger Stimmen als Hillary Clinton, ist aber rechtmässig gewählter Präsident). Zweitens durch den starken Föderalismus («Wyoming’s 583,000 residents enjoy as much power in the Senate as the nearly 40 million residents of California.»). Daniel Binswanger spricht es im Essay bereits an: Diese Fragen, die der Föderalismus heute vielleicht wieder neu aufwirft, stellen sich mit Blick auf den Ständerat auch für die Schweiz.
Danke für den Schwerpunkt, die Umfrage zur persönlichen Einschätzung sowie um den bedenkenswerten Hinweis von Timothy Snyder betreffend des ‚Sich zu eigen Machens‘ wichtiger Institutionen.
P. S. Meine Republik Fahne ‚ohne Journalismus keine Demokratie‘ hängt übrigens seit heute fröhlich auf meinem Balkon🙂
ich bin überwältigt von dieser aussage von lukas bärfuss in der republik.
Das Wichtigste ist die Hinwendung zu meinen Mitmenschen. Nichts ist kostbarer. Bei den eigenen Kindern ist es offensichtlich. Für sie würde jeder von einer Sekunde auf die andere alles hergeben, sogar das eigene Leben, sogar mit Freuden. Das Ideal muss sein, dass wir diese Haltung bei jedem Menschen empfinden, bei jedem. Für den Geringsten. Für den Unsympathischsten. Das ist für mich der Kern der Brüderlichkeit, der Solidarität, die Schnur, die Linie, das, was nicht zu verhandeln ist.
viel mehr gibts eigentlich nicht zu sagen wie eine demokratie/gemeinschft funktionieren kann.
Herr O., sie schreiben: "Das Ideal muss sein, dass wir diese Haltung bei jedem Menschen empfinden, bei jedem." Das mag ein Ideal sein, es MUSS sogar, gemäss ihrer Aussage. Haben uns Religionen nicht schon seit Jahrtausenden dazu aufgefordert, ihren jeweiligen Idealen zu folgen, das teils mittels Geboten und Verboten, unter Strafandrohung bei nicht befolgen, bis hin zu ewigen Höllenqualen! Ich denke, echte Empathie ist das Ergebnis (nicht ZIEL gemäss Idealvorstellungen), die aus dem Innersten eines Menschen wächst aufgrund seiner Erfahrungen, Bemühungen um Selbsterkenntnis, und daraus entstehenden existenziellen Einsichten.
Vielen Dank für die zentrale Republik-Schwerpunktsthematik und diesen sehr anspruchsvollen Einleitungsessay zur Auslegeordnung. Ich bin gespannt auf die weiteren Beiträge die eine wichtige Vielfalt von notwendigen Perspektiven darstellen. Und gespannt an den weiteren Dialog dazu!
Demokratie heisst, dass die Menschen wählen, wer die für alle Bürger geltenden Entscheidungen trifft.
Diese Möglichkeit, meine Vertreter zu wählen, möchte ich niemals verlieren.
Wie das konkret ausgestaltet ist, kann besser oder schlechter funktionieren (Wahlsystem, Parteienfinanzierung, Gewaltenteilung, Öffentlichkeit...).
Daran muss jede Demokratie arbeiten, denn sonst läuft sie Gefahr, von ihren Gegnern demontiert zu werden.
Diese Gegner regieren das Land dann nicht besser, sondern schlechter. Aber ihre Beleidigungen, ihre Grossmäuligkeit und ihre Vereinfachungen tun ihren Anhängern gut. Die fühlen sich dann stark, präsent, geeint, verwurzelt und souverän. Ihnen fehlt die Kraft, um die Komplexität und Unübersichtlichkeit unserer heutigen, weltweit tief verflochtenen Welt zu ertragen.
Lassen wir uns die Demokratie nicht von ihnen kaputtmachen!
