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"Als Mann wurde man zurechtgewiesen und aufgefordert, ein paar Gewohnheiten zu überdenken (gut), oft aber auch pauschal abgewertet und als Mängelwesen diffamiert, das hoffentlich bald vom Prostatakrebs dahingerafft wird (nicht so gut)."
Seit Jahrtausenden ergeht es Frauen nicht anders, als dass sie pauschal abgewertet und als Mängelwesen diffamiert wurden und werden.
Abgewertet, dass sie nicht in der Lage sind, rational zu denken und damit einhergehend wurden ihnen Fähigkeiten abgesprochen für Beruf, Politik, Bildung etc. und insbesondere zu einer selbstbestimmten Lebensführung. Noch bis Ende 1980 war in der Schweiz der Mann das gesetzliche Oberhaupt der Familie. Die einzigen Aufgaben im Leben von Frauen waren, einen Versorger zu heiraten und den Familienstamm mit vorzugsweise männlichen Erben aufrechtzuerhalten.
Eva aus der Rippe Adams. Das Mängelwesen per se. Der Mann als Norm. Der Mann ist der Mensch. Die Frau eine Abweichung davon.
Im gleichen Atemzug jedoch wurden auch Stereotypen für Männer geschaffen. Sie haben stark, erfolgreich und durchsetzungsfähig zu sein. Bitte keine Emotionen zeigen. Schmerzen, Leid, Verlust und Schwächen sind hysterische Angelegenheiten von Frauen. Männer leben statistisch betrachtet weniger lang als Frauen. Sie begehen öfter Selbstmord und leiden öfter an Suchterkrankungen. Weil sie sich u.A. schlechter ernähren (richtige Männer essen Fleisch und kein Tierfutter=Grünzeug) und nicht für Ihre Gesundheit sorgen (weil eben keine Schmerzen) und mehr trinken (statt über Leid, Verlust etc. zu reden) etc.
Erst, wenn wir begreifen, dass das patriarchale System beiden Geschlechtern geschlechtsspezifische Denk-, Gefühls- und Verhaltensweisen aufzwängt, die sie unfrei machen und ihrer Einzigartigkeit als Wesen, ihrem Charakter und ihren Fähigkeiten und Vorlieben grosses Unrecht antun, werden wir in der Lage sein, geschlechtsspezifische Stereotypen zu überwinden.
Starke Männer brauchen schwache Frauen und umgekehrt. Das patriarchale System wurde und wird ebenso von Frauen aufrechterhalten. Freiheit und Selbstbestimmung bedingen immer auch Verantwortung. Und manchmal ist es eben auch einfacher, die Verantwortung jemand anderem abzugeben. Insbesondere die finanzielle Verantwortung für die Familie wird an Männer delegiert und damit lastet auch ungeheurer Druck auf ihnen. Die Erziehung von Kindern, die natürlich "perfekt" sein muss, lastet auf den Schultern von Frauen. Die Frau, die sich für die Familie aufopfert. Darum steht ihr die Rolle als Opfer auch gut.
Nun wird es nicht einfacher, wenn dann noch andere Sexualitäten und Geschlechter auf die Bildfläche treten. Sie stellen die heteronormative Ordnung in Frage. Die geschlechtsspezifischen Denk-, Gefühls- und Verhaltensweisen sind nicht nur Zwang, sie geben auch vermeintliche Sicherheit vor, wie Mann/Frau sich verhalten soll, was "richtig" ist und was Mann und Frau als Belohnung (Verfügbarkeit Frau resp. Ernährer) für ihr "richtiges" Verhalten erwarten können. Dies gibt eine Orientierung vor. Und da kommt dann einfach dieser Schwule daher und meint, er dürfe offensiv pink tragen und die Lesbe tritt im Fernsehen auf und das ungeschminkt und mit kurzgeschorenen Haaren (sorry für die Cliches, sie dienen der Veranschaulichung). Plötzlich sagt eine Frau auf der Arbeit, sie sei ein Mann und der Nachbar wird zur Nachbarin. Das sprengt den Rahmen und stellt die eigenen Werte, die gleichsam Teil der Identität sind, stark in Frage. Die Werte, die zur Identität wurden, sind so tief in uns allen verwurzelt, ohne dass wir es uns bewusst sind, und dieses in Frage stellen ruft logischerweise Irritationen, auch starke Ablehnung und Widerstand hervor.
Denn Männer sind auch nicht alle stark, erfolgreich und durchsetzungsfähig. Wenn sie die "typischen Männerqualitäten" nicht vorweisen können, werden sie abgehängt, bleiben alleine und fühlen sich betrogen, weil sie die patriarchale Dividende (stete Verfügbarkeit von Frauen) nicht bekommen. Die Ursache des Übels ist klar: Der Feminismus. Er bringt die Frauen dazu, sich gegen den männlichen Anspruch aufzulehnen. Und dann "wehrt" sich der "abgehängte Loser" in Blogs, auf Twitter etc. mit Hassreden und notfalls auch mit Gewalt. Auch er ein Opfer. Diesmal des überbordenden Feminismus. Auch er ein Betrogener, der nicht um seiner selbst geliebt wird.
Frauen sind keine Minderheit. Sie stellen die Hälfte der Weltbevölkerung dar. Es sind Frauen, die vorwiegend Kinder erziehen und ihnen das patriarchale System ebenso (nebst Schule, Vereine, Kultur etc.) beibringen. Es sind auch Frauen, die Frauen ausgrenzen, wenn sie sich abweichend Verhalten (häsch gseh, die gaht 80% go schaffe, für was hett sie denn Chind?).
Es ist wichtig zu begreifen, dass wir alle nicht nur Opfer, sonder gleichzeitig auch Täter*innen sind, dass wir alle dieses System reproduzieren und dies nicht aus böser Absicht, sondern weil wir damit aufgewachsen sind. Erst die Leugnung und Ignoranz der geschlechtsspezifischen Denk-, Gefühls- und Verhaltensweisen bringen einen grossen blinden Fleck hervor, und wir bleiben weiterhin Täter*innen. Erst wenn wir ohne Scham, Abwertung etc. einfach sagen können "Natürlich bin auch ich sexistisch", wird der Weg frei zur Selbstreflexion und Veränderung. Und die Frage ist, was, wie, wo kann ich beitragen, um mich zu verändern? Was, wie und wo kann ich meine Mitmenschen dafür sensibilisieren und ihnen beistehen, dass sie sich selbst von diesen geschlechtsspezifischen Denk-, Gefühls- und Verhaltensweisen befreien können, wenn sie dafür bereit sind?
Hierbei ist die cancel-culture wenig hilfreich. Wenn Menschen zugeben dürften, sich geirrt zu haben, ohne öffentlich niedergemacht zu werden, ist der Weg frei für Veränderungen. Damit soll nicht Toleranz gegenüber Intoleranz akzeptiert werden. Intoleranz soll benannt werden, aber die Frage ist wie. Veränderungen können nur gelingen, wenn in der Sache gestritten werden darf, ohne den Menschen zu diffamieren. Und hier sehe ich hüben wie drüben das gleiche Muster.
Die konservative Seite beharrt auf den Unterschieden der Geschlechter und diffamiert jegliche Abweichungen davon bis hin zu Ausgrenzung und teilweise Gewaltlegitimierung. Ich erkläre mir das so, weil diese Werte eben "Sicherheit" vermitteln. Weil sie zur Identifikation beitragen, weil sie Identität stiften. Wenn diese Sicherheit und Identität in Frage gestellt wird, dann macht das Angst. Und Angst war schon immer ein schlechter Ratgeber.
Die "menschenfreundliche" Linke demgegenüber erhebt sich zum Moralapostel, und weil sie auf der "richtigen" Seite der Geschichte steht, darf sie die "falsche" Seite beschimpfen, abwerten und ihnen ebenso jegliche Daseinsberechtigung absprechen.
Es gilt zu verstehen, dass die Emanzipation der Menschheit aus diesem System nur gelingen kann, wenn das Bedürfnis der einen nach Sicherheit nicht gegen das Bedürfnis der anderen nach Freiheit ausgespielt wird, sondern diese Bedürfnisse anerkannt und gehört werden.
Und dies hier sind nur kleine Ausschnitte (teilweise vereinfacht, eigentlich ist alles noch viel komplexer) der gegenseitigen Wechselwirkungen der Geschlechtsstereotype mit einem kleinen Ausflug zu den politischen Ausrichtungen. Die Wechselwirkungen gehen noch weiter, denn wo Sexismus ist, sind auch Homophobie und Rassismus sowie Klassismus nicht weit entfernt.
Ich bin sexistisch, homophob, rassistisch und klassistisch. Natürlich bin ich das. Ich bin damit aufgewachsen und gebe mein Bestes, das zu ändern. Ich nehme Rücksicht und überdenke meine Privilegien und blinden Flecken, so gut ich das kann. Es gelingt mir nicht immer. Und dann bleibt mir nur, mich aufrichtig zu entschuldigen und es beim nächsten Mal besser zu machen. Ich bin fehlbar, weil menschlich. Ich irre, weil menschlich. Ich bin dankbar, wenn Menschen mich auf etwas aufmerksam machen, aber ich weise Angriffe auf meine Person zurück. Ich bin nicht absichtlich Täter*in. Ich weiss es manchmal einfach nicht. Und verstehe es manchmal einfach auch nicht. Ich habe nur meine Perspektive, nur mein biografiebedingtes Menschen- und Weltbild. Demzufolge kann ich die anderen Perspektiven und Bedürfnisse nur dann verstehen, wenn wir im Dialog sind und sich das Gegenüber nicht zum "besseren" Menschen erklärt und mich als Person diffamiert. Anerkennen wir, dass wir alle auf die eine oder andere Weise am System leiden und "unfrei gehalten werden" und helfen einander zu mehr Verständnis und Horizonterweiterung.
Ich bin sexistisch, homophob, rassistisch und klassistisch. Natürlich bin ich das. Ich bin damit aufgewachsen und gebe mein Bestes, das zu ändern. Ich nehme Rücksicht und überdenke meine Privilegien und blinden Flecken, so gut ich das kann. Es gelingt mir nicht immer. Und dann bleibt mir nur, mich aufrichtig zu entschuldigen und es beim nächsten Mal besser zu machen.<
Danke danke danke. Soviel Ehrlichkeit tut enorm gut. Auch ich bin sexistisch, homophob, rassistisch und klassistisch. Mein letztes Aha-Erlebnis: schaue wiedermal ein uraltes Donaldduck-Buch an. Da wird mit einem Lächeln und einem Trick ein ganzer Stamm von PoC aus Westafrika ausgelöscht. Dagobert & Co schwimmen im Geld und gehören zu den Erfolgreichen. Es sind zwar nur Enten, aber männliche Enten (Daisy & Co haben immer nur Nebenrollen). Die einzige Frau mit Macht ist bezeichnenderweise eine Hexe (Gundel Gaukelei), und auch die verliert am Ende jedes Game. Tja, und das haben wir uns als Kinder immer wieder reingezogen…
Da heisst es immer, Männer sollten lernen über ihre Gefühle zu reden. Nun versucht dies hier der Autor, ist ganz ehrlich und gibt auch peinliche Verfehlungen zu. Was ist das Resultat? Es wird ihm in vielen Kommentaren vorgeworfen, nicht reflektiert genug, peinlich oder sonstwie nicht „richtig“ zu sein. Ich finde dies beschämend. Der Autor hat keinen wissenschaftlichen Artikel über die Ziele der Gleichberechtigung und den Weg dahin geschrieben, sondern seine persönliche Auseinandersetzung damit. Hierfür gebührt ihm Respekt und keinen Moralfinger von oben herab, der auf all die Dinge zeigt, die er in seiner Persönlichkeit noch optimieren könnte. Niemand von uns ist moralisch perfekt. Wir alle bemühen uns, so auch der Autor, und damit sind wir auf dem richtigen Weg. Unterstützen wir uns lieber gegenseitig als uns über die „Mängel“ der andern zu empören und uns dabei selber wohlig überlegen zu fühlen.
