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Es ist eine bittere, aber leider wohl sehr zutreffende Analyse, die uns Daniel Binswanger heute vorlegt. Wenn es einem Rechtsstaat nicht gelingt, einen skrupellosen und korrupten Typen wie Trump in die Schranken zu weisen, dann ist ihr Ende eingeläutet.
Ein hemmungsloser und zerstörerischer Neoliberalismus, wie ihn neben vielen eine Lizz Truss verkörpert, unsäglicher Reichtum von unberechenbaren Narzissten wie Elon Musk, kombiniert mit einem inhaltslosen, aber desto emotionaleren und gewalttätigeren Rechtsextremismus findet in unserer Wohlstands trägen und Demokratie müden und durch die Komplexität der Probleme überforderten Gesellschaft zunehmend weniger Widerstand.
Es braucht nicht Putins Armeen. Wir schaffen unseren Untergang selber.
Passend dazu habe ich im empfehlenswerten Buch von Gert Scobel „Der fliegende Teppich – Eine Diagnose der Moderne“ folgende Passage gefunden, die durchaus auf unsere demokratisch-freiheitliche Gesellschaftsordnung zutrifft:
„Die Robustheit vieler komplexer Systeme, die auf ihrer Fähigkeit zur Anpassung beruht und eine Grundvoraussetzung für Entwicklung und Evolution ist, kann dazu führen, dass man lange in der Illusion leben kann, die Fiktion stimme mit der Realität überein. Man wird nachlässig, vergesslich und faul – und verpasst den entscheidenden Moment, in dem sich alles rasant ändert."

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Leserin
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Nicht WIR schaffen unseren Untergang selber, Herr Kienholz. Wir können ihn zur Kenntnis nehmen oder Sand ins Getriebe streuen, siehe weiter unten. Der Untergang geht von mächtigen Interessengruppen in USA aus, und wird im Wahn, diese Gesellschaft habe noch stabile und überzeugende Werte und Ideale zu verteidigen, zum Beispiel auch, um sie der Ukraine, Georgien oder Taiwan anzubieten, von den vom Kapital beherrschten europäischen Gesellschaften vorangetrieben. Und zu welchem Zweck?

Europa hätte Möglichkeiten. Es ist kein europäisches Interesse, die maroden und von Oligarchen (sorry, Philantropen) ausgeplünderten USA bei ihrem Straucheln als „einzige wirkliche Weltmacht“ zu stützen, uns in diese Rolle hineinziehen zu lassen. Unser Interesse ist, diese wahnwitzigen Irrläufer zur Vernunft zu bringen, statt ihren Hunger nach dem Rest der Welt stillen zu helfen und uns als Vasallen anzudienen in der Hoffnung aufs Überleben und ein paar Brosamen von ihrem Tisch. Europa kann den Weg der Multipolarität auf dem Globus öffnen, sich zwischen Putin und Uncle Sam (die übernehmen sich grad) stellen, vermitteln. Friede tut not, auch für die Amerikaner. Keines der Systeme ist perfekt. Viele auf beiden Seiten des Atlantik haben das verstanden und sind bereit zu lernen.

Längst scheinen die Machtverhältnisse in Marmor gemeisselt, und was braucht es jetzt, um die Übermächtigen in die Realität zurückzubringen und den Ohnmächtigen Kraft und Vernunft einzugeben? Der „Kampf der Systeme“, und wie wir uns darin einspannen lassen, ist — gelinde gesagt — ein grässlicher Denkfehler, den Europa nicht übernehmen sollte, denn der Preis wäre — genau: auch unser Untergang.

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Ich kann Ihre Gedankengänge nur sehr bedingt nachvollziehen.
Mit unserer Nabel schauenden Trägheit, mit unserer Entsolidarisierung, mit unserer Faszination für autoritäre Systeme und der Unterstützung rechtsextremer Tendenzen weiter Teile unserer Gesellschaft tragen wir massgeblich zur Zerstörung unserer demokratisch-freiheitlichen Strukturen bei.
Der Untergang geht nicht nur „von mächtigen Interessengruppen in USA aus“. Die zerstörerischen und ausbeuterischen Finanz- und Wirtschaftsmächtigen Strukturen sind global, in demokratischen und autoritären Gesellschaften wirksam und auch in unserem Land sehr gut vertreten.
Europa kann und sollte eine eigenständige Politik betreiben. Das geht aber nur auf der Grundlage von und mit klarem Bekenntnis zu Menschenrechts konformen und demokratisch-rechtsstaatlichen Strukturen und klarer Ablehnung autoritär-faschistischer Ideologien und der Bändigung neoliberaler Machtstrukturen.
Relativierungen sind fehl am Platz.
Wir müssen uns entscheiden, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. Und da hat uns das Putinsche Russland wirklich nichts zu bieten.

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Ein sehr interessanter Beitrag, danke. Am interessantesten ist allerdings, was fehlt.

An sich bewundere ich die USA, wo Sachen möglich sind, von denen man hier nicht einmal träumen kann.

Zur Sache. Bei den Wahlen, gerade auch zum Präsidenten, zeigten die US-Wähler regelmässig sehr viel vernünftige Entscheidungskraft: nach dem moralbefreiten Nixon mit seinem versuchten Staatsstreich kam als nächster gewählter Präsident Carter, ein Frommer im guten Sinne, für den Moral wichtig war. Weil der Iran die US-Marionette Shah abschüttelte (was nicht gut herauskam, sondern in die Ayatollah-Diktatur führte) und Carter als Versager gesehen wurde, kam als nächster der Mann für amerikanische Werte, Reagan. George H.W. Bush von der CIA übernahm und steuerte die USA in den illegalen, mit Lügen verkauften zweiten Golfkrieg, weshalb er abgewählt und Clinton gewählt wurde, der die USA zu einer wirtschaftlichen Blüte führte und die Verschuldung abbaute. Sohn Bush bekam wohl wegen 9/11 trotz neuer Kriege und gigantischer Schulden zwei Amtszeiten, aber dann rissen die Wähler das Steuer herum und wählten Obama als Friedensfürsten.

