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Profilierunggsüchtige SVP-Frauen! Wie kann man nur derart schlecht informiert eine Initiative lancieren? Entlarvend..... Danke, dass die Republik das Thema so kurz und klar aufgenommen hat.
Sehr guter Artikel. Die SVP ist nicht in der Lage, ein Schweiz betreffendes Thema zu lancieren, das die Mehrheit des Volkes betrifft und mehrheitsfähig ist. Stets sind es Themen, die Minderheiten abwerten, sie behindern oder gar verbieten (Minarettverbot, Burkaverbot). So auch im Schwangerschaftsabbruchsverhinderungswahn.
So etwas macht mich immer wieder aufs Neue fassungslos und wütend. Als wäre die einzige Bestimmung der Frau Kinder zu bekommen. Auch ist es blanker Hohn gegenüber verzweifelten Frauen, sie so hinzustellen als wären sie zu naiv und zu dumm um das zu entscheiden. Das gleiche gilt für eine Sterilisation: Beim Mann kein Problem ich habe gleich alte Kollegen die locker flockig eine Vasektomie bekommen haben, ohne gross nachzufragen. Ich als Frau versuche seit Jahren das zu erreichen, aber ich bin ja eine unwissende Frau die sich ihrer Entscheidung ja eh nie ganz sicher sein kann und grundsätzlich dafür da um Kinder zu werfen. Falls es dann noch schärfere Regeln für Abtreibungen geben würde, wäre das für mich (falls ich mal schwanger werden würde, da ja kein 100% Verhütungsmittel existiert) nur noch ein Spießrutenlauf. Mich aber mein halbes Leben lang mit Hormonen voll zu pumpen ist absolut legitim. Ich finds wirklich schlimm...
Verhütungsmittel und dass Nebenwirkungen bei der Frau ok und beim Mann absolut inakzeptabel sind ist leider noch ein weiteres Thema. Wünsche Ihnen viel Kraft und dass Sie nie in die genannte Situation kommen.
Wobei man auch sagen muss, dass Männer ja eigentlich das perfekte, Nebenwirkungs-freiste Verhütungsmittel haben. Kondome.
Wirkt. Ist simpel. Gibt es in verschiedenen Materialien, falls Allergien ein Thema sind.
Müsste mann halt nur konsequent wollen. Aber es ist halt einfacher, das auf die Frau abzuschieben. Fühlt sich ja nicht gleich an. 🙄
(Gut, eine Nebenwirkung hat's, aber die ist ja praktisch: Wirkungsvolle Verhinderung einer gewissen Sauerei...)
Merci, Frau M., fürs Teilen Ihrer Erfahrungen. Und: alles Gute.
Seinen Kommentar gleich mit einem "Strohmann-Argument" zu starten, ist nicht wirklich sinnvoll – besonders, wenn es im Rahmen einer offenbar von vielen emotional und ideologisch geführten Debatte ist.
Ihre Erfahrung bzgl. Sterilisation vermag auf den ersten Blick zu erstaunen oder Ihre Gefühle/Wahrnehmung zu belegen, aber:
Erstens war das bestimmt nicht eine und dieselbe Ärzt°in, also hinkt Ihr Vergleich und damit das ganze Argument ziemlich.
Zweitens ist ein solcher Eingriff bei einem Mann viel risikoärmer als bei einer Frau.
Drittens gibt es für den Mann keine vergleichbar wirksamen Alternativen.
Viertens ist eine Sterilisation beim Mann u. U. umkehrbar, was, so glaube ich, bei der Frau viel schwieriger/unwahrscheinlicher ist.
Fünftens können auch Samenzellen aus dem männlichen Körper extrahiert werden trotz einer Sterilisation (im Falle einer fehlgeschlagenen Refertilisierung).
Es ist also je nach Geschlecht überhaupt nicht dieselbe Situation.
Und – bei allem Respekt – noch etwas zu Ihrem "Mimimi" wegen erschwerten Abtreibungen (Exkurs zu den inexistenten Rechten des Mannes bzgl. Familienplanung/Abtreibung): Ein Mann hat schon heute 0,0 Rechte bezüglich Familienplanung. Er kann weder eine Abtreibung (oder Verhütung) verbieten/verlangen, noch besteht eine Pflicht, den werdenen Vater über seine mögliche Vaterschaft oder eine Abtreibung zu informieren, sodass wenigsten darüber geredet werden könnte. Bei der "Pille danach" ist es, so glaube ich, dasselbe.
Ja, es besteht ja nicht einmal die Möglichkeit, sich als Mann der Elternpflichten zu entledigen, wenn ein Mann von einer Frau klar entgegen seinem Willen ein Kind anhängt bekommt (z. B. "gebrauchte Komdome rezyklieren" oder absichtlich andere Verhütungsmittel absetzen resp. gar nie anwenden und über die fehlende Verhütung täuschen, lùgen oder schweigen).
Das ist ziemlich ähnlich wie eine Vergewaltigung, wenn einem ohne Einverständnis in die eigene Lebensplanung/persönliche Selbstbestimmung eingegriffen wird.
In einem solchen Fall kann der Mann (aus Rücksicht auf das Kind, seinen Ruf oder seine sonstigen Beziehungen und Verpflichtungen) oft nicht "einfach abhauen", sondern wird genötigt, sich mit der entsprechenden Frau ein Leben lang mehr oder weniger abzugeben und für ein Kind da zu sein, das er nicht gewollt hat. Das bedeutet 100% Verantwortung bei 0% Entscheidungsmacht oder auch nur Mitspracherecht. Und das alles ist heute legal und wird vom Staat aktiv unterstützt, da (werdende) Mütter viele Rechte gegenüber dem Kindsvater haben, die vom Staat durchgesetzt werden, aber nicht umgekehrt.
(Wo sind diesbezüglich eigentlich die sonst so lauten Feminist°innen in Politik und Medien, wenn mensch sie 'mal braucht? So viel zur Schutzbehauptung, Feminimus sei für alle! Auf der anderen Seite macht das sog. "Patriarchat" offenbar einen ganz schlechten Job, wenn es darum geht, Männer(°)interessen zu verteidigen oder Männer(°) zu bevorzugen!^^)
Wow!! Ich wusste nicht das es wichtig ist mir meine Erfahrungen und mein Empfinden für so eine Diskussion abzusprechen, aber hier sind wir wohl.
Ihre Argumentation ist wirklich nicht neu und ich bin mir allen Unterschieden bewusst, welche bei einer Vasektomie wie auch bei einer Sterilisation vorhanden sind. Trotzdem ist die Intension doch die gleiche. ICH WILL KEINE KINDER. Wieso das man hier mit Umkehr und Risiko argumentieren muss verstehe ich nicht. Ich als erwachsene und eigenständige Person habe hier einen Entscheid gefällt und kann das nicht ausführen lassen weil alte weisse Männer das nicht gut finden? Wirklich?