Alles sehr interessant! Vielleicht sollte aber doch noch betont werden, dass "Liberalismus" und "Demokratie" insbesondere historisch gesehen keineswegs so harmonisch zusammengehören, wie es hier trotz aller Differenzierung den Anschein erweckt. So forderten die bürgerlich-liberalen Wortführer der französischen Verfassungsrevolution von 1789 eine konstitutionelle Monarchie - nicht einmal eine "Republik" - zur Sicherung ihrer Freiheiten und ihres Privateigetums und dachten nicht im Traum daran, die Partizipation an der politischen und wirtschaftlichen Macht mit dem v.a. auch weiblichen "Pöbel" von Paris zu teilen, ohne dessen Mobilisierungsmacht die Revolution jedoch nicht zu machen gewesen wäre. Die vielen Revolutionen des 19. Jahrhunderts zeigen dann immer wieder: Im Zweifelsfall bevorzugt das liberale Bürgertum die Monarchie vor einer Demokratie, die ja immer auch Eingriffe der praktisch besitzlosen Mehrheit ins sankrosankte Privateigentum mit sich bringen könnte. Die Ausweitung der politischen Partizipation war deswegen v.a. ein Kampf der ArbeiterInnenbewegung und musste dem liberalen Bürgertum mühsam abgerungen werden. Auch der "sozialdemokratische" Konsens im Nachkriegseuropa folgte eher "Sachzwängen" (Wiederaufbau, Vorhandlungsmacht der gemässigten Linken, Wettbewerb der Systeme) als hehren Einsichten. Und der seit den 70er Jahren erstarkende Neoliberalismus ist im Wesentlichen die Rückkehr zu einem bürgerlich-individualistischen Liberalismus ohne das Korsett einer sozialer Demokratie. Daher erstaunt es nicht, dass die neoliberalen Theorien Milton Friedmans und der Chicago Boys zuerst und am konsequentesten nicht in einer Demokratie, sondern in der Diktatur Augusto Pinochets angewandt wurden - mit den bekannten Folgen.
Lieber Herr B., vielen Dank dafür, die "Getrenntheit" der Traditionen des Liberalismus und der Demokratie hier noch einmal konkreter und kenntnisreich auszudeutschen. Um die Frage des Demokratie-Verständnisses des Neoliberalismus wird es in unserem Demokratie-Check im Gespräch mit Quinn Slobodian auch noch gehen.
Allerdings möchte ich noch einmal auf meinem zentralen Gedanken insistieren, der mir auch durch die von Ihnen angeführten historischen Beispiele nicht widerlegt scheint: Der konsequente Liberalismus kann nicht anders als sich vorbehaltlos zur Demokratie bekennen - auch wenn das Bürgertum immer wieder versucht hat, seine Interessen auf anderem Wege zu verteidigen. Und die wohlverstandene Demokratie ruht auf dem normativen Kern des liberalen Rechtsstaates, sonst wird sie letztlich immer nur eine Scheindemokratie bleiben.
Herzlich, DB
Wow. Vielen Dank, Herr Binswanger - Sie haben Ihre gewohnte Brillianz selbst übertroffen. Was für ein instruktiver Text!
Ich denke auch, dass die Meinungsbildung, wie Christian Schenkel sagt, ganz entscheidend ist. Vera Kehrli weist zu recht auf die Problematik der Meinungsbildung hin wo mit Schlagworten, einfachen Antworten auf komplexe Probleme, Emotionalisierung und Skandalisierung, irreführender Propaganda und vor allem auch sehr viel Geld Entscheidungen beeinflusst und manipuliert werden.
Eigentlich müssten wir unsere politische Meinungsbildung und politischen Entscheidungen immer nach einer Art Checkliste beurteilen und uns fragen, wie die grundlegenden Elemente der Demokratie in der jeweiligen Entscheidung berücksichtigt werden:
Freiheit?
soziale Gerechtigkeit?
Gewaltenteilung?
grundlegende Menschenrechte, insbesondere auch der Schutz von Minderheiten?
Diese Elemente stehen naturgemäss immer in einem gewissen Spannungsverhältnis zu einander. Sie können wohl auch nie ideal austariert werden. Ich meine aber, dass eine politische Entscheidung, in der eines oder mehrere dieser Elemente ausblendet, falsch und gefährlich ist und zur Zerstörung der Demokratie mithelfen kann.
Echli vil; als einfache Demokratin und in dieser Selbstverständlichkeit aufgewachsen wünsche ich mir diese zu bewahren; abec mes moyens de bord.
Entwicklungen und hypes zu differenzieren und mir bewusst machen; je suis citoyenne; donc je participe.
Liebe Frau G.,
"Je suis, donc je participe" erscheint mir wie die perfekte Zusammenfassung dessen, was ich hier versucht habe auf den Begriff zu bringen! Herzlich, DB
Die wichtigste Frage, die sich für eine demokratische Gesellschaftsform heute stellt, wird im Text sehr schön formuliert:
"So dürfte sich tatsächlich die Schicksalsfrage unserer Epoche artikulieren. In den Blick bekommt sie aber nur, wer «Demokratie» nicht auf staatsbürgerliche Grundrechte und freie Wahlen reduziert, sondern sich dem vielschichtigen Klassenkampf um Teilhabe und Berechtigungen stellt."
Die Demokratie, wie sie bei uns nach dem Krieg praktiziert wurde, war die scheinbar unangefochtene Herrschaftsform, weil soziale Verwerfungen und Klassenkämpfe durch den "Grossen Kompromiss" zwischen den Besitzenden und den Nichtbesitzenden und durch eine keynesianische Regulierung des Kapitalismus überwunden schienen. Die ökologischen Probleme waren bis in die 70er Jahre noch weit entfernt und die Hoffnung der Sozialdemokratien in Europa war, das Ende des Klassenkampfs erreicht zu haben in Form einer möglichst allgemeinen Teilhabe der Menschen an der Demokratie und einer Stilllegung der Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit (schliesslich wurde 1973 bei uns das Frauenstimmrecht eingeführt).