Nach acht Jahren und vielen unerfüllten Versprechen war mit Obamas "Yes we can!" nicht mehr viel los und wählten die Amerikaner wieder die amerikanischen Werte, diesmal des Lügenbarons Trump, von dem die Amerikaner dann aber schon nach einer Amtsdauer die Nase voll hatten. Und wer war dann die Alternative? Biden.

Man spricht nicht davon, besonders hier nicht, aber alle wissen es, dass Biden kaum weniger korrupt ist als Trump. Als Biden Vizepräsident war, bekam sein Sohn von der Ukraine Millionen (vgl. Wikipedia Burisma). Und Biden prahlte in den USA damit, dass er die Ukraine mit US-Zahlungen unter Druck gesetzt und dafür gesorgt habe, dass der ukrainische Generalstaatsanwalt, der wegen Burisma untersuchte, binnen Stunden entlassen wurde. (Nein, das war nicht Trump, Biden machte das mit Erfolg https://www.youtube.com/watch?v=UXA--dj2-CY - und nein, das ist keine Kreml-Propaganda, sondern ein Clip, der bei einem Podiumgespräch des US Council on Foreign Relations entstand.) Alle wissen es, aber in wichtigen Medien wird es unterschlagen. Die Sache mit Hunter Bidens Laptop wurde bis zur Wahl als Kreml- und/oder Trump-Propaganda unterdrückt und kam später doch heraus. (In Schweizer Medien gab es erst letztes Frühjahr kurze Berichte und dann nichts mehr.) Aber den US-Wählern blieb auch das halt nicht verborgen. Die Trumpmedien walzen es seit Jahren aus, bis auch die Qualitätsmedien es irgendwie erwähnen mussten.

Ergebnis: die US-Wähler stellten fest, dass sie bei der letzten Wahl keine echte Alternative gehabt, sondern zwischen Pest und Cholera gewählt hatten, ohne es zu wissen. Nachdem es mit der Cholera Biden nicht klappte, schwenken sie jetzt zurück zur Pest Trump.

Und was sagt uns das? Beide machen die USA kaputt. Wenn der Hegemon des Westens anderen Kulturen "Westliche Werte" bringt, reiben sich dort viele die Augen. Am schlimmsten: den USA steht jetzt China gegenüber, schon jetzt die zweitgrösste Volkswirtschaft. Wie lachte man hier über China, das mit den Billionenguthaben gegenüber den USA nichts anfangen könne. Aber dann startete China das Projekt neue Seidenstrasse. Dazu wird wieder ziemlich viel Ideologisches verbreitet, aber niemand denkt daran, dass China sich auf den Weg gemacht hat, den Dollar als Leitwährung abzulösen - mit katastrophalen Folgen für die verschuldeten USA und auch uns. Wir, der Westen, braucht eine fundamentale Erneuerung. Biden kann es nicht und spuckt auf Europa, was er beim Abzug aus Afghanistan demonstrierte. Trump will es nicht und spuckt auf alles. Mindestens acht Jahre sind verloren und wahrscheinlich werden es 12 und mehr.

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Daniel Binswanger
Feuilleton Co-Leiter
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Lieber Herr O., Ihre Schilderung der politischen Entwicklung ist falsch und faktenfremd, kein Wunder, dass Sie bei der Konklusion enden, Joe Biden sei gleichzusetzen mit dem Mann, der für den 6. Januar verantwortlich ist. Mit dieser Art von Relativismus kann man dann ALLES verdammen oder auch ALLES rechtfertigen. Zum Beispiel Trump.
Aber darauf will ich gar nicht eingehen: Sie verbreiten üble Propagandalügen, ich muss Sie bitten, dies in unserem Forum nicht zu tun. Die Behauptung, Biden habe den ukrainischen Staatsanwalt entlassen lassen, um seinen Sohn zu schützen ist x-fach nachgewiesener Unsinn (zum Beispiel hier: https://eu.usatoday.com/story/news/…991434002/ oder hier: https://www.washingtonpost.com/poli…ne-bidens/ oder hier: https://www.vox.com/policy-and-poli…ine-shokin ). Diese Falschaussage war ein Kernelement von Trumps und Rudy Giulianis Propaganda-Dispositiv, um sich im zweiten Impeachment-Prozess mit einem durchschaubaren Gegenangriff zu verteidigen. Der Youtube-Kanal auf den Sie verweisen und der das absurde Framing der Biden-Aussagen macht, macht im Übrigen auch in diversen anderen Zusammenhängen Propaganda für Trump, gegen Biden, für lockere Waffengesetze usw. Auf diesem Niveau kann der Dialog hier nicht stattfinden. Herzlich, DB

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Danke, Herr Binswanger, für die klaren Worte.

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Danke, Herr Bknswanger. Klare Worte.

Ist der Wikipedia-Artikel zu Burisma und Hunter Biden eine Fälschung bzw. voller Fälschungen?
Ist der Videoclip mit Bidens Prahlen eine Fälschung? Dass derjenige, der den Clip brachte, kein Freund Bidens ist, beantwortet diese Frage nicht. Denn wenn wir nur auf unsere Freunde hören, sind wir - genau: in einer Echo Kammer. Geben Sie doch einfach den Council als Suchbegrenzung ein. Dann bekommen Sie eine andere Quelle für Bidens Prahlerei. Oder finden Sie, auch der Council sei eine vom Kreml gesteuertes Propagandaquelle?

