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Mein Name sei Gantenbein. Arendt wär auch nicht schlecht. Auch Frisch liesse ich mir gefallen. Oder natürlich Dürrenmatt. Jetzt ists nur Krupinski geworden, oder J., oder H., Meier, Müller, Gstöhl, Seibt, Kunz. Anyway. Nicht, wie man lebt, liebt, leidet, schreibt, träumt, sich sehnt, ist entscheidend, sondern dass. Da bin ich mit Constantin Seibt einig. Auch wenn ich das weisse Licht nicht kenne. Und auch nicht die blutige Nase des andern. Aber dass das, was ist, nur ein Vorwand sei für das, was sein könnte, das kenne ich.
Lieber Herr Seibt, ich habe als Lehrerin immer wieder mit dieser Diagnose zu tun und erschrecke, wenn ich sehe, dass sich Kinder mit ADHS mit dem verordneten Ritalin plötzlich nahtlos in die Gesellschaft einfügen. Ich sehe, dass es dann 'funktioniert', frage mich aber auch, zu welchem Preis... Es war eine Wohltat, Ihre humorvollen Berichte zu lesen. Sie lassen mich weiter daran glauben, dass es auch andere Wege geben muss, unseren Kindern zu helfen, ihren Platz zu finden. Danke für ihre Offenheit; davon sollte es viel mehr geben! Mit Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang mit unseren Schwächen können wir echte Hilfe leisten.
Liebe Frau Däniker
danke für die freundlichen Zeilen.
Was Medikamente betrifft, bin ich (siehe nächste Woche) zwar der Meinung, dass sich für viele der Preis lohnt. Weil bei Mangel an Chemie eine Antwort mit Chemie passt. Es gibt eine Menge Studien, Statistiken, Beispiele.
Aber das sagt wie immer nichts über den individuellen Fall aus.
Und Ihr Erschrecken vor dem Funktionieren ehrt Sie – für Sie als Lehrerin bedeutet aus der Reihe Tanzen ja eine Menge Arbeit.
Das war für mich immer ein Seiltanz. 3 meiner betroffenen Kinder mussten sich ohne Hilfe durch die Schule quälen. (Von mir und einer tollen Lehrerin abgesehen) Mein älterer Sohn hat dabei fast nichts vom Schulstoff lernen können. Bei seinem jüngeren Bruder kam dann die Diagnose und dann Ritalin dazu. Mit Ritalin konnte er den Schulstoff lernen. In der Freizeit jnd in den Ferien (zu Hause) konnte er ohne sein. Mehr als einmal hat eine Lehrperson gefunden, dass es doch auch ohne gehen würde. Dann musste er jeweils für ca. 3 Wochen ohne Ritalin zur Schule. Auch eine Lehrerin, die sein Verhalten gerne mitgetragen hätte, fand nach der Ritalin-Auszeit, dass es wichtiger sei, dass erden Stoff lernen könne, als dass sie ihre Abneigung gegen Ritalin durchsetze. Als Mutter wusste ich, dass ich meinem Sohn eine Droge gab, die süchtig macht. Ich hab mit dem Herzen versucht zu entscheiden. So wie ich einem schmerzenleidenden Menschen in seinem Sterben auch Drogen gegen Schmerzen geben würde. Ich weiss, dass es da andere Entscheidungen gibt. Doch ich konnte nur "meine" treffen!
Genau so war’s. Erstaunlich, wie sich Biographien ähneln können.
Nicht ganz so war es bei mir, aber ähnlich. Viel (alles was mir in die Finger kam) gelesen. In der Dorfbibliothek Zumikon, einmal oben links bei A angefangen und begonnen mich nach rechts zu lesen (typischerweise aber nicht mal mit dem A fertig geworden). Mit Erwachsenen geredet, lieber als mit Gleichaltrigen. Öfter das Opfer gewesen (zum Glück nicht in dem Masse wie Herr Seibt). Viel umgezogen, daher immer neue Kollegen, neuen Kontext. Keine dauerhaften Jugendfreunde/Feinde. Die ständige Sehnsucht danach (bis spät in meinem Leben) endlich herauszufinden was MEINE Bestimmung sei und frustriert darüber, dass ich alles was ich anfasse nach einigen Wochen/Monaten/Jahren langweilig finde und was neues machen MUSS um meinem Leben einen tieferen Sinn zu geben.
