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Im liberalen Sinne heisst liberal nicht einfach nur liberal. (Loriot)
Genau dieser Satz ist mir beim Lesen auch eingefallen :)
Genau an diesen Slogan aus dem letzten Jahrhundert erinnere ich mich: „Mehr Freiheit, weniger Staat!“ Was bedeutet das zu Ende gedacht? Etwa Gurkensalat?
Danke für diese prägnante Analyse. Die gute Botschaft: Die von der FDP abgehenden WählerInnen wandern nicht (mehr) zur SVP sondern zur GLP ab. Da von der SP ein Anteil zu den Grünen wechselt, können wir bald auf ein Parlament hoffen, das den Klimawandel ernst nimmt.
Den Klimawandel ernst nehmen und ihn ernsthaft und sozial ausgewogen bekämpfen sind zwei verschiedene Paar Stiefel, schliesslich wollte Grossen die Flugticketabgabe von Otto Normalverbraucher für "Investitionen in synthetische Treibstoffe" einsetzen: Kosten sozialisieren, Profite privatisieren - Klientelpolitik à la FDP, grün angemalt.
So lange Rot-Grün landauf landab gegen die gläserne Decke von 30 bis 40 Prozent stösst, wird sich überhaupt nichts ändern, ausser dass Klima-Ereignisse häufiger und heftiger werden. Die Reparaturen dauern länger (Wolhusen LU), die Schadenssumme steigt (auch Wolhusen LU) und bald einmal werden auch die Versicherungsprämien steigen. Dann bezahlen Eigentümer und Haushalte, also der 'Mittelstand' für die Versäumnisse der bürgerlichen Politik, und dazu zähle ich auch die glp.
Was exemplarisch zum Ausdruck kommt, ist die Abhängigkeit von finanzkräftigen Interessensgruppen. Ein Interesse an diesem Missstand etwas zu ändern, und die Parlamentsmandate auf solide finanzielle Füsse aus der Kasse des Volkes zu stellen, gibt es keines. (Bei den aktuellen politischen Mehrheitsverhältnissen, wenigsten.)Dies kommt aus meiner Sicht auch bei der Diskussion der Justiz-Initiative zum Ausdruck. Je länger es in Ordnung ist, dass sich Politiker mit lukrativen Mandaten bezahlen lassen, je weniger "glaubt" das Volk, dass diese Herren und Damen wirklich die Interessen des Volks vertreten. Dieses grosse Misstrauen ist aus meiner Sicht ein idealer Nährboden für die teilweise abstrusen Behauptungen, die im Vorfeld der Covid-Abstimmung vom nächsten Wochenende zu einem lauten Chor erstarkt sind.
Herzlichen Glückwunsch den Autoren zu diesem gelungenen Artikel. Ich weiss gar nicht, wo ich mit meinem Feedback einsteigen soll. Deshalb ein Aspekt nur, dafür kurz und bündig:
In der FDP haben mit dem "Sturz" von Frau Gössi die rechtskonservativen Sektierer die Macht übernommen. An die Adresse des weitherum respektierten Alt-Nationalrats Franz Steinegger: Die FDP ist bereits auf 8% Kurs... (volle Fahrt voraus) und die Äusserungen des Herrn Burkhart sind nichts anderes als "Statements der Verzweiflung".
Wie gesagt, kurz und bündig, ein Aspekt nur. Ich habe (vorläufig) fertig...
Wer vom Aufbruch träumt, muss wenigstens Ideen und Fantasien haben, wohin die Reise gehen soll. Ein gewisses Mass an Risikobereitschaft ist ebenfalls notwendig. Die FDP hat weder as eine noch das andere. Einst war sie eine visionäre, manchmal gar progressive Partei mit breitem politischen Spektrum, jetzt gleicht sie einer alten Schallplatte, die immer in derselben Rille hängenbleibt und stets die Worthülse «liberal» wiederholt.