Davon abgesehen: Ist der analoge Artikel in der Süddeutschen vom 4.10.19 eine Fälschung und jener im Standard und jener in der taz vom 9.2.20 auch? Dort heisst es: "Im Januar 2018 hatte Joe Biden bei einer Veranstaltung des Council on Foreign Relations, die online abrufbar ist, geprahlt, wie er 2016 mit Präsident Petro Poroschenko und Premier Arsen Jazenjuk über Generalstaatsanwalt Schokin gesprochen habe.
Da Poroschenko Wiktor Schokin offensichtlich nicht entlassen wollte, habe er diesem klargemacht, dass die Ukraine einen zugesagten Kredit in Höhe von 1 Milliarde Dollar nicht erhalte, werde Schokin nicht entlassen. „Ich habe ihnen gesagt: Wenn der Staatsanwalt nicht gefeuert wird, bekommt ihr das Geld nicht,“ so Biden."
Auch in diesen Medien alles erstunken und erlogen?

Sind auch die Artikel über Hunter Bidens Laptop etc. Fälschungen, auch wenn sie unterdessen auch von der NYT bestätigt wurden?

Schon ein bisschen viel Fakenews-Quellen, von denen man das gar nicht wusste. Oder?

Und Relativismus ist mein Beitrag schon gar nicht. Mit keinem Wort relativiere ich die Amtsunfähigkeit Trumps und seine Schandtaten. Wenn Sie meinen Kommentar sine ira et studio lesen, erkennen Sie, dass ich das Gegenteil schreibe.

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Danke sehr, Herr Binswanger für die Klarstellung.

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Vielen Dank, Herr Binswanger, für den Artikel und für die klaren Worte zu Diskussion und zum Forum.
Fake News geht gar nicht hier.

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Wirtschaftshistoriker
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Sicher, der Beitrag von A. O. ist zugespitzt und im einen oder anderen Fall kaum belegbar. Aber das massive downvoten kann ich nicht nachvollziehen. Besser: sich mit den Vorhaltungen auseinanderzusetzen.
"Biden ist genauso korrupt wie Trump und macht die USA kaputt wie Trump". Unsinn. Die Fakten: als Vizepräsident hat er Obama massgeblich in vielen Projekten unterstützt (Krankenkasse für alle, schärfere Waffengesetze, Verhandlungsführer auf Seiten der Demokraten bei den Budgetverhandlungen mit der republ Mehrheit etc). Obama übertrug ihm viel Verantwortung. Leider macht Biden mit Kamala Harris exakt das Gegenteil. Er übertrug ihr das undankbare Migrationsdossier und stellt sie im übrigen kalt.
Das ist in diesem Fall besonders verantwortlungslos, weil die Wahrscheinlichkeit, dass Harris über Nacht zur Präsidentin wird, besonders hoch ist.
Als langjähriger Senator hat Biden dafür gekämpft, dass "sein" Delaware ein Steuerschlupfloch bleibt und dabei als Anwalt viel Geld verdient.
Dem verlogenen Irak-Krieg hat er zugestimmt, aber später öffentlich bereut. Kann man sich bei Trump so etwas vorstellen?

Und jetzt, als Präsident, hat er sich der maroden Infrastruktur angenommen (Konjunkturpaket) - auch gegen Teile seiner eigenen Partei - und auch ein Klimapaket durch die beiden Kammern gebracht.
Langfristig hat er damit die Weichen richtig gestellt. Leider entscheiden die meisten Wähler aufgrund von aktuellem, direkt Spürbarem wie dem Benzinpreis (out of pocket Kosten, sagen dem die Oekonomen, man merkt es sofort).
"Biden hat die Inflation und die gestiegenen Rechnungen in die USA gebracht", rief De Santis letzte Woche in die johlende Menge. Absoluter Blödsinn, aber der Sündenbock ist ausgemacht.
Schlimm.

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In Ihrer Aufzählung haben Sie vergessen zu erwähnen, dass der "Antirassist" Biden massgeblich daran beteiligt war, das Gefängniswesen zu privatisieren, um einen Pool an billigen schwarzen Arbeitskräften zur Verfügung zu haben. Zusammen mit dem Delaware Steuerparadies sein erfolgreichstes Projekt. Die Geschichtsvergessenheit mancher Journalistinnen macht mich sprachlos. Aber hey, Joe ist der "Gute", denn er findet den Vladimir doof und schickt ganz doll viele Waffen in die Ukraine. Kindergarten.

edit: Satzumstellung

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Martin Hafen
Präventionsfachmann, Soziologe
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"Pest oder Cholera" - das bringt es perfekt auf den Punkt.

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Danke Herr O., klare Worte.

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in diesem Fall ohne Rolle
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So wichtig es ist, die Zustände und Dynamiken jenseits des einen oder anderen Teiches (oder auch innereuropäisch) zu beobachten, zu analysieren und einzuordnen (einmal mehr Danke, Daniel Binswanger), bin ich besorgt, dass wir dabei - wie schon beim ersten Mal, als Trump Präsident wurde - je länger je mehr zum Kaninchen werden, dass sich aus Fassungslosigkeit von der Schlange hypnotisieren lässt.

Wichtiger denn je wäre es für meinen Geschmack, all diejenigen in Beiträge jedweden Mediums zu bringen, die gegen den Rechtsdrall usw. aufstehen. Egal, ob Einzelne oder Gruppierungen. Was wir für die Zukunft bitter nötig haben werden, sind gute Beispiele, damit jede:r von uns immer neu Mut fasst, um sich zu positionieren.

Wenn es wirklich schlimm wird, wird es irgendwann erheblich mehr Courage brauchen sich zu positionieren, als im Moment...

