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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Ich muss zugeben, dass ich den Essay nach den ersten fünf Absätzen nur noch überflogen habe. Es ist schon fast pervers, wie Trauer und Angst um den Verlust der Lebensgrundlagen der Menschheit zum konsumierbaren Gefühl und Lifestyleprodukt umgedeutet wird.

Die Ohnmacht mit einer Trauerfeier besänftigen. Wann kommen wir endlich zu dem Punkt, an dem wir wütend werden? Wütend über ein entfesseltes Wirtschaftssystem, dass nur dazu da ist, die Profite einiger Weniger zu maximieren.

Das System ist nicht gottgegeben. Es wurde von Menschen erfunden und es kann von Menschen auch verändert werden. Seid nicht traurig, dass die Welt von früher verschwunden ist, seid wütend, dass nichts dagegen unternommen wird.

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Ich habe den ganzen Artikel mit Interesse gelesen. Er zeigt glaubwürdig auf, dass Menschen auf Verluste mit Trauer reagieren und dieser Trauer eine Form geben möchten.
Dies als ,konsumierbares Gefühl und Lifestyleprodukt zu disqualifizieren, wirft bei mir einige Fragen auf. Ich finde es falsch, die Trauer gegen die Wut auszuspielen. Wer tiefe Verlusterfahrungen erlebt hat, weiss, dass neben der Trauer auch starke Gefühle der Wut herrschen. Weshalb nicht die Gefühle der Trauer mit grosser Empathie annehmen und die Energie der Wut für Engagement und Widerstand einsetzen?

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Die Menschheit wird noch lange Zeit zum Trauern haben. Die Zeit ist nicht jetzt. Wenn Sie angegriffen werden, setzen Sie sich dann hin und denken darüber nach, welche Playlist dazu passt?

Mir scheint, viele Menschen haben die Natur der Klimakrise und des Kollapses ganzer Ökosysteme noch nicht erfasst. Was jetzt vor unseren Augen verschwindet, haben wir vor zwanzig Jahren kaputt gemacht. Selbst wenn wir jetzt die Notbremse ziehen, werden noch Jahrzehnte lang Spezies und ganze Ökosysteme verschwinden.

Konzentrieren wir uns darauf, das zu stoppen. Für Ihre Kinder und Enkel, die mit den Trümmern leben müssen. Je früher wir damit beginnen, umso besser. Trauern können wir später.

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Liebe Katharina, bin deiner Meinung. Aber Wut, heftige Emotionen, sind in unserer Kultur verpönt. Wer sie zeigt, stellt sich bloss. Stellen wir fest: Weder Trauer noch Wut befreit uns von der Pflicht zu handeln. Rational zu handeln.

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Ja, Zorn, die vierte Todsünde, gerade für Frauen eine undenkbare Emotion. Es wäre gar nicht so schlecht, wenn wir uns von der Idee lösen könnten, dass Wut negativ sein muss und deshalb unterdrückt gehört. Gehen wir im neuen Jahr mal Kaffee trinken?

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Sie bringen mich nach dem Lesen des Essays wieder zurück auf den Boden der Realität. Aber bedenken Sie: Wut kann selbstzerstörerisch sein!

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Sind sich Wut und Trauer nicht ziemlich ähnlich?

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Ich möchte noch einen Gedankenanstoss nachliefern: das Gesetz der 3,5 Prozent. Ich höre immer wieder: "ja Klimakrise, Artensterben ist schlimm, aber ich kann ja nichts tun." Dass Regierungen und Unternehmen überhaupt angefangen haben, Massnahmen zu ergreifen, auch wenn diese völlig unzureichend sind, hat mit den Protesten von Fridays for Future und allen anderen angeschlossenen Gruppen zu tun. Ohne diese Demonstrationen wäre gar nichts passiert – Business as usual.

Das Gesetz der 3,5 Prozent besagt, dass es nur einen kleinen Teil der Bevölkerung braucht, um einen Wechsel in der Politik zu erzwingen. Aber die müssen sich schon sichtbar machen. Daheim im Sessel hocken und insgeheim der Klimabewegung recht geben und ihnen den Daumen drücken, reicht einfach nicht.

Ich möchte wirklich alle hier in diesem Forum dazu motivieren, an den Demonstrationen und Aktionen gegen die Klimakrise teilzunehmen und ihre Trauer in einen konstruktiven Willen zur Veränderung umzulenken.