Unterdessen sehe ich diese Unstetigkeit als eine meiner grossen Stärken an und bin ein „Jack of all trades, master of none“ und kann das gewinnbringend einsetzen.
Die Erklärung, wie und für wen Herr Seibt schreibt ist grossartig, Danke dafür.
Bei A anfangen ist eine zweifelhafte Idee. Die Gebrüder Grimm fingen 1838 mit einem etymologischen Wörterbuch der Deutschen Sprache an. Der überlebende Bruder beendete noch den Buchstaben E und starb über seinem Artikel zum Wort "Frucht".
Fertig wurde das Wörterbuch erst 1961, nach 123 Jahren.
Sehr erfreulich, dass Sie die Systematik später aufgegeben haben!
Jep. Wahrscheinlich ist alles immernur einem selbst neu. Am coolsten hat das mal der Hund Snoopy in einem Peanuts-Comic in dem vielleicht kürzesten Roman der Literaturgeschichte ausgedrückt: "Er wurde geboren. Er lebte. Er starb."
Lustig! Vermutlich zitierte da Snoopy bzw. Charles M. Schulz den (weniger coolen) Heidegger, der zur - für ihn irrelevanten - Biographie von Aristoteles sagte: "Er wurde geboren, arbeitete und starb."
Bei ihrem Artikel bin ich schon beim Eingangszitat hängen geblieben, Herr Seibt. «Das Wort ist wirklicher als der Gegenstand, den es darstellt. Das Wort ist die Wirklichkeit.» Als Psychologe habe ich immer wieder erlebt dass Leute Erzählungen über sich erschaffen haben, die nicht kongruent sind mit dem was sie effektiv tun. C. G. Jung nannte dies die Persona. Damit können sie ihre Umwelt verführen, meist sehr erfolgreich. All die Zuhörer und Leser, die sich von dem Wort verführen lassen, die meinen, Wörter würden die Realität spiegeln, oder gar dass sie die Realität sind, lassen sich so verführen, es kommt blos darauf an wie kunstvoll die Wörter zu stimmigen Erzählungen gefügt werden.
Ich hoffe, dass Sie Herr Seibt sich dieses Sachverhaltes und der Verantwortung bewusst sind. Erzählungen erschaffen ist Zauberei, Hexerei. Und ja, Intellektuelle sind Wortgläubige.
Ja, klar.
Sprache hat immer diese Doppelnatur: Sie ist das genauste Kleid, das wir der Welt anlegen können – und gleichzeitig die Gegenwelt.
Die Frage ist, wie man sich ohne Verführung überhaupt führen kann. Und wo es geboten ist – und wo es eine grosse Sünde ist, an die eigene Propaganda zu glauben.
Aber dazu später in dieser Kolumne. Und laut Plan sollte mindestens eine Folge mit einem weiterem Philip K. Dick-Zitat beginnen: "Realität ist das, was nicht verschwindet wenn man aufhört daran zu glauben."
Lieber Constantin, es ist spannend Deine Innensicht zu lesen, als Mutter von mindestens 2 ADHS Kindern und einem Sohn, für den die Gerechtigkeit (fast) das Wichtigste war und die Welt wahrscheinlich genau so erlebt hat. Als Mutter die Aussensicht mitzuerleben, erforderte mindestens so viel Durchhaltewillen und das Herunterschlucken von Tränen, damit die Kinder ihren kreativen, ehrlichen und herausfordernden Weg gehen konnten. Dass der Weg nicht schnurgerade und doch der Richtige war, erklärte sich für Jedes der 4 Kinder erst viel später! Zum Glück gab ich dennoch nicht allzu viel auf die Meinung Anderer, vor allem anderer Mütter sondern auf die Meinung einiger, wirklich herausragender Lehrer und Mentoren meiner Kinder! 😉
4! Chapeau. Ich glaube, das braucht wirklich Durchhaltewillen!
Definitiv auch ohne ADHS: Kindheit und Jugend von aussen gesehen auf dem Lehnstuhl im elterlichen Wohnzimmer, aber eigentlich mit Biggles, Jack London, Hornblower, Dr Dolittle, den Turnachkindern und vor allem natürlich mit bzw. als Winnetou unterwegs.
