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Mit seinem Forschungsansatz erweitert Bernhard C. Schär die Schweizer Geschichte um eine bis anhin völlig unbekannte Dimension. Ich freue mich, dass ein jüngerer Historiker ausgebrochen ist aus dem immer Gleichen, dass er sich nicht damit begnügt, längst Bekanntes neu zu interpretieren, sondern neue Forschungsfelder eröffnet. Die Form des Briefes ist eine originelle Art, historische Erkenntnisse bekannt und gleichzeitig Empathie spürbar zu machen. Ich gratuliere zu diesem vollauf gelungenen Beitrag!
Erneut ein faszinierender und erhellender Beitrag, hoffentlich nicht nur für Geschichtsfreunde wie mich, sondern ebenso für "Nichthistoriker" ein Beitrag, um die Kluft zwischen den Gattungen der unhistorischen und historischen Menschen zu schliessen. Erinnert hat es mich an Kästners Gedicht "Ein alter Herr geht vorüber", die Passage:
Ich könnte euch verschiedenes erzählen,
Was nicht in euren Lesebüchern steht.
Geschichten, welche im Geschichtsbuch fehlen,
Sind immer die, um die sich alles dreht.
Vielen Dank G. P.
PS: Die Jahrzahl zum Titelbild sollte noch korrigiert werden, bei der zweiten Illustration stimmts wohl.
Sehr geehrter Herr P. - danke für den Hinweis, die falsche Jahreszahl war mein Fehler, ist mittlerweile korrigiert.
Sehr wichtig, dass solche Geschichten endlich erzählt werden!
Und äusserst berührend. Die Briefform lässt die Menschen als lebendige Figuren mit allen Zweifeln und Brüchen, Hoffnungen und Enttäuschungen erahnen, was ich sehr wichtig finde, um Geschichte tatsächlich begreifen zu können.
Vielen Dank dafür!
Grosses Lob für die Recherche und die gewählte Textform, habe ich unglaublich gern gelesen. (Ich muss zugeben, dass ich Indonesien sogar ein kleines bisschen besser kenne als Nidwalden...)
Eine eindrückliche Geschichte. Geschichte in Geschichten – ein vielversprechender Ansatz!
„Jeder Faden der Schweizer Geschichte ist also auch mit dem Wissen, dem Handeln und dem Schicksal von Frauen wie Ihnen in der kolonialen Welt in Übersee verwoben.
Und all diese Fäden führen auch immer wieder zurück ins Zentrum des Schweizer Geschichtsteppichs.“
Ein sehr anschauliches Bild. Von den Fäden und Fransen am Rand können also wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden. Mich mahnt dieser Ansatz an das Buch von Saskia Sassen „Ausgrenzungen“, in dem die Autorin von den Bereichen hinter den Grenzen, von den Rändern und den Ausfransungen des Systems her wesentliche Einsichten in die „Brutalität und Komplexität der globalen Wirtschaft“ vermittelt.
Dieser Untertitel des Buches von Saskia Sassen führt uns zurück zum Thema der Geschichte über Abu Silla und mit ihr über all die (fast) vergessenen Menschen am Rande der Gesellschaft und der Geschichte.
Ein erhellender, wunderbarer Artikel, den ich gerne „meinen“ Studierenden im Fach #TranskulturelleKompetenz zuhalten werde. Chapeau!
Danke dass die Republik Licht in's Dunkel der kollektiven Amnesie wirft! Einer der nächsten Scheinwerfer wünschte ich mir auf das kaum hinterfragte Dogma "Geld arbeitet" gerichtet.
... da kann ich mich nur anschliessen: Ein wichtiger Brief - auch an mich, um mich immer wieder von historischen Gewohnheiten zu entwöhnen. Einzig der Satz „Hätte Louis Wyrsch Ihre gemeinsamen Kinder nicht anerkannt, hätten sie als «indische Eingeborene» ohne europäische Rechte im Dorf bei Ihnen aufwachsen müssen.“ ist nochmals nachdenkenswürdig ...