Danke, dass es jemand sagt. Ich fand den Kommentar von Anonym 1 sehr gut. Es sind genau meine Gedanken. Wegen den anderen Kommentaren, die Vorwürfe beinhalten, sage ich bei diesen Diskussionen meistens einfach nichts. Man kommt sich vor als ob einem gesagt wird, was wir zu denken haben. Ich kann meine Meinung nur ändern, wenn mir mein Irrtum erklärt wird und nicht auf Anweisung.
Wäre der Hörr T. H. 1 «normaler Mann», könnte man ihm so einen Text nachsehen. Aber der Hörr T. H. ist 1 Mann, der uns über Jahre die Welt erklären durfte. Da erwarte ich mehr Differenziertheit.
Es geht hier nicht darum, sich überlegen zu fühlen, Frau W.: Es ginge darum, dass sich Menners wie der Hörr T. H. durchaus etwas mehr Mühe geben könnten. Und dass Frauen wie Sie, Frau W., weniger schnell applaudieren, wenn sich 1 Tobias mal knapp aus dem Sessel hebt.
Ich applaudiere überhaupt nicht, sondern verurteile solch überhebliche Kritik, wie sie von Ihnen kommt. Ausserdem ist mir ein Rätsel, warum ein Journalist kein „normaler Mann“ sein sollte. Gibt es da Kriterien, was man als Mann erfüllen muss, um als „normal“ zu gelten?
Wer Gendersternchen als symbolisch bezeichnet unterschätzt die Bedeutung der Sprache grundlegend. Diese sollte insbesondere vom Schreiben lebenden Menschen bewusst sein.
Ich hatte was zwischen den Beinen, sie nicht, das wars.
Zuerst dachte ich, der Satz sei eine bewusst provozierende Aussage, auf die später noch einmal eingegangen würde, wie um zu zeigen, dass das die frühere Ansicht des Autoren ist, der dann aber dazugelernt hat. Die Idee, dass Männer ein Geschlechtsteil hätten und Frauen irgendwie keines, als wäre Vulva und Vagina und alles einfach die Nichtexistenz eines Geschlechtsteils, ist irgendwie amüsant und traurig zugleich.
Und vielleicht erklärt das auch das vergessen, dass Frauen monatlich mit Blut konfrontiert werden ;)
Ich bin für gleiche Rechte, Pflichten, Bezahlung, aber gegen Sternchen in Texten, weil ich finde, dass wir lieber die reale Position von Menschen verbessern sollten als die symbolische.
Die Idee, dass Sprache nur Symbolisch ist, und nicht real, ist sehr erheiternd zu sehen, in einem realen Artikel, der auf realer Sprache basiert.
Ich finde schön, wie sich der Autor Gedanken macht und sich für die Nachdenkliche Route entschieden hat. Und ich finde es braucht mehr (reflektierte) Ansichten von Männern in der Debatte. Aber es wird im Artikel irgendwie klar, dass vieles noch im Prozess ist und noch nicht alles so reflektiert ist, wie es sein könnte, und wie ich es von einem Republikbeitrag auch erwartet hätte. Wie er selbst schreibt, steht er irgendwo in der Mitte, zwischen dem konservativen und dem progressiven Lager. Ich hoffe einfach, dass der Autor noch ein wenig weiter auf der nachdenklichen Route geht.
Da kann ich nicht mitfühlen. Ich habe mich als Mann nie ins Abseits gedrängt gefühlt. Im Gegenteil, ich bin mir meiner Privilegien bewusst und versuche, diese zu Gunsten der gesamten Gesellschaft einzusetzen. Und wurde hierfür noch nie von einer Frau kritisiert.
Ich habe Mühe damit, wenn sich nun auch Männer in eine Opferrolle zwängen wollen. Denn das sind wir nicht. Früher nicht, heute nicht, morgen nicht. Wir bluten nicht, wir gebären nicht, wir haben keine Wechseljahre.
Die feministische Bewegung bringt uns Privilegien wie den Vaterschaftsurlaub bzw. die Elternzeit. Ich bin all den engagierten Frauen* dankbar, dass sie sich auch für uns einsetzen.
Bzgl Aktivismus wünsche ich mir weniger "Mann vs Frau" und mehr "gegeneinander vs miteinander". Das Problem einer patriarchalischen Gesellschaft ist, dass sie auf Gewinner und Verlierer basiert. Die Verlierer sind zwar häufig Frauen; dazu gehören aber auch die Introvertierten, weniger Verdienenden, weniger fitten, Eingewanderten, untraditionnell Verliebten, usw. Die Alternative ist eine auf "win-win" ausgerichtete, kollaborativere Gesellschaft, deren Motto "the whole is greater than the sum of its parts" ist statt "survival of the fittest".
Frauenförderung ist nur Symptombekämpfung. Stattdessen muss man kollaboratives Verhalten fördern statt kompetitives. Also zum Beispiel:
Teilzeit-Karrieren statt "Burnout-Karrieren" (Teilzeit-Papis sind auch für die Karrieren ihrer Partnerinnen gut),
lösungsorientierte Politik (solange Parteitreue vor Brückenbauen belohnt wird, werden weiterhin vorwiegend Alphatiere kandidieren)
Horizontale Organisationsformen (solange Ehepaare es nicht hinkriegen, den täglichen Einkauf effizient gemeinsam zu verwalten, wird es die traditionelle Rollentrennung geben - und im Job Cheffe und Sekretärinnen)
Interdisziplinäre Ausbildung (Solange wir Fachexperten produzieren, die in ihrer Bubble mit ihrem Jargon von Andersdenkenden verschont bleiben, werden es Männer in Kitas und Frauen auf dem Bau weiterhin nicht leicht haben).
Sexuelle Gewalt soll häufig aus Bedürfnis nach Macht entstehen. Frauen auf die Kosten von Männern zu fördern ist also eine gefährliche Startegie, da die Herren ja besonders viel zu verlieren haben. Von einer kollaborativeren Gesellschaft profitieren aber alle.
Ich fand die Geschichte am Ende mit den Blut ganz hübsch und erhellend. Nur: warum vergeht der Autor dann vor Scham, wenn eine Leserin versucht, seinen Blickwinkel zu erweitern? Es könnte doch auch für ihn eine Befreiung und keine Beschämung sein. Vielleicht ist dies das Hauptproblem der Jungs: das sie den Anspruch haben, allwissend zu sein.
Ein solcher Text in der Republik? Rebosura legt genau dar, was zu bemängeln ist. Geht es der Republik um die Erschliessung neuer Käufer-, Pardon, Verlegersegmente? Der Text ist peinlich!
Was ist daran peinlich, wenn ein, sagen wir mal „Durschnittsmann“ seine Gefühle und Denken in Bezug auf sich als „weissen Mann“ offenlegt? Wir müssen nicht mit allem einverstanden sein, aber anerkennen, dass es ihm und damit wohl auch ganz vielen andern Männern so geht. Wenn wir an der aktuellen gesellschaftlichen Situation etwas ändern wollen, müssen wir wissen, wie diese „Ist-Situation“ aussieht und wie ein Teil der männlichen Gesellschaft tickt. Auch wenn wir uns wünschen würden, dass die Gesellschaft als Ganzes in Bezug zur Gleichstellung schon weiter wäre, können wir doch nicht einfach negieren, wo wir vielleicht viele Mitmenschen abgehängt haben. Es nutzt nichts, wenn Feministinnen mit wehenden Fahen vorauseilen und im Ziel merken, dass der Grossteil der Gesellschaft erst knapp über den Start hinaus gekommen ist. Es ist ein Weg, den wir als Gesellschaft gemeinsam gehen müssen, soll er nicht zu einer Spaltung führen. Das bedeutet auch, dass einiges manchmal mehr Zeit braucht als erhofft. Gesellschaftliche Veränderungen brauchen mehrere Generationen um umfassend akzeptiert zu werden.
Guten Tag Frau D.
Persönlich finde ich ungefähr zwei Drittel davon, was H. in den vergangenen Wochen zu Männlichkeit geschrieben hat, ziemlichen Humbug.
Wieso?
Weil er ein Bild hat von Männlichkeit, das ich in vielen Punkten nicht teile. Vor drei Jahren habe ich selbst einen Text zu diesen Fragen geschrieben, der in eine andere Richtung geht.
Wieso ist es trotzdem wichtig, dass ein solcher Beitrag in der Republik Platz findet?
Als vor drei Jahren der zuvor erwähnten Text erschienen ist, schickten mir dutzende Männer E-Mails, in denen sie über ihre Verunsicherungen, Ängste und Sorgen berichteten. Ja, das ist oft sehr mühsames Mimimimi.... Aber es bringt nichts, dieses Mimimimi... unsichtbar zu machen. Bisher wurden die Debatten von Männern über Männlichkeit oft sehr einseitig und polarisiert geführt. Es trafen selbsterklärte «Feministen» auf durchgeknallte Jordan-Peterson-Anhänger. Und das war es. Produktiv ist das nicht. H. finde ich deshalb spannend, weil er eine Position dazwischen einnimmt, dabei m.E. auch ziemlich viel Unsinn erzählt, aber (vergleichsweise) erstaunlich reflektiert bleibt. Daran können wir uns jetzt reiben. So entstehen breite Debatten, die nicht nur in den Nischen geführt werden, wie es bei Fragen rund um Männlichkeit oft der Fall ist. Und diese breiten Debatten sind wichtig.
Freundlicher Gruss, Elia Blülle
Der Artikel wirkt auf mich befremdlich.
Aber irgendwann müssen wir auch wieder miteinander sprechen, statt übereinander.
Gerne, aber …. Bei allem Respekt für die persönlichen Äusserungen, der Autor ist auch Literaturwissenschaftler.
Warum beschreibt er nicht seine eigenen Vorstellungen von heute lebbarer Männlichkeit, entwirft aufgrund seiner Einsicht neue Rollenbilder? Und lebt sie? Solche Männer können in einen Dialog treten und die Gesellschaft mitgestalten.
Seinen persönlichen Prozess auf diese Art zu beschreiben, hat bei mir eine Mischung aus Wut, Mitleid und Erstaunen ausgelöst.
Und folgende Aussage:
Als Mann hat man heute drei Möglichkeiten: Man kann resignieren, aggressiv oder nachdenklich werden.
Ich bezweifle, dass es heute für einen Mann (Jg.75!) nur diese drei genannten Möglichkeiten gibt.
Ich weiss nicht was die ersten beiden Möglichkeiten sollen, ich finde nachdenken die einzig sinnvolle Alternative. Zum Beispiel wie Männer selbst von einem gerechten und gleichberechtigten Miteinander profitieren könnten. Ich bin überzeugt, das auch Männer letztendlich nur gewinnen können.
Aber die Herren sind zu sehr mit jammern beschäftigt.
«Seine eigenen Vorstellungen von heute lebbarer Männlichkeit» beschrieb H. in «Männlichkeit in Zeiten des Krieges. Zu weich für die neue Wirklichkeit» (Spiegel, 25.3.2022)
Der deutsche Großstadtmann kann kochen, trägt gepunktete Socken und hat sich von der Streitkultur seiner Väter verabschiedet. Ihm fehlt die nötige Härte für eine Welt, in der sich nicht jedes Problem wegdiskutieren lässt.
Als Mann ahnt man, was er meint: dass es Momente gibt, in denen man gern weniger Kultur und mehr Natur wäre, weniger domestiziert, dafür instinktiver, ursprünglicher. Weniger Joko Winterscheidt, mehr Zlatan Ibrahimović, der während der Pandemie öffentlich prahlte: »Covid hat den Mut gehabt, mich herauszufordern. Schlechte Idee.«
Männlichkeit ist toxisch, bis dein Land verteidigt werden muss. Im Moment bejubeln Männer, die es sich lange in einer Bullerbü-Welt samt Grünstreifen gemütlich gemacht hatten, die Tapferkeit der Ukrainerinnen und Ukrainer. Eben noch haben sie Donald Trump verflucht, als der Deutschland aufforderte, dem Zweiprozentziel nachzukommen, nun fordern sie lautstark mehr Waffen für die Ukraine.
Das macht einem tatsächlich nachdenklich: Sieht so Nachdenklichkeit aus?
Wie der «aggressive» Feminismus schuld sein soll am «gekränkten Mann», soll nun ausgerechnet Putins Überfall auf die Ukraine der richtige Anlass sein für den «neuen harten Mann»? Wie passt das zum heutigen Essay? Und wollen wir wirklich dahin?