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Daniel Binswanger
Feuilleton Co-Leiter
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Liebe Frau B., da muss ich Ihnen recht geben. Das Nachdenken über Strategien der Aktivierung und Verbesserung ist wichtig in diesen dunklen Zeiten. Ich darf Sie auf die zwei Beiträge von Solmaz Korsand verweisen, die ich auch schon im Kommentar erwähnen. Sie werden am Montag erscheinen und davon berichten, welche Situation die Annullierung des Abtreibungsrechtes durch den Supreme Court erzeugt hat und auf welch vielfältige Weise dagegen sich nun der Widerstand organisiert. In den USA, aber auch in Europa. Herzlich, DB

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in diesem Fall ohne Rolle
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Lieber Herr Binswanger, danke vielmal für den Hinweis, dann bin ich gespannt und freue mich auf die Lektüre am Montag! Ebenso Herzlich, AB

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Gaby Belz
semi-Rentnerin, semi-Berufsfrau
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Könnt ihr mir mal verraten wie ihr ganz persönlich mit der sich zuspitzenden Weltlage und -Dynamik umgeht? Das alles war mir ja auch vor dem samstäglichen Hochamt mit MB bekannt (also auch Artenverlust, Klimaerwärmung, Hunger und Kriege allerorten). Dennoch wird es bei mir innerlich eng und eine früher unbekannte Angst steigt auf: es könnte am Ende auch noch mich (trotz fortgeschrittenem Alter) betreffen. Politisches und finanzielles Engagement: mach ich seit Jahren, hilft aber je länger je weniger zur seelischen Stabilisierung (geschweige denn zur politischen Umkehr). Ist es zu zynisch zu denken das eigene Leben sei ja bis hierher und vermutlich noch ein paar weitere Jahre gut d.h. Frei von äusserer Gewalt verlaufen? Und falls doch noch während meiner Lebenszeit Krieg oder andere Katastrophen bis hierher dringen kenne man ja diesen oder jene Ärzt/innen? Aber wir haben Kinder und Enkel:innen.
Also: ich würde einen Austausch darüber sehr begrüssen.

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Ich kann auf Ihre berechtigte Frage keine eindeutige Antwort geben, da meine (und sicher nicht nur meine) Gefühle und Stimmungen angesichts der dunkler werdenden Wolken sehr wechselnd sind und das ganze Spektrum zwischen Ohnmacht, Verzweiflung, Wut, aber auch Hoffnung und eines Restes Zuversicht abdecken.
Ich erlebe es immer wieder als hilfreich, der Sprache und Musik der Natur zu lauschen und mich ihren Elementen und ihrer Stille auszusetzen, gute Bücher auf mich wirken zu lassen, mich mit mir nahe stehenden Menschen auszutauschen, mich mit philosophischen Gedanken zu beschäftigen und meine Gedanken zu all dem in Worte zu fassen versuchen.
Und nicht zuletzt sind es auch die achtsamen Beschäftigungen mit kleinen Dingen, Problemen und Aufgaben des Alltags, die mich immer wieder ins Hier und Jetzt zurückholen und mich handlungsfähig halten.
All das hilft mir, mal weniger, mal mehr, der Ohnmacht etwas entgegenzusetzen, Gelassenheit zu üben, Lebensfreude zu empfinden und zu verstehen, warum die Welt so ist, wie sie ist, und zu akzeptieren versuchen, dass es gegen die menschliche Dummheit wohl kein Rezept gibt.

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Leserin
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Gegen die Angst hilft mir, mich mit Vernunft und Herz, Mensch und Natur zu verbinden. Mit meinem erwachsenen Kind und möglichst vielen jungen Menschen noch so viel wie möglich zu besprechen, ihre Reife, auch die politische, zu fördern. Manipulationsversuche erkennen helfen. Und von ihnen lernen.

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Mehr können Sie nicht tun, bleiben Sie so wie sie sind, das ist schon mehr als genug. Ich habe kein besseres Rezept. Ganz herzlich!

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Unity in Diversity
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Liebe Frau Belz, danke für Ihre Frage. Der Gedanke an der Welt in dem unsere Kinder und Enkelinnen leben werden, beunruhigt mich sehr.
Ich merke, dass ich schneller irritiert bin und weniger tolerant, wenn ich Kommentare lese, die mich an den Strategien der Neoliberalen mahnen.
Auch wenn mein Schreiben mangelhaft ist, empfinde ich ein starkes Bedürfnis engagiert zu bleiben und mich hier zu äussern, da jede Stimme zählt.
Weiter lebe ich in einem ruhigen Ritmus von arbeiten, spazieren, singen, reden, üben,
essen, lesen, viele kleine Freuden. Um heiter, zuversichtlich und tolerant zu bleiben/ zu werden, muss ich regelrecht üben. Herzlicher Gruss