Grosses Kompliment an Herrn Schär! Die gewählte Erzählform und Perspektive ist sehr eindrücklich, spannend und erhellend! Spontan dachte ich: Ein zusätzliches Kapitel im sehr zu empfehlenden Buch von A. Holenstein: "Mitten in Europa; Verflechtungen und Abgrenzungen in der Schweizer Geschichte" ... mit dem Titel: "Mitten in der Welt"!:-) Ich würde es sehr begrüssen, wenn die Republik auch zukünftig solchen Beiträgen Raum lässt!
Hat mir sehr gefallen, herzlichen Dank für diese mir völlig unbekannte Geschichte in unerwarteter Form. Gestolpert bin ich über das Porträt von Alois: War Alois nur sein zweiter Vorname oder warum ist das Porträt mit "Louis" beschriftet? Zusammen mit der Legende ergab das bei mir eine Text-Bild-Schere.
Sehr geehrter Herr Langhart - Sie haben recht, das ist eine Schere, da Alois auch Louis genannt wurde. Laut Historischem Lexikon ist Louis allerdings nur eine Variante, Alois der "richtige" Vorname: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/…013-03-07/. Ich habe die Legende präzisiert. Danke für den Hinweis!
Danke für die Meldung. Da rutschte ein falscher Link in den Newsletter. Eben korrigiert.
Eine gute Reportage. Aber irgend jemand hat im Leadtext den Louis und den Alois durcheinander gebracht. Es war Louis Wyrsch, der an der Bundesverfassung von 1848 mit gearbeitet hat, übrigens bemerkenswert weltoffen (wie auch Bernhard Schär konzediert). Sein Sohn Alois war 1860-1872 Parlamentarier, als Nationalrat von Nidwalden, und fast 30 Jahre lang Regierungsrat. Ob sich die heutigen Kritiker der Menschen in der damaligen Situation anders verhalten hätten, als sie heute so entrüstet von sich weisen, ist nicht ganz so sicher wie sie zu klingen versuchen. Es sollte jeder vor seiner eigenen Tür wischen.
In diesem Beitrag wird zwar das Verhältnis zwischen einem Schweizer und einer Nichtschweizerin beschrieben, was durchaus interessant zu lesen ist. Was mir aber bis heute - zumindest bis 1979 kann ich dies verbürgen - grundlegender erscheint, ist das Verhältnis zwischen Schweizern und Schweizerinnen, also einfach mal wieder, zwischen Mann und Frau. Bis 1979 zumindest verliert eine Schweizerin, die sich mit einem Nichtschweizer verheiratet, ihr Bürgerrecht, wenn sich dieser einbürgert. Sie verliert ihr Bürgerrecht, auch gegen ihren Willen. Eine Schweizerin gilt also weniger, nach Schweizer Recht, als ein Nichtschweizer. Fazit: ein Mann gilt immer noch, egal in welcher Konstellation, mehr als eine Frau.
Eine Geschichte hinter der „Geschichte.“
Möchte noch ergänzen:
Mein Mann hat mir
erst jetzt erzählt, dass er diesen interessanten Beitrag sofort nach der Publikation,
allen Historiker Kollegen gemailt hat ,nachdem wir ihn zusammen gelesen hatten.Wir sind immer noch begeistert davon, wie sich Herr Schär dem Thema genähert hat.
Das Bild von W. A. van Rees, aus Borneo wurde von ihnen auf 1985 datiert. Hat sich da ein Fehler eingeschlichen?
Sehr geehrter Herr G. - Sie haben natürlich recht, war ein Fehler meinerseits, ist mittlerweile auf 1865 korrigiert. Danke für den Hinweis!
https://en.wikipedia.org/wiki/File:…ntoeor.jpg 1865 waere wohl richtig
Sehr geehrter Herr Oetiker - Sie haben recht, 1865 ist korrekt, ist mittlerweile angepasst, danke für den Hinweis.