Die FDP ist ganz einfach verbraucht und hat dies mit der Wahl Thierry Burkarts auch deutlich dokumentiert. Man muss diese als Quittung für den letzten Aufbruch der Partei durch Frau Gössi sehen. Ihr Versuch, doch noch etwas grüne Farbe in die bröckelnde Partei der Verwaltungsratsmitglieder zu bringen, wurde deutlich abgelehnt und die logische Folge war die Einlegung des Rückwärtsganges.Dort stand ja (nur noch?) TB, der genau für den weiteren Schrumpfprozess der FDP prädestiniert ist.Eine wemiger inspirierende Person lässt sich kaum denken, und zu einem solchen Profil passt am besten der Schaumgummi-Begriff des "Liberalen". Manmuss der FDP zugute halten, dass sie es mit ihrem Abschied als staatstragende Partei Ernst meint: Mit dem jetzigen Präsidenten wird ihr dies besser als mit jedem andern gelingen. Oder noch deutlicher: Er wird deutlich zeigen, dass die FDP jetzt endgültig überflüssig geworden ist. Und TB wird für seine Abbrucharbeit schon noch Dankbarkeit bei der SVP via irgendein Amt erheimsen.
die illustration!👏🏻👏🏻👏🏻
Super Artikel, Gratulation! Ich teile die Analyse.
Ein nächster Test am kommenden Sonntag wird zeigen, ob FDP und CVP die Mehrheit in der Freiburger Regierung gegen Rot-Grün behauptet oder ob Liberal und Mitte "im Ungefähren" zwischen Stadt und Land aufgerieben werden.
Man könnte den Text mit vielen Anekdoten ergänzen.
. So ist der volksnahe Gipsermeister aus dem Kanton Aargau auch der 18-Prozent-Müller, der lange vor dem Bayer Seehofer die Obergrenze für Ausländer erfand.
. So vertritt auch SVP-ex-Präsident Rösti die Astag und das Eidg. Schwing- und Älplerfest, neben Nagra, Swissoil, SWV und der Stiftung für bürgerliche Politik, Zug.
. So hatten Auchlin und Garbely schon 1990 in "Das Umfeld eines Skandals" die FDP der 80er Jahre beschrieben, wobei natürlich Geldwäsche und Elisabeth Kopp eine wichtige Rolle spielten. (Fun Fact: Merz verteidigte 20 Jahre später das Bankgeheimnis mit den Zähnen.)
. So treffen die Schweizer Liberalen mit 13,6 Prozent bei ihrem Kriechgang auf die deutschen Liberalen (11,5%), die zwischenzeitlich sogar aus dem Parlament verbannt waren, und die in Wahlkämpfen immer von herausragenden, unabhängigen, innovativen, "liberalen" und durchsetzungsfähigen Figuren wie Möllemann, Westerwelle und Lindner angeführt wurden. Der 'Versager' Rösler wäre bei Müllers 18-Prozent-Grenze nie in diese Position gekommen.
. Und warum erscheint mir beim Lesen immer wieder Senator Josh Hawley aus Missouri vor dem geistigen Auge https://www.ecosia.org/images?q=jos…96A04D8FA8, wie er vor dem Kapitol die Faust reckt?
PS. Es müsste auch intensiv über Herkunft und Bedeutung des Begriffs "Soziale Marktwirtschaft" diskutiert werden, denn diese entspricht einem 'Greenwashing' des damaligen Kapitalismus durch die CDU und ist überhaupt nicht sozial. Denn für die CDU war nach dem Krieg gemäss "A Rising Tide Lifts All Boats" jede und damit auch die liberale Marktwirtschaft sozial.
Besten Dank fürs Feedback und für Ihre weiterführenden Bemerkungen, lieber Herr H.
Wie auch? Der Neoliberalismus hat ja bei der SVP eine viel behaglichere Heimat gefunden. Die SVP verrennt sich bei der Durchsetzung neoliberalenr Politik nicht in komplizierte Kompromisse und Tauschgeschäfte, wie dies die FdP immer mal wieder getan hat. Die SVP bedient das reichste Prozent skrupellos. Für den Rest gibt's Zirkus Spaltini, Covidkriege, Cancelvarieté, Gendersternsingen und EU- Schwingen.
Das interessante ist ja, wen die FDP (im Gegensatz zur Wählerbasis) nicht los wird - die "Heckenschützen" und "Ellenbögler". Die meisten sind noch an Bord, oder gar ins Präsidium aufgestiegen.
Dagegen hält die SVP die eigenen Reihen schön geschlossen, und die GLP hat für sich eine sinnstiftende gemeinschaftliche Wertebasis gefunden.
Ich verstehe nicht genau, warum sich die Autor:innen Gedanken zur Strategie und dem Erfolg der FDP machen, wenn ihnen diese nicht am Herzen liegen? Bei einer solchen Übungsanlage landet man ja zwangsläufig in der Nähe von Häme, Häme aber ist immer doof und unergibig...