Hier noch der Link zum Artikel über die Macht der 3,5 Prozent: https://www.stern.de/panorama/wisse…79238.html

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Wunderbar.
Darf ich das in den Sozialen Medien Teilen?
Falls ja, mit Namensnennung oder ohne?

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Ja, klar. Gerne. Namensnennung ist ok.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Antje Stahls Artikel erinnert mich sehr an Urs Bruderers Essay, den er quasi zum Abschied aus der Republik schrieb. In Die grosse Überforderung schrieb er in Anlehnung an Elisabeth Kübler-Ross über die 5 Phasen der Trauer (oder allgemein, der Verlusterfahrung):

  1. Verleugnung (Denial)

  2. Zorn (Anger)

  3. Verhandeln (Bargaining)

  4. Depression und Leid (Depression and Grief)

  5. Annahme (Acceptance)

Climate Anxiety und Climate Grief gehörten dann zur 4. Phase der Depression.

Doch Climate Grief könnte auch als Begriff des ganzen Prozesses der Trauer und «Trauerarbeit» begriffen werden, welche ihr Ende in der Akzeptanz fände.

Was hiesse das in diesem Falle?

Urs Bruderers Beispiele sind Prepper oder der Alltagszynismus, die die Katastrophe bereits akzeptierten.

Kann, oder besser, soll dies das Ziel der Trauer sein?

Katharina Schlatter etwa findet in diesem Dialog, dass nun die Zeit des Zornes ist und nicht der Depression oder Akzeptanz. Denn noch liesse sich vieles zum Schlimmeren verhindern. Und Anxiety, Grief, ja Acceptance gliche einem Aufgeben, die zum Nichts-tun führe. Man ist zwar psychisch im Reinen, aber mache sich nicht mehr die Hände dreckig. Für das, was notwendig wäre.

Doch das Ende der Trauer, die Akzeptanz – hier Bruderer widersprechend–, kann auch der Anfang des Neuen sein. Die Schwelle, um nicht mehr in die regressiven, illusionären Phasen zurückzufallen. Die Vorbedingung dafür, dass – wie Verena Kast schreibt – «Neue Beziehungen, neue Rollen, neue Verhaltensmöglichkeiten, neue Lebensstile» möglich werden können.

Etwas, das bitter Not täte.

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Ich denke halt, dass es ein Fehler ist, eine gesellschaftliche Herausforderung wie die Klimakrise mit dem Verarbeiten eines persönlichen Traumas gleichzusetzen. Die Klimakrise ist menschengemacht, sie ist absolut lösbar, wenn wir das wollen. Doch zu viele Verantwortungsträger und Machthaber wollen nicht.

Und ich muss auch sagen, dass wir hier in der Schweiz noch gar nicht so viel verloren haben. Die Natur scheint noch recht intakt; die Ladenregale sind voll; Lieferdienste laden hier jeden Tag hunderte Pakete ab, die Leute scheinen immer noch viel Geld zu haben. Die Auseinandersetzung mit der Klimakrise ist eher eine rationale, man sieht halt, was in der Antarktis, im Amazonas, in Madagaskar so läuft und gruselt sich ein bisschen. Aber so richtig angekommen ist es nicht. Wir überspringen hier also das Trauma elegant und gefallen uns in der Trauerpose. Das ist es, was mich an dem Essay stört.

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Dass wir in der Schweiz noch gar nicht so viel verloren haben? Die regelmässigen Berichte zum Verlust der Biodiversität sprechen eine andere Sprache. Sie sind einfach nicht so unmittelbar erschreckend wir die abgebrannten Stummel des Primärwaldes im Amazonas. Darum scheint mir unabdingbar, nicht in der Verlusterfahrung stecken zu bleiben, sondern über diese hinaus zum Handeln zu kommen, wie Sie in einem anderen Post in diesem Forum aufrufen. Wege dazu zeigt Joanna Macys Arbeit (siehe Angaben weiter unten) auf.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Absolut, ich bin ganz bei Ihnen, Frau Schlatter! Als jemand, dessen Wurzeln bis zu einem Insel-Archipel reichen, das aufgrund der Klima-Katastrophe jedoch zu grossen Teilen zu versinken droht; dessen COP19-Delegierter 2013 angesichts der jetzt schon spürbaren katastrophalen Konsequenzen wie dem Super-Typhoon Haiyan, dem tausende Menschen zum Opfer fielen, und der gleichzeitigen Verleugnung und Verhandelns des Globalen Nordens in Verzweiflung geriet und in Tränen ausbrach; und als jemand, auf dessen Heimat-Insel gerade der Typhoon Rai wütete und dutzende Todesopfer forderte – als solcher nun, ist für mich ebenfalls, ja seit längerem schon, die Zeit des Zornes da.