Wieso man bei einem Thema das Frauenkörper betrifft dann immer als Mann die Opferrolle sucht erschliesst sich mir auch nicht ganz. Ein Mann trägt das Kind nicht aus, er gibt unter Umständen nicht sein Leben für das Baby, er zerstört seinen Körper nicht für das Baby und stand heute kümmert sich der Mann auch nicht im gleichen Masse dann um das Baby. Also wär macht hier Mimimi.
Ihre Punkte sind bestimmt auch wichtig, aber das Thema für eine andere Diskussion. Aber man kennts, man redet über Frauen, dann kommt ein Mann und möchte über Männer sprechen.
Wo sind denn die Männer die dieses Mitspracherecht denn wirklich einfordern? Müssen wir Frauen auch noch für euch die Arbeit machen, am liebsten noch unbezahlt? Keiner steht Ihnen im Weg wenn sie ein Mitspracherecht einfordern wollen, go for it. Mich wird aber nie jemand zwingen können ein Kind zu kriegen welches ich nicht will, Vater hin oder her.
Nix Strohmann. Das ist in verschiedenen Ländern Usus so. Frauen müssen jahrelang dafür kämpfen, nicht Kinder kriegen zu müssen, wobei oft noch die Frage kommt, was denn der Freund/Mann dazu denkt? Was ein potentieller, zukünftiger Geliebter dazu denken könnte?
Weil es halt mal wieder wichtiger ist, was (potentielle!) Männer denken, als die Frau, die da entscheidet.
Und der Rest des Rants... 🤷♂️ Ich bin sicher, dass es da ein paar Perlen hat. Aber diese elende Zero-Sum, "wir können Männern nur helfen, indem wir Frauen schaden", anti-Feministische Gegenüberstellung finde ich ehrlich gesagt zum kotzen und motiviert mich nur, mich von sowas zu distanzieren.
Wenn sich mal ein Männerverein dazu durchringen könnte, echte Verbesserungen in Referendum zu packen, dann schauen wir mal. Bisher kam aber alles, was auch den Männern gegen die alten verkrusteten Strukturen half aus der feministischen Ecke - und das wird sich allem Anschein nach auch nicht ändern.
Es ist ja nicht nur die Unbedarftheit dieser Initiativen, die mich empört, sondern vor allem die scheinheilige fundamentalistische Ideologie dahinter, die sich angeblich für den den Schutz der Ungeborenen einsetzt, sich aber nach der Geburt nicht mehr um diese Menschen kümmern will, indem alles, was mit sozialer Fürsorge und Absicherung zu tun hat, eingespart, reduziert und verunglimpft wird. In den USA ist diese Haltung noch viel extremer, wie das Beispiel des – man kann es nicht anders ausdrücken – kriminellen Abtreibungsgesetz in Texas zeigt.
....und wenn es dann um die geborenen Kinder geht, wird von den Tupfgenaugleichen, die sich den Schutz der Ungeborenen auf die Fahne geschrieben haben, jegliche Anstrengung um soziale Gerechtigkeit, Betreuung, Bildung oder Klimaschutz hintertrieben - ohne rot zu werden. Ich muss hier einen Punkt machen, bevor ich noch ausfällig werde.
Das hatte Tucholsky schon formuliert ind "Die Leibesfrucht spricht":
"Für mich sorgen sie alle: Kirche, Staat, Ärzte und Richter.
Ich soll wachsen und gedeihen; ich soll neun Monate schlummern; ich soll es mir gut sein lassen – sie wünschen mir alles Gute. Sie behüten mich. Sie wachen über mich. Gnade Gott, wenn meine Eltern mir etwas antun; dann sind sie alle da. Wer mich anrührt, wird bestraft; meine Mutter fliegt ins Gefängnis, mein Vater hintennach; der Arzt, der es getan hat, muss aufhören, Arzt zu sein; die Hebamme, die geholfen hat, wird eingesperrt – ich bin eine kostbare Sache.
Für mich sorgen sie alle: Kirche, Staat, Ärzte und Richter.
Neun Monate lang.
Wenn aber diese neun Monate vorbei sind, dann muss ich sehn, wie ich weiterkomme.
Die Tuberkulose? Kein Arzt hilft mir. Nichts zu essen? keine Milch? – kein Staat hilft mir. Qual und Seelennot? Die Kirche tröstet mich, aber davon werde ich nicht satt. Und ich habe nichts zu brechen und zu beißen, und stehle ich: gleich ist ein Richter da und setzt mich fest.
Fünfzig Lebensjahre wird sich niemand um mich kümmern, niemand. Da muss ich mir selbst helfen.
Neun Monate lang bringen sie sich um, wenn mich einer umbringen will.
Sagt selbst:
Ist das nicht eine merkwürdige Fürsorge –?"
Herzlichen Dank Frau S. für diesen Text.
Man möchte meinen, dass diese Vorstellungen und Ansichten im 21. Jahrhundert verschwunden wären, sind sie aber offensichtlich nicht. Vielen Dank für diesen starken Artikel und das Aufzeigen der Scheinheiligkeit!
Supergern.
Ja, genau.
Die ‚kopflose Frau‘ wurde mir übrigens auch bei der Trennung vorgeworfen. Von meiner Mutter.
Ich fordere, dass Initiativen, die nicht auf Fakten beruhen, abgelehnt werden. Dass Parlamentarier*innen, die einen Vorstoss lancieren, sich erst mal bei der Verwaltung schlau machen, was Sache ist.
Und dass Frauen, wenn sie schwanger werden, nicht mehr ‚Patientin‘ genannt werden.
Der letzte Punkt ist interessant. Bei einem Abbruch finde ich es persönlich sehr wichtig, als Patientin bezeichnet zu werden, da es untersteicht, dass es eben keine gesellschaftliche oder rechtliche Frsge ist, sondern allein eine gesundheitliche, über die ich entscheide. Ich kann aber verstehen, dass jene, die das Kind behalten wollen, dananch nicht monatelang pathologisiert werden wollen.
Und wenn sie stattdessen "Kundinnen" genannt werden, ist's wohl auch wieder nicht recht, oder?^^
Nein, Kundinnen sind Frauen in diesem Zustand sicher nicht. Warum nicht einfach ‚Schwangere‘? Die meisten Schwangerschaften verlaufen ohne grössere Komplikationen; Frauen sind in diesem Zustand in aller Regel gesund.
Wie Frauen, die einen Abbruch vornehmen lassen möchten, genannt werden möchten, kann ich zu wenig beurteilen; ich war nie in dieser Situation.
«Es ist an der Zeit, den seit der Steinzeit tradierten Blick, den die Gesellschaft auf Frauen wirft, umzulenken: vom Bauch auf die Augenhöhe.»
