Die Republik ist nur so stark wie ihre Community. Werden Sie ein Teil davon und lassen Sie uns miteinander reden. Kommen Sie jetzt an Bord!
So gefällt mir Wissenschaft und Forschung! Habe einiges gelernt, was mich fürs tägliche Mediengetöse wappnet. Die hinterlistigen Verschleierungstaktiken der konservativen Revolutionäre werden entlarvt. Ziemlich unbehelligt von Krieg, Niederlage und Anklage konnte das faschistische Gedankengut mit Hilfe der Doktorarbeit eines Schweizers bis heute in die täglichen politischen Diskussionen als Teil der Meinungsvielfalt einfliessen. Ziemlich heimtückisch! Danke für die Aufklärung.
Dieser spannende Beitrag zeigt Zusammenhänge auf, die mir so bis jetzt nicht oder nur teilweise bekannt waren.
In diesem Text wird deutlich gemacht, dass die sog. „konservative Revolution“ (was ja je nach Definition von „Revolution“ ein Widerspruch in sich ist; aber Widersprüche passen zu dieser Ideologie“) folgende Hauptcharakteristika aufweist:
das Ziel ist ein autoritäres konservatives Regime,
eine Abgrenzung zum Nationalsozialismus besteht kaum,
Rassismus ist zumindest implizit grundlegend,
Gleichheit und Brüderlichkeit sind verachtenswert und dekadent,
Freiheit gilt nur für die eigene Gruppe,
Moral und Wahrheit spielen keine Rolle,
Demokratie ist höchstens Mittel zum Zweck,
genauso sind Widersprüche und Lügen Mittel zum Zweck,
Wissenschaft ist „nicht primär Erkenntnisinstrument, sondern Machteroberungsstrategie“,
Emotionen sind zentral: „Nicht Parteiprogramme, sondern Sinnstiftung und Gemeinschaftsgefühl würden die Massen ansprechen.“
Weltweit wird dieses Programm nach Kräften vorangetrieben, und die Schweiz mischt da, wie seit je, an vorderster Front mit.
„Nicht Parteiprogramme, sondern Sinnstiftung und Gemeinschaftsgefühl würden die Massen ansprechen.“
Gilt übrigens genau so für die Linke, alle fortschrittlich, aufgeklärt Gesinnten; gelingt ihr/ihnen dies nicht, hat sie verloren.
Die entscheidende Frage ist hier, auf welchen Grundlagen Sinnstiftung und Gemeinschaftsgefühl basieren.
Mit Ihnen als Mitschüler im Gymi wäre selbst der langfädigste Geschichtsunterricht auf einige Karteikärtchen mit dem Wesentlichen verdampft: die Prüfung wäre völlig locker gewesen und ich hätte die ganzen Geschichtsstunden hindurch stressfrei aus dem Fenster träumen können.
Das Charakteristische im Denken dieser neuen rechten Weissen ist ihre komplette Empathielosigkeit: „Die Eroberungen Amerikas und Australiens waren gerechte Kriege, die die First Nations verloren haben; die als Sklaven deportierten Afrikaner sollen froh sein, in die grosse abendländische Kultur eingeführt worden zu sein; die Vernichtung der europäischen Juden, sofern sich das historisch überhaupt nachweisen lässt, haben diese selbst verschuldet, ebenso wie die Roma; und selbstverständlich haben sich Frauen den edlen Männern unterzuordnen“ etc. Eine von solchen Männern dominierte Welt: So stelle ich mir die Hölle vor.
Der Artikel zeichnet das Bild einer Bewegung von Männern, die krampfhaft versucht, Vergangenes und Träume von heldenhafter Grösse festzuhalten und sich dabei einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben versucht, ohne je in einen echten Dialog zu treten. Das erinnert an das, was vermutlich Männer vor Jahrtausenden am Göpekli Tepe getrieben haben: In Erinnerungen an vergangene Zeiten als Jäger von gefährlichen Tieren schwelgen, noch als diese Tiere schon längst verschwunden waren.
Solche rückwärtsgewandten Männer passen nicht mehr in eine Welt, in der sogar im Boden alles miteinander verwoben ist, unser Gasausstoss den Jetstream verlangsamt und rund um den Erdball Dörfer grillt oder wegspült, und Gehirne als plastisch und vernetzend beschrieben werden.
Stahlköpfe und Gewittermacher werden wohl allmählich von der Evolution aussortiert. Ich fürchte aber, dass sie noch eine breite Spur der Zerstörung hinterlassen, wenn wir sie nicht bald an der Hand nehmen, ihnen für ihr emotionales Gleichgewicht ein unschädliches Plasticgewehr in die Hand drücken und sie von den Hebeln der Macht weg begleiten.
Der schrecklichste Satz aus diesem lehrreichen Artikel ist meiner Meinung nach folgender:
Im neurechten Menschenbild sind die Menschen ungleich, und diese Ungleichheit muss erhalten bleiben.
Jetzt ist mir auch klar geworden was rechtsextrem von rechtskonservativ und von rechtsliberal unterscheidet: im ersten Fall ist diese Ungleichheit biologisch oder kulturell, im zweiten Fall gesellschaftlich und im dritten Fall rein finanziell. Stimmt das so in etwa?
Wieder einmal vielen Dank für diesen das Thema der «Neuen Rechten» in der geeigneten Dichte weit umfassenden Beitrag. Es zeigt ein weiteres Mal, dass das Denken, das ganz stark zu den totalitären Wahnideen, die letztendlich auch zum Zweiten Weltkrieg geführt haben, mitnichten durch die Niederlage des Faschismus in seinen vielen Facetten in Europa, v.a. natürlich in Deutschland, verschwunden sind. Es scheint nicht mal wirklich diskreditiert worden zu sein.