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Ich bin schon seit vielen Jahren davon überzeugt, dass die Vernunft des Menschen, auf die er sich in Abgrenzung zu allen niederen Lebewesen so viel einbildet, nicht ausreicht, um eine sich immer mehr abzeichnende, globale Katastrophe zu verhindern. Dafür sorgt schon der (Gruppen-) Egoismus.
Das wird Ihnen, liebe Frau Belz, nicht helfen, ist nur eine Randnotiz.
Allerdings habe ich gerade kürzlich gleich zweimal die kleine Schrift von Hannah Arendt die Hand genommen und gelesen: “Was heißt persönliche Verantwortung in einer Diktatur?“. Sie schien mir aus verschiedenen Gründen für unsere heutige Situation eine passende Frage aufzuwerfen, denn jeder von uns ist ja unübersehbar in diesen zerstörerischen Prozess eingewoben, wie es vielleicht auf politischer Ebene der Mensch in der Diktatur ist oder sein könnte.
Und dort läuft es am Ende darauf zu, dass in einer fürchterlichen Welt, deren Schrecken nicht durch das eigene Tun oder Lassen abgewendet werden kann, die eigene Verantwortung eher im nicht Mitmachen, im sich Heraushalten besteht, dass man am Ende, wie sie es sagt, noch mit sich selber leben, sich im Spiegel ansehen kann.
So versuche ich ein Leben zu führen, das sich dem weltverzehrenden Ressourcenverbrauch nicht verweigert, aber doch relativ stark durch Verzicht geprägt ist, politische Stimmabgabe im Sinne Weltzerstörung aufhalten, oder finanzielle Unterstützung für kleine, aber wichtige Organisationen (Urgewald) - und bin natürlich sehr traurig, dass alles so offensichtlich kaputt geht. Ob in der Krisenwelt von demnächst (“von Morgen“, wie man zu sagen pflegt, klingt schon zu weit entfernt) dann eigene (Enkel-)Kinder, die ich nicht habe, herum irren müssen oder die vielen Kinder von anderen Menschen, ist dabei eigentlich ziemlich egal, auch wenn es gefühlt sicher einen Unterschied macht - und uns dazu verleiten wird, unsere Vorstellungen von Humanität zu schleifen!
Die anstehenden Verteilungskämpfe, die Ausgrenzungen Hilfsbedürftiger, haben ja gerade erst begonnen und werden noch dramatische Formen annehmen, das sollte eigentlich jedem klar sein.
Ich für meinen Teil gehe davon aus, dass in meinem Leben keine Zeit jenseits von Krisen und Bedrohung mehr vorkommen wird. Dafür haben wir das wirkliche Lösen globaler Probleme viel zu lange aufgeschoben.

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Liebe Gaby, Du beschreibst für mich sehr treffend, was viele wache Menschen heute empfinden. Vorab ist aber festzuhalten, dass für Millionen von Menschen unsere Zukunftsängste bereits ihre Gegenwart bestimmen.
Wie gehe ich mit dieser schier ausweglosen Zukunft um? Nebst persönlichem Engagement für eine enkelgerechte Zukunft versuche ich täglich, kleine Oasen der Hoffnung , Freude und des Friedens aufzusuchen. Dies sind Spaziergänge der Sihl entlang, durch den Uetlibergwald und die Allmend. Ebenso ist Musik eine Quelle der Erholung: Beethovens Symphonien, das Mozart-Requiem, alles von Bach, Mendelssohn, Händels Messias, aber auch Polo Hofer, Leonard Cohen, Tina Turner und weitere. Eine besondere Freude ist mir das Mitsingen von Taizé-Liedern über YouTube. Dann hilft das (erneute) Lesen guter Bücher, Hermann Hesse, Selma Lagerlöf, Hans Küng, Silja Walter, J. Zink und ganz besonders von Etty Hillesum das Büchlein 'Das denkende Herz'. Wie Anne Frank ist Etty Hillesum ermordet worden. Ihr spiritueller Weg eröffnet mir ein neues Gottesbild, welches auch ein moderner Mensch für seinen Lebensweg als hilfreich annehmen kann. Dann gibt es kleine Erbauungsperlen, wie z.B. dieser Arte-Film über Heinrich Schütz, welcher in den Gräueln des 30-jährigen Krieges tief empfindsame und tröstliche Musik geschrieben hat:
https://www.arte.tv/de/videos/10305…rockmusik/
Ganz wichtig ist auch die Einsicht, dass ich die Welt weder retten muss noch kann. Ich soll jedoch das in meinem Umfeld und mir Mögliche tun.
Ich glaube, wir müssen das unaufgeregte 'dennoch' und 'trotzdem' kultivieren, so wie es der Satz ausdrückt, welcher Martin Luther zugeschrieben wird: Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Bei solchen Fragen kommt mir immer wieder der Essay von Sarah Kendzior nach der Wahl von Donald Trump in den Sinn:
"We’re heading into dark times. This is how to be your own light in the Age of Trump". Leider ist er nicht tröstlich, aber ich finde ihn nützlich.
https://thecorrespondent.com/5696/w…e-of-trump

"There are many groups organizing for both resistance and subsistence, but we are heading into dark times, and you need to be your own light. Do not accept brutality and cruelty as normal even if it is sanctioned. Protect the vulnerable and encourage the afraid. If you are brave, stand up for others. If you cannot be brave – and it is often hard to be brave – be kind."

Was hilft, ist Gleichgesinnte zu finden und sich für etwas zu engagieren, das einem selbst wichtig ist.

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Eine gute Frage, vielleicht mag die Republik dazu ein eigenes Forum starten. Ich bin in den 90er Jahren gross geworden - „Ende der Geschichte“ - alles kommt gut… wenn wir nur keine Grenzen des Wachstums hätten.

Ich fragte mich zwar ständig, „why the west rules - for now“ (bis ich diese Antwort bei Ian Morris fand), und machte mir Gedanken, inwiefern dank erneuerbarer Energie Asien und Afrika zu Kräften kommen, sodass die „westliche Wirtschaftsdominanz“ bröckeln könnte. Ich kann der Perspektive, dass Europäer und US-Amerikaner nicht ewigs 20x höhere Einkommen haben als die da unten „theoretisch“ etwas gutes, erstrebenswertes abgewinnen - konnte mir jedoch nie so richtig vorstellen, wie es so weit kommen könnte. Nun voila, die USA zersetzt sich selbst, und in Europa ist Krieg. Das macht mir auch zu schaffen - aber vielleicht können wir derweil über ein positives Bild philosophieren, wie irgendwann eine Welt mit ausnivellierter Einkommensungleichheit aussehen könnte.