Weiterführendes:
"Um Verzeihung bitten, aber nicht um jeden Preis."
Diese Überschrift macht für mich deutlich, was mich an dem Text stört. Ich denke, wenn man um Verzeihung bitten möchte, kann man kein aber anhängen. Das ist wie wenn ich es nicht wirklich ernst meinen würde. Und aus feministischer Sicht ist das eben genau das, was Frauen sich wünschen würden. Einfach mal ein "es tut mir leid". Punkt. Danach kann ein differenziertes Gespräch über unsere gesellschaftlichen Themen beginnen. Wer das nicht versteht, dreht sich im Kreis.
Es waren vor allem zwei Begegnungen, die mich zum Nachdenken brachten, beide liegen ungefähr zehn Jahre zurück.
Also 2012? Mit Jahrgang 1976? Das heisst, bis 36 lebte er unter einem patriarchalen Stein? – Ah, blissful ignorance! Selig sind die Unwissenden!
Nach Jahrzehnten der Ignoranz entdeckt ein mittelalterlicher Journalist seinen Sexismus.
heisst es denn auch in der Einleitung. Das nennt man(n) wohl nicht mehr Ausruhen, sondern Surfen auf seinen Privilegien.
Die Gesellschaft war männerzentriert, unfair, eindimensional – und ich habs nicht gemerkt, aber viele andere eben auch nicht, übrigens auch jede Menge Frauen. Und deswegen fühlen sich diese Jahre im Rückblick so herrlich unkompliziert an: Ich hockte auf der Sonnenseite des Lebens, und irgendwo nörgelte Alice Schwarzer vor sich hin, aber ich hörte sie nicht, sie war zu weit weg.
Wenn seine Jugend und jungen Erwachsenenjahre in den 70er stattgefunden hätte, dann könnte ich das ja noch nachvollziehen – aber in den 80er-, 90er-, ja 00er-Jahren? Da gab es wohl mehr als nur Alice Schwarzer, die «irgendwo nörgelte». Und auch «jede Menge Frauen», die's tatsächlich gemerkt haben.
ich habs nicht gemerkt, aber viele andere eben auch nicht, übrigens auch jede Menge Frauen.
Übrigens: Entschuldigungen mit einem «Ja, aber…!» wirken immer etwas «unsouverän».
Überhaupt erinnern diese Geständnisse eines «mittelalterlichen» Mannes an die Confessiones des Hl. Augustinus, der – nachdem seine Mutter, die Hl. Monica, ihn vom sündhaften mitunter «fleischlichen» Weg auf den richtigen, spirituellen Weg brachte – seiner Mutter, allen Frauen und allen anderen den noch richtigeren Weg wies und für seine Fehler allerhand strafmildernde Umstände angab (verführendes «Fleisch», «Frauen», «Häretiker» usw.), so dass einem jede (Fleisches-)Lust verging, ja letztendlich verboten wurde.
Genauso scheint es bei seinen Geständnissen einerseits um «Selbstmitleid» (all die Jahre auf der Sonnenseite!) und «Selbstkasteiung» (die Scham, auch bei der öffentlichen Wiedererinnerung!) zu gehen, andererseits um ent-schuldigende, quasi strafmildernde Umstände («Ja, aber…!»).
Es geht um den «richtigen Weg», den Feminismus:
Ich habe mich auf den Weg gemacht. Ich glaube, dass er in die richtige Richtung führt.
Er hat sich auf den richtigen Weg gemacht (gut). Und dabei zeigt er en passant «übertreibenden» und «unsouveränen» Feministinnen wie Margarete Stokowski den noch richtigeren Weg, den noch richtigeren Feminismus (nicht so gut).
Schade, für die verpasste Gelegenheit.
Ich bin für gleiche Rechte, Pflichten, Bezahlung, aber gegen Sternchen in Texten, weil ich finde, dass wir lieber die reale Position von Menschen verbessern sollten als die symbolische.
Hierzu nur dies. Der Autor schreibt zwar:
Irgendwann begriff ich, dass mein Geschlecht eben nicht nur eine persönliche, sondern eine politische Dimension hat […].
Aber er scheint nicht begriffen zu haben, dass sein «Geschlecht» auch eine symbolische Dimension hat. Was etwas verwundert, hat er doch offenbar nicht nur ein humanistisches Gymnasium besucht, sondern auch Literaturwissenschaft studiert und mit einem berühmten Mann über Repräsentation im Theater gesprochen (was einer von zwei Realitätsschock-Momenten gewesen sein soll).
Er schreibt sogar sehr viel über diese «symbolische Dimension»: Zeus im Lateinunterricht, Männer lehren Romane von Männern, Rock- und Filmstars, Büchern, Filmen und Songs, ja Kunst von Männern über Männer, Becketts «Mensch», der die Bühne betritt, sogar von der Bibelgeschichte der Arche Noah.
Er erkennt sogar den Zusammenhang, dass diese symbolische Dimension ihm
Helden als Identifikationsfiguren zur Verfügung stellte, die der Legitimierung ihrer Herrschaft dienten.
Und urteilt über sein früheres Ich:
Als Student war ich ständig ins Theater gerannt, aber über Repräsentation hatte ich nie nachgedacht, immer nur über Schuld und Liebe und Erlösung.
Dabei geht es bei der symbolischen Dimension – und somit auch beim Gendern, sei es mit Gender-Sternchen oder anderen Mitteln – genau darum: um Repräsentation. Und dass man(n), gerade wenn man(n) darüber stolpert, zumindest, vielleicht einmal über Repräsentation nachdenkt.
Ansonsten denkt man(n) – selbst als Literaturwissenschaftler – über Symbole und Repräsentation nicht nach und sagt dann in seliger Ignoranz «Baby».
Neben Selbstmitleid ginge es also nicht nur darum, «Gewohnheiten zu überdenken (gut)», sondern sie auch zu ändern. Aber was will man(n) machen? Man(n) ist halt ein «alter Öltanker» – man(n) braucht ein bisschen Geduld.
Oder auch nicht: Mich hätte eben genau interessiert, welche Gewohnheiten der Autor nicht nur überdacht oder beschrieben hat, sondern auch, welche er wie übend und selbstkorrigierend geändert hat. Auch, dass es nicht einfach «zwei Lager» gibt, polarisierte Extreme, die gegenseitig «übertriebene» Argumente ad absurdum benutzen, sondern ein weites Spektrum an akademischen und alltäglichen feministischen Positionen und Praktiken dazwischen – gerade auch bei Männern.
geschätzter michel rebosura, deine bewundernswerte eloquenz verführt dich leider hier, die rolle des inquisitors zu übernehmen. die steht dir nicht an. und auch nicht besonders gut.
«let not Vanity ſeduce you...»
Immer wieder ist hier auch in den Kommentaren von aggressivem Feminismus die Rede. Werden irgendwo Männer systematisch von wild gewordenen Frauen getötet oder angegriffen oder vergewaltigt? Habe ich da was nicht mit bekommen? Leider ist das aber immer noch das, was Frauen überall auf unserer Welt täglich passiert. Zum Beispiel aktuell in grossem Mass in der Ukraine, aber auch hier in der Schweiz.
Ist es schon aggressiv, wenn Frauen für ihr Rechte einstehen und ein anderes Miteinander wollen?
Nein Frau W. für Rechte einstehen ist keineswegs aggressiv.
Und ja in der Ukraine passieren gerade unvorstellbare Grausamkeiten an Männer, Frauen und Kinder. Die Männer müssen in den Krieg und Töten. Dazu wurde ich als Frau noch nie aufgefordert.
Es fällt mir auf dass in der Schweiz immer mehr Männer das Opfer von Gewalttätigkeiten werden.
Selber habe ich von extrem feministischen Frauen ungleich mehr Abwertung erfahren als von irgendeinem Mann. Letztes mag Zufall sein
statistisch gesehen sind Männer schon immer und wohl weltweit häufiger Opfer von Gewalt als Frauen. Das hat damit zu tun, dass sie häufiger in Situationen sich aufhalten, wo Gewalt geschieht (Krieg, Schlägereien, Ausgang). Aber es sind schon immer nur sehr wenige Frauen, die die Gewalt ausüben, Tendenz ist hier etwas steigend.
Willkommen beim Nachdenken. Mir fällt auf, dass "ihre" Kritikerin charmant formuliert, und die Praktikantin ein freundliches Gesicht aufsetzt, selbst wenn sie Baby genannt wird. Müssen Frauen ihren berechtigten Ärger also möglichst sorgfältig verpacken, um nicht aaggressiv oder schrill zu wirken? Was ist, wenn die freundlich charmante Frau einfach mal ihre Wut zeigt? Denken Sie darüber auch nach?
Bloss nicht! Sonst heisst es, sie «nörgeln» rum, seien «anstrengend» oder gar «hysterisch»!
«Lächel doch mal!» wird vielen Frauen gesagt, aber fast nie Männern. Selbst wenn frau nicht lächelt, ja einfach nichts macht, wirft man(n) ihr vor, ein Resting Bitch Face zu haben.
Also: Bitte lächeln! Wär ja gelacht, wenn frau keine Emotional Labour machen müsste.
Wir wollen doch alle positiv sein! Man(n) will glücklich sein! Dann arbeitet und lebt sich's besser. Ist doch nichts sexistisches dabei! Nicht.
Danke für diese wichtige Anmerkung zum Artikel! Mir ist das auch sehr sauer aufgestossen, diese Forderung am Schluss des Textes, dass mann sich nur dann mit diesen Themen beschäftigen will, wenn er nicht "verbittert" oder "aggressiv" darauf hingewiesen wird. Denn das kennen Frauen doch nur zu gut: Sobald sie etwas genug klar und bestimmt sagen, so dass es auch gehört und verstanden wird, kommt von Männern, die die Botschaft nicht hören mögen, die Kritik, frau solle doch bitte etwas netter sein, etwas mehr "Spass verstehen", nicht nörgeln etc. Eigentlich sollten erwachsene Menschen es doch schon aushalten, sich auch mal mit einen Gegenüber auseinander zu setzen, dass sie nicht stets mit mama-haft besorgten Samthandschuhen anpackt. Ich vermute, die Praktikantin in dem Text hat ihre Botschaft "charmant" eingepackt, weil sie sich in einem sehr hierachischen Machtgefälle befand und sie (vielleicht zu Recht) besorgt war wegen der Fragilität ihres Chefs: dass der wütend wird, wenn er klarer zu sehen gekriegt hätte, dass er mit seinem Verhalten andere verärgert. Es wäre schön, wenn der Autor merken würde, dass er kein Kleinkind mehr ist, das einen Trotzanfall kriegen muss, wenn es von den Frauen in seinem Leben nicht gepampert wird.
Dass Frauen (gegenüber Männern) lächeln, scheint wichtig zu sein. So schreibt er zu seiner Begegnung mit Margarete Stokowski:
Einmal hält sie kurz inne. Ihr Freund schlendert vorbei, es sieht so aus, als käme er aus dem Supermarkt. Ein Nicken, ein flüchtiges Lächeln, zum ersten Mal geht eine Wärme von ihr aus, zum ersten Mal ahnt man, dass diese Frau jede Menge durchgemacht hat, dass sie unter einem enormen Druck steht und dass sie auch ganz anders sein kann, nicht nur cool, sondern weich und bedürftig, schon unterhaltsam, aber nicht aufgedreht.
Lächeln. Wärme. Weich. Bedürftig. Nicht aufgedreht.
Das kann einem schon nachdenklich machen.
Weiterführend:
Möglicherweise ist es hilfreich, wenn ich jemandem, der mich beleidigt oder mir sonst etwas sagt, was mich stört, nicht sofort ins Gesicht schreie, sondern darauf hinweise, was mich stört. Möglicherweise ist dann Platz für "Entschuldige bitte, mir war nicht bewusst.." und Erkenntnisgewinn an Stelle von Konfrontation. Wobei Konfrontation natürlich für alle Beteiligten viel einfacher und bequemer ist.
Ruhig bleiben beim ersten, zweiten, fünften Mal, vielleicht. Beim zwanzigsten, fünfzigsten Mal vielleicht nicht mehr.