Was erst nach 40 Jahren neoliberaler Umgestaltung und Aufkündigung des Grossen Kompromisses durch die Besitzenden sichtbar wird:
Demokratie war immer schon ein bürgerliches Klassenprojekt, eine Herrschaftsform, die den Unterschichten das Gefühl der Partizipation gab, ohne sie aber wirklich selbst bestimmen zu lassen. Am Schönsten sichtbar in den heute mit viel emotionalem Aufwand verbundenen Symbolinitiativen, die nicht zur Lösung politischer Fragen gedacht sind, sondern ästhetisches Vergnügen bereiten sollen.
Unsere Demokratie war immer im besten Fall ein halbe Demokratie. Die Wirtschaft war von Anfang an aus der Demokratie ausgeklammert, was allenfalls diskutiert werden konnte, waren die "Rahmenbedingungen", der Wirtschaftsprozess selbst wurde immer als Naturprozess dargestellt, der durch ein Zuviel an Demokratie nicht gestört werden durfte.
Deshalb die bange Frage: Gibt es angesichts einer unendlichen Machtballung in der Wirtschaft, angesichts der "Megamaschine" wirklich eine substantielle und nicht nur symbolische Teilhabe der Menschen an den Bedingungen ihres Daseins? Welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein, dass eben ein grosser Teil der Bevölkerung nicht ausgeschlossen und abgehängt ist, sondern erfahrbar am Prozess der gesellschaftlichen Entwicklung und Gestaltungen mitwirken kann?
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Ist es nicht vielmehr so, dass die Menschen, die in freiheitlichen Demokratien leben diese geschichtlich einmalige, tatsächliche Freiheit nicht aushalten können?
Die Menschen können nicht mit dieser Freiheit, keine Staatsgrenzen mehr, fast keine Visas mehr, unbegrenzte Mobilität zu Lande, Wasser und Luft, Rechtsstaatlichkeit, der Staat wird aus dem persönlichen Bereich weitgehend zurückgedrängt, Gleichheit vor dem Gesetz, alle Bedürfnisse (nicht Wünsche) sind erfüllt, etc. etc., nicht umgehen, denn Freiheit bedeutet auch Eigenverantwortung, eigene Entscheidungen treffen und dafür auch verantwortlich sein, Alleinsein bis zur Einsamkeit, deshalb sind auch die sozialen Netzwerke so beliebt, und das Fehlen von Aufmerksamkeits- und Annerkennungssucht.
Wer will sich diesem freien Leben tatsächlich und Tag täglich aussetzen?
Viele Menschen sind nicht willens und nicht fähig so frei zu leben. Sie bevorzugen die Bevormundung und die Unterwerfung, da sie dann für die allfälligen Konsequenzen jederzeit einen Schuldigen zur Hand haben und ihr unfreies Leben mit ruhigem Gewissen weiter leben dürfen.
Sehr geehrter Herr Merkl, ich nehme an, Sie spielen mit Ihrer Argumentation die Rolle des Advocatus diaboli - die Meinung, die Menschen seien mit der Demokratie überfordert, taucht immer wieder auf, oft aus erstaunlichen Ecken. Nun, so zu denken, heisst die Menschen nicht ernst zu nehmen, auch in der Folge nicht im impliziten Bildungsbedürfnis, das die Grundlage jeder Demokratie bildet . Es ist eine gefährliche Meinung! Ich bin aber froh, dass sie hier ausgesprochen wird, ganz im Sinne von anderen Verleger*innen, z.B. Christian Schenkel von vor 4 Stunden. Und die Republik ist ein wunderbares Mittel, die Diskussion unter uns Bürgerinnen wach und lebendig zu halten, ein unabdingbares Mittel, unsere Demokratie weiterzuentwickeln.
Liebe Frau Lippuner,
Ich spreche nicht davon, dass die Demokratie die Menschen überfordert, sondern dass, die Menschen nicht mit der heutigen großen Freiheit nicht zurecht kommen. Diese Freiheit überfordert die Menschen.
Ich sehe nicht, wie diese Aussagen gefährlich sind und ich die Menschen nicht ernst nehme. Diese ihre Aussagen werden von ihnen auch in kleinster Weise erläutert, was ihre Wertschätzung meiner Person gegenüber zeigt.
Also sprach Nietzsche. ;-) Aber wer sind hier die "Menschen" ? Wird hier nicht die Lebenswelt westeuropäischer Mittel- und Oberschichten verallgemeinert? Die "unbegrenzte Mobilität" vieler endet im Mittelmeer.