(Heute: von aussen gesehen seriöse Kommunikationsverantwortliche mit regelmässig-pünktlichem Newsletterversand in zwei Sprachen, aber eigentlich eine Bündner Bergbäuerin im 17. Jahrhundert... oder doch eine reiche, aber reformierte Venezianerin um 1550?)
Capt'n Hornblower – Sie haben denselben fünfbändigen Seefahrtsschinken gelesen! In meinen Augen sind Sie schon deshalb für alle Aufgaben bestens qualifiziert.
Danke. Das finde ich ja auch. Wer sonst weiss, dass ein Schiff voller Reis jämmerlich zerbersten wird, wenn irgendwo Wasser in den Laderaum eindringt?
Nun, Anfang des Jahrhunderts gab es eine lange Kontroverse, wer eigentlich Shakespeares Werke geschrieben hat – man traute Shakespeare so viel Genie schlicht nicht zu. Die Kontroverse wurde durch – ich weiss nicht mehr ob Tucholsky, Chesterton oder Kraus – mit der Bemerkung beendet, dass "Shakespeare natürlich nicht seine seine Werke geschrieben hat, sondern ein anderer Mann gleichen Namens".
Zu diesem Kommentar (ohne Kommentar) eine kleine Passage aus einem Text H.H.:
"[…] aber die stärkste aller Verführungen ist die, dass man im Grunde ein ganz andrer sein möchte als man ist, dass man Vorbildern und Idealen folgt, die man nicht erreichen kann und auch gar nicht erreichen soll. Diese Verführung ist darum für höher veranlagte Menschen besonders stark und gefährlicher als die vulgären Gefahren des blossen Egoismus, weil sie den Anschein des Edlen und Moralischen hat. […] Und doch wünscht man sich immer wieder etwas, was einem nicht zusteht, und quält sich mit Forderungen an die eigene Natur, die ihr Gewalt antun. Es geht uns allen so. Aber zwischenein, in Stunden des inneren Wachseins, spüren wir, dass es keinen Weg aus uns heraus gibt, dass wir mit unsern eignen, ganz persönlichen Gaben und Mängeln hindurch müssen, und dann geschieht es wohl, zuweilen auch, dass wir ein Stückchen weiterkommen, dass uns etwas glückt, was wir vorher nicht konnten, und dass wir für einen Augenblick uns selber ohne Zweifel bejahen und zufrieden sein können."
leider lese ich - obwohl ich vor noch nicht langer zeit auch eine buchstabenverschlingerin war - nur noch wenig bis nicht.
solche geschichten jedoch liebe ich. davon hätte ich gerne mehr. viel viel mehr.
danke!
Danke! (Jetzt hat es sich endlich gelohnt, Journalist statt Schriftsteller zu werden.)
Mir geht es auch so! Bevor ich mein Studium der Germanistik begann, verschlang ich Bibliotheken an Büchern (meine Mutter als Lehrerin hatte nämlich Zugang zu sämtlichen Schulhausbibliotheken...). Dann wurde das Lesen zum "Müssen". Mittlerweile habe ich das Konzentrieren auf den Buchstabendschungel verlernt... Und trauere meinem Leseeifer von damals nach. Und nehme mir vor, in Zukunft nicht nur Republik-Artikel zu lesen, sondern vielleicht auch mal wieder in ein Buch zu schauen...
ausbreiten von psycheaspekten, innensichten, unbenannte und überraschende facetten des menschlichen daseins, mit jetztbezug, intensiv, hart, zart, unbedingt humorvoll, in der tiefe gründelndes rausgestülpt, schonungslos und provokativ, steil abgefallen, mit viel kreativer lösung, wissenschaft mit dabei, und subjektive erkenntnisse auch: sekundeneinlass in die blackbox mensch ...
öppe ä so.
und danke für die info betreffend seibts kolummne.
Lieber Constantin, eine sehr bewegende Serie, die ich hier lesen durfte. Vielen Dank dafür. Ist es heute noch möglich, Dank zu empfinden und zu sagen? War es dies früher? Früher, ich glaube so Ähnliches erlebt zu haben, dass ich mich frage, ob ich ADHS gehabt haben könnte, oder mir wünsche, solches zu haben, um mit diesem Titel eigene Auserkorenheit und Wunde zu schmücken...
Danke für die Blumen. Wobei Sie, falls Sie mich fragen, nicht unbedingt ein Vierbuchstaben-Wort als Label brauchen. Es ist Ihr Leben, das genügt. (Ausser natürlich, Sie wollen eine Kolumne darüber schreiben.)