So ein genialer Schlusssatz des tollen Beitrags.
Ich fasse mich kurz:
In all den 40 Jahren meiner Tätigkeit als Arzt der Abtreibungen ( bis zur 17. Woche) durchführte, erlebte ich nie eine Frau, welche den Entscheid dazu leichtfertig fällte.
Ich behandelte immer die Frau als Person in einer Notlage und nicht als Verpackung eines Embryos.
Die Frauen wurden bei uns würdevoll und mit Respekt behandelt und konnten -den oft schmerzvollen - Prozess dadurch auch besser verarbeiten. Immer wieder suchten später dieselben Frauen uns auch mit erwünschten Schwangerschaften erneut auf.
Die SVP sucht neue Wähler und will Publizität und lässt daher immer wieder einmal ein emotional besetztes Thema aufköcheln.
Die Verteidigung unserer frauenfreundlichen gesetzlichen Regelung ist wohl eine Daueraufgabe. Das Ganze ist im Rahmen des seit tausenden von Jahren dauernden Kampfes des Patriarchats um Kontrolle des weiblichen Körpers zu sehen.
Ich empfehle als weiterführende Lektüre: „Das Geheimnis über Eva“ von Karel van Scheik und Kai Michel. (600 Seiten dick aber in gut lesbarer Sprache geschrieben).
Toller Beitrag, B. M.! Einzig, und diesen Denkfehler bekamen wir dabei ja eben gerade immer schon mit ab:
„ … ist im Rahmen des seit tausenden von Jahren dauernden Kampfes des Patriarchats um Kontrolle des weiblichen Körpers zu sehen.„
Es geht eben grad nicht um die Kontrolle des weiblichen Körpers; es geht um die Kontrolle des weiblichen (oder anders: des ‚nicht-männlichen‘, nicht-herr•schenden) Geistes, um die Kontrolle der Seele, um das Zerhacken meinetwegen, unseres Ganzen; der Körper ist da nur Instrument. — Und solange wir uns nur gegen das Instrumentarium (also die Reduktion auf den Körper) wehren, argumentieren wir, genau wie beabsichtigt, dann doch immer letztlich am Kern der Sache auch selber vorbei.
Es geht nie wirklich (‚nur‘) um die Körper; es geht um unsere Seelen, unseren Kern, unsere Eigenständigkeit, unseren Geist, Mind.
Dem kann ich nur zustimmen. Aber es wäre auch nötig, dass die Gesetzgebung nicht nur frauenfreundlich bleibt, sondern mindestens auch weniger männerfeindlich wird (vgl. meine Antwort an Frau N. M.).
Dass uns die Ungeborenen (insb. verglichen mit den Interessen der werdenden Mütter) egal sind, passt immerhin dazu, dass uns die kommenden Generationen als Ganzes auch ziemlich egal sind, was aber eigentlich ich beides ziemlich bedenklich finde – ob in diesem Kontext oder sonstwo.
Ach, wie rührig.
Da sorgt sich die SVP angeblich über arme, ungeborene Kinderlein.
Ist das wirklich die gleiche SVP, welche jede vernünftige Anti-Covid Massnahme bekämpft und als einzige staatstragende Partei sich aktiv gegen das Covid Gesetz stellt und damit Tod und Krankheit von Tausenden in Kauf nimmt? Und all das nur aus politischen Kalkül?
In Sachen Statistik und Mathematik lässt sich dieser Partei leider auch keine Lernfähigkeit attestieren.
Ich glaube ich werde Wählen gehen ...
Warum so dünnhäutig? Ich finde die Frage wichtig auf der Suche nach den tiefen Gründen für oder gegen die Abtreibung. Es geht um Existentielles, es geht um das Leben. Hat jemand das Recht, sich in das Leben der schwangeren Frau einzumischen, die sich bestimmt nicht leichtfertig entscheidet, ihre Schwangerschaft abzubrechen? Oder geht es um das Recht eines Kindes auf Leben, so wie das jedem Menschen zusteht?
Ich gehe fest davon aus, dass Leichtfertigkeit weder hüben noch drüben Motivation für die befürwortende oder ablehnende Haltung gegenüber Schwangerschaftsabbrüchen ist. Entscheidend ist vielmehr, ab welchem Zeitpunkt man von Leben und damit von Gefühlen, Ich-Bewusstsein und Weiterem ausgeht, das kein Mensch einem anderen nehmen darf. Wir alle haben ein Weltbild, einen Glauben, das oder den wir in den wichtigen Lebensfragen zu Rate ziehen. Auf dessen konstruktive Diskussion sollten wir uns einlassen. Die Initiativen regen bzw. heizen das Gespräch an. Das darf sein. Jedoch sollten wir uns von Polarisierungen nicht anstacheln lassen. Insbesondere bei der Einmal-darüber-schlafen-Initiative zweifle ich stark, dass die Diskussion konstruktiv ausfallen kann.
Wie soll eine Diskussion konstruktiv ausfallen, wenn die Initiative einfach sämtliche Fakten ignoriert (oder noch schlimmer; evtl erst gar nicht kennt)
Das ist plumpster Stimmenfang auf allertiefstem Niveau, sonst nichts.
Lieber Herr A.,
Mit den grundsätzlichen Fragen, die Sie ansprechen, hat sich die Republik vor rund einem Jahr in diesem interaktiven Artikel auseinandergesetzt, aus philosophischer, mediziniethischer, juristischer und weiteren Perspektiven.
Zu Ihrer Eingangsfrage: Dass es um Dünnhäutigkeit eben gerade nicht geht, beantwortet hoffentlich der vorliegende Text sowie die darin verlinkten Nachweise.
Liebe Frau Kolly
Lassen Sie mich das anhand dieses Beispiels illustrieren: In den Kommentaren hier finde ich ausserordentlich viele Emotionen. Das zeigt mir, dass das Thema bewegt - berechtigterweise. Der von Ihnen erwähnte Artikel beleuchtet die Gründe, die einen Schwangerschaftsabbruch erlauben und bis wann das vertretbar ist, gut. Ich finde darin kaum Gründe, die dagegen sprechen. Diese wären genauso spannend zu lesen, wie sich die Initianten für die missliche Situation der Frauen, die ihr Kind abtreiben wollen, interessieren sollten.
Oder geht es um das Recht eines Kindes auf Leben, so wie das jedem Menschen zusteht?
Darüber reden wir wenn keine obdachlose Person mehr draussen erfriert, und keine hungrige Person mehr an Unterernährung stirbt.
Wärend Wohnungen und Hotelzimmer leerstehen, und während wir weltweit genug Essen für alle produzieren.