Das sind die Menschen, die in einer freiheitlichen Grundordnung leben. Was ist daran so unklar. Und natürlich steht es ihnen völlig frei, dies zu deuten, wie sie möchten. Diese Deutung zeigt ihre Gedankenwelt.
Wahrlich, ein Parforceritt durch die neuere politische Literatur, den hier Daniel Binswanger vollführt. Und dabei in aller notwendigen Kürze bzw. Länge die Quintessenzen herausdestilliert. Ich möchte hier nur einige Bemerkungen anstellen, die womöglich die Differenzierungen der zitierten Autor*innen dekonstruieren.
So sei der Populismus kein „Aufstand des Volkes gegen die Eliten“ sondern ein „Aufstand der Bevölkerung gegen ihren Ausschluss vom Volk“. Diese Antithesen sind jedoch dialektisch vermittelt, wenn in der Wahrnehmung, „die Elite“ für den Ausschluss vom Volk verantwortlich gemacht wird. Diese Elite ist gerade die „autoritäre Instanz“, welche den Eindruck hinterlässt, dass „die Grundrechte und der Schutz des Individuums nicht von einem demokratischen Regime (…) durchgesetzt werden“.
Denn selbst der Rechtsstaat werde durch Korruption ausgehebelt, dergestalt, dass nicht mehr alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Elitarismus verbindet sich mit Anti-Egalitarismus. Während doch in der Demokratie die Universalisierung des Gleichheits-Versprechens inne wohnt. Diese Elite besteht jeweils aus einer bunten Mischung: Kosmopolit*innen, Globalist *innen, Anywheres, Manager *innen, Städter *innen, Studierte, Intellektuelle, Linke, Liberale usw.
Für die Ausgeschlossenen gibt es also schon den „undemokratischen Liberalismus“. Und zwar in Form des real-existierenden „neoliberalen Ultrakapitalismus“. Der „Postdemokratie“ aufgrund von Globalisierung und der Macht der multinationalen Konzerne und supranationalen Institutionen (etwas, das „Entwicklungsländer“ des „Südens“ schon seit den 80ern kennen).
Doch der Glaubens-Sprung aus Verzweiflung in die Arme eines „starken Mannes“ – einer Anti-Autorität (der sich entsprechend anti-autoritär gebärden darf, ja soll) gegen die Autorität des „Establishments“ – also in die „illiberalen Demokratie“, ist natürlich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Der Heiland ist das Heilmittel, das schlimmer ist als die Krankheit. Und am Ende den Patienten tötet.
Letztlich müsste die Politik nicht nur wieder für mehr Inklusion sorgen, sondern auch für mehr Distribution. Etwa so, wie es Thomas Piketty vorschwebt.
Den Volksbegriff müssten wir gleich ganz fallen lassen. Denn die „Biopolitik“ des modernen Rechtsstaats hat es nur noch mit der Bevölkerung zu tun. Diese müsste wiederum mit der irreduziblen Pluralisierung, wie Isolde Charim schreibt (vgl. auch ihren Republik-Artikel, einen weiteren Individualisierungsschub vollziehen. Ein „Minus-Ich“, das vom inkludierten Anderen ausgeht und eine globale und transversale Solidarität jenseits von exklusiven Identitäten ermöglicht. Und so auch eine neue, eine „kommende Gemeinschaft“.
Denn wer weiss, vielleicht wird neben dieser sozialen Entgrenzung mit der „extrem restriktiven Bedingung“ der Klimakrise das „Volk“ und der „Volkswille“ wieder auferstehen. Wenn in weltweiten Versammlungen der prekär Lebenden der Ruf ertönt: „Wir sind ein Erden-Volk!“. Und das die ökologische Begrenzung fordert.
