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Der homo wichticus: eine witzige Kreation. Es ist der Typ Mensch, der sich selbst und
seine Tätigkeiten, seine Fitness sowie die Resultate seines Fussballclubs oder Tennis-
idols für wichtiger hält als alles andere auf der Welt. Das Klima kann warten, oder?
Klar doch, so ticken wir! Eine schreckliche Entscheidung wird sich den Trendigen
vielleicht noch stellen, in ihrer Grausamkeit wirklich entsetzlich: Wie verkleinere ich meinen riesigen Fussabdruck bloss? Haben gerade den neusten SUV gekauft, fliegen
in jeder Jahreszeit in Kurzferien mit Mittel- bis Langstreckenflug. OK, hier die Hälfte?
Aber reicht das?

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und es schliesst einen Verzicht auf Fleischkonsum mit ein, hihi.

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Das hat Thomas Bernhard wesentlich kürzer auf den Punkt gebracht: «Jede Existenz ist ein Milderungsgrund, mein Herr. Vor jedem Gericht, vor jedem Selbstgericht.» (In: Watten)

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· editiert

Nachdem ich nach dem Schreiben eines Kommentars zum Artikel ‚Nebelpetarden der ETH‘ nun diesen Artikel gelesen habe, scheint mir mein obgenannter Kommentar auch hieher zu passen, weil er als Gemeinsamkeit mit diesem Artikel ‚Rechtfertigung‘ als wichtige – wichtigste ? – Funktion des menschlichen Denkorgans nennt. Bleibt gemäss meinem Weltverständnis nur zu hoffen, dass sich das Weltgeschehen trotz Fehlens universeller Finalität, also Zielgerichtetheit, und nur wegen blosser universeller Kausalität, also Ursachenbedingtheit, wenigstens für die nächsten Generationen dennoch zum Guten hin wenden wird...

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Der Beitrag Helden der Wichtigkeit ist witzig geschrieben und zeigt einen wichtigen Aspekt der Realität auf. Er birgt aber unterschwellig einen gewissen Zwang in sich, sich zu Allem und Jedem eine Meinung bilden zu müssen oder eine solche «tel quel» zu übernehmen, samt der erwarteten, meist negativen Emotionen. Bei der Flut von Information (wahre, falsche und unbewusste – unter der Aufmerksamkeitsschwelle liegende), die täglich über uns hereinbricht eine schiere Unmöglichkeit. Meist sind dabei die sogenannt wahren Informationen nur Teilwahrheiten, also eindimensionale Projektionen, welche die komplexe Realität nur ungenügend abbilden. Nicht jeder Hype und jede Sau, die gerade durchs Dorf getrieben wird, sind es wert, dass man sich dazu eine Meinung bilden muss.

Jeder Mensch hat deshalb zu seinem Schutz einen Mechanismus eigebaut mit dem er die eingehende Information – meist unbewusst – filtert und sortiert. Ohne diesen Schutz würde er/sie in kürzester Zeit wahnsinnig werden. Auch der Autor Daniel Graf filtert die eingehende Info. Die Filter- und Sortierungskriterien ergeben sich aus dem Weltbild der betreffenden Person, aus ihren Prägungen und Befindlichkeiten. Jeder Mensch handelt aus den Überzeugungen, die er aus diesen Kriterien gebildet hat, mögen sie noch so unrealistisch sein. Dies gilt auch für die IS-Kämpfer. Sie waren überzeugt, das Richtige zu tun. Ein Raucher weiss zwar, dass er damit seine Gesundheit gefährdet, aber er ist nicht wirklich überzeugt davon, sonst würde er nicht rauchen.

Konflikte entstehen meistens um Fragen, die prinzipiell nicht entscheidbar sind und das sind u.a. alle Fragen, die die längerfristige Zukunft betreffen. Die Antwort auf eine solche Frage kann immer nur eine Präferenz sein, die auf der Extrapolation einer Tendenz aus der Vergangenheit beruht, nie auf einem einfachen, unmittelbaren Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Der Mensch hat keine Sensoren für schleichende Veränderungen, deshalb fühlt er sich von solchen auch nicht sonderlich bedroht, d.h. er betrachtet sie als nicht überlebenswichtig.

Rechtfertigungen sind immer ein Anzeichen von Unsicherheit. Der Rechtfertiger ist sich der Meinung, die er vertritt nicht ganz sicher. Meistens handelt es sich dabei um eine übernommene Meinung, nicht um eine, die er sich selbst nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet hat. Bei Meinungen, die durch Indoktrinierung oder durch Gehirnwäsche eingepflanzt wurden, bewirkt die «in Frage Stellung» meistens eine aggressive Reaktion. Bei wirklich eigenen Meinungen braucht es keine Rechtfertigung oder Begründung, sondern nur die Aussage: Ich vertrete diese Meinung, weil sie für mich stimmt!

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What about Whataboutism?

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Womöglich sind jene vielmehr Humeianer als Kantianer:

It is not contrary to reason to prefer the destruction of the whole world to the scratching of my finger. (A Treatise of Human Nature)

Faktenbasierte Rechtfertigungen hätten mit Vernunft (engl. reason) zu tun, doch die von Daniel Graf angeführten verweisen vielmehr auf die Emotionen, Gefühle und Begierden (engl. passions) der Menschen. Nach Hume sind jedoch einzig Letztere Motivationen für Handlungen (und nie Vernunftgründe). Und die Vernunft kann in der Moral nur den Passionen folgen:

Reason is, and ought only to be the slave of the passions, and can never pretend to any other office than to serve and obey them. (ebd.)

Aber: Der Mensch ist nicht nur eine notorische Rechtfertigungsmaschine, sondern auch eine wundersame Verdrängungsmaschine. Wir verdrängen und vermeiden (oder rationalisieren abstrahierend) ständig uns Fakten, die uns unangenehme Passionen bereiten würden und uns emotive Gründe für alternative Handlungen geben würden. Wir verdrängen ständig das Leid der distant needy, das Leid der Tiere, das Leid der Anderen - seien es gegenwärtige oder erst recht zukünftige. Um uns nicht zuletzt in unserer Komfortzone souverän und gut, sprich ohne Selbstzweifel als gerechtfertigte Identität zu sehen.

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