Der Beitrag gefällt mir. Klar, selbstbewusst und fordernd. Dass Letzteres im Thema Schwangerschaftsabbruch immer noch nötig ist, zeigt aber einmal mehr wie fragil gesellschaftliche Errungenschaften sind. Ich finde es schon spannend. Die gleichen Kreise, welche sich beschweren, ihnen werde von städtischen Linken ein Lebensentwurf oder ein Weltbild aufgezwungen versuchen genau dies zu tun: „wir wissen, was Frauen wollen müssen.“ Die, welche bei jeder erdenklichen Gelegenheit auf Freiheit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung pochen finden in diesem - und anderen Gesellschaftsthemen - plötzlich der Staat soll gefälligst ihr konservatives Weltbild zementieren. Nun gut. Sollten die Initiativen überhaupt zustande kommen, wird das Resultat wohl sehr voraussehbar sein.
Danke, Claudio...same here - wunderte mich grad übers gleiche.
Gerade in USA sind ja Abtreibungsgegner oft auch Befürworter der Todesstrafe. Wie sieht diese Korrelation wohl in der Schweiz aus?
Einfach dankbar! Wenn ich noch anfügen darf, die Aufnahme solcher Ideen sind nicht zufällig, sondern das Resultat eines international, vernetzen Netzwerkes, wo auch die SVP drin ist. Mehr Infos finden Sie u.a. im Report Tip of the Iceberg vom Forum of European Parliament (sie haben aufgezeigt, wieviel Geld gegen Abtreibungen in Europa investiert wird) und beim tracking the backlash investigativ Projekt von opendemocracy (dort steht zB auch, wie Konversionstherapien und die Hotlines, die Frauen nach der 1. Abbruchpille zum Überdenken überzeugen wollen, was brandgefährlich ist, in verschiedenen Europäischen Ländern in den letzten Jahren entstanden). Es ist wichtig, dass wir verstehen, dass es sich nicht um Zufälle und auch keine bloose Inspiration handelt! Augenhöhe braucht es darum auch gegenüber diesen mächtigen finanziellen Netzwerken, was besonders schwierig ist, da Frauenorganisationen speziell unterfinanziert sind.
Richtig, aber wieso betrachten wir diese Leute nicht als eine vom Ausland gesteuerte 5. Kolonne - mit entsprechenden Sanktionen?
Der biologische Weltkrieg ist längst da, da gilt es die Schweiz zu verteidigen, gegen die fremdgesteuerten Schwurbler und Trychler…
Weil das zu einfach wäre und zu ähnlich an jedem autoritäreren Regime, welches alles "Unpassende", "Störende" als ausländisch und fremdgesteuert deklariert (und kriminalisiert). Ich habe gesagt, dass es ein internationales Netzwerk ist, nicht aber fremdbestimmt. Es ist wichtig zu anerkennen, wie die einzelnen Bewegungen, Parteien und Geldgeber_innen verbunden sind. Aber eben auch: dass sie sehr wohl inländisch sind und mit eigenen Motiven agieren.
Recherche im Auftrag der Republik zum Thema: Die christliche Rechte auf Kreuzzug in Afrika. Kaum zu glauben, wie viel Energie für so etwas eingesetzt wird.
Die Schweiz hat eine der liberalsten und frauenfreundlichsten Gesetzgebungen bezüglich Schwangerschaftsabbruch. Die Schweiz hat eine der weltweit tiefsten Zahlen von Schwangerschaftsabbrüchen. Dort wo Frauen selbstbestimmt über ihre Sexualität und Fruchtbarkeit bestimmen können, dort brauchen sie dazu am wenigsten häufig das ultimative Mittel des Schwangerschaftsabbruchs.
Merci für Ihre Rückmeldung, Herr S.
Ja, was die tiefen Zahlen angeht, und was den Einfluss eines liberalen Diskurses angeht (e.g. Zugang zu Wissen und Verhütungsmitteln).
Die Schweizer Gesetzgebung und insbesondere die geltende Frist, bis zu welcher Abbrüche selbstbestimmt möglich sind (12 Wochen nach der letzten Menstruation, i.e. 10 Wochen nach der Befruchtung), ist ein Kompromiss und im internationalen Vergleich nicht besonders liberal – manche Juristinnen bezeichnen sie als «restriktiv», siehe z.B. diesen Republik-Artikel.
Die Schweiz kennt keine Bedenkzeiten und Zwangsberatungen. Bis zur zwölften Schwangerschaftswoche (SSW) entscheidet die Frau selbst und wenn sie will alleine. Nach der zwölften SSW muss die Ärztin oder Arzt Gründe für den Schwangerschaftsabbruch erkennen können. Diese Gründe müssen umso schwerwiegender sein, je länger die Schwangerschaft schon andauert. In meiner ärztlichen Praxis mit jährlich 300 Abbrüchen bis zur 15. SSW waren diese Gründe immer offensichtlich zu erkennen.
Fast jede unerwünscht schwangere Frau weiss schon vor dem Arztbesuch, was sie will. Bedenkzeiten und Zwangsberatungen sind die grössten Hindernisse für medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche bis zur 7. oder 8. SSW. Die unerwünscht schwangere Frau muss ja praktischerweise nur ein einziges Mal zum Arzt. Sogar eine Nachkontrolle ist nur ausnahmsweise notwendig.
Danke für die klaren Worte und den wichtigen Hinweis, wie faktenfrei das Weltbild dieser Initiative ist! Gut nachfühlen kann ich ausserdem den persönlichen Ärger drüber, wenn einem als schwangerer Frau plötzlich alle möglichen Menschen vorschreiben wollen, was frau tun und lassen solle. Mir wurde damals u.a. verweigert: Mineralwasser (böse Kohlensäure), Trauben (böser Zucker), Sauerkraut (?), Schlittenfahren (angeblich zuviel Erschütterung für den empfindlichen Unterleib) und und und. Danach hab ich vermutlich so wütend geguckt, dass mir immerhin niemand ungefragt an den Bauch gegrapscht hat... Dieses zum "Allgemeingut" werden fand ich sehr belastend. Nur eine kleine kritische Anmerkung noch: Dass an der "Jungfräulichkeit" etwas "zerreissen" kann, ist nur ein Mythos. Es gibt kein Jungfernhäutchen und damit auch nichts zu zerreissen.
Hallo Frau W. und danke für Ihre Schilderungen. Wow.
Ich teile Frau Kollys Meinung zum Thema «Selbstbestimmung über den weiblichen Körper» voll und ganz und bin den Frauen der Generationen unserer Mütter und Grossmütter dankbar, dass sie dieses Recht für uns erkämpft haben. Die beiden SVP-Initiativen halte ich für völlig überflüssig und übergriffig.