Die Erwähnung von Rousseaus „Volk von Göttern“ erinnert an Kants „Staat von Engeln“ und „Volk von Teufeln“. Hier das Zitat aus „Zum Ewigen Frieden“:
Nun ist die republikanische Verfassung die einzige, welche dem Recht der Menschen vollkommen angemessen, aber auch die schwerste zu stiften, vielmehr noch zu erhalten ist, dermaßen daß viele behaupten, es müsse ein Staat von Engeln sein, weil Menschen mit ihren selbstsüchtigen Neigungen einer Verfassung von so sublimer Form nicht fähig wären. Aber nun kommt die Natur dem verehrten, aber zur Praxis ohnmächtigen allgemeinen, in der Vernunft gegründeten Willen und zwar gerade durch jene selbstsüchtige Neigungen zu Hülfe, so daß es nur auf eine gute Organisation des Staats ankommt (die allerdings im Vermögen der Menschen ist), jener ihre Kräfte so gegeneinander zu richten, daß eine die anderen in ihrer zerstörenden Wirkung aufhält, oder diese aufhebt: so daß der Erfolg für die Vernunft so ausfällt, als wenn beide gar nicht da wären, und so der Mensch, wenn gleich nicht ein moralisch=guter Mensch, dennoch ein guter Bürger zu sein gezwungen wird. Das Problem der Staatserrichtung ist, so hart wie es auch klingt, selbst für ein Volk von Teufeln (wenn sie nur Verstand haben) auflösbar und lautet so: „Eine Menge von vernünftigen Wesen, die insgesammt allgemeine Gesetze für ihre Erhaltung verlangen, deren jedes aber insgeheim sich davon auszunehmen geneigt ist, so zu ordnen und ihre Verfassung einzurichten, daß, obgleich sie in ihren Privatgesinnungen einander entgegen streben, diese einander doch so aufhalten, daß in ihrem öffentlichen Verhalten der Erfolg eben derselbe ist, als ob sie keine solche böse Gesinnungen hätten“.
Immanuel Kant meets Adam Smith meets Elinor Ostrom. Die Tragödie der Allmende „die unsichtbare Hand“ und den kategorischen Imperativ. Besser könnte man die Funktion des Rechtsstaates für Politik und Wirtschaft nicht fassen.
Lieber Herr Rebosura, ich habe es bisher versäumt und möchte es noch nachholen: Vielen Dank für Ihre interessanten weiterführenden Reflexionen!
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Nach Jacques Rancière beginnt Demokratie mit dem Ende der gleichzeitig totalitaristischen (A. Schmitt u.a.) wie utopischen (G. Debords u.a.) Vorstellung einer authentischen Identität des demos, des Volkes, mit sich selbst (greifbar in den auswechselbaren ideologischen Versatzstücken von „Volkssouveränität“ wie „Wir sind das Volk“, „Führer = Volk“, „Partei = Klasse“ etc.). Populistische Parteien wie SVP, AFD und andere agieren und emotionalisieren im Modus dieser trüben (völkischen) Verschmelzungsphantasien. Wie die Philosophin Juliane Rebentisch ausführt, muss es stattdessen um die ausdrückliche Verteidigung von Vermittlungen, Repräsentationen und der damit einhergehenden Teilungen in der Demokratie gehen. Genau durch diese Offenheit unterscheiden sich in einer Demokratie demokratische von antidemokratischen Kräften.
„Es gibt den demos nie jenseits seiner politischen Repräsentation, die ihm erst eine konkrete Gestalt und einen einheitlichen Willen geben. Dies bedeutet aber zugleich, dass das Volk nie vollständig und abschliessend mit seiner politischen Repräsentation zusammenfallen kann. Die Demokratie beginnt somit mit der Einsicht, dass die Möglichkeit, die politischen Repräsentationen des demos und seines Willens infrage zu stellen, nicht das geringste unter den Gütern der Demokratie ist. (...) Die Geschichte der Demokratie kann daher nicht mehr als asymptotische Annäherung an eine letzte Utopie sozialer Authentizität erzählt werden, in der der demos schliesslich so mit sich übereinkäme, dass alle Vermittlung , alle Repräsentationen überflüssig wären. Vielmehr muss sie im Sinne einer Dynamik verstanden werden, in der sich die Demokratie immer wieder neu nur im und durch den Streit um die konkrete Bedeutung ihres Begriffes gewinnt“.
Auf dieser gedanklichen Grundlage erörtert Rebentisch dann Formen der sozialen und politischen Partizipation bzw. Teilhabe. Für Interessierte: Juliane Rebentisch: Die Kunst der Freiheit (2011), Theorien der Gegenwartskunst (2015).
Lieber Herr S.,
Ganz herzlichen Dank für diesen Hinweis auf Jacques Rancière. Sie haben vollkommen recht: Rancière gehört zu den Vordenkern der Wichtigkeit von Kontigenz und Unverfügbarkeit von Macht in der echten Demokratie und entwirft interessante Vorschläge zu einer wirklich demokratischen Teilhabe. Die Bedeutung seines ja bereits 2005 erschienen Traktats "La Haine de la démocratie" ist kaum zu überschätzen. Ich habe ursprünglich geplant, einen Abschnitt über Rancière in den Text aufzunehmen, habe es dann aus Längengründen aber gelassen. Philip Manow dessen kommendes Buch ich ausführlicher darstelle, ist sehr stark - aus meiner Sicht entscheidend - von Rancière beeinflusst.