Ein Gedankenanstoss hierzu, auch wenn es um ein anderes Thema geht: https://www.salon.com/2015/04/14/bl…p_partner/
Irgendwie lässt mich die Stelle über das "permanente Gefühl der Bedrohung" nicht los. Mein erster Gedanke war: das kenne ich nicht. Ich kann nachts alleine nach Hause gehen, abends ohne Handy im Wald joggen, mit Männern zusammearbeiten und zusammenwohnen, ohne mich dabei je bedroht zu fühlen. Als ich aber mit einem Mitbewohner spät aus einem Club kam und uns 5 Männer entgegen kamen und uns voneinander trennten, spürte ich die Bedrohung. Mein Mitbewohner war wütend, weil wir ausgeraubt wurden. Ich war enorm erleichtert, weil sie nur das Geld und nicht etwas anderes wollten.
Hier lässt jemand, der lernen will und angefangen hat, zu reflektieren, einen Schulterblick zu. Macht sich genau so verletzlich, wie es der bisherige Reflexionsprozess zulässt. Formuliert sein Nicht-Wissen und seine Unsicherheit, zeigt auch (eher unabsichtlich, doch das macht nichts), wie weit der Weg noch sein wird. Ich schätze diese Perspektive. Sie hilft mir dabei, andere besser auf ihrem Weg zu unterstützen, egal wo sie stehen.
Ein interessanter Artikel. Ich stosse mich aber an der Insinuierung, dass "der Feminismus" den Bogen überspanne und sich selbst schade, wenn er nicht souverän daherkommt. Frauen und Männer, welche durch die patriarchale Ordnung in Lebensweisen gedrängt und gezwungen werden, sollen nun für ihre Rechte einstehen, aber bitte nicht zu aggressiv – weil sonst die bestehende Ordnung eben doch zu fest ins Wanken gebracht wird.
Mir scheint, dass der Autor sich noch nicht hat lösen können von der Anbiederung an Ewiggestrige. Für mich als Mann geht nicht der kleinste Teil der Welt unter, wenn ich etwas mehr Mensch sein darf, kann, und muss.
Als ich den Titel "der lange Weg zum neuen Mann" las, hatte ich mir erhofft, einen Artikel vorzufinden, der auch ein anderes Männlichkeitsbild einfordert.
Gerade männlich sozialisierte Personen leiden ja auch häufig darunter, dass ihnen abgesprochen wird, sensibel und verletzlich sein zu dürfen. Männerfreundschaften werden immer noch selten als Beziehungen gedacht, in denen über Unsicherheiten, Ängste und der Druck "stark" zu sein, Karriere zu machen, rational und vernünftig sein zu müssen, gesprochen wird, man gemeinsam füreinander cared, vlt auch sich supported, tröstet, sich in den Armen hällt. Was sind die Gedanken von Männern dazu, wie sie gerne für sich, aber auch miteinander wären? Was für Väter braucht die Zukunft? Was will man vorleben? Wie viel Zeit verbringt man wie mit den Kindern? Was für Carearbeit will man übernehmen? Elternpflege, Engagement in der Gemeinde? in einem Verein? Wie geht man damit um, dass einem diese Aufgaben nicht zugeschrieben werden- sie abgewertet werden? Was für ein Kollege/Sohn/Bruder will man sein? Wie kommuniziert man? Gibt es ein eigenes Harmoniebedürfnis? Welche Fassade muss man selber aufrecht erhalten, um dieser Geschlechterrolle "gerecht" zu werden und wie kann auch die bröckeln? Gibt es Dinge, die man immer tun wollte, aber nicht tat, weil sie als "weiblich" gelesen werden und kann man den Mut finden, sie zu tun oder zumindest andere ermutigen, aus diesen Bildern auszubrechen? Florist oder Krankenpfleger werdenoder einfach gerne sich mit Kleidung, Schminke, Lesen, Backen, Tanz beschäftigen, stundenlange Kaffeekränzchen machen, whatever?
Der Käfig der Geschlechterrolle ist ja auch für den Mann omnipräsent. Wo gibt es Räume über Scham, Schuld, Angst und Unsicherheit zu reden? Wie können sich Männer auch da in einer alternativen Männlichkeit unterstützen?
Ich finde das komisch, wenn "der Weg zum neuen Mann" nur bedeutet, einzusehen, dass Frauen abgewertet werden und eine feministische Bewegung und Emanzipation unaufhaltbar sind. Das erscheint mir irgendwie sehr passiv. Eine Reflexion der "männlichen" Qualitäten und auch eine Aufwertung der als weiblich gelsenen Qualitäten muss ja gerade auch dadurch geschehen, dass alle sich fragen, was für ein Mensch sie eigentlich sein wollen und inwiefern sie da aufgrund des ihnen zugeschriebenen Geschlechts damit auf Widerstände stossen.
Das als Ergänzung, wozu ich gerne mehr lesen würde.
Danke trotzdem für den Mut, sich auch mit den eigenen Unsicherheiten im Prozess und der Scham zu zeigen.
Guten Morgen, mir ging es ehrlich gesagt ziemlich ähnlich bei der Lektüre heute morgen. Ich hatte ähnliche Fragen im Kopf und mir andere Antworten erhofft. Umso mehr freue ich mich jetzt, hier im Dialog so viele kluge und weiterführende Gedanken, Fragen und Kommentare zu lesen. In diesem Sinne und an alle hier: Danke für's kritische Mitdenken!
Vielen Dank für diesen Kommentar - mir ging ähnliches durch den Kopf. Es irritiert mich auch immer wieder, dass offenbar viele Männer denken, es reiche 'den Feminismus / die Frauen' zu 'unterstützen'. Aber so bleibt Geschlechtergerechtigkeit 'Frauensache' - obwohl Männer ungemein von feministischen Anliegen profitieren (wie T. S. in ihrem Kommentar beschrieben hat). Es wird sich aber nur etwas verändern, wenn Männer sich von ihren alten Rollen emanzipieren. Und das können wir Frauen nicht auch noch übernehmen - emanzipieren muss man sich selbst.
"Dass Männer ungemein von feministischen Anliegen profitieren", tönt mir zu rosig. Abgabe von Privilegien bedeutet konkret: Der Mann bekommnt den Job nicht, weil ihn die Frau bekommt. Der Mann verdient im Mittel weniger und macht zum Ausgleich mehr unbezahlte care-Arbeit . Also liebe Männer, lasst uns die Ärmel hochkrempeln, kochen, einkaufen, Klo putzen und damit klarkommen.
Ich bin bereit, weiter an mir zu arbeiten und mich zu verändern, aber nur da, wo ich es für sinnvoll halte, und nicht, weil ich von einer aggressiven Atmosphäre dazu gedrängt werde.
Der Anspruch an unterdrückte Gruppen doch bitte "anständig" und nicht "aggressiv" zu sein, ist ein leider allzu oft genutztes Mittel um Forderungen zu ignorieren, die einem - aus welchen Gründen auch immer - nicht passen. Dass zudem mit dieser Aussage darauf bestanden wird, selbst unangefochten und unhinterfragt Herr über die Arbeit an sich Selbst zu sein, hinterlässt den Eindruck, dass der Autor mit der Selbstreflexion der eigenen Privilegien noch ziemlich am Anfang steht.
Auch hier - unterschreibe ich das voll: Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 26.03.2022
Rezensent Florentin Schumacher entwickelt nach eigenem Bekunden beim Lesen zunehmend das Bedürfnis, T. H.s Buch "gegen die Wand zu hauen" - so sehr geht ihm diese Verteidigung des armen "gekränkten Mannes" in Zeiten einer angeblich immer weiblicher werdenden Gesellschaft gegen den Strich. Schon diese Sicht gehe an der Realität vorbei, meint Schumacher, denn H. stelle sämtliche Sachverhalte grob falsch dar - so etwa die Unterstellung, immer mehr Jugendliche würden sich massenweise mal eben einer Geschlechtsumwandlung vollziehen. "Mindestens problematisch, wenn nicht perfide" findet der Kritiker außerdem: die Aussage, dass archaische Verhaltensweisen schon mal nützlich sein könnten, wenn man mal an der falschen Haltestelle aussteigt, die Annahme, der Welt ginge ohne diese Männlichkeit etwas "verloren", und die Aufforderung, gekränkten Männern - worunter H. auch Querdenker, Incels und Kapitolstürmer fasse, so der geschockte Kritiker - mehr Verständnis entgegenzubringen, um die Gesellschaft zu schützen. Da kann Schumacher nur mit dem Kopf schütteln.
Carmen Böhler: vielen Dank für Ihre Beiträge und weiteren Hinweise.
Jetzt gehe ich noch etwas auf die Finnenbahn joggen, um mein Kopfschütteln loszuwerden. Erst habe ich aber doch auf den Kalender geschaut: wir schreiben das Jahr 2022! es ist dies offenbar ein "Wiedergängerthema", dem ich zum ersten Mal 1971 begegnet bin: gleich nach der ersten eidgenössischen Abstimmung, an der ich teilnehmen durfte, anlässlich der Unterschriftensammlung zur Fristenlösungsinitiative... hier scheint für mich persönlich, in meinem Lebenslauf die Phase fünf zum Thema aufzuscheinen.
Nun aber: alles Gute allen, die ernsthaft und nicht dermassen gewunden-künstlich noch einmal, neu, zum ersten, zum x.Mal mit diesem Thema unterwegs sein mögen
mfGr (Ur)Alt-Feministin
Was mir am Text auffiel ist, dass der Autor einen sehr starken Fokus auf die Selbstreflexion legt. Dies finde ich sehr wichtig, aber es ist nur ein kleiner Schritt!
Was mir im Text fehlt ist eine soziale gesellschaftliche Dimension. Mann-sein (Mensch-sein grundsätzlich) findet ja nicht im Ego-Vakuum statt, sondern in Beziehungen, im Austausch, in Gemeinschaft. Der Autor betont zwar die Wichtigkeit miteinander zu sprechen, aber das Beispiel mit dem Blut-Artikel zeigt, dass es sich nicht wirklich im alltäglichen HANDELN zeigt. Vielleicht liegts am Arbeitsumfeld oder was anderem, aber ich bin eher verwundert darüber, dass der Blut-Artikel offenbar mit null Austausch mit Familie, Freund*innen, Arbeitskolleg*innen, Expert*innen geschrieben wurde. Man kann doch unmöglich selber alles wissen und an alles denken - Denken, Arbeiten und Leben geschieht doch im Austausch.
Aus meiner Sicht, ist es nicht so wichtig, dass ein Mann nachempfinden kann wie es sich anfühlt "einen Tampon zwischen den Beinen (sic!) zu haben". Eventuell geht das einfach gar nicht. Gelebter Feminismus - von allen - ist eine HALTUNG. Im alltäglichen Leben zeigt sie sich darin grundsätzlich davon auszugehen, dass die eigene Perspektive eben nur die eigene ist, eine von vielen (so viele wie es Menschen gibt). Im Austausch unter Männern, aber auch mit allen könnte die eigene Perspektive und Reflexionen darüber mit anderen abgeglichen und erweitert werden - nicht im Sinne alles selber zu verinnerlichen (wirklich, das erwartet niemand von "euch Männern") aber um zumindest ein Bewusstsein für andere Perspektiven, ihre Wichtigkeit und ihren Wert zu haben - um sie im Hinterkopf zu behalten und immer mitzuberücksichtigen (z.B. durch informellen Austausch) oder in bestimmten Fällen sogar explizit hinzuziehen zu können. Ich glaube so kommen wir über individuelle Schamgefühle über Fehler hinaus und können gemeinsam reflektieren und entsprechend HANDELN.
Dieser Text spiegelt wider, was ich bei Kollegen erlebe, denen oft unklar ist, was und wie sie formulieren oder auch handeln. Es ist zwar manchmal nervtötend, doch ich habe mir angewöhnt dann zu fragen, ob sie sich bewusst sind, was sie gesagt haben und wie das wirkt. Und oft ist es ihnen nicht klar und sie sind dankbar, dass sie gespiegelt werden ohne direkt in Grundsatzdiskussionen verwickelt zu werden. Dasselbe mach ich auch bei Kolleginnen, wenn sie ins andere Extrem umschlagen.