Sehr erhellend ist auch die skizzierte Diffusion dieser Denkungsart in die Sphären der wirklichen politischen Macht, wie sie beispielsweise offenbar beim CSU-Politiker Strauss festgestellt werden kann. Wir sind gut beraten, diese «Gespenster der Vergangenheit», die über längere Zeit in der Öffentlichkeit wenig bemerkt ihr Unwesen weiter treiben konnten und die seit nunmehr 20 bis 30 Jahren immer grösseren Einfluss zu gewinnen scheinen. Das totalitäre Denken von Links, das in den 1970er und 1980-Jahren so prominent war, wird also sichtbar abgelöst vom totalitären Denken von Rechts, dem wohl schwieriger beizukommen ist, da es sozusagen aus der «Mitte» unserer Gesellschaften kommt, wo es sich lange verstecken musste oder einfach zu wenig ernst genommen wurde. Als verantwortungsvolle Bürgerinnen und Bürger sind wir wohl dazu angehalten, genau hinzuhören, wer sich zu welchem Thema wie äussert und wer welche Themen wie in die Öffentlichkeit tragen will. Es ist diese Öffentlichkeit, dieser «politische Raum», den es zu bilden gilt, um die Möglichkeit der Transparenz und des diskursiven Austausches zu ermöglichen. Die Republik leistet ihren Beitrag hierzu!
Ist es Zufall, dass dieser Artikel gerade jetzt erscheint? Wenn nein, dann besten Dank für die subtilen Hinweise auf die historischen Hintergründe der Gedankengänge, die die aktuelle Zeit beschäftigt. Wobei keineswegs die "Freunde von.. " in die gleiche Ecke gestellt werden sollen - aber einige Parallelen fallen auf. Und machen Angst.
Wie könnte es gelingen, die Pandemie-Frustrierten und Freiheitliebenden von den zerstörerischen unterirdischen Lavaströmen zu trennen (Entschuldigung für diese sibyllinische Umschreibung)?
Welche Rolle können wir im Republik-Forum spielen, um die begründeten und vermeindlichen Vorbehalte in ein konsensgesteuertes Umfeld ohne Gewalt zu leiten?
Es könnte gelingen, wenn z.B. nicht weiter mit dem Vorwand Pandemie-Massnahmen alle kritischen Stimmen abgewürgt und in die rechte Ecke gestellt werden. Indem nicht freimütig und ohne Zwang Freiheiten eingeschränkt werden und Leute, die das nicht einfach mitmachen verunglimpft werden. Indem man akzeptiert, dass in der sog. Pandemie nicht alle Menschen in einen pseudo-Konsens gedrängt werden können weil sonst die Gefahr einer Diktatur droht.
„Konservative Revolution“ ist ja eine merkwürdige Verbindung. Was genau soll bewahrt werden? Und was zum Teufel hat eine Revolution mit Bewahren zu tun?
Vielen Dank für diese hervorragende Analyse von Cenk Akdoganbulut!
Wie schon erwähnt in den Kommentaren, erkannte Mohler: ".....Sinnstiftung und Gemeinschaftsgefühl würden die Massen ansprechen."
In der heutigen Zeit fehlt es sowohl an Sinnstiftung, als auch an Gemeinschaftsgefühl. Das dürfte einer der wichtigsten Gründe für den Zulauf in rechtsextremen und identitären Gruppierungen sein. Diese bieten zwar eine verheerende Version dieser beiden Begriffe an, was unglücklicherweise nicht erkannt wird. Eine grosse Gefahr.
Es stimmt schon. Der Mensch braucht einen Sinn im Leben und er braucht vor allem Konstanz und Gleichgesinnte, mit denen er Freud und Leid teilen kann.
In unserer schnelllebigen hyperindividualisierten Welt fallen Doktrien, die all das bieten, und seien sie noch unmenschlich, leider nur allzuoft auf sehr fruchtbaren Boden.
Faschismus ist dabei letztlich nichts anderes als Ultrakonservativismus. Das Bewahren eines selbst definierten Ideals von Gesellschaft und angeblicher Rassen und Strukturen, die angeblich so naturgegben zu seien hätten und das um jeden Preis.
Also eigentlich eine Widerstandsbewegung gegen das Prinzip, auf dem jegliches Leben basiert, den einzigen Konstanten im Universum, der Vielfalt und dem Wandel. Wie gut das gehen kann sollte klar sein.
Randnotiz: Der rechtskonservative Theoretiker Moeller van den Bruck stellte sich 1921 in seinem Vorwort zu Dostojewskis Dämonen in eine Reihe mit dem Schriftsteller und zitiert dessen Ausspruch, dass "wir Revolutionäre aus Konservatismus sind". Offenbar hatte es ihm Dostojewskis Mystik angetan. 1923 dann reichte Karl Radek (Mitglied des ZK der Bolschewiki, 1939 im Gulag ermordet) Moeller in einer Rede vor der Komintern die Hand. Er lobte dessen Texte und schlug vor, dass die deutschen Nationalisten gemeinsame Sache mit den russischen Arbeitern und Bauern machten, "um das das deutsche und russische Volk versklavende Joch des Kapitals der Entente abzuschütteln". Kurz zuvor war Leo Schlageter wegen Sabotage von der französischen Besatzungsmacht des Ruhrgebiets hingerichtet worden. Ohne das von Radek vorgeschlagene nationalbolschewistische Bündnis sei Schlageters Tod sinnlos.
Moeller wich dem Angebot aus. Er war zwar ebenfalls für eine Wirtschaftsdiktatur, aber nicht für eine des Proletariats, sondern eine der Unternehmer.
Entnommen aus: Fritz Stern, Kulturpessimismus als politische Gefahr
Republik AG
Sihlhallenstrasse 1
8004 Zürich
Schweiz