Wird der Mann, der „America First“ halten möchte, die USA derart ruinieren, dass sich zumindest relativ die Lebensumstände in Asien (und Afrika) verbessern? Wenn der USD mit der ganzen US-Verschuldung kollabiert, wird es erst mal chaotisch - aber vielleicht wird eine neue Machtverteilung ausgeglichener.

Kurz, ich versuche in den „bedauerlichen Entwicklungen“ mir irgendwo auch positiv neue Chancen vorzustellen. Wenn die Amis schlau sind, wird es nicht so weit kommen; aber sie hatten schon Bush ein zweites mal gewählt und Trump… spricht schon eher für den Abstieg…

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Eine Mitschuld am ganzen Trump-Debakel hat auch Hilary Clinton. Sie hätte merken müssen, dass die Wähler genug "Clinton" hatten. Ich bin mir sicher, dass selbst der alte Bernie Sanders gegen Trump gewonnen hätte.

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Bernie Sanders hat in den internen Vorwahlen sehr schlecht abgeschnitten, selbst in progressiven Gliedstaaten. Es ist mir ein Rätsel, warum vor allem europäische Linke glauben, er hätte nur den Hauch einer Chance gehabt. Nicht vergessen, Hillary Clinton hat mehr Stimmen geholt als Trump, obwohl die Medien sie kurz vor den Wahlen über die aufgebauschte E-Mail-Affäre sturmreif geschrieben haben.

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Eine Email-Affäre, die notabene nebst den Verstössen von Trump gegen Amtspflichten und Governance schlicht verblasst...

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Es fällt mir immer wieder auf, dass alle diese Staaten, die dieser rechtspopulistischen als Nationalismus getarnten Autokratie in die Hände fallen, wie die USA, UK, CH, I, PL, HU eine Gemeinsamgkeit haben. Man braucht nicht die Mehrheit der Wählerstimmen, um die Mehrheit im Parlament und damit die Macht zu bekommen. Die Mehrheit der Bürger wählt die Autokraten nicht, sie widerstehen deren Methoden noch, aber es nützt Ihnen nichts. Die Autokraten kommen unter Ausnutzung der Systemfehler dieser pseudodemokratischen Systeme an die Macht. Es braucht wohl nochmal einen grossen Knall, damit genug Einsicht besteht und diese pseudodemokratischen Systeme reformiert werden. Leider verträgt die Erde keinen solchen grossen Knall mehr.

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Abonnent
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Sie verwenden den Begriff der Pseudodemokratie falsch. Ich weise sie darauf hin, weil die Implikation daraus potentiell zu gefährlichen Fehlschlüssen führen kann. Eine Pseudodemokratie ist ein Regime, welches sich selbst demokratisch nennt, wesentlichen Grundsätzen der bürgerlichen Demokratie, zBsp. freien Wahlen, aber nicht entspricht. Die Schweiz ist zBsp. KEINE Pseudodemokratie. Was sie vermutlich meinen, ist der Fakt, dass auch diese "echten" Demokratien Demokratiedefizite haben, zBsp. die Tatsache, dass die Mehrheit immer gewinnt, worin ich ihnen Recht gebe. Das Problem, wenn sie nicht sauber formulieren, ist, dass sie Demokratien die im Grunde funktionieren, wie bspw. die Schweizerische, abwerten. Das schwächt ideell die Demokratie, was sicher nicht ihre Intention war. Man soll also die Demokratie immer kritisieren, man soll damit aber nicht der Babarei zudienen. Denn: Es gibt leider nur diese beiden gesellschaftlichen Zustände, Demokratie oder Barbarei.

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Ich kann Ihnen leider nicht zustimmen. Den die Mehrheit gewinnt in den genannten Staaten eben nicht. Nehmen Sie das Beispiel Trump, er hatte keine Mehrheit der Stimmen. Das gleiche gilt für seinen Vorgänger Bush. Und bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus und zum Senat haben die Demokraten seit vielen Jahren eine deutliche Mehrheit der Wählerstimmen, aber meist nicht die Mehrheit der Sitze. Nehmen Sie das Beispiel Meloni, Orbarn, Johnson, sie haben alle nicht die Mehrheit der Stimmen, sondern nur um die 40% der Stimmen. Nehmen Sie das Beispiel Schweiz, SVP/FDP haben 40% der Stimmen, aber die Mehrheit in der Regierung. In all diesen Staaten gilt das Prinzip one man/woman = one vote bzw. alle Stimmen zählen gleich nicht. Damit erfüllen sie die Grundvoraussetzung einer Demokratie nicht und das macht sie zu Pseudodemokratien.

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So war es doch schon einmal, bis sich zu den Duckmäusern Schläger und Mörder gesellten. Die einen glauben die Lügen oder finden es vorteilhafter sie zu glauben. Und wer den Kopf in den Sand stecken will, dem bietet eine Verblödungskultur auf sozialen Netzwerken alle Möglichkeiten. - Ich finde diese Analyse aber nicht bloß deprimierend, denn es kann auch tröstlich und ermutigend sein, solche Beiträge zu lesen. Danke!

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Abonnent
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Inwiefern ermutigend und tröstlich?

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Tröstlich, weil uns einer in einer Welt, wo viele verunsichert sagen, „ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll“, den ungeschminkten Spiegel der gefährdeten US-Demokratie vor Augen hält, uns einer im Text begegnet, der die Dinge auch so sieht wie wir, oder zumindest ähnlich und uns so Mut macht. Gerade in einer Zeit, in der sogar die Philosophie zur Verdrehung der Wahrheit beigezogen wird, indem behauptet wird, alles sei subjektiv und sogar Kant, Schopenhauer und Kleist dafür herhalten müssen, die Wahrheit zu verdrehen, indem eine ganz andere Ebene zur irreführenden Argumentation herbeigezogen wird. Wie viele verstehen unter Meinungsfreiheit, jeder kann die Dinge sehen wie er will, es gibt keine Wahrheit? Sagen Sie das mal einem Menschen der verhungert.