Was ich in einem Kommentar weiter unten schrieb, finde ich wirklich problematisch: ich erlebe, dass Gruppierungen die Grenze der Achtsamkeit bei ihrer eigenen Gruppierung ziehen und damit selber Ausgrenzen.
Zwei(einhalb) Beispiele aus der Medizin. In der Praxis von Physiotherapeut A. hängt ein Plakat, das die menschliche Anatomie zeigt. Überschrift: der Mensch. Einziges Indiz dafür dass es sich dabei aber um einen Mann handelt ist das hinlänglich bekannte Ding zwischen den Beinen. Der darauf angesprochene Physio: „Ah ja, Stimmt eigentlich.“ Also: für ihn absolut der Normalfall, kein Anlass um nachzudenken.
Bei Physiotherapeutin B liegt ein Anatomiebuch in der Wartezone, das ich durchblättere. Kapitel Geschlechtsorgane/die Frau: alles da (Uterus, Eierstöcke, Vulva) aber total Fehlanzeige: Klitoris existiert nicht. Das lädt doch zu interessanten Überlegungen ein. Was soll da nicht ins Bild kommen? Die weibliche sexuelle Potenz?
Und schliesslich: bis vor wenigen Jahren war ich der Überzeugung, die Klitoris sei eine kleine Erbse (wie oft in der erotischen Belletristik bezeichnet). Nur um dann erstaunt zu erfahren dass sich dahinter ein viel grösseres Organ befindet. Erfahren das die jungen Menschen im Unterricht heute? Und falls ja: wie verändert das unsere Wahrnehmung und Reflexion über unsere Sexualität?
Ich als junger Mensch verstehe das ganze Trara bei diesem Thema nicht.
Es gibt doch ein paar Fakten, die wichtig sind:
Männer und Frauen sind biologisch unterschiedlich
Männer und Frauen haben unterschiedliche Eigenschaften, vor Allem in den Extremen (Big-Five-Modell)
Die deutsche Sprache unterscheidet zwischen Genus und Sexus
Gleichheit ist nicht erstrebenswert; Gleichberechtigung hingegen schon. Und letzteres ist in meinem Umfeld gegeben. Wenn schon, werden Männer oder ältere Menschen ungleich behandelt. Damit meine ich zum Beispiel, dass in meiner Firma explizit Quoten für Frauen angestrebt werden (die höher sind als die % Frauen mit diesem Berufsabschluss), junge Menschen bevorzugt oder spezielle Förderprogramme nur für Frauen angeboten werden.
Im alltäglichen Leben spielt das Geschlecht keine Rolle. Man behandelt sich gegenseitig mit Respekt, wie's sich gehört.
Und zur Sprache: per Definition sind bei Pluralformen alle gemeint. Frauen sind dort also nicht "mitgemeint", sondern schlicht "gemeint". Der Bäcker -> die Bäcker. Die Leiche -> die Leichen. Deshalb fordere ich an dieser Stelle: Bildung statt Aktivismus.
Ich finde, wir sollten das Thema etwas entspannter angehen. Ich bin für Gleichberechtigung, aber langsam nervt es mich nur noch.
Sie schreiben hier anonym, und doch bin ich sehr zuversichtlich, dass ich ihr Geschlecht erkannt habe. Und dies, obwohl mir ihre biologischen Eigenschaften unbekannt sind. Ich weiss nicht ob sie gross oder klein, dick oder dünn, schwarz oder weiss sind, blaue, braune, grüne oder graue Augen haben - aber ich weiss, dass sie männlich sind. Obwohl wir hier rein intellektuell miteinander interagieren, und die Form unserer Körper eigentlich keine Rolle spielen müsste, ist Geschlecht irgendwie doch präsent.
Das liegt daran, dass Geschlecht nicht nur ein biologisches, sondern auch ein soziales Konstrukt ist. Und es sind nicht die biologischen, sondern die sozialen Unterschiede, die im Zentrum dieser Debatte stehen. Feminismus fordert nicht gleiche Körper für alle, sondern gleiche Rechte. Feminismus fordert, dass Menschen nicht anhand körperlicher Unterschiede, die im Alltag keine Rolle spielen müssten, in diametral verschiedene soziale Gruppen einsortiert und danach beurteilt werden.
Sie glauben, dass das Geschlecht im alltäglichen Leben keine Rolle spiele. Aber das Bundesamt für Statistik kann die Hälfte des Lohnunterschieds zwischen Männern und Frauen nicht durch objektive Faktoren erklären ...
Und so fürchte ich, dass sie mit diesem Thema auch in Zukunft wieder konfrontiert werden. Ob sie dies entspannt hinnehmen können liegt auch an ihnen. (Klar, manche Feministinnen sind schon sehr nervig. Aber die Männer, die eine tiefe Verletzung ihrer Männlichkeit zelebrieren, wenn ein weibliches Wesen ein Bischen am Podest rüttelt, nerven mich persönlich fast noch mehr, denn es liegt auch an solchen unverbesserlichen Naturen, dass diese Debatte so lang dauert)
Lieber Junger Mensch
Zwei Gedanken möchte ich Ihnen – von jungem Mensch zu jungem Mensch – mit auf den Weg:
1.) « Im alltäglichen Leben spielt das Geschlecht keine Rolle.» – Fragen Sie einmal die Frauen in Ihrem Umfeld, ob das Geschlecht in ihrem Alltag wirklich keine Rolle spielt?
Ich kann nur aus meinem Alltag erzählen, in dem mein Geschlecht eine Rolle spielt. Zum Beispiel dann, wenn ich mit einer Kollegin zum Interview gehe und der Gesprächspartner während dem Gespräch nur mich anschaut. Oder dann, wenn ich mir vorstelle, zehntausende Männer würden in Zürich gemeinsam demonstrieren. Darüber habe ich übrigens mal einen Text geschrieben. Hier.
Ich empfehle Ihnen Jack Urwin zum Lesen. Das Buch hat mir –und vieler meinem Freunden – geholfen zu verstehen, wieso Männlichkeit im Alltag eine sehr, sehr, sehr grosse Rolle spielt.
2.) Zur Sprache. Dazu hat meine Kollegin Marie-José Kolly einen sehr guten Text geschrieben, den Sie lesen sollten. So einfach, wie Sie es hier darstellen, ist die ganze Sache nicht.
Wer das Gendersternchen ablehnt hat sich nicht genügend mit Nonbinarität, queeren Lebensweisen und der Heteronorm als einem kolonialen Konstrukt befasst.
Wer das Gendersternchen um jeden Preis will, hat sich nicht genügend mit Barrierefreiheit auseinandergesetzt. - Es ärgert mich, dass die Achtsamkeit jeweils bei der eigenen Gruppe aufhört.
Es geht ja weniger um die Ablehnung des Gendersterns als solchen, sondern um deren Begründung:
ich finde, dass wir lieber die reale Position von Menschen verbessern sollten als die symbolische.
Und das von jemandem, der nicht nur schreibt, sondern auch Literaturwissenschaft studiert hat und mit berühmten Männern über Repräsentation im Theater gesprochen hat.
Oder ist die symbolische Dimension unwichtig?
Eine meiner besten, und zugleich erfahrensten, Freundinnen, eine Feministin, sieht die Sache anscheinend (projiziert in meine begrenzte Perspektive) so: Die Eigenschaften, die traditionell Frauen zugeschrieben werden, sollten sanft aber mit Nachdruck von Männern erobert und angeeignet werden (Stichwort Selbstoptimierung?). Oder typischerweise in der Vergangenheit postuliertes typisch "weibliches" Verhalten muss durch Frauen in Politik, Administration, Management und Familienarbeitsalltag hineingetragen werden. Das könnte dazu führen, dass die Menschheit als ganzes besser wird, friedlicher, intuitiver, solidarischer, und eine ganzheitliche Perspektive beherrscht. Dass die Menschheit wegkommt von der Exklusion und hin zur Inklusion. Wenn das so ist, bin ich sofort auch eine -istin. Denn das wäre vielleicht eine Hoffnung in Kriegs- und Konfliktzeiten. Sieht das jefrau hier anders?
Und was geschieht mit den Frauen? Müssen die dann nicht komplementär, seitenverkehrt, etwas ähnliches bewältigen, in vielen Lebensbereichen? Was geschieht mit unseren Gender- und sexuellen Beziehungen? Wird das nicht alles viel zu komplex? Oder wird im Gegenteil hier zu vieles nivelliert? Frau weiss ja nicht von vornherein, wie weiblich sie wirklich ist. Androgyn ist seit ein paar Jahren chic, Männer wollen... Frauen wollen... Manche wollen nichts von alledem sein. Purer Mensch und sonst nichts. Irgendwie beisst sich die Katze wohl in den Schwanz, weil ja jede Person anders gestrickt ist. Ich komme nicht weiter mit diesem Thema, auch durch diesen Beitrag nicht, die guten Absichten des Autors in Ehren.
Wollen wir das Problem nicht lieber so angehen: Jede(r) von uns sei einfühlsam, gegen Männer, Frauen und everyone beyond. So einfühlsam wie seine Hormone und seine Disposition das zulassen, oder beyond auch hier, denn er/es/sie/unsereins lernt ja lebenslang dazu. Und wir lehren es unsere Kinder. Die einen werden vielleicht Meister, die anderen bleiben mehr oder weniger clumsy, aber ohne Suizidgefährdung, weil sie sich trotz gewisser Erkenntnisschranken weniger ausgegrenzt fühlen. Die Schlussfolgerung aus dem Geschlechterkampf ist für mich dieselbe wie aus Kriegen und Konflikten jeder Art: Spiegeln wir uns im anderen. Das lässt sich trainieren. Ein anderer Freund aus meiner Jugendzeit nennt das in seiner Terminologie "kollektive Selbsterkenntnis". Und hier ist endlich mal kein -ismus, weshalb mir diese Vision so gut gefällt.
Voraussetzung wäre einmal mehr ein bedingungsloses Grundeinkommen, denn das Projekt ist so abendfüllend wie den Planeten zu retten, unseren Kindern Menschlichkeit vorzuleben, die Justiz zu humanisieren und statt Säbelrasseln Frieden zu stiften. Eigentlich ist es identisch damit, oder?
Ich bin so ein alter weisser Mann. Gleichberechtigt erzogen.
Der Kampf für Gleichberechtigung war und ist eine epochale Veränderung, die unser Zusammenleben um Welten verbessert.
Jetzt stellt sich für die Männer aber die Frage: Was ist heute männliche Identität? Wann handelt ein Mann so, wie es von ihm erwartet wird?
Beim Sport kleinere Schmerzen ignorieren? Sich durchbeissen, wenn ein Ziel schwierig zu erreichen wird? Frauen beim Tragen helfen? Frauen bei Enttäuschungen Trost anbieten? Einer Frau, die man gerne näher kennenlernen möchte, das auch sagen? Einer schönen Frau nachschauen? Weinen vor emotionaler Erschöpfung? Männern Mitgefühl zeigen?
Meine persönlichen Antworten habe ich gefunden, aber ich habe es auch leicht: Ich bin glücklich verheiratet. Bei Männern auf der Suche nach einer Partnerin ist die Unsicherheit und Ratlosigkeit viel grösser.
Menschen halten nur wenig Unsicherheit aus. Das ist nicht die Schuld der Feministinnen!
Aber hier wird es sehr politisch:
Ich bete, dass die aggressive Gegenwehr der verunsicherten Patriarchen scheitert.
Bei Trump und Putin und ihrem gewaltverherrlichenden Gefolge (wie dem verstörten und verstörenden Tucker Carlson) wird mir angst und bange. Oder unser Nationalrat Roger Köppel: "Weil Putin für all das steht, was sie ablehnen, verteufeln und was deshalb nicht sein darf: Tradition, Familie, Patriotismus, Krieg, Religion, Männlichkeit, Militär, Machtpolitik und nationale Interessen."
Ich schreibe anonym, weil ich meine Meinung zu diesem privaten und kontroversen Thema nicht gegenüber Unbekannten öffentlich machen will.