Zitat aus Ihrem Artikel:»Letztlich steckt hinter diesen und anderen Initiativen gegen Abbruch¬rechte im Kern die gängige Vorstellung von der Frau, die erst einmal ein Gefäss ist: Eine Verpackung für den Fötus. Sie wird damit als gleichsam kopfloses Wesen auf ihren Körper reduziert und ihr Körper wiederum auf die Gebärmutter»
Zu diesem Gedankengang finde ich die Thesen von Frau Vandana Shiva sehr inspirierend. Die Physikerin und Autorin ( Bücher: Eine Erde für alle, Eine andere Welt ist möglich, Ökofeminismus: Die Befreiung der Frauen und unterdrückter Völker – eine neue Welt wird geboren) sagt: «wir erleben einen neuen Kolonialismus» und macht auf das juristische Prinzip «Terra Nullius» (Niemandsland) aufmerksam, durch das ein Land im Zuge eines kolonialistischen Vorgangs zuerst als menschenleer und unkultiviert definiert wird, um dann eingenommen zu werden. Sie beobachtet eine Übertragung dieses Prinzips auf alle Lebensbereiche: auch der lebendige Samen wird juristisch als leer definiert – Bio Nullius – damit die patentierbare Gensequenz eines Unternehmens den Samen und alle Lebensvorgänge als Geistiges Eigentum kolonialisieren kann. Dasselbe ist in Bezug auf das Immunsystem, unsere Gesundheit und unseren Geist zu beobachten. Sprich: Wer rauben will, der leugnet erst. Diese Leugnung ist Kern aller Enteignungsvorgänge.
Eine Frage, die sich mir nun stellt, ist die nach dem Selbstbestimmungsrecht über den Körper, wenn es um die Impfung geht. Der kategorische Imperativ in Sachen Corona, so offenbar die einhellige Meinung der Republik-Redaktion, ist ein Durchimpfen (mit einem experimentellen Impfstoff) auf Gedeih und Verderb, mit Hilfe einer Pflicht oder einer Nötigung per Zertifikat. Wo bleibt hier das Recht auf Selbstbestimmung?
Ich nehme an, dass Frau Kolly hier dem kategorischen Imperativ zustimmt. Für mich ist das ein Widerspruch.
Hier der Link zu einem sehr interessanten Gespräch zwischen Vandana Shiva und Gwendolin Walter-Kirchhoff, das o.g. Gedankengänge erläutert.
Die körperliche Selbstbestimmung von mir wird auch verletzt, wenn mir jemand Viren ins Gesicht hustet. So bisschen wie beim Passivrauchen.
Dies ist nicht eine "auf dieser Seite wiegen wir Selbstbestimmung, auf der anderen Gemeinwohl"-Frage.
Wir können aber gerne über 'wieviel' reden.
Da du aber leider von "experimentellen Wirkstoff" redest (was nicht nur falsch sondern auch gefährlich ist) gehe ich nicht von einem good faith Gespräch aus :(
Eine Regelblutung ist für sie also ein Todesfall? Ein Samenerguss ausserhalb der dafür vorgesehenen Vagina Massenmord? Und auch bei Samenerguss in der Vagina gehen ja Millionen von Spermien drauf. Ist also In-Vitro-Fertilisation jeder Eizelle mit jedem Spermium die einzige ethisch vertretbare Perspektive? (Geht das auf? Ich glaube da sind Milliarden von Spermien überzählig? Was machen sie mit denen?
Können sie mir erklären, wie sie diese "lebendigen Samen" rechtlich schützen möchten?
Wenn ich mir anschaue, mit welcher Selbstverständlichkeit unsere Reproduktionsorgane hunderttausende (bei Frauen) oder gar Milliarden (beim Mann) zeugungsfähige Zellen einfach entsorgen dann scheint zumindest Mutter Natur hier ein etwas pragmatischeres Verständnis vom Wert "lebendiger Samen" zu haben.
Ich glaube, Sie haben mich und die Ausführungen zum Begriff «Bio-Nullius» falsch verstanden. Samen meint im obigen post nicht den männlichen Samen (ok, ich verstehe, dass Sie beim Thema Abtreibung eher an Spermien denken) sondern Saatgut, das von Unternehmen (z.B. Monsanto) im «natürlichen Zustand» erst als leer oder wertlos deklariert wird um es dann (genetisch verändert und «optimiert») patentieren und verkaufen zu können. Frau Kollys Beschreibung des weiblichen Körpers als Verpackung und «wertloses» Gefäss, welches erst «wertvoll» wird, wenn es einen Fötus in sich trägt, hat mich zu dieser Assoziation angeregt.
Danke für diesen angenehmen Kommentar. Sehr ärgerlich, aber leider nicht überraschend, dass die SVP wieder einmal solche unsinnigen Initiativen lanciert.
Etwas Gutes hatte die Schwangerschaft während Covid-Zeiten ja doch: niemand hat vorgeschlagen, meinen Bauch zu berühren (oder dies ohne meine Einwilligung einfach getan, auch das soll ja vorkommen...).
Wenigstens eine gute Nachricht :). Danke dafür, Frau S.
Warum gibt es immer wieder all diese Pharisäer, die anderen vorscheiben wollen, wie sie leben sollen? Wenn sie nicht von der Religion und aus der Kirche kommen - ja, auch Ratzinger hat kein Rückgrat - dann sind es diese Pro-Life-Prophetinnen, die ein Kind vergessen sobald es auf der Welt ist, und nicht einmal in der Schweiz eine angemessene Kinderzulage oder angemessene Bildung für alle zustande bringen.
Alle 13 Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Hunger (Aussage Unicef ), 22 Prozent aller Kinder weltweit sind unterernährt und das wird mit der Klimakatastrophe nicht besser werden. Nicht mitgezählt sind hier jene Kinder, die aufgrund schlechten Wassers und mangelnder Hygiene sterben.
Die SVP lässt nichts aus um auf Stimmenfang zu gehen. Hoffe die vernünftigen SVP Mitgliedern und Wähler werden abspringen und eine andere Partei wählen. Alles ist besser als SVP!
Yes, indeed.
Die Initiantinnen sind aller Wahrscheinlichkeit nach nicht unintelligent. Deshalb glaube ich jedoch, dass - wie sehr oft in der Politik - deren Argumente Argumente nur vorgeschoben, oder um es deutlicher zu formulieren, unehrlich sind. Deren Partei will ja zurück zu den guten alten Zeiten etwa um 1291 oder so. Diese Frauen werden damit kaum Erfolg haben, denn ein Großteil des Stimmvolks ist nicht so dumm, wie Sie es wohl gerne hätten.
Das Ganze ist nicht so einfach, wie da beschreiben. Mein Frau ist Gynäkolgin, arbeitet im Spital und in eigener Praxis. Wir wählen links und grün, also nicht SVP grün...
Bei der Abtreibung, gibt es aus unserer Sicht aber keine einfachen Antworten. Diese radikalen Kommentare und der Bericht stören mich jetzt aber. Es geht um Entscheidungen über Tod oder Leben, bitte etwas mehr Fingerspitzen Gefühl!