Ich brauche Hilfe:
„Das Wort ist die Wirklichkeit.“ ist Teil des Eingangszitats von Folge 3.
Ich bin intellektuell zu wenig beschlagen, um das Eingangszitat zu verstehen. Bitte: Was bedeutet hier Das WORT? Logos, Begriff, Theorie, Bezeichnung, Bezeichnendes, Zeichen, Metapher, Pars pro toto, gedankliche Blaupause ...
Das gleiche Problem hatte ich schon bei einem längeren jüdisch-christlichen Text mit „Am Anfang war das Wort.“
Words, words, words.
Das Wort „Wort“.
Was bedeutet das hier?
Ich kleide meinen vorauseilenden Dank in Worte.
Also wirklich Herr Brogli
Sie sind intellektuell, bei allem Respekt, nicht zu wenig beschlagen. Au contraire!
Aber zu Ihrer Frage:
a) bei Philipp K. Dick: Bezeichnendes oder noch besser: gedankliche Blaupause.
b) bei der Bibel: Hier würde ich Dr.Walter Benjamin zu Rat ziehen. Dieser unterschied zwischen:
1 – dem göttlichen Wort, das durch sein Aussprechen den Gegenstand erschafft
2 – dem adamitischen Wort, wo Wort und Gegenstand noch eins sind
3 - dem menschlichen Wort, wo kein Zusammenhang mehr besteht
Kurz: Im obigen Fall handelt es sich um Variante 1.
Immer mit Halbwissen en Gros und en Detail zu Ihren Diensten!
Herr Seibt, ich danke Ihnen für Ihre Antwort.
Hatte für Teil zwei bisher keine Zeit, auch nicht fürs Kommentarlesen - die andern beiden Teile, kann mir nicht helfen, tönt alles völlig normal für mich.
Die vier Buchstaben adhs könnten Sie genau so gut weglassen!
Apropos: Welche seriöse Psychiaterin, welcher seriöse Psychologe (im Berufssinn) erstellt eine Diagnose über das Ausfüllen eines Fragebogen?!? Das machen die Esos und - bevor sie sich in die Esoterikwelle hinein ausbreiten konnten - die Sciontologos; nicht aber ...
Anyway. Vielleicht war jener Teil ja einfach Wort im Sinn No. 3 (bis dorthin hab ich die Diskussion überfolgen). Oder eben Fiktion.
Ansonsten spannend zu lesen. Für mich gerade weil vollkommen normal.
So hoffe ich, dass Sie sich wieder lösen können, sehr geehrter Herr Seibt, von der Idee, von nun an gegen alle Wahrscheinlichkeit leben zu müssen!
Bin gespannt wie weiter.
Guten Tag Frau Goanna, eine Adhs-Abklärung umfasst weit mehr als nur ein Fragebogen. Sie beinhaltet auch einen IQ-Test, Tests um die Reaktionszeit und Konzentrations - (Durchhalte) - Vermögen zu ermitteln, ausführliche Interviews, Fragebogen die Nahestehende ausfüllen müssen und schliesslich, ein QEEG, dabei wird die Hirnaktivität (in Hertz) gemessen. Ich bin zuversichtlich Ihnen zur Genüge dargelegt zu haben, dass diese Abklärung nichts Esoterische an sich hat. MIT feundlichen Grüssen!
Danke für die Info. Habe das im Artikel nicht so gelesen, aber dann ist ja gut. -
Ich lese erst seit kurzem als Mitglied in der Republik. Und erst seit gestern diese Kolumne, die ich aber in einem Rutsch/Rausch durchglesen habe. Ich bin euphorisiert! Und danke für die tollen Anregungen! Hier in, Folge 3, hat mich der "Aussenseiter" Gedanke besonders beschäftigt. Das ist schon ein mieser Mechanismus. Der wohl leider auch kollektiv als Massenmechanismus funktioniert? Weiß nicht. Denke ich heute drüber nach. Und in zwei Stunden bin ich dann vielleicht auch beim Kühlschrank angekommen!
Lesen, um einen Platz in der Welt zu finden... oh ja. Was für eine unbeschreibliche Wonne!
In dem Fall bin ich gespannt auf die nächste Ausgabe. Danke für die Antwort!
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