Kein Kommentar kann die Komplexität des Themas perfekt beschreiben, als werde ich fünf persönliche Eckpunkte ergänzen welche keineswegs das gesamte Problem beschreiben:
Feedback muss adressierbar sein und einen Weg zur Besserung anbieten. Bei meinem Arbeitgeber, einem der grössten Schweizer Unternehmen, wurde fast die gesamte Belegschaft ganz direkt als Zu-Alt, Zu-Männlich und implizit als Zu-weiss kritisiert. Aus meiner Sicht ein wichtiges Feedback, jedoch fast nur adressierbar für das HR und Personen in Führungspositionen. Von den 0815 Mitarbeitern gab es dann das Feedback ob man nun die Kündigung oder gleich den Suizid wählen sollte. Keiner dieser weissen alten Männer kann eine dieser Eigenschaften ändern. Was wir ändern können ist der Fokus auf inklusives Verhalten, so dass wir die Situation auch tatsächlich verändern können.
Ich bin in einem Restaurant aufgewachsen. Da mussten beide Elternteile immer anpacken, dies sowohl in der Küche, beim Abwasch, bei der Wäsche, im Service, überall. Dort gibt es aufgrund der wirtschaftlichen Situation keine Geschlechtsunterschiede. Dies produziert zumindest nach meiner Erfahrung ziemlich ausgeglichene Kinder. Viele dieser Geschlechterrollen wurden mir erst durch den Kontakt mit anderen Kinder klar. Bei anderen Restaurant-Kindern fällt mir ähnliches auf.
Viele der Unterschiede werden einem erst durch Erlebnisse klar. Dies passiert bei vielen in der ersten Beziehung. Da merkt Mann und Frau erst wie die Unterschiede sein können. Dieser direkte persönliche Austausch von Erlebtem ist essentiell, wird aber selten diskutiert oder erwähnt. Die Tabu's sind immer noch allgegenwärtig, selbst unter Freunden.
Ich (Mann) bin Muskeltechnisch ein Schwächling. Wenn ich mehr als 10kg anhebe leide ich für viele Wochen unter einer Muskel oder Sehnenentzündung mit schlaflosen Nächten. Wenn ihr wüsstet was ich schon für Kommentare erhalten habe wenn ich mich weigere den "starken Mann" zu sein, obwohl ich doch physisch absolut klar der Schwächste gewesen bin. Dies sowohl unter Frauen als auch unter Männern. Es gibt so viele unbewusste Annahmen die pauschal auf Menschen angewendet werden. Dabei kann man statistisch gewisse Annahmen treffen aber man muss dies wirklich von Person zu Person testen, den jeder Mensch ist anders und keiner ist durchschnittlich.
Ich denke genau dort liegt der Punk. Es wird immer noch viel zu fest in Absoluten gedacht, anstatt in Wahrscheinlichkeiten. Jeder Mensch bewegt sich in einem anderen Bereich dieser multidimensionalen Wahrscheinlichkeit der Möglichkeiten. Jeder Mensch ist einzigartig und gleichzeitig ähnlich mit einer gewissen Chance.
"Ich bin bereit, weiter an mir zu arbeiten und mich zu verändern, aber nur da, wo ich es für sinnvoll halte, und nicht, weil ich von einer aggressiven Atmosphäre dazu gedrängt werde. "
Oder anders gesagt: "Ich bewege mich, aber nur bis hierhin und nicht weiter." Herr H. schwimmt also eher mit dem Strom der Zeit, um bald nicht abseits zu stehen, als dass er sich und die Gesellschaftsstrukturen (- und Zwänge) wirklich hinterfragen und zu verändern helfen würde. Also nur bis dahin, wo es einem bequem ist, ohne sich ernsthaft zu fragen, wieso viele viel weiter gehen wollen.
Ein, zwei Schritte zurück und die Bereitschaft für einen Moment alles zu hinterfragen - quasi die Vogelperspektive einzunehmen - würde es erlauben, eine zwar unbequeme und total anstrengende - dafür aber vollumfängliche und äusserst sinnhafte (und befreiende) Reflexion über sich selbst und die Gesellschaft zu ziehen. Dazu sind zu viele - und auch Herr H. - leider noch nicht bereit.
Ein hilfreicher Begriff, um immer mal wieder Distanz zu gewinnen, ist der Begriff des Patriarchats. Weil wir erst im reflexiven Bezug zu diesem übergeordneten Denkgebäude, das uns als gesellschaftliches Leitbild prägt und abweichende Möglichkeiten der Lebensführung als "unnatürlich" brandmarkt, unterscheiden können, was allenfalls biologisch bedingt ist (... also: dieses Ding zwischen den Beinen oder periodisch wiederkehrende Blutflüsse) und was schlicht verinnerlichte Rollennormen sind, die uns als "weiblich" oder "männlich" sozialisieren. Ich weiss, das klingt kompliziert - aber es ist auch kompliziert :)
Seit ich gemerkt habe, dass es patriarchale Muster vor allem "binär" mögen und alles in Frage stellen, was dazwischen liegt, fluid oder gänzlich unbestimmt ist, mache ich mir einen Sport daraus, das Binäre als Kategorie in Frage zu stellen. Das hat mein eigenes Denken erweitert - und es hilft mir vor allem, die wirklich wichtigen Fragen nicht am Geschlecht festzumachen.
Wie sieht denn nun «der neue Mann» von H. aus, das Ziel des «langen Weges»? «Männlichkeit in Zeiten des Krieges. Zu weich für die neue Wirklichkeit» (Spiegel, 25.3.2022)
Der deutsche Großstadtmann kann kochen, trägt gepunktete Socken und hat sich von der Streitkultur seiner Väter verabschiedet. Ihm fehlt die nötige Härte für eine Welt, in der sich nicht jedes Problem wegdiskutieren lässt.
Als Mann ahnt man, was er meint: dass es Momente gibt, in denen man gern weniger Kultur und mehr Natur wäre, weniger domestiziert, dafür instinktiver, ursprünglicher. Weniger Joko Winterscheidt, mehr Zlatan Ibrahimović, der während der Pandemie öffentlich prahlte: »Covid hat den Mut gehabt, mich herauszufordern. Schlechte Idee.«
Wie der «aggressive» Feminismus schuld sein soll am «gekränkten Mann», soll nun ausgerechnet Putins Überfall auf die Ukraine der richtige Anlass sein für den «neuen Mann»? Wie passt das zum heutigen Essay? Und wollen wir wirklich dahin?
Weiterführendes:
De-Mann-Zipation.
Sich aus dem Licht nehmen, umsichtiger, bewusster, vorsichtiger werden / sein / es zumindest versuchen. Es tut nicht weh, ist aber für manche wohl eine grosse Umstellung aus einer gewachsenen Persönlichkeitsstruktur.
Dabei basiert doch unsere (männliche) Angst vor Macht und Kontrollverlust nur darauf, dass in der historisch patriarchalisch geprägten Gesellschaft Macht und Kontrolle absolut wichtig waren. Ängste als Lebensantrieb – davon versuche ich mich zu lösen.
Und dabei geht mir an meiner Männlichkeit überhaupt nichts verloren. Nein, es eröffnet ganz neue Perspektiven und Inspirationsquellen.
Ich habe grossen Respekt davor, wie Herr H. auch über peinliche Ereignisse aus seinem Leben berichtet. Es regt sicher viele von uns an, in den eigenen Erinnerungen nach ähnlichen Vorkommnissen zu forschen. Aber mit den Passagen, in der er sich allgemein zum Thema äussert und beklagt, wie die alten weissen Männer beschimpft werden, bin ich nicht einverstanden. Ich gehöre selbst zu dieser Kategorie und habe viel Kontakt mit feministischen Frauen. Mir hat noch nie, wirklich noch gar nie eine Frau vorgeworfen, dass ich bin was ich bin. Ich kenne keine Feministin, die mich persönlich „verächtlich zu machen versucht, um vergangenes Unrecht zu vergelten“. Das alles geschieht auf der Metaebene der öffentlichen Diskussion, hier aber ganz zu recht. „Alte weisse Männer“ sind in jeder Hinsicht privilegiert. Jeder von uns sollte sein Verhalten vor dem Hintergrund dieser Tatsache reflektieren, also genau das was T. H. in seinem Text tut. Und man sollte aufhören zu jammern, wenn eine Feministin die Metapher „alter weisser Mann“ verwendet, um zu verdeutlichen, wovon sie spricht. Wer sich als alter weisser Mann persönliche angegriffen fühlt, nimmt sich entweder zu wichtig oder er hat Gründe dafür.
Es geht nicht darum ob man sich als alter weißer Mann persönlich angegriffen fühlt.
Fühle ich mich nicht, ich kann unterscheiden zwischen dem was mich persönlich ausmacht und dem was meiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Menschen gehört. Ich verstehe auch die Pauschalisierung und die Klischees, weil ... es ist oft was dran.
Trotzdem denke ich das es eben diese Pauschalisierung ist, die wir abschaffen müssen.
Dann brauchen wir auch nicht über jede Art von Diskriminierung und Abwertung im Einzelnen streiten und wir haben offensichtlich nach wie vor viele davon.
Jedes Wesen hat zunächst mal ein natürliches Grundrecht darauf respektiert und anerkannt zu werden so wie es ist. Das muss man sich nicht erst verdienen. Man kann dieses Recht verlieren, aber DAS muss man sich tatsächlich erst verdienen (bzw. verspielen).
So rum wird für mich ein Schuh daraus ... und so rum ist es fair.
Der T. H. ist also in den 80er Jahren im bayerischen Wald aufgewachsen und dann hat er doch in Deutschland und Grossbritannien Literatur studiert und jetzt behauptet er, dass er nur von Männern unterrichtet worden sei und im Studium nur Literatur von Männern gelesen habe, erklärt von Männern. Die Chance, dass er ein reflektiertes Bewusstsein über sein Verhalten entwickeln kann, halte ich für sehr klein. Denn zu einem reflektiertem Bewusstsein gehört Ehrlichkeit und zum Beispiel auch Anerkennung für von Frauen verfasste Literatur, wie sie Ende letzten Jahrhunderts einfach nicht einmal mehr vom hinterletzten finsteren Waldschrat hätte ignoriert werden können, abgesehen von den vielen weiblichen Lehrpersonen im Schuldienst zu Bayern und vielleicht auch seiner eigenen Mutter.
Gendersternchen ändern keine Systeme, kein Arschloch sein (selbst wenn es aus Versehen ist und * sich dafür entschuldigt und lernt) schafft keine Chancengleichheit (obwohl kein Arschloch sein zu ganz wunderbaren menschlichen Begegnungen führen kann).
Wenn wir es ernst meinen, kommen wir um Änderungen in der Gesellschaft nicht herum: Zum Beispiel die Möglichkeit, Kinder zu haben UND zu arbeiten (wenn * es möchte), ohne im Beruf den Anschluss zu verlieren oder sich finanziell zu ruinieren.
Sehr geehrter Herr H.
Wissen Sie, die Sternchen sind genau dazu da, diese von Ihnen beschriebene, aber glaub ich nach wie vor nicht in ihrer weiteren Dimension erfassten Grunderfahrung aufzubrechen.
Das geht nur über die inneren Bilder und vor allem deren Veränderung in unseren Köpfen, und die Veränderung entsteht massiv stärker über Worte und Texte. In der heutigen, und immer noch und auch gerade bezüglich Geschlecht bzw. Gender erneut sehr traditionellen Bilderflut.
Ihre Lehrer•innen, die Ihnen Bücher von Autor•innen aus aller Damen Länder nahegebracht hätten, wären nunmal ganz was anderes als, ich zitiere einen Ihrer Eingangssätze: „Auch im Studium war ich nicht nur damit einverstanden, dass mir ausschliesslich Männer Romane von Männern näherbrachten – es fiel mir gar nicht auf.“
Wissen Sie, ich bin — obschon heute als weiss definiert, was in meiner Jugend sich in unserer Gemeinde noch sehr anders angefühlt hat; mit Konsequenzen bis heute, natürlich — noch etwas älter als Sie.
In meiner sogar allernächsten Umgebung kam ich ein Leben lang gar nicht wirklich vor. So sehr daran gewöhnt bin ich inzwischen, dass ich sobald übermüdet absolut instinktiv von mir aus mit Rückzug reagiere, wenn jemand spontan und unerwartet mal anders mit mir umgeht.
Das ist heute tatsächlich ab und zu der Fall.
Allerdings sind die Gegenüber dann so ziemlich durchs Band weg mindestens eine Generation jünger.