Mich hätte mehr interessiert, was denn die Republik Autor:innen selber für Ansprüche, Kritik, Gedanken rund um den Begriff "liberal" haben. Will und kann man ihn wie verstanden der FPD überlassen? Es ist gerade zur Zeit ein unglaublich wichtiger Begriff (Zwänge rund ums Impfen, Zwänge rund um die Cancel Culture, staatlich gelenkte Zwangsmassnahmen gegen Klimawandel, Entscheidungszwang Kohlen/Gaskraft oder Aufhebung AKW-Verbot, neue Sprachregelungszwänge etc etc). Ich meinte, zur Zeit käme niemand drumrum, seinen Kompass im Spannungsfeld des "Liberalen" , also zwischen Freiheit und Kreativität und Lernen und Zwang, Solidarität und Verharren irgend neu zu eichen. Und so ist es nicht nur die FDP, die sich hier ein paar Gedanken machen muss.
Hallo Frau W., vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Ich kann allerdings keine Häme entdecken in diesem Beitrag. Die Kritikpunkte basieren auf einer vertieften Analyse der Ausgangslage, auch unter historischen Gesichtspunkten. Und das Ringen (respektive: die Debatte) um die zukunftsträchtige Definition von Liberalismus läuft ja intensiv, auch z.B. Operation Libero ist daran beteiligt, hierzu empfehle ich diesen hochspannenden Podcast mit Co-Präsidentin Sanija Ameti. Auch empfehlenswert: die Analyse von Olivia Kühni über das Ende einer Ära. Herzliche Grüsse!
Das "Spannungsfeld von Freiheit und Solidarität" wird aktuell in den USA "neu geeicht". Es gibt solche, die finden es freiheitlich und solidarisch, gegen vorherrschende Zustände zu protestieren, die Amerikaner nennen es 'marching', und andere finden es freiheitlich und solidarisch, sich mit Kriegswaffen an fremden Orten auf die Seite der lokalen Polizei zu stellen und allenfalls Leute auf der Strasse zu erschiessen.
Verfassung, erstes und zweites Amendment, der Oberste Gerichtshof hat die letzte Entscheidungsgewalt.
Eigentlich ist es ziemlich paradoxal: die FDP ist immer weniger ein Sympathieträger, was sich mit Thierry Burkart als Präsidenten noch verstärken dürfte. Die liberale Politik die sie vertritt, ist an der Urne jedoch absolut mehrheitsfähig, Tendenz eher steigend. Unsere Wirtschaft ist hinter den Kulissen so einflussreich, dass es die Frontmänner gar nicht mehr unbedingt braucht.
Der neue Kurse der FDP wurde anfangs Juni von der Falkenstrasse vorgegeben: prononciert liberaler Kurs (was immer das heissen mag), auch unter Inkaufnahme eines weiteren Rückgangs des Wähleranteils.
Mehr Interessenvertretung, weniger Volkspartei.
Das Dahindämmern einer ehemals staatstragenden Partei ist erst einmal keine rundum gute Nachricht. Als Linker habe ich diesbezüglich zwei Seelen in meiner Brust.
Gründe, dieser Partei einen möglichst raschen Untergang zu wünschen, kenne ich genug (seit dem Verhandlungsabbruch zum Rahmenabkommen und der Wahl dieses Präsidenten: zwei zusätzliche). Eine "SVP light" braucht niemand.
Aber das wird dazu führen, dass die SVP im bürgerlichen Lager noch dominanter wird, da dieses wegen der Schwindsucht der FdP ja nicht automatisch kleiner wird. Eine starke populistische Rechtspartei gegen eine ganze Anzahl uneiniger mittelgrosser und kleinerer Parteien (ein Bundesrat mit 2 Leuten von der SVP und 5 uneinigen VertreterInnen von fünf anderen Parteien) verheisst per se noch nicht zwingend eine Verbesserung, auch wenn die rechtsbürgerliche Mehrheit wahrscheinlich fallen wird.
Die SP hofft, ihre zwei Sitze behalten zu können, die Mitte möchte im Geschäft bleiben, die GPS will endlich den Sitz, der ihr elektoral zusteht und die GLP möchte bei der Gelegenheit auch gleich mit ins Boot. Alles so weit nachvollziehbar und legitim. Aber wer hat eine Vorstellung davon, wie ein solcher historischer Bruch (dies wäre es, wenn denn die aktuell gängigen Prognosen eintreffen) produktiv genutzt werden kann? Dazu sehe ich nirgends eine Diskussion oder auch nur bruchstückhafte Thesen. Und dies stimmt mich etwas nachdenklich, weil ich befürchte, dass unsere Gesellschaft relativ unvorbereitet in eine Situation hineinschlittern könnte, in der viele eingeübte Konzepte wie die Konkordanz in Frage gestellt werden. FdP und Mitte sind nicht mehr in der Position, eine Transformation (wie seinerzeit die Einführung der "Zauberformel") zu orchestrieren. Und ich nehme keine Bewegung anderer Kräfte wahr, die hier Verantwortung übernehmen wollen.