Wie Sloterdijk in Zorn und Zeit (2008) schreibt, besteht die Gefahr des Zornes als ungelenktes Ressentiment. In Aristoteles' Nikomachischen Ethik zählt der Zorn zwar zu den ir-rationalen, oder genauer a-rationalen Regungen, also «Empfindungen, die
von Lust oder Unlust begleitet werden», doch besitzen wir auch «feste Grundhaltungen» (griech. hexis), «kraft dessen wir
uns den irrationalen Regungen gegenüber richtig oder unrichtig verhalten». So auch beim Zorn:

Einer Zornesregung gegenüber ist z. B. unser Verhalten dann unrichtig, wenn wir sie zu heftig oder zu schwach empfinden, dagegen richtig, wenn es in einer gemäßigten Weise geschieht.

Man könne zu gelassen sein (phlegmatisch) oder zu leicht erregbar (cholerisch). Hinsichtlich des Auslösers kann der Zorn auch ein «gerechter Zorn» sein:

Und ferner steht hier nicht zur Frage: geschehen oder nicht geschehen, sondern nur, ob es gerecht war; denn Zorn entsteht über ein Unrecht, (genauer über) das (was) dem Betroffenen als solches erscheint.

Angesichts eines tatsächlichen Unrechts, wäre es daher falsch, ja unmoralisch, nicht zornig zu sein, die Gerechtigkeit fordert es geradezu, auf richtige, gemässigte Weise Zorn zu empfinden und entsprechend zu handeln.

Was nun den Eco Grief anbelangt, sehe ich ebenfalls die Gefahr, dass ein im Grunde berechtigtes Anliegen zu einer kitschigen Lifestyle-Pose – deren es in der Art Bubble nicht zu wenige gibt – verkommt. Es kommt mir vor, als müsste man im Globalen Norden und im Gobal Art Market noch den Verlust der eigenen Privilegien verkraften und verarbeiten.

Doch ernsthaft verarbeitete Trauer könnte auch zur Klarsicht verhelfen, zur Realisierung der Tatsachen, welche die kognitiven Dissonanzen auflöst, zur Klärung der regressiven Illusionen und Ressentiments. Kurz, zur Katharsis.

Und diese war einmal die spezifische Leistung der Kunst.

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Künstler und Buschauffeur
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Diese Krise, die wir getrost als das grosse Absterben bezeichnen können, lässt uns zwei Möglichkeiten: Entweder weiter wie bisher mit Turbokapitalismus und schreienden interkontinentalen und innergesellschaftlichen Ungerechtigkeiten bis zum bitteren Ende. Das ist das von den Profiteuren dieser Ungerechtigkeiten bevorzugte Modell, denn sie glauben, dank ihres Reichtums und ihrer Macht schon irgendwie durch die Katastrophe zu kommen. Mit allen schauerlichen Konsequenzen, wie zB. Festung Europa.
Oder eine echte demokratische Globalisierung aus der Erkenntnis, dass unsere Heimat die Erde ist und dass wir Menschen das Volk der Erdbewohner sind. Wir brauchen keine Massenvernichtungswaffen, wir brauchen keinen kapitalistischen Wachstumszwang, und wir könnten mehr als genug Energie aus der Sonnenwärme gewinnen, wenn wir uns vernünftig organisierten. Statt weiterhin all der sinnlosen zerstörerischen Arbeit nachzugehen, könnten wir die verwüsteten Gebiete wieder aufforsten. Aber das setzt voraus, dass die vom Althergebrachten Privilegierten, die Weissen, die Männer, die Reichen diese Privilegien abgeben zu Gunsten einer gerechten Verteilung des Reichtums unseres Planeten. System change not climate change!