Könnten Sie ausführen, was Sie mit "gibt es keine einfachen Antworten" meinen? Niemand hat ja hier behauptet, ein Schwangerschaftsabbruch sei etwas "Einfaches" oder etwas, über das eine Frau mal "einfach so" beim Kaffee trinken entscheide: "Ach, heute brech ich mal meine Schwangerschaft ab". Was also meinen Sie mit dieser Aussage und wo fehlt Ihnen "Fingerspitzengefühl"?
Danke, Marie-José Kolly! Unglaublich, wie unreflektiert bis heute auch die alte Weltsicht aus jener Zeit weitergegeben wird, als in der Tempelhochschule das Neue Testament geschrieben wurde, wonach die 'Jungfrau Maria' als Hülle diente für die 'unbefleckte Empfängnis', um Jesus als 'Sohn Gottes' auszutragen und zu gebähren.
Danke auch für Ihre früheren Beiträge in der Republik, die ich sehr schätzte und wichtig fand.
Ich stimme Ihnen voll zu, bis auf einen Punkt: Maria diente nicht als Hülle für die unbefleckte Empfängnis. Sie selbst wurde von ihrer Mutter Anna "unbefleckt empfangen". Die "Flecken" entstanden nicht durch Geschlechtsverkehr, sondern sie sind die (angebliche) Ur-/Erbsünde, mit der nach katholischer Lehre alle Menschen geboren werden. Ausser eben Maria. Weshalb auch im Protestantismus Jesus eine Jungfrauengeburt war, aber Maria nicht "unbefleckt" :-)
Liebe Frau S., ich weiss, dass auch Maria 'unbeflekt' war, weil Gott für seinen Sohn Jesus auch eine unbefleckte Hülle brauchte, nach damaligen Ansichten. Ich habs einfach etwas abgekürzt dargestellt.
Merci, Herr Reichle, für Ihre Worte, sie freuen mich sehr.
Betrachung des Themas aus philosophischer Sicht:
Abortion & Ben Shapiro | Philosophy Tube
Edit: Das ist NICHT ein Video von Ben Shapiro. Es argumentiert gegen Shapiro's Position.
Dauert fast 40 Minuten aber wie alles von Abby eigentlich sehr empfehlenswert.
Und vor allem mit dieser Einleitung:
"So during tonight's operation I'm going to assume that the pro-life people are correct, when they say that a foetus is morally fully equivalent to a grown human being."
Es wäre meiner Meinung nach angebracht gewesen Ben Shapiro's Ideologie, wenigstens kurz zu beschreiben.
Für alle, welche es nicht wissen: Er ist ein hardcore konservatives "Wunderkind", welcher der neuen Rechten zuzuschreiben ist.
Wikipedia sagt folgendes zu seiner Meinung über Abtreibung:
Shapiro supports a ban on abortion,[77] including in cases of rape and incest, with one exception: when competent medical authority determines that the life of the mother is in jeopardy as a result of the pregnancy.
Einfach diesen Link einzuwerfen, ohne den Kontext zu erklären halte ich für intellektuell unredlich.
[https://en.m.wikipedia.org/wiki/ben_shapiro]
Mit welcher Volksinitiative könnte man diese Kreise wohl beschäftigen, damit sie weniger Zeit haben, ihr krudes Gedankengut zu formulieren?
• Einbürgerung für Alle!
• Jedes Leben retten; diejenigen, die schon geboren sind, zuallererst! Und überall! Auch vor unseren Grenzen!
•
•
?!?!
Zum Beispiel.
@Anonym3
Marie-José Kolly gebührt grossen Dank und Anerkennung für ihren ebenso persönlichen wie sachlichen Artikel hier in der "Republik".
Bei der Lancierung der beiden SVP-Initiativen, mit welchen die geltende Fristenregelung in Frage gestellt werden soll, handelt es sich offenkundig um ein unverhülltes wahltaktisches Manöver, mit welchem die zunehmend nach rechtsaussen abdriftende SVP möglichst viele Freikirchler – evangelikale und pfingstlerische Christen – als potentielle Wähler abzuholen sucht, ... Fundamentalisten, denen die Minipartei Eidgenössisch-Demokratische Union EDU als politisch zu einflusslos und die ebenfalls kleine Evangelische Volkspartei EVP als zu lau erscheint. – Ich bin seit mehr als fünfzehn Jahren im Emmental ansässig, traditionell eine gesellschaftlich zutiefst konservative Gegend und seit jeher eigentliche Hochburg der SVP, was mich in die Lage versetzt hat, die lokale Politszene etwas näher zu beobachten. Dabei konnte ich feststellen, dass sich das hiesige, noch immer in erheblichem Ausmass freikirchlich geprägte Wahlvolk in seinem Abstimmungs- und Wahlverhalten praktisch ausnahmslos SVP-treu verhält. Die SVP jedenfalls wird mit ihren beiden, ein antiquiertes vormodernes Frauenbild vertretenden Abtreibungsinitiativen hier im frommen Emmental, zwischen dem Napf und dem Hohgant, gehörig punkten können.
"Rund hundert Spätabbrüche pro Jahr" wäre mathematisch gesehen korrekt, da hier logarithmisch gedacht wird (schon 40 wären demnach gerundet 10^2). Aber es ist klar: Beim Lesen des Satzes versteht man gemeinhin, dass es sich doch um ca. 100 handeln sollte. Insofern haben Sie recht, dass Sie die Aussage monieren; bei Ihrer Schlussfolgerung, dass den Initiantinnen die Statistik nicht geläufig sei, wäre ich hingegen vorsichtiger.
Das klingt mir nach mentaler (loga)rhytmischer Gymnastik.
Wie kommt das logarithmische Denken hier zum Zug? Was ist es?
Es lohnt sich nicht, lange darüber zu debattieren. Es ist, wie es ist. Mir ging es darum, dass der Autor des Berichtes hier vorsichtiger argumentieren sollte. Man muss die Meinungsgegner ja nicht zwingend diffamieren (ob bewusst oder unbewusst), um überzeugend zu sein. Zumindest war ich mir bisher von der "Republik" Anderes gewohnt. Es könnte ja immer noch in Erwägung gezogen werden, dass die Initiantinnen bewusst in die Trickkiste langen (ohne dies freilich beweisen zu können). Aber wie erwähnt: Ein Nebenschauplatz. Ich hätte meine kleine Kritik vielleicht besser dem Autor alleine zugesteckt, als sie hier in die (m.E. überdurchschnittlich emotionale und leider zuweilen etwas zu holzschnittartige) Diskussion zu werfen.
Merci!
Das freut mich.