Die Demokratie Umfrage ist verfehlt. Viele der genannten Länder haben nur zwei, eine oder gar keine Partei zum Wählen. Und ausser Wahlen alle paar Jahre ist nichts. Was sollen da irgendwelche Demokratiebetrachtungen ? Die Laender mit einer Partei befassen sich mit dem Chef selbst. Probleme im Land scheinen keine zu existieren ausser dass es zu viele aufwiegelnde Journalisten gibt. Laender mit 2 Parteien sind dauernd im Wahlkampf. Die andere Partei ist immer die ganz Schlechte, der Abgrund. Probleme, ausser dass die Opposition dagegen ist scheinen wenige zu existieren.
Am Effizientesten ist China. Da muss sich der Chef gar nicht erst positionieren.
Was mir in all den Diskussionen um die Demokratie immer ein wenig zu kurz zu kommen scheint ist ein wichtiges Merkmal der Demokratie und zwar, dass es sich bei der Demokratie eben sinngemäss um die Herrschaft des Volkes handelt und nicht um die Herrschaft der Mehrheit...
Gerade Rechtspopulisten tendieren dazu ihre Meinung zu einem angeblich so absoluten Volkswillen hochzustilisieren, auch wenn sie sich gerade mal mit 50% + 1 Stimme durchgesetzt haben mag...
Wenn die Mehrheit aber von einer Seite nicht mehr angehalten ist, auf die Minderheiten Rücksicht zu nehmen und diese nicht mehr durch den liberalen Rechtsstaat geschützt sind, kann es sich gar nicht mehr um eine Demokratie handeln, sondern um eine simple Mehrheitsdiktatur!
Auch sollte es eine klarere Definition zur Mitte der Gesellschaft geben, denn ist diese die Mitte des heutigen politischen Spektrums vieler westlicher Staaten? Wohl kaum! Welche Forderung kann wohl mit einer Demokratie kompatibel sein? Die nach einem existenzsichernden Grundeinkommen, freier guter Bildung, sowie anständiger Gesundheitsversorgung und der angemessen Besteuerung von Reichtum bis das finanzierbar ist, oder die nach drakonischen Strafen für Andersdenkende, Ausgrenzung von Minderheiten, faktische Einschränkung der Religionsfreiheit und Beschränkung der Zuwanderung, sowie Reduzierung der Sozialsysteme auf Allmosen?
Ersteres gilt vielen als Extremforderung obwohl dabei kein Mensch in seiner Existenz bedroht wäre, zweiteres, der faktische Kampf gegen den Menschen anstatt gegen Gesellschaftsfeindliches Gebahren, findet teils aber bis in die angebliche politische Mitte hinein Anerkennung...
Ich stelle folgende Frage wie weit verträgt Demokratie die Ökologie ist sie schuld dass Trump und Konsortien an die Regierung kommen?.Es ist sicher auch das fehlen eines Visionär und Optimisten der die Menschheit in die Richtung lenkt
Die politischen Prozesse in der Demokratie haben ja sehr viel mit Kommunikationskultur zu tun. Da kommt mir Voltaire in den Sinn: 'Die Menschen sprechen liebsten von jenen Tugenden, die sie am wenigsten besitzen.' Vielleicht muss man den politischen Diskurs unter diesem Gesichtspunkt anschauen? Wer spricht denn da von 'Volkswillen', oder von den 'liberalen Werten' oder auch von 'christlicher Nächstenliebe', 'gesellschaftlicher Solidarität' etc. ... Sicher kann man nicht allen Politikern unterstellen, dass sie eigentlich genau das Gegenteil von dem was sie sagen meinen.... Sicher? ..... Schau, Trau, wem?
Lieber Herr Binswanger
Gibt es eine Übersicht/Zusammenstellung aller Werke auf welche sie sich in Ihrem Text beziehen? Fände ich übrigens eine nette Eigenschaft solcher Texte, welche den derzeitigen Wissens- und Forschungsstand zu einem Thema zusammenfassen, wenn sie am Schluss eine tabellarische Aufstellung der referenzierten Werke bieten würden.
Viele Grüsse
D. D.
Lieber Herr D., wir haben uns überlegt, ob wir am Ende einen Kasten mit der "Literaturliste" machen sollen. Wir sind dann zum Schluss gekommen, dass es nicht nötig ist, weil bei allen genannten Werken ein Link gesetzt ist, der zu den ganzen bibliographischen Angaben führt. Sie müssen diese Referenzen allerdings im Artikel zusammensuchen. Vielleicht hätten wir tatsächlich eine kleine Übersichtsliste machen sollen (Zur ganzen Demokratie-Reihe gibt es ja eine Landing-Page). Vielen Dank für die Anregung! Herzlich, DB
Lieber Herr Binswanger, vielen Dank! Danke, das Thema zu besprechen, zu diskutieren, es gibt so viele Missverständnisse darüber, selbstverständliche Annahmen, die hinterfragt werden müssen... Ihr Essay wirft viele wichtige Fragen auf, vielleicht zu viele aufs Mal, er ist leider auch etwas unübersichtlich. Ich möchte mich auf drei Punkte beschränken:
Wer hat Angst vor der Demokratie? Sicher derjenige, der es gewohnt ist, allein (oder innerhalb seines Machtzirkels) zu entscheiden. Wer nicht bereit ist, Zeit zum 'Deliberieren' aufzuwenden, also die Meinung anderer gar nicht erst erwägen möchte. Oder nach Chamayou: Wer "sich anmasst, die einzig wirkliche Urheberin des politischen Willens zu sein."