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Sehr interessanter Beitrag -- was sich mir entzieht, ist die Disqualifizierung von Michael Jacksons Ausdruck und Fassen von Climate Grief, weil er -- posthum übrigens -- der Pädophilie angeklagt wurde.
Da passiert, glaube ich, etwas Ähnliches wie mit Mischa Hedingers Film über René Gardi -- statt dass das kolonialistische Verhalten Gardis und unsere, damals bereitwillige, Rezeption seiner Perspektive auf "Afrika" eine echte Diskussion auslöst, wird seine Verurteilung wegen pädophiler Übergriffe zum dominanten Thema und raubt, wohl auch gäbigerweise, dem eigentlich dringend notwendigen Diskurs den Sauerstoff.
Sind wir wirklich nicht in der Lage, Michael Jacksons Leistung im Wissen um seine (möglicherweise) problematische Sexualität zu estimieren und einzuordnen? Die Autorin tut es -- und gleichzeitig negiert sie es aber auch. Selbstschutz?

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Fand ich einen wunderbaren Artikel, danke vielmals fürs Recherchieren und Verfassen. Hat mich auch wirklich sehr an meine Teenagerjahre zurückdenken lassen. Als Jugendliche (wenn man grad nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, was zugegebenermassen dann doch die meiste Zeit ist) fühlt man alles so unglaublich stark - und ich erinnere mich noch gut daran, im Schulunterricht von einer menschengemachten Katastrophe zur nächsten zu wandern und teilweise von einer Dringlichkeit und einer herzzerreissender Gefühlsgrösse gepackt zu werden (und auch an die Scham, ganz allgemein zur Menschheit zu gehören, erinnere ich mich), dass ich am liebsten eben grad in die Arktis / den Urwald / wo auch immer hingerannt wäre und die Gletscher / Eisbären / was auch immer selbstständig aus der Misere zurückgeholt hätte. Nur ist man eben mit 15 dann doch schnell wieder mit sich selbst beschäftigt. Als Erwachsene sind mir diese Sachen nach wie vor ein Anliegen, habe aber irgendwann auch aus Selbstschutz lernen müssen, mich mit mehr emotionaler Distanz damit zu befassen.
Na ja, eigentlich wollte ich eine klitzekleine Kritik anbringen, die mich gleich als militante Vegetarierin entlarven wird: Denn auf das Statement, dass Sojamilch verantwortlich für die Abholzung von Regenwald ist, reagiere ich leider super-sensibel, ist es doch eins der Lieblingsargumente von denjenigen, die darauf bestehen wollen, dass Fleischkonsum gar nicht so schlecht sei für die Umwelt (oder besser, die dann sagen "Ja, aber DEINE Sojamilch ist auch nicht besser).
Ich beziehe mich auf den Satz "in Regen­wäldern, die für Möbel in unseren Wohn­zimmern oder für den Anbau von Soja für unsere Milch abgeholzt werden". Das impliziert meiner Meinung nach dieses Argument und verdeckt wiederum, dass ja ca. 70% des Sojaanbaus in Viehfutter endet und wohl nur ein Bruchstück der restlichen 30% in Sojamilch.
Ist natürlich eine Kleinigkeit und ich bin mir bewusst, da vielleicht etwas feinfühlig zu sein. :-) Schönes Wochenende noch!

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Zur Sojamilch, darüber bin ich auch gestolpert. Allerdings kann mit "Soja für unsere Milch" auch Soja als Futter für Milchkühe gemeint sein, und das ist ja dann wiederum richtig. Ich traue dieses Verständnis der Autorin durchaus zu. An die Redaktion, vielleicht kann dieser Satz noch etwas präzisiert werden?

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Ohjemine na klar. Da sieht man mal, wie die eigene Erfahrung das Lesen und Verstehen verzerrt. Kaum lese ich "Soja", "Regenwald" und "abholzen" in einem Satz da fängt schon die Empörung an.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Ebenfalls interessant: «Während Jahrhunderten haben die Bewohner von Fiesch für die Gletscherschmelze gebetet. Mit Erfolg: Der Aletschgletscher schmolz. In diesem Jahr bitten die Fiescher erstmals, der Gletscher möge anwachsen.» (TA, 27.07.2012)