Und da läuft ja bis heute eine rote Linie für mich als Frau.
Und genau deswegen schreibe ich die mehrfachgender Schreibung teilweise sogar in meine Bücher, auch Romane, in Gedanken teilweise sogar in Filme und Theaterproduktionen hinein (natürlich dann in Form anderer Gestalten und Gesichter), da letztere ja rein von der Rollen- und Altersverteilung des Bühnenpersonals her oft immer noch sehr traditionell sind.
Der eine und einzige bisher erlebte Theaterabend mit ausschliesslich weiblichem Ensemble auf der Bühne, der dürfte mir wohl bis zu meinem Lebensende bleiben.
An dem Abend kam ich für einmal sogar tatsächlich mit vor. Wohl kaum ein Zufall, dass es der Frauen-Abend war; doch das wäre nun eine nochmals andere Geschichte.
Ich für meinen Teil schreibe jedenfalls munter und sehr überzeugt weiter in meiner Autor•innen Schreibweise.
Seit ich das mache, fliesst auch mein Schreiben endlich überhaupt aus mir raus; und es schafft hoffentlich nicht nur mir, aber wenigstens sicher mir, einen wenigstens schriftlich winzigen eigenen sichtbaren Platz nich auf dieser Welt. — Und das tönt nun wohl auch nicht richtig verständlich; aber auch das ist mir inzwischen endlich wenigstens ab und zu einfach (fast ganz) egal.
So wie das für Sie und Ihre Mitgenossen ja eben bis — Sie schreiben: bis vor gerade mal zehn Jahren — ganz selbstverständlich war.
Genau dafür brauchen nichtmännluche und nichtreinmännliche Menschen Autor•innen, Regisseur•innen, Schauspieler•innen, Dramaturg•innen, und eben nicht nur Besucher•innen.
Ja, auch Auto•bauerinnen wären immer noch ganz dringend nötig; Forschung mit Patient•innen statt eben nur Patienten.
Und sogar als weiss(•gefleckte) Leserin tun mir Bücher von Autor•innen wie Zadie Smith (zu meiner Freude ebenfalls gefleckt), Adebayo, Yaa Gyasi, Toni Morrison und all den anderen weltweit verstreuten Menschen mit den verschiedensten Geschichten schlicht gut. Und von mir aus gesehen schade, dass das nicht ebenso leicht textlich sichtbar zu machen ist.
Mein jahrzehntealtes Projekt wäre immer noch, ein paar Copyright-befreite Klassiker•innen mal auf diverse Arten in neue Gender•formen umzuschreiben.
Bin noch nicht dazu gekommen. Für jede eigene Regung muss ich erstmal zehn Jahre kämpfen. Seit meiner Geburt; das erschöpft leider extrem.
Voilà. Langer Text zur neuen •form.
Oder gerne auch *form, :form, und any•ones beyond.
Ein Spiel; ein winzig kleines Stückchen Vorkommen; eine Befreiung; weiter nichts.
Buona•nott. Wieder viel zu spät. Draussen Regen; schon wieder Wind. Wässert die Planz•en. Che•ers; buona•nott.
Liebe Verleger und Verlegerinnen - mein Tipp: Lesen Sie den Text von Anonym1 - meiner Meinung nach etwas vom Besten zum gegebenen Thema.
Interessant ist, dass "anonym" ganz genderunbestimmt daherkommt. Damit wird es so wunderbar irrelevant, ob der Text von einer Frau, einem Mann oder was es alles sonst noch gibt, geschrieben wurde.
Für alle, die es nicht gleich finden: Hier der Link zum genannten Beitrag.
ich (weisser, alter boomer) finde, dass uns männer als allererste reaktion ein grosses, bedingungsloses mea culpa gut tut, wenn wir im alltag an einer gender-diskussion teilnehmen: alle geschichtlichen fakten sprechen gegen uns. und auch ich kenne x situationen in meinem leben, wo ich aus unachtsamkeit, unwissen oder sogar weil der joke grad zu gut war, diese line überschritten habe.
ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns in diesen diskussionen der allgemeinen und der persönlichen ebene bewusst sind. das auf allgemeiner viel radikalere forderungen und sprüche fallen ist absolut verständlich, denn auch wenn sich viel getan hat, spricht die gegenwart leider immer noch gegen uns.
zu viele männer nehmen jedoch diese aussagen vollumfänglich persönlich und blocken ab, statt in eine echte und spannende introspektion zu treten und sich selbst zu hinterfragen, inwiefern geäusserte vorwürfe auch auf sie zutreffen. für mich hat diese introspektion viel mit mut, offenheit und neugier zu tun und das beleidigte gejammere oder wutenbrannte geschimpfe vieler männer, empfinde ich als mutlos, borniert oder schlicht dumm.
ich bin mit einer afrofeministischen aktivistin glücklich verheiratet und habe zwei söhne - und wir alle lachen oft tränen, wenn mir wieder ein typisch sterotyper fauxpas passiert - und genau das fehlt mir ab und zu bei aller dringlichkeit im genderalltag: etwas mehr souveränität und humor.
Ich finde Humor auch super, und ich finde die Haltung super, dass alle immer wieder Fehler machen und aus Versehen diskriminieren, und dass wir das als Prozess auch akzeptieren und nicht jedes Fettnäpfchen generell verteufeln. Ich bin aber total allergisch auf die Aufforderung, dass Feminismus doch bitte etwas souveräner sein soll. Diskriminierung ist verletzend, und Frauen haben aus meiner Sicht jedes Recht verbittert, wütend und emotional darauf zu reagieren.
Hallo! Schreiben Sie dich noch kurz, worum es sich bei dem Link handelt und warum es sich lohnt, da drauf zu klicken. Merci
Ich finde Humor auch super, und ich finde die Haltung super, dass alle immer wieder Fehler machen und aus Versehen diskriminieren, und dass wir das als Prozess auch akzeptieren und nicht jedes Fettnäpfchen generell verteufeln. Ich bin aber total allergisch auf die Aufforderung, dass Feminismus doch bitte etwas souveräner sein soll. Diskriminierung ist verletzend, und Frauen haben aus meiner Sicht jedes Recht verbittert, wütend und emotional darauf zu reagieren.
das recht auf dieses recht sehe ich absolut. ich seh einfach auch, wie sehr souveränität in meinem persönlichen (!) alltag auf beiden seiten hilft, nicht fronten zu bilden.
Absolut einverstanden. Es hilft enorm, es ist erstrebenswert, es fühlt sich gut am souverän reagieren zu können. Und gleichzeitig verlangt es von den Frauen*, die ganze emotionale Arbeit, den Heilungsprozess doch bitte alleine zu verrichten, ohne die Männer allzusehr damit zu belästigen.
das Bild von Frau Freier verdient einen besonderen Dank!!
Wirklich ganz toll und tief erfasst!
Und wo stehen wir Frauen? Traurig ist doch, dass ja das Patriarchat uns alle zerstört, nicht nur die Frauen, und dass auch viele Frauen das nicht wahr haben wollen. Denn es kann auch bequem sein, Frau zu leben… Ich als alte Frau hätte vieles zum Beichten. Hahnebüchene Geschichten und Äusserungen, die tief begründet sind, und die mich mit Scham besetzen. Dagegen hilft endlich, dass meine Kinder, meine Töchter und mein Sohn, oft heftig auf den Tisch klopfen und mich sehr kritisch zu einem echten Feminismus hinführen. Es ist nie zu spät. Traurig stimmt mich immer noch, als meine Mama, die ihre Ehe erhalten konnte, indem sie sich unterzog und anpasste, und sich die Lippen frisch schminkte, bevor ihr Ehemann nach Hause kam, als sie mit ca 80 sagte: "ich habe nie etwas Eigenes in meinem Leben gemacht". . Dabei hat sie doch jedes Jahr die Sommerferien organisiert, hat für uns sieben (fünf Kinder) herrliche Orte gefunden, Holzhütten im Wald, ohne Strom, Wasser am Brunnen vor dem Haus, reinste Natur, zuhinterst in Walliser Tälern, an Bächen, wo wir wanderten und (natürlich mit Papa) die herrlichsten Stauungen konstruierten. Das Kochen am Holzherd übernahm Mama. Das Abwaschen des Geschirrs alle miteinander, auch Papa nahm daran teil, lachend natürlich. … Vre
Herzlichen Dank an T. H. für seinen Essay. Er beschreibt für mich sehr gut nachvollziehbar, welchen langen Weg der Selbstreflexion gehen muss wer sich ändern will. Längst nicht alle schaffen es, einen solchen blinden Fleck aufzudecken und dem dann beharrlich nachzuspüren.
Alle von uns haben in unserem Leben mal geglaubt, dass eine erwachsene Bezugsperson das kaputte Spielzeug wieder heil machen kann. Wir haben entdeckt, dass nicht das Recht des Stärkeren gilt wie im Sandkasten, sondern Fairness und Gerechtigkeit. Wir haben rausgefunden, dass es andere Gemeinschaften als unsere Jugend-Clique gibt, die ebenso wertvoll sind. Wir haben gemerkt, dass das Leben nicht schwarz-weiss spielt, und auch nicht in Grautönen. Wir haben uns also weiter entwickelt.
Die meisten von uns glaubten mit 20, dass wir uns selbst und vor allem die andern kennen und beurteilen können und die Welt verstehen. Und einige halten unbeirrt daran fest. Wenn dann ein irritierendes Erlebnis die Augen öffnet (und die Praktikantin hat das sehr effektvoll gemacht, indem sie bloss gespiegelt und nicht gewertet hat), gibt es Risse im Weltbild, wie das H. so schön beschreibt. Und ein langer Prozess kann beginnen - Persönlichkeitsentwicklung ist kein Projekt, das man je abschliessen kann.
Wer diese Risse nicht kennt, wem noch nie ein blinder Fleck (und blind ist blind, da nützen auch alle auffälligsten optischen Reize nichts) gezeigt worden ist und nie gemerkt hat, dass es vielleicht noch mehr gibt als das, was ich bisher sehe - der kann dann über andere herziehen, die mit suchenden Worten beschreiben, wie sie sich entwickeln.
Der vorliegende Artikel ist ein Musterbeispiel dafür, wie Mann, wie Frau die Sache nicht angehen sollten. H. geht von der eigenen Körperlichkeit, Befindlichkeit und Indidualität aus, um die es überhaupt nicht geht. Als Mann steht er ebenso wenig "auf der Sonnenseite des Lebens", wie er das als Frau tun würde, und was er "zwischen den Beinen hat" (oder gegebenenfalls anders hätte) tut auch nichts zur Sache. Zwar streift der Artikel die "Gender- und Identitätsdebatte", die "politische Dimension des Geschlechts", sowie Feminismus, Sexismus und Patriarchalismus, aber das bleibt H. offenbar alles ziemlich äusserlich.
Das, worum es wirklich geht, die gesellschaftlichen Geschlechtsbestimmungen (gender) und die entsprechende Zweiteilung moderner Gesellschaften finde ich dagegen nirgends angesprochen. Nur Anonym 1, der sich nun wirklich nicht zu verstecken brauchte, geht in seinem Diskussions-Beitrag in diese Richtung. Beide Geschlechter werden sozialisiert, indem ihnen bestimmte Tätigkeiten, Eigenschaften, Haltungen und Gefühle zugeschrieben werden. In diesen Zuschreibungen versteckt sich allerdings eine klare Wertehierarchie zugunsten "männlicher" Attribute, und diese Hierarchie hat alles mit unserem Gesellschaftssystem, dem Kapitalismus zu tun. So ist die Waren- und Wertform traditionell mit dem Mann verbunden gewesen, wogegen Reproduktionstätigkeiten, Hege und Pflege bis heute Frauen zugeschrieben werden; Effektiv sind sie unbezahlte Voraussetzungen der Ökonomie. Weil reale Frauen jedoch längst auch in der Ökonomie und Politik tätig sind, tätig zu sein gezwungen sind, sind sie oft doppelt belastet. Übrigens hat toxische Männlichkeit alles mit diesen (effektiv krank machenden) Zuschreibungen zu tun: Stärke, Herrschaft, Durchsetzungsfähigkeit, Leistung, abstrakte Rationalität, Konkurrenz. Und es versteht sich, dass die entgegengesetzten Zuschreibungen: Passivität, Triebhaftigkeit, Emotionalität, Unterordnung, Gefühl, Zuwendung ein Zerrbild realer Frauen darstellen. Tatsächlich werden beide Geschlechter durch diese stereotypen Zuschreibungen, und dem aussichtslosen Versuch, sie zu leben, reduziert, beschädigt. Effektiv ist das pure Konkurrenz- und Nützlichkeitsdenken unserer Gesellschaftsordnung derart destruktiv und lebensfeindlich, dass es ohne diesen (eben Frauen zugewiesenen) Komplementärbereich noch nicht mal nach den eigenen, beschränkten, Kriterien funktionieren würde; mal ganz abgesehen von der Tatsache, das Kinder bis heute nicht maschinell hergestellt werden können. Feministische Theoretikerinnen haben diesem Bereich die Bezeichnung Abspaltung zugelegt. Jede ernsthafte Befreiungsperspektive für beide Geschlechter (und sämtliche identitären geschlechtlichen Gruppierungen) bedingt die Aufhebung des Kapitalismus zusammen mit der Abspaltung: Das Patriarchat kann heute nur noch zusammen mit der Wertform, d.h. den abstrakten Bewegungsgesetzen des Kapitalismus, aufgehoben werden.