Danke, ja, es ist traurig , dass noch immer Frauen die Leidtragenden sind, die Dummerchen . Zu jeder Schwangerschaft gehoert ein Mann , der beteiligt ist ,
und sich auch in die Situation der Frau versetzen sollte . Bei einer Vergewaltigung bin ich auf jeden Fall fuer die Abtreibung.
Der Artikel passt mir. Er bringt in sachlich nüchternem Text auf den Punkt, was die Hintergründe der beiden Initiativen ist. Mir kommt in Diskussionen zu Schwangerschaft und -Abbruch oft auch das Bild der Frau als Gebärmaschine in den Sinn: Sie, die Frau, hat die gottgegebene Aufgabe, Nachwuchs zu erzeugen, gross zu ziehen und für den Arterhalt zu sorgen. ok, wenn bloss das Gottgegebene nicht wäre. Gerne ergänze ich den Artikel noch deutlicher mit der hintergründigen Frömmigkeit, die in der Schangerschaftsabbdruchdiskussion bedrohlich im Hintergrund dunkel mitschwingt. Die Schwangerschaft als Geschenk Gottes, das man auf keinen Fall abweisen oder wegwerfen darf, macht hoffentlich bloss wenigen ZeitgenossenInnen Angst, Angst vor dem Unglück, das sonst über uns hereinbricht. Wir haben es bei den BefürworterInnen der Initiativen also auch mit Abstimmenden zu tun, deren Handeln religiös bestimmt oder wenigstens verbrämt ist. Mittelalterliche Angstdenke kombiniert mit göttlicher Furcht - oder als göttliche Strafe: Wer fremdgeht und Schwanger wird, muss zur "Strafe" das Kind (Bastard) aus- und ertragen. Mir graust vor solchen Menschen. Sie haben scheints die Säkularisation und Aufklärung verpasst und leben in unserem Zeitalter immer noch im finsteren Mittelalter als Anachronismus. Ah, was ich noch sagen wollte: Klar sind beide Initiativen ohne Wenn und Aber abzulehnen. Danke, dass Sie Geduld und Interesse hatten, bis hierher zu lesen.
Liebe Frau Kolly,
Vielen Dank für diesen Artikel! Sie haben vollkommen recht. Ihre Schlusssätze, in denen Sie von persönlichen Erfahrungen mit Reaktionen von Menschen auf ihre SS berichten, hinterlässt bei mir aber einen fahlen Nachgeschmack. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, dann den von mehr Gelassenheit gegenüber den Mitmenschen. Die gutgemeinten Ratschläge werden nämlich mit der Geburt nicht aufhören, auch wenn Sie dann nicht mehr als „Gefäss“ wahrgenommen werden können. Als Eltern wird man immer wieder von Bekannten und Fremden mit gutgemeinten und manchmal auch weniger gutgemeinten Ratschlägen überhäuft. Sich jedesmal zu ärgern ist nur ungesund. Besser fährt man mit Gelassenheit. Die meisten Menschen meinen es ja nur gut und wollen Anteil nehmen. Bei vielen älteren Frauen kommen auch Erinnerungen an die eigene Zeit der SS und der Zeit als jungen Mutter auf. Diese Zeit erlebte ist persönlich so einzigartig intensiv, schwierig aber auch schön, wie keine andere in meinem bisherigen Leben und verstehe die Äusserungen der Leute heute vor diesem Hintergrund. Meine Strategie: immer höflich bleiben, Ohren auf Durchzug schalten und sowieso machen, wie ich es für richtig halte.
Alles Gute für Sie und geniessen Sie die Zeit der SS. Freuen Sie sich, wenn jemand im öV für Sie aufsteht und brauchen Sie Ihre Energie für anderes als sich zu ärgern.
Eltern gegen Kind - aber Kind nicht gegen Eltern
Wer hat Vorfahrt? Ich kenne Situationen, von denen ich sagen muss: Kinder haben einen "unverschämten" Lebenswillen: Ohne Rücksicht auf Verluste nutzen sie jede Gelegenheit um ihre Eltern zusammenzubringen - und da ist ihnen jedes verführerische Mittel recht. Ich stelle mir eine "Gerichtsverhandlung" vor zwischen den werden wollenden Kind und den nicht werden wollenden Eltern: Wieviel Raffinesse und Unverschämtheit sind erlaubt, und wo müsste die Richterin sagen: STOP! Die Eltern vertreten sich selbst, das Kind hat einen Anwalt. Dieser verweist auf das Gedränge der Kinder, die sich hier inkarnieren wollen, aber wegen Verhütung nicht können, die Eltern antworten: Das ist nicht unser Problem. Der Anwalt verweist darauf, dass das Schicksal durch den drohenden erneuten Anlauf zeitlich aus dem Takt kommt und damit zu Schwierigkeiten führen wird (Es wird später vielleicht sagen: "Ich werde immer übersehen"). Die Eltern halten dagegen: "und das Chaos, das dann in unserem Schicksal entsteht?"
Ok - ich breche die Verhandlung ab: Schliesslich gibt es ja gar kein Schicksal, und dass Kinder sich inkarnieren wollen, ist auch religöser Quatsch.
„ … und vom Körper weg, auf uns als Mensch, als Frau*Mensch, als Ganzes.“ — Ja, vou.
Folgender Satz weiter vorn im Text, macht allerdings selber, was der Text — auch als ganzer — gleich danach vollkommen zu Recht kritisiert:
„ … sondern um eine fest verankerte Vorstellung vom Frauenkörper.“
Ne, eben grad nicht, denke ich da:
„ … sondern um eine fest verankerte — und selbstverständlich vollkommen unhaltbare — Vorstellung der Frau als Körper. Und erst noch: als nur-Körper!“
Und liebe Marie-José Kolly:
Im Unterschied zu Ihnen (und das ist doch toll, dass Ihnen das nicht mehr so ging), weiss ich sehr gut, wie sich das anfühlt, nur als Körper gesehen zu werden; und dann noch nicht mal als ganzen Körper, sondern — inklusive Dauerblick in dieser Höhe — dann sogar immer nur als: „diese peniblen, grauenhaften, komplett-abscheu-einflössenden Beine“, um das mal zivilisiert zu übersetzen.
Nun; seit etwa zehn Jahren habe ich meinen eigenen, wirklich eigenen Körper inklusive allen dazugehörigen Teilen zurück; seit einer knappen Woche endlich auch wieder meine unumstössliche Würde; jedoch:
55 Jahre meines fast 63-jährigen Lebens war das ganz genau so; eine doch relativ lange, jedoch in keiner Weise wirklich untypische Frauen-Geschichte, heute eher: Frauen*Geschichte — ja, auweia, Walhalla, wegala weia.