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Unity in Diversity
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Wie schon jemand schrieb Herr Binswanger, haben Ihre Klarstellungen auch eine tröstende Komponente.
Eine wache Stimme unter Schlafenden, die viele unter uns bestärkt im Wissen, dass Vernunft, Realitätsbewusstsein, Engagement für demokratisches Gedankengut und Gemeinwohl, noch nicht der Vergangenheit angehören.

"In unserer Vorstellung setzen sich autoritäre Führerfiguren durch mit einem grossen Knall..."Ob das je der Fall war? Es ist doch eher das schleichende Gift der Lügen, die Verwirrung stiftenden Strategien, die den Boden bereiten für den Rechtspopulismus. Illusionen werden lieber geglaubt als bedrohliche Zukunftsperspektiven. Verständlicherweise kommen daher die wirtschaftlichen Wahlversprechen der Republikaner bei den Menschen in einer Notlage an, obwohl diese die am meisten Betroffenen sein werden.

Ähnliche Illusionen werden auch hierzulande fleissig genährt. Wie mir scheint, eher als Wiegenlied für eine bequeme Mittelschicht.

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Wirtschaftshistoriker
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Zum Streit zwischen Daniel Binswanger und A. O..

  1. Nach meinem Empfinden bewegt sich die Debattenkultur in der Republik i.a. auf einem guten Niveau.

  2. Die Abonnenten, zu denen ich auch gehöre, werden von der Republik Verleger genannt.
    Ich schätze den Austausch innerhalb der Verlegerschaft und auch den mit den Journalisten.

  3. Aber so, wie ein "Verleger" wie in diesen Tagen von einem Journalisten, dessen Analysen und weitere Beiträge ich schätze, abgekanzelt und zum Schweigen aufgefordert wird, so geht es nicht.
    Das ist nicht mehr meine Republik. Es muss Platz haben für andere Sichtweisen - auch wenn wie ich im Fall von A. O. diese nicht teile.

  4. Mühe macht mir auch das Voten der Beiträge.
    Persönlich ist es mir egal, ob meine Schreibbeiträge für gut oder schlecht befunden werden. Was mich aber interessiert ist, weshalb jemand einer Meinung oder einer Haltung nicht
    zustimmen kann, selbstverständlich nicht bei Detailfragen oder kleinen sachlichen Fehlern.

Statt zu richten, würde ich lieber "gelesen" signalisieren. Mit den besten Wünschen für eine gedeihliche Debattenkultur.

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Daniel Binswanger
Feuilleton Co-Leiter
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Lieber Herr S., andere Meinungen sind jederzeit willkommen, auch solche die zu denen der Autorinnen sehr konträr sind. Davon gibt es eine Menge, teilweise auch solche, die ich als am Rand des rationalen Diskurses betrachten würde, aber das ist vollkommen in Ordnung. Was wir nicht tolerieren wollen, ist die Verbreitung von Verschwörungstheorien aus zweifelhaften Quellen. Bei dem verlinkten Video, in das es bei der Auseinandersetzung gestern gegangen ist, handelt es sich genau darum. Als der Verleger, den ich darauf hingewiesen habe, sich dann damit verteidigte, dass er so tat, als würde ich in Zweifel ziehen, was überhaupt nicht strittig ist (dass Biden öffentlich gesagt habe, er habe Druck gemacht, einen ukrainischen Staatsanwalt entlassen zu lassen), während es nur darum geht, dass diese Entlassung mit seinem Sohn und Burisma nichts zu tun hat (was die verlinkte Propaganda-Quelle behauptete, eine der zentralen Lügen der Verteidigungsstrategie von Trump und Rudy Guliani) wurde mir der Austausch tatsächlich zu blöd. Vielleicht hätte ich das trockener formulieren sollen, fair enough. Aber wenn wir hier respektvoll und sinnvoll miteinander diskutieren und streiten wollen, sollten wir solche Beiträge zurückweisen. Das ist auch in unserer Dialog-Etikette klar so festgehalten. Herzlich, DB

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Ähnlich auf den Punkt gebracht hat es der Schweizer Wissenschaftsdirektor der Nasa Thomas Zurbuchen im Interview mit der Zeit (-01:06):

Was mir Sorgen macht, ist nicht die Störung selber, sondern, dass die Korrektur nicht funktioniert.

Es braucht dringend kreative Ansätze, um diese Mission noch vor dem Absturz zu bewahren.

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Even Meier
(ex | they)
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Danke für den Link, hier direkt auf Spotify. Mein Gott ist das toll. 5h intelligente Unterhaltung zum Zuhören.

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Finde ich auch. Habe ich übrigens aus dem Republik Journal vom 28. Semptember. Ich mag das Journal eigentlich nicht so, aber ... die Links! So viele tolle Links! 😉

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Danke Herr Binswanger für Ihre Lagebeurteilung. Doch ein Punkt, der im Teaser angeschnitten wurde, blieb mir unklar. Sie schreiben "Dennoch ist dieser Urnengang eine Schicksals­wahl. Für die Amerikanerinnen und für uns." In welchem Sinne ist dieser Urnengang eine Schicksalswahl FÜR UNS?