Lieber Herr Fankhauser. Darf ich Ihnen ausführlich antworten, ohne Sie vor den Kopf zu stossen?
"Zwei Seelen in der Brust" sind das von Günther Grass vor 40 Jahren beschriebene "Einerseits-Andererseits", und das ist das Problem der meisten Linken. Rechte kennen dies nicht, die machen einfach. Siehe Burkart. Darüber hinaus benennen Sie:
Die Angst vor grösserer Dominanz des bürgerlichen Lagers, das bereits seit 175 Jahren dominiert.
Sie schätzen das alte Lagerdenken, weil eine andere/neue Sichtweise nicht "zwingend eine Verbesserung verheisst".
Sie äussern Skepsis zu einem Bundesrat, der wirklich 'alle wesentlichen Strömungen der Gesellschaft' reflektieren würde.
Sie befürchten "relativ unvorbereitet [..] viele eingeübte Konzepte" über Bord zu werfen.
Sie vermissen eine Kraft "in der Position, eine Transformation [..] zu orchestrieren".
Sie betrachten einen neu besetzten Bundesrat als "historischen Bruch", dabei arbeiten die betreffenden Parteien in Kommissionen und Parlament, in vielen Städten und Gemeinden "produktiv" zusammen.
Und last but not least, nur Sie (!) stellen die Konkordanz in Frage.
3 Rechts, 2 Mitte/glp und 2 Rot/Grün, unsere Volksvertreter*innen würden das auch mit einer geschrumpften FDP meistern.
Aber wir könnten Links-Grün stärken, geben wir IHR die Kraft für eine Transformation. Indem wir uns nicht mehr mit 30 Prozent Wähleranteil begnügen, nicht mehr am Kindertisch nur mit- und abnicken. Wir müssten allerdings das Einerseits-Andererseits-Denken verabschieden und klar auftreten: Für Sozialsysteme, die diesen Namen verdienen, und keine Gesetzgebung ohne Klimagerechtigkeit.
Die Juso zeigt, wie's geht: Fordern. "Verstaatlicht die Antibiotikaforschung" (Beispiel), denn das ist der Profit der Pharma von morgen. Statt morgen ein Monopol zu bezahlen nutzen wir dieses für uns: https://www.workzeitung.ch/2021/11/…oz-kaufen/
In diesem Sinne, gute Wahl. Herzlich SH
Oh! Keine Sorge: Um mich vor den Kopf zu stossen, braucht es mehr. Aber einige Missverständnisse wären vielleicht aufzuklären. Die "zwei Seelen" beziehen sich nicht auf meine politische Identität, ich stehe seit jeher links der SP. Vielleicht ist es etwas unkonventionell, wenn man sich aus dieser Warte um den Umbau des Konkordanzsystems sorgt? Da das unsereins ja eigentlich bisher nur am Rande betraf?
Das bürgerliche Lager blieb in den 175 Jahren seiner Dominanz ja nicht einfach unbeweglich. Am gefährlichsten agierte es in der Zeit zwischen dem Generalstreik und dem Frontenfrühling. Der Sieg der Roten Armee machte dann einige Zugeständnisse erforderlich. Nachdem sich die SP in den Fünfzigerjahren in die Allianz des Antikommunismus eingereiht hatte, begann die Zeit des grossen Schlafs. Und mit der Hinwendung zum Neoliberalismus - erst der FdP, dann der SVP - kommen wir in der Gegenwart an. Die Art und Weise, wie bürgerliche Dominanz ausgeübt wurde, hat sich also sehr wohl immer wieder verändert.
Ich würde dem Untergang des Konkordanzsystems keine Träne nachweinen, da haben Sie mich ganz falsch verstanden. Aber wenn die rechtsbürgerliche Mehrheit tatsächlich fällt und die Linke keine Vorstellungen hat, mit welchen politischen Vorschlägen sie mit Mitte und GLP neue Mehrheiten bilden will und kann, verschläft sie einen möglichen Wandel. Für SVP und FdP ist die Aufgabe viel einfacher: die brauchen bloss die Mitte einzubinden. Deshalb fehlen mir Konzepte und Diskussionen von linker Seite