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Die Verfassung Ecuadors ist meines Wissens die Einzige welche die "Natur" als juristische Person mit einklagbaren Rechten definiert. Die ecuadorianische Verfassung weist auch die Besonderheit auf, die klassischen Umweltrechte und die Rechte der Natur mit dem „buen vivir“ (sumak kawsay auf Quechua) zu verbinden. Das Konzept ist nicht neu, es basiert auf indigener Tradition und dem Respekt vor "Pachamama" der allgegenwärtigen Mutter Erde ohne die wir gar nicht existieren können. Vor wenigen Tagen wurde mit einem dementsprechenden Urteil die geplante Ausbeutung eines Schutzgebietes durch internationale Konzessioniäre verhindert. https://www.energiezukunft.eu/umwel…os-cedros/
Solche Verfassungsartikel fehlen in den Ländern der westlichen Welt. Ich begrüsse die Bemühungen der Künstler, Wissenschaftler und Philosophen auf diese Misere aufmerksam zu machen. Aber solange die Lobbyisten und Machtpolitiker die uns regieren, die Signale nicht hören wollen, bleibt wirklich nur noch weinerlicher "Climate Grief". Und wirtschaftsfreundliche Bauzonenpläne.

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Leserin
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So lassen sich authentische Gefühle von Millionen Menschen rationalisieren, zerreden, zerstäuben, sie ad acta legen, und so lässt die Entfremdung sich zementieren, wie den grössten Teil des Planeten. Eine Leserin wünschte sich an dieser Stelle dereinst Catherine Ingram oder Charles Eisenstein, bevor sie ihr Abonnement kündigte. Hat die Republik danach nur noch philosophierende Leser, deren ultimatives Ziel es ist, über dieses Thema cool reflektieren zu können? Und einen ge- oder abfälligen Kommentar abzugeben? Lässt sich Schmerz mit Pop-Musik beschreiben? Sind hier noch andere Menschen, auf die der Text befremdlich wirkt, wie abgehoben über den Dingen stehend? Nie zuvor spürte ich mit dieser Deutlichkeit, die physischem Schmerz gleicht, die Grenzen von Recherche und Journalismus auf meiner Haut. Warum ausgerechnet hier?

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Danke, sehe es sehr ähnlich. Und empfehle "Wut, Mut, Liebe" von Charles Eisenstein.
Auch Joanna Macy ist sehr lesenswert in diesem Zusammenhang, z.B. im Buch "Coming Back to Life" oder hier: https://www.yesmagazine.org/health-…ate-change

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Vielen Dank für die Empfehlungen.

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Auch bei mir hat der Text grosses Befremden ausgelöst. Einen Tag vorher las ich Catherine Ingram's Essay.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Als Kind der 80er/90er, das nach Tschernobyl und während des Ozonlochs nicht nach draussen durfte, das zuschaute wie die Rainbow Warrior versenkt worden ist und das mit WWF den Panda vor dem Aussterben bewahren wollte – und ja, auch Earth Song hörte und Free Willy schaute –, zeichnete ich in der Primarschule als Wettbewerbsbeitrag für eine Briefmarkenserie ein Bild, in dem man wie im Cover von Sophies Welt aus dem Fenster auf die Blue Marble blickte, auf der jedoch alles «überflutet, zugemüllt, ausgestorben und on fire» war. Wir wuchsen also schon mit einem Eco Grief und Climate Anxiety avant la lettre auf.

Zu Climate Anxiety, der Klima­angst gäbe es analog zum Welt­schmerz auch noch eine weitere historische Entsprechung, das spezifisch «Deutsch» zu sein scheint: German Angst.

Vielen Dank, Antje Stahl, für den historischen wie zeitgenössischen Abriss des Diskurses zum Komplex «Klima und Kunst», der mich in meine Kindheit zurück warf!

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Danke dafür, diesen doch nicht so neuen Schmerz und einige seiner Manifestationen ausgesprochen zu haben. Ich war auch dabei, als der Pizolgletscher im St. Gallischen mit eindrücklichen Ritual zu Grabe getragen wurde. Warum das?
Schon lange bin ich Teil der Bewegung um Joanna Macy, der Systemtheoretikerin, Religionswissenschaftlerin und Ökoaktivistin aus Berkeley. Ihr „Work that Reconnects“ hat mit den atomaren Gefahren zur Zeit des kalten Kriegs als Verzweiflungsarbeit begonnen, Menschen die Augen zu öffnen für systemischer Zusammenhänge und die Art und Weise, wie wir darin eingebettet sind. Sie lehrt, wie wir unseren Schmerz für die Welt würdigen, unsere Liebe zur Welt, unserem einzigen Zuhause, und zum Leben an sich neu entfachen. Durch ein Gefühl wechselseitiger Zusammengehörigkeit und einer neuen Sichtweise wird es möglich, zum Handeln zu kommen. In ihrem Buch „World as Lover, World as Self“ deckt sie die philosophischen und spirituellen Hintergründe auf und entwickelte daraus eine umfassende Praxis als Ermutigung zu einer spirituell-ökologischen Revolution, die im auf Deutsch übersetzten Buch „Für das Leben! Ohne Warum“ allgemeinverständlich dargelegt ist.