Dass Dems das "wedge issue" Abtreibungsverbot nutzen, weil es polarisiert und die Menschen zu einer Wahl zwischen Entweder/Oder treibt, überrascht nicht. Ungewöhnlich ist aber auch nicht, dass GOOPs sich bei den vornehmlich weissen amerikanischen Arbeitern und Unternehmers anbiedern (in der Schweiz heissen die "Büezer" und "KMUs"). Klassisches "Der Kuchen wird kleiner und DIE ANDEREN stehlen immer mehr davon und DIE sind Schuld daran".

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Gewinnen die Republikaner eine Mehrheit im Repräsentantenhaus und/oder Senat, werden sie Joe Biden in jeder Hinsicht blockieren. Das wird um ein Mehrfaches hässlicher, als es bei Obama schon war. Nur schon weil der Supreme Court in der Hand der Ultrakonservativen ist. Uns betrifft das insofern, als dass sämtliche Bestrebungen für mehr Klimaschutz aus den USA bis auf weiteres ausfallen werden. Weiter werden die USA auch die Militärhilfen an die Ukraine einstellen müssen. Damit könnte Russland in der Ukraine die Oberhand gewinnen. Und wer glaubt, dass Russland nach der Ukraine Halt macht, ist naiv. Ob es die Republikaner zu diesem Zeitpunkt bereits schaffen, die Nato erfolgreich zu sabotieren, wird sich zeigen. Ich möchte das aber echt nicht erleben.

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Soziologiestudent
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Bei dieser besorgniserregenden Entwicklung fragt man sich, wie es dazu kommen konnte. Dazu kann natürlich die Amtszeit von Trump und die in den Autoritarismus abgerutschte Republikanische Partei als Erklärung dienen. Jedoch sollten auch die Demokraten in die Analyse miteinbezogen werden. Und die Erklärung, dass bei Inflation halt die Regierungspartei "natürlicherweise" abgestraft wird greift hier zu kurz.

Klar haben die Republikaner keine richtigen Lösungen zu bieten:
"Es ist nicht so, dass die Republikaner den Amerikanerinnen am unteren Ende der Einkommens­verteilung, die durch die explodierenden Lebens­kosten nun in eine schwere Notlage geraten, irgend­etwas zu bieten hätten, das ihre ökonomischen Aussichten verbessert"

Aber dass die Wähler:innen nun wahrscheinlich doch wieder eine Mehrheit von Republikanischen Abgeordneten in den Senat und das Repräsentantenhaus wählen zeigt, dass auch die Demokraten unter Biden sich zu wenig für die Menschen am Ende der Einkommensverteilung kümmern. Genau so, wie es ganz viele vorausgesagt haben nach der Wahl von Biden. Dieses Weiterso einer sozial-liberalen Politik ohne radikale Änderungen, wird schlussendlich wieder an dem Punkt landen, wo die Wählenden enttäuscht sind und nicht wählen oder rechts-autoritär wählen.

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Abonnent
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Tatsächlich ist der Anteil, den die Demokraten noch selber zum Desaster beitragen nicht unerheblich. ZBsp. (und vielleicht v.a.) der erwähnte fehlende Instinkt für die Basis. Und natürlich ist dieser Anteil ausschliesslich hausgemacht. Der grösste strategische Fehler der Demokraten in Bezug auf den Trumpismus war es mMn, die Bewegung Bernie Sanders abzuwürgen. Stattdessen setzte man bei den letzten Wahlen auf einen alten Bekannten des Demokratischen Geldadels, der der Skrupellosigkeit und Unverfrorenheit der neuen GOP-Eliten wenig entgegenzusetzen hat, da sich diese um nichts futieren, was früher im Politzirkus punkto Etikette, etc. mal von Bedeutung war. Die Demokraten haben sich so ihre Chance auf einen Roosevelt-Moment verbaut und sich selber in die Sackgasse manövriert. Vielleicht wars das tatsächlich.

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Ich finde, wir diskutieren – zumindest Teilweise – unter der falschen Voraussetzung über die Zukunft der Demokratie (und die Zukunft der Menschheit). Nämlich unter der einer «rational handelnden, sich an Fakten orientierenden Bürgerin». Eine Idee der Aufklärung.
Wenn wir über Ökonomie reden, ist unter – sagen wir – Progressiven, dieses rationale Bild als Irrtum durchschaut – und wird entsprechend kritisiert.
Wenn wir aber über gesellschaftliche Entwicklungen reden, halten wir daran fest.
Ebenso, wenn’s um Klima geht.
Wir setzen eine Person voraus, die nicht manipulierbar ist, keine kognitiven Defizite hat, weiss was sie tut, warum sie es tut, wer sie ist, die ihre Stammes-, Familien- und Epigenetik-Geschichte transzendiert, ebenso ihre Macht-, Neid- und Konsum- Ansprüche, unabhängig von ihrer Darmflora denkt, die Welt versteht, Fakten erkennen und einordnen kann, etc.
Alles – nach heutigem Wissensstand – unplausible oder falsche Annahmen.
Diese kurze Charakterisierung ist nicht wertend.
Ich möchte auch die soziologischen Überlegungen, die den Druck auf Demokratien erklären - wie Ungleichheit/Ungerechtigkeit, Kränkungen, unterlassene Nothilfe, neue soziale Medien usw. - nicht kleinreden, denn das sind die einzigen Hebel, die wir haben, um die Situation vor dem Absturz in autoritäre Systeme zu retten.

Die Rechte – kann man vielleicht zusammenfassen – hat die psychologischen, philosophischen und politischen Konsequenzen aus dem Wissen über uns Menschen besser verstanden. Sie scheut sich nicht, diese rücksichtslos einzusetzen.
Andererseits - die Linke kann keine solche destruktive Strategie fahren (soll sie auch nicht).
Aber, ob ihr Aufruf zur Vernunft und Solidarität das Blatt wenden wird?

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