"Politische Entscheidungsräume sind jedoch immer mehrdimensional, die Wirtschaftspolitik stellt eine andere Dimension dar als die Sozialpolitik, diese unterscheidet sich von der Aussenpolitik und so weiter." Deshalb bin ich immer wieder höchst erstaunt, wie es gelingt, diesen mehrdimensionalen Raum auf einer einzigen Dimension abzubilden: auf einer Linie zwischen links und rechts. Wenn man politische Positionen erklären will, muss man genauer sagen, was man meint.
Zum Dritten erstaunt mich die leichtfertige Verwendung des Begriffes "liberal". Ich beobachte, dass Akteure, welche sich selbst als liberal bezeichnen, das absolute Gegenteil meinen können. Ordoliberal, neoliberal, wirtschaftsliberal auf der einen Seite, sozialliberal, liberalsozialistisch, gesellschaftsliberal; das sind Positionen, die sich oft schlecht vertragen. Man muss sagen, was man meint.
Ja, doch noch etwas: Sprache dient der Verständigung, nehmen wir an. Argumente sollen überzeugen. Aber wir sollten auch bedenken: Sprache kann auch als Kampfmittel eingesetzt werden, wie jedes andere Werkzeug auch missbraucht werden. Auch das macht Demokratie so schwierig.
Herzliche Grüsse.
Lieber Herr Junker, Sie haben recht, der Bergriff "liberal" wird in meinem Text tatsächlich sehr unscharf verwendet. Und es stimmt: Es handelt sich um eine sehr umkämpfte und in sehr wechselnder Bedeutung verwendete Vokabel. Ein zu unser Reihe gehörendes Interview mit Quinn Slobodian wird da hoffentlich noch ein paar Klärungen beitragen. In meinem Text, beim vermeintlichen Gegensatz zwischen "illiberaler Demokratie" und "undemokratischem Liberalismus" wird mit "liberal" hauptsächlich der "liberale Rechtsstaat" gemeint, also eine Rechtsordnung, die sämtliche Freiheitsrechte - die Grundrechte, Meinungsfreiheit, Medienpluralismus, Minderheitenschutz, Gewaltenteilung usw - gewährleistet. Herzlich, DB
Das Leben in einer Demokratie ist einer Minderheit der Menschheit gegönnt. Der Check suggeriert dass Menschen in Ländern wie China und Russland das auch tun, was mir die Frage nach einer Definition von Demokratie hervorruft. Für mich ist Demokratie ein abendländisches System. Unsere Vertreter reisen in andere Kulturen mit ganz anderer Geschichte und politischen Werdegängen und pochen auf demokratische Prinzipien und Zivilrechte, was mich echt amüsiert.
Ich fühle mich ziemlich privilegiert, dass ich in der Schweiz an demokratischen Prozessen teilhaben kann. +/-40% der Stimmberechtigten tun das regelmässig, der Rest foutiert sich. Wie kann man die restlichen 60% dazu bewegen, ihre Stimme gehört zu kriegen? Dieser Mangel an Teilnahme ist für mich eine Gefahr für Demokratie.
Erstmals vielen Dank für diese Serie zur Demokratie! Ihre Analyse ist sehr treffend.
Nur eines bringt mich auf die Palme, Ihre Aussage: "Der Volkswille existiert nicht." Und dann erst noch "aus mathematischen Gründen". Einverstanden, wer zum Volk gehört, ist nicht klar. Aber sobald dies eingegrenzt ist - in der Schweiz alle nicht-bevormundeten Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren - gibt es auch einen eindeutigen Willen dieser Menschenmenge.
Ich weiss natürlich, was Sie meinen. Bei der Brexit-Abstimmunng ging es nicht nur um eine EU-Mitgliedschaft. Es spielte auch eine Rolle, ob man gegen die Regierung von David Cameron war, ob man sich von der Kompetenz des polnischen Sanitärinstallateurs erniedrigt fühlt und ob man am Morgen der Abstimmung den Kopf an der Schranktür angeschlagen hat.
Trotzdem: Die Brexit-Abstimmung hat den Willen des an der Abstimmung teilnehmenden Stimmvolkes präzis auf einer eindimensionalen Skala abgebildet. Der Volkswille existiert - nur kennen wir halt nicht alle seine Dimensionen.