Dies ist eine sehr kurz gefasste (und darum möglicherweise etwas schwer verständliche) Darstellung einer Theorie, die auf Roswitha Scholz, Das Geschlecht des Kapitalismus, Feministische Theorien und die postmoderne Metamorphose des Patriarchats Bad Honnef 2000, im Rahmen der Wertkritik zurückgeht. Ich habe die wesentlichen Teile des Abspaltungstheorems samt Listen der entsprechenden gender-Zuschreibungen in einem fünfseitigen Papier zusammengefasst, das ich auf Anfrage gerne über die Redaktion der Republik weitergebe.
Ich finde das Thema interessant und wir haben eine ähnliche Frage vor kurzem im Freundeskreis besprochen: Was kam zuerst: Der Kapitalismus oder das Patriarchat? Bedingt das eine das andere? Ist das schlussendlich nur eine Schlacht mit Definitionen dieser beiden Begriffe oder gibt es klare Antworten dazu?
Ich fand die Perspektive interessant, dass das Konkurrenzieren eine natürliche Komponente hat, die man wenigstens historisch berücksichtigen muss. Ob aber Kapitalismus auch eine natürliche Komponente hat oder nur ein Instrument ist, welches der evolutionären Selektion ähnelt, war uns dann weniger klar. Hat das Pariarchat also den Kapitalismus "erfunden" um Macht zu bündeln oder haben wir es mit einer komplizierteren Beziehung zu tun?
Anyway, ich kann nur beipflichten, dass die "toxische Männlichkeit" das Gegenstück der Themen sind, mit welchen sich Feministinnen rumschlagen. Und Männer sollten sich anfangen ernsthafter Lösungen dafür zu überlegen, denn von Frauen sollten (und wollen) wir uns eigentlich nicht vorschreiben lassen, wie wir unseren Gender zu überdenken haben. Input ist aber wichtig und ich bin sicher ob der Autor des REPUBLIK Beitrags hier so offen ist, wie er das verspricht.
Und zuletzt will ich auch kurz erwähnen, dass ich mir bewusst bin, dass ich hier von den zwei traditionellen Geschlechtern ausgegangen bin und mir vermutlich in diesem Kommentar die eine oder andere Perspektive fehlt. Auch ich bin noch am Nachdenken, Verstehen und Diskutieren und dabei Fehler zu machen.
Natürlich ist das Patriarchat viel älter als der Kapitalismus, der sich erst um 1600 herum zum System geschlossen hat, und das zunächst nur in den damals am stärksten verstädterten und durch Handel miteinander verbundenen Teilen Europas, d.h. Norditalien, Flandern, England. Manche systemischen Bestandteile - so Geld, Märkte, Lohnarbeit, Warenproduktion - sind allerdings viel älter, doch haben sie nie vorher einen separaten Bereich mit einer Eigengesetzlichkeit, eben einer Ökonomie gebildet. So bedeutete Oikos in der Antike Hauswirtschaft, und eben nicht Ökonomie im modernen Sinn. In der Moderne haben sich Kapitalismus und Patriarchat zusammengeschlossen, und sind daher nur gemeinsam zu überwinden. Weil beide Geschlechter (und auch andere geschlechtlich definierte Gruppen) durch den Kapitalismus und das Patriarchat reduziert werden, sollte es ein allen gemeinsames Anliegen sein, diese gesellschaftlichen Zuschreibungen und Einschränkungen zu überwinden. Frauen sind nicht bessere Menschen, nur anders, und tendenziell weniger destruktiv sozialisiert. Übrigens hat jeder Mensch weibliche und männliche Anteile und die bleiben auch nicht unbedingt ein Leben lang gleich. Ich persönlich freue mich über sensible Männer und starke Frauen in meinem Umfeld, wie auch über alle Menschen, die nicht einfach nur systemisch individualisiert worden sind, sondern ihre Individualität effektiv einfordern, und das nicht auf Kosten von anderen tun.
Leck, ist dieser Essay langweilig und schlecht. Wieso veröffentlicht ihr solch belanglosen Schmand?
Es gäbe so viele interessante und um Welten wichtigere und vor allem neue Ideen von gescheiten und um Welten aufgeschlosseneren Menschen als von diesem mittelalten J000ngen.
Wo ist euer Anspruch? Dieses Dings, das ihr seit Anbeginn so hoch gehalten habt? Ich vermiss' es in letzter Zeit etwas, liebe Republik.
Etwas argumentativere Kritik fand ich wünschenswert, wenn man schon von Anspruch redet. Der Text hat mich auch mehr geärgert als gefreut, aber mir ist noch nicht so klar warum.
Nö. Der Text ist schlichtweg nicht gut. Da braucht's keine argumentativere Kritik.
Dieses weinerliche «Ach ich würd' so gerne 1 besserer Mensch sein, aber ich bin 1 weisser Mann und kann einfach nicht besser und schon gar nicht anders»
Ich find's extrem daneben, das von jemandem lesen zu müssen, der über Jahre das Privileg hatte, uns die Welt erklären zu dürfen. Geht gar nicht.
Dieser Text ist anmassend und hat den Platz in der Republik nicht verdient - sofern die Republik denn noch immer da sein möchte, wo sie uns mal versprochen hat, dass sie hin will.
Lieber Herr H. ihr Artikel und ihre Ansichten wirken auf mich zu einfach, zu reduktionistisch- „entweder oder“- „ein Mann hat drei Wahlmöglichkeiten“. mit Jahrgang 75 und keine Literatin wahrgenommen, da mussten Sie vieles ausgeblendet haben und tun es leider immer noch- insbesondere die strukturelle, systematische, globale Diskriminierung von Frauen und nicht cis Menschen. Ihre Selbstbeteiligung zu Beginn geht über in die Unterstellung Feministinnen suchen nicht die Auseinandersetzung und das Gespräch- so selbstgefällig. Am meisten aber bin ich von der Redaktion der Republik enttäuscht- dieser indifferenten Haltung so viel Raum zu bieten.
Eine Frage des Autors, die mich wirklich interessieren würde: Glauben Sie, dass sich die meisten Männer (in der westlichen Welt) reflektierter oder weniger reflektiert mit ihrer Männlichkeit, ihren Privilegien und (männlichen) Perspektiven auseinandersetzen als ich in diesem Text und natürlich auch in meinem Buch "Der gekränkte Mann"?
anders, lebendiger, konkreter, in meinem Umfeld (und das ist nicht eben klein) nicht gekränkt, und viele "unter uns" können das Thema, das für uns Alte eben doch schon sehr ausgelutscht ist, dann auch einmal lassen.
PS ich entschuldige mich: ich war Ende 70-Jahre als Lehrerin tätig und habe da einiges an Frauen- Männer-themen vorgebracht: allein, mit Kollegen zusammen.
Bis jetzt hat sich keiner gemeldet, der ein derartiges Trauma davongetragen hätte.
Ich habe mich unwohl gefühlt beim Lesen, konnte aber nicht benennen, weshalb. Dafür habe ich meine Freunde und die Community: die unterschiedlichen Rückmeldungen haben mein Gefühl bestätigt, dass es für unsereins schwer ist, da durchzublicken. Und bei Männerkritik zu differenzieren. H. kritisiert alte weisse Männer, nimmt sie aber gleich wieder in Schutz. Ein Wolf im Schafspelz, sozusagen.
Diese einordnende (zugegebenermassen etwas schwer zu lesende) Replik auf einen kürzlich publizierten Beitrag H. hat meine diffuse Position ausgeräumt:
„Das Patriarchat kann sich nur halten, solange Männer und nicht Männlichkeitsnormen als Wurzel des Übels gelten. Als besonders wirkungsvoll erweist sich dabei, Männer in einem permanenten Gefühl des Ungenügens zu halten, verbunden mit der Angst, ihre Defizite an «echter Männlichkeit» könnten auffliegen. Denn solange genügend Männer genügend Schiss vor ihrem individuellen Versagen haben, so lange können sie sich nicht verbünden im gemeinsamen Kampf gegen ein patriarchales System, das ihnen genauso schadet wie Frauen und Kindern und das diese Angst vor dem individuellen Ungenügen als Machtmittel kultiviert.“
Lesenswert: https://www.maenner.ch/sie-traeumen…en-kerlen/
"Ich hatte was zwischen den Beinen, sie nicht". Eine Frau scheint den Text nicht gegengelesen zu haben.
Seltsam, dass ausgerechnet einer, der in einem Text ueber Blut das Menstruationsblut vergisst, und der sich in seinem Erkenntnis-Schock ueber die eigene Unverfrorenheit, eine Praktikantin „Baby“ genannt zu haben, gespielt-selbstkritisch gefaellt, den Text ueber die Schwierigkeiten der „neuen Maennlichkeit“ schreibt (wenn da denn „neu“ tatsaechlich das passende Praedikat waere — habe auch da meine Zweifel ).
Dem Versuch soll Respekt gezollt werden, es muss ja nicht alles beim ersten mal gelingen. Ich will nicht zerfetzen, sondern spiegeln: Diese ganze Selbstkritik kommt mir annaehernd traditionell-heldenhaft hinueber. Das suggeriert: wir allg. Machos koennten dem „Writer“ demuetig folgen — und vielleicht mitsingen im Chor einer selbstentlarvenden „mee-too“-Parade. — Republik — da ist noch Luft nach oben ! (Wenn denn oben und unten tatsaechlich die passende Metapher dafuer waere).
Aber sicher ist es schwierig, unter all den Schreihaelsen einen / oder den zu finden, der es mit feiner Bescheidenheit ausdruecken koennte, nicht mit haudegenhafter Ueberheblichkeit predigen, dass die haudegenhafte Ueberheblichkeit passée ist.
(Soll ich jetzt diese Spur meiner in Buchstaben gegossenen Insomnia veroeffentlichen, oder wieder loeschen? — ach Zweifel ! —ist doch alles nur halb so wichtig . . Egal — ich lass den „Tweet/Comment“ in die Runde ! — Good Day Vogelgezwitscher — danke fuer die Aufmerksamkeit)
Durfte gestern einer Probe des Balletts der Bühnen Bern zusehen. "Le troisième sexe" ausgehend von Simone de Beauvoirs "Le deuxième Sexe", 1949, in dem sie zwischen biologischem Geschlecht und dessen sozialer Prägung unterscheidet. Kann nur empfehlen sich dieses Tanzstück von Caroline Finn und Etienne Béchard zu gönnen! Ist eine Uraufführung. Première Freitag 29.April. Ich habe in dieser Stunde Zugucken mehr erfahren, als bei all den Debatten der letzten Zeit. https://buehnenbern.ch/programm/le-troisieme-sexe/ Geprobt wird übrigens getrennt Frauen und Männer. Die Beobachtung sei, dass beim Entwicklen eines solchen Stückes bei gemischten Proben nicht selten der pas de deux in den Köpfen wirksam werde. Und: Die Energien, die Bewegungen leiteten, bei Frauen und Männern unterschiedlich seien.
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