Zum Titel. Er scheint mir erstens unzutreffend und zweitens grotesk schweizzentriert. Ein einfühlsamer Brief an die indonesische Geliebte von Wyrsch sollte nicht ihren Beitrag an die CH-Bundesverfassung ins Zentrum stellen. Ausserdem ist im ganzen Artikel nicht schlüssig begründet, worin ganz konkret ihr Einfluss gelegen habe, ausser dass sie ihn nach einer Schusswunde gepflegt hat und so zu seinem Überleben beigetragen hat.
Dann der Ausdruck Parlamentarier "of color" im ersten Satz: Er ist mir unangenehm, weil er die Individualität verschiedenster ethnischer Hintergründe negiert und so tut, als gäbe es eine binäre Unterscheidung "white" vs. "non-white". Ich würde dem Autoren empfehlen, in Zukunft auf diesen Ausdruck zu verzichten, mit oder ohne Anführungszeichen.
Wenn also der Artikel die Form eines Briefes an die Geliebte einnimmt, dann sollte ein solcher Brief glaubhaft wirken, ansonsten er zum billigen Aufhänger für ein salopp verkleidetes ethnozentrisches Forschungsarrangement verkommt.
Oder anders formuliert:
Wäre ich die Mutter dreier Kinder, von denen mein Mann mir die zwei älteren ans andere Ende der Welt verschleppt und mich mit 1500 Gulden abgespiesen hat, und die ich nie mehr lebend sehen würde, und dann würde ein Geschichtsforscher mich gegen Ende meines Lebens anschreiben und mir in tröstlichem Ton mitteilen, der Mann habe später an der Verfassung dieses Landes am anderen Ende der Welt mitgewerkelt, dann würde ich diesem Geschichtsforscher antworten, 'he could stick his letter where the sun don't shine'.
Schliesslich muss ich leider doch auch noch auf den Satz "Hätte Louis Wyrsch Ihre gemeinsamen Kinder nicht anerkannt, hätten sie als «indische Eingeborene» ohne europäische Rechte im Dorf bei Ihnen aufwachsen müssen." näher eingehen, auf den T. B. weiter unten genial hingewiesen hat und den er zurecht als "nachdenkenswürdig" bezeichnet hat (auch beim Begriff 'Eingeborener' würde ich Ihnen, Herr Schär, mit oder ohne Anführungszeichen ganz grundsätzlich empfehlen, ihn nicht zu verwenden, weil er daneben ist, abgesehen davon, dass Indien nie Indonesien war, so wie zum Beispiel England nie Frankreich, die Schweiz nie Österreich oder kein Apfel je eine Birne war). Wenn ich also B. Einladung annehme und über diesen Satz nachdenke, so erkenne ich ihn als eine Art Scheusal, in welchem ein hässliches unbewusstes Vorurteil durchschimmert, nämlich, dass die Trennung von der Mutter gut war und dass das Leben in Nidwalden ganz grundsätzlich ein besseres war als das in Indonesien je hätte gewesen sein können: beides Ansichten, die doch der eigentlichen Grundhaltung des Textes diametral widersprechen, dem Ansinnen, der Würde dieser Frau gerecht zu werden, die Wegnahme zweier ihrer Kinder zu verurteilen, die hässliche Eliminierung ihrer Rolle im Tagebuch Wyrschs bis zu einem gewissen Grad rückgängig machen zu wollen.
Die Intention Schärs ist fraglos faszinierend: eine Kolonialgeschichte zu erzählen mit Fokus auf einer Figur, die unter dem imperialistischen Kolonialregime gelitten hat. Die Geschichte leidet allerdings hie und da an einer irritierend ethnozentrischen Grundhaltung.
Ein sensationeller Beitrag – vielen Dank!
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