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Mitverleger
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Wenn ich den Artikel aus dem heutigen Newsletter heraus anklicke, erscheint immer 'Error 404'.

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Danke für den Hinweis, W. D.. Ich habe den Beitrag jetzt neu verlinkt. Nun funktioniert er – allerdings nur in der Online-Version des Newsletters. Woran der Missstand gelegen hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich gehe dem aber nach und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Gesang der Wale vs. Giftgrüner Teich

Timothy Morton behauptet in «All Art Is Ecological» ebenfalls, dass Kunst anders als die Naturwissenschaft mit ihren «zahlen- und kurven­reichen Grafiken von CO2-Emissionen» aufgrund der Emotionen, die sie auslöse, «Prozesse in Gang setzen» könne, «die dazu führen, dass wir bewusster mit Ressourcen, Pflanzen und Tieren umgehen» – und plädiert dafür, dass sie dies auch tun solle.

Da Morton auch mit Eliasson zusammenarbeitet, nähme mich nun auch wunder, wie Du, Antje Stahl, Evers Kunst gerade im Kontrast zu Eliassons Kunst beurteilst – auf Basis derselben Massstäbe:

  • Steht der Gesang der Wale, die Mammutbäume in The Shed oder Evers Residency wie Eliasson «eher in der Tradition der Land-Art-Herren» oder der «Greta-Generation»?

  • Was verhindert, dass Evers «Ziel, andere echte und ja: nachhaltige Fürsorge für alle Lebewesen in den Menschen zu wecken» nicht in Kitsch versinkt?

  • Vermindert es die Qualität von Evers Kunst, dass «diese traurige Einsicht nicht gerade neu» ist, wie Du bei Eliasson konstatiert hast?

  • Ist Evers Residency klimaneutral, gibt es eine Ökobilanz oder Ähnliches, wie es bei Eliassons Life bemängelt worden ist?

  • Verhindert, vermindert oder zumindest kritisiert Evers, dass «die Kunstproduktion ein globales Geschäft geworden ist, […] Kunstwerke und Kunst­menschen für Museums­ausstellungen, Biennalen oder Messen permanent um die Welt geflogen» werden?

  • Was unterscheidet Evers Eco Grief von Eliassons Forderung, dass «wir unsere Arroganz aufgeben. Dass wir akzeptieren, was die Biologin Lynn Margulis als ‹our true status as upright mammalian weeds› – ‹unseren wahren Status als aufgerichtetes Säugetier-Unkraut› – bezeichnet» aufgeben sollen?

  • Schafft Evers – im Gegensatz zu Eliassons – es die human-centric perspective zu überwinden?

Oder hätte man ikonoklastisch auch hier «einfach ein Schild im Ausstellungs­raum aufhängen können, das nach draussen zeigt»?

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Was ist mit dem Social Grief oder Political Grief, wenn Joe Manchin eigenhändig den 'Build Back Better Act' beerdigt, der neben dringenden Fortschritten betreffend Klimanotstand auch so vielen Menschen so viel Erleichterung im Leben gebracht hätte, und wenn er so den Grundstein legt zum erneuten Shellacking* der Demokraten in den Zwischenwahlen 2023?

* komplete Niederlage 2011 aufgrund von Obamacare.

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Ein Gefühl von Climate Grief scheint allgegenwärtig, auch wenn wohl die wenigsten ihre Stimmung auf mit diesem Begriffs­paar beschreiben würden.

Müsste es nicht "...ihre Stimmung auch mit diesem..." heissen?

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Vielen Dank für den Hinweis, M. S.. Die Stelle ist bereinigt. Ein schönes Wochendende!

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Meine Sorgen möchte ich haben.

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