Im Moment kennen wir zwar keine besseren, real umsetzbaren Systeme. Gerade wenn die Demokratie in Frage gestellt wird, wünsche ich mir, dass abee auch darauf eingegangen wird. «Demokratie + Liberaler Rechtsstaat = absolut einzige Option» finde ich ein wenig starr. Es gibt viele Ansätze, um Demokratie weiterzuentwickeln.
Das Medium, Republik, überzeugt mit erfrischend neuem Inhalt.
Vortrefflich wie sich die Republik ohne Zensur des Kapitals bemüht den Zeitgeist zu erfassen.
Wer hat Angst vor Demokratie?
Herrn Binswanger, ihre Beitrags-Serie erfolgt wohl nicht zufällig?
Die Begrenzung Initiative und das Rahmen Abkommen sind wohl das Ziel ihrer Reise…
Ihre theoretische Abhandlung über den Zerfall der Demokratie Systeme gleicht fürwahr einem Grusel Kabinett.
Geschürte „Angst“, ein höchst willkommener Gast zur Seelen Bildung…
Täuscht mich mein Bauchgefühl; nach mehrmaligem lesen ihres Essays, dass Sie den mythischen Volkswillen mit akademischer Verachtung beurteilen?
Ihre angepriesenen theoretischen und wissenschaftliche Geister sind Quellen aus mineralischer Zusammensetzungen der Weltbildern ihrer Verfasser und ihrer pekuniären Gegebenheiten.
Der kollektive Wille der Wähler sich jenseits der bisher bestehenden politischen Strukturen ihre verbriefte Teilhabe zu sichern, ist der derzeit äusserst obszöner Art der Destruktion ihrer "Macht Egos" geschuldet. Kein Systemfehler, sondern gänzliches Versagen ihres Universitären Parasiten Klüngels!
Das ist die Wahrheit, theoretische Dogmen hatten in der Praxis nie Erfolg.
In Umkehr ihrer wissenschaftlich erwiesenen Inexistenz, ja gar die Dekonstruktion des „Volkswillens zu Demokratie“ hilft ein Blick über den theoretischen Tellerrand:
Ihr abschätzig ernannter „Pöbel“ hat das obszöne Versagen der politischen Partei Politik in Regierung, Parlament, Justiz und Kapital, erkannt und reagiert ob der Destruktion zu gesetzlich verankerter Teilhabe ihrer „Herrschaften“.
Die Gier nach Macht & Reichtum ist uralt und findet stets ein jähes Ablauf Datum.
Die Maxime: „Divide et impera! - Teile und herrsche!“
(Empfiehlt, eine zu besiegende oder zu beherrschende Gruppe (wie z. B. ein Volk) in Untergruppen mit einander widerstrebenden Interessen aufzuspalten - auseinander zu dividieren -). (Wikipedia)
Diesem Ziel ist der Neoliberalismus, etwas ehrlicher, Neokapitalismus sehr nahe gekommen.
Eine wenig beachtete Tatsache; die AFD entstand zu grossen Teilen aus Abtrünnigen der CDU und FDP. (Widerstrebende Interessen aufzuspalten)…
Zuerst Geburtshelfer, jetzt als gut orchestriertes Angst-Schmiermittel?!
Jenseits des Rheines bedient sich der CDU Zirkel nun im wohl letzten Akt mit Hilfe der Kapitalen Gewalt von BlackRock, ihre „Herrschaft“ zu sichern.
In wie weit dieser riskante Coup gelingt, wird sich im finalen Ringen ihres „Pöbels“ in der System Wahl von der „Parlamentarischen Demokratie“ zu direkter Demokratie“ entscheiden.
Das ewige Mantra des schweizerischen, akademische Adels, mit welcher Sie sich der direkten Demokratie entziehen möchte:
.„Der ungebildete Stimmbürger ist nicht fähig, fernab Emotion sich ein fachgerechtes Urteil zu seiner Zukunft zu bilden“!
Die Milliarden Verluste und politischen Desaster mit studiertem Wissen aber ohne Verstand produziert, wahrlich kein Ausweis der Elite die Herrschaft zu überlassen.
(Die Demokratie Systeme sind dem Wandel der Gesellschaft unterworfen, kein Konstrukt ist vollkommen. Organisation & Funktion werden sich dem Zeitgeist anpassen müssen.)
Ein neuer Ansatz in Denkweise ist von Nöten.
Der Grundsatz, wer reguliert wenn und in welcher Weise muss aus den Lehren der Vergangenheit, neu verhandelt werden.
Die Grenzen der Dominanz auszuloten ist Teil der Menschheits-Geschichte.
Welcher Zielsetzung sich die Republik in dieser existenziellen Angelegenheit andient, wir werden sehen.
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