Und das obschon mir mit sieben schon hundertprozent und glasklar bewusst war, dass meine, aus heutiger Sicht damals ja noch winzig kurze, mit sieben aber eben schon sehr, sehr, sehr! lange Geschichte mir Muttersein lebenslang sowieso absolut verbieten würde. (Kürzestfassung meiner damaligen Gedanken.) Und ich also in die Frau-Mutter = nur-noch-Körper Situation nie auch noch gekommen war.
Item: Frau = Körper; und dann gar noch: =Nur-Körper; das ist natürlich, selbstverständlich verheerend.
Doch inzwischen* haben wir ja — verbrieft — unerwarteterweise ganz klar sogar Geist, und Seele noch dazu. Seit kurz nach dem … dem Mittelalter ungefähr?? Müsst’ ich erst nachschauen.
Nach ein paar klitzekleinen — i.e. endlos langen — Jahrhunderten seit dieser Erkenntnis dürfte das doch langsam durchgesickert sein in die Gesellschaft.
Und ja, auch bis an die noch so versteiften und verhärtetsten Ränder.
Wegala weia kratsch-bumm !! und weg ist er, der Kult — oder so ähnlich — momentan zu hören und sehen übrigens, von und mit Necati Öziri, auf der Pfauenbühne in Zürich: in Der Ring …
Jede Reise wert! Von wo und in welcher Geist-Körper-Seele-Mind-Version auch immer. Auf unseren Geist, unsere Wärme, unser [ich ergänze: tanzen und] Singen; unser Vollständig-Sein :-)
Und viele singende Vögelchen noch obendrein.
Von Strassbergs pharmakon über Müllers supplement nun zu Kollys materia (lat. mater für Mutter, matrix für Gebärmutter).
Diesen Initiativen, über die man sich zurecht empört, liegt eine Denkweise zugrunde, die tief in der Gesellschaft verankert ist, nämlich der Funktionalismus und Instrumentalismus. Danach haben alle eine Funktion innerhalb des Funktionszusammenhanges – Organismus, Volke, Gemeinschaft, System – zu erfüllen. In der ewigen «Göttlichen Ordnung» haben alle ihren Platz in der Gesellschaft: Jedem, das seine bzw. jeder, das ihre. Dies ist somit das Gegenteil eine Liberalismus und Individualismus (Stichwort Freiheitswerte), nämlich ein Konservatismus und Kollektivismus (Stichwort «Familienwerte»).
Diese Denkweise wurde in Europa erstmals umfassend von Aristoteles theoretisch begründet.
Die ‹Ökonomie› als Gesetzgebung des Hauses und der Familie (oiko-nomia) ist als Technik, Kunst und Disziplin (techne) vom Leben eine ‹Biopolitik› (Foucault) des männlichen Eigentümers, der mit der Gewalt eines Souveräns über sein unbeseeltes wie auch beseeltes Eigentum instrumentell verfügen kann. In dieser patriarchalen arbeitsteiligen Organisation werden die spezifischen Funktionen (erga) von verschiedenen ‹Arten des Volkes› qua Werkzeuge (organa) verrichtet: Der Mann und Bürger gleichsam als Kopf für die Planung und Entscheidung, die Sklav_in als Hand für die Ausführung und die Frau als Gebärmutter für die Fortpflanzung.
Letztere sind ohne Kopf (acéphale), haben zwar einen Mund, aber keine Stimme – sie sind Entmündigte, Untergeordnete, Subalterne.
Alle haben jeweils eine Eigenschaft, welche ihre Hauptfunktion definiert. Diese Reduzierung und Degradierung auf eine einzige Funktion nennt man Essentialismus, welche normativ-normalisiert ideologisch zur Natur erklärt wird.
Was wir ontologisch-politisch bedürften, wäre also eine De-Funktionalisierung des Lebens, welche eine De-Essentialisierung des Geschlechts und der angeblich geschlechter-spezifischen Tugenden bzw. Fähigkeiten einschlösse. Denn der überkommene hegemoniale Diskurs der Tugend (lat. vir-tus) stellt letztlich ein toxisches Ideal der Virilität auf. Danach ist die Essenz des Menschen der Mann und dessen Essenz die Vernunft, die letztlich an jener Gottes teilhat, der als regungslose körperlose Monade ohne Begehren über allem steht, während alles ihn begehrt, und der als einzige Quelle der Lust nur den Genuss am Ganzen kennt, das wie von selbst seinen Gesetzen gehorcht.
In diesem System können Eva und Pan-dora als pharmakon in letzter Konsequenz nur sakrale Opfer, Sündenböcke, ja Ausgestossene sein. Untergeordnete, Marginalisierte und Exkludierte.
Womit, Michel Rebosura, ganz kurz folgende Duos festgeschrieben — und gleich noch als Gegensatzpaare gegenübergestellt — werden:
Ich zitiere: Liberalismus und Individualismus (Stichwort Freiheitswerte), nämlich ein Konservatismus und Kollektivismus […]
Fortschrittlich-liberales Gemeinschafts-Community-Denken ist hiermit, eingebettet in Endlosschlaufen Ihrer Weisheit oder eventuellen Wissens (mag ich länger schon nicht mehr lesen und überdenken), ohne es überhaupt zu erwähnen, vom Tisch.
Das individuell-freiheitliche(!), zuletzt ganz gewiss nicht liberal konnotiert, sondern regelrecht von rechts aussen gehijackt, ebenfalls kurz mal in anderen Zusammenhang gestellt.
Und so ergeht es mir mit diesen Texten einfach immer wieder, sehr geehrter Herr Rebosura.
Einen grossen Anteil davon mag ich schlicht nicht mehr lesen — bzw. fehlt mir regelmässig die Ewigkeit, die es dafür brauchen würde; im Rest, der auch in normalem Tempo lesbar ist, ein immer wiederkehrender undercurrant, nicht ganz offensichtlicher „Unterstrom“ von Widersprüchlichkeiten. Die ich auch meist als nicht ganz unbedenklich empfinde.
Und Ihr Schlussabsatz* verewigt grad nochmals das, wogegen Kolly gerade eben so klar und nachvollziehbar angeschrieben hatte; aber selbstverständlich, Sie werden jetzt sagen, es sei ja als Kritik an den Verhältnissen zu lesen gewesen. — Wirklich?
* In diesem System können Eva und Pan-dora als pharmakon in letzter Konsequenz nur sakrale Opfer, Sündenböcke, ja Ausgestossene sein. Untergeordnete, Marginalisierte und Exkludierte.
Denn: Es gibt dem Mist in sehr präzise ausgefeilter Formulierung gerade nochmal einen Schub Kraft. (Und genau das fällt mir an den Ihren Texten seit fast von Beginn an schon auf.)
Völlig unnötigerweise nochmals einen Kraftschub; es sei denn, dass genau das beabsichtigt wäre — dann allerdings sähen die Texte nochmals leicht anders aus.
Wie auch immer. Guten Tag noch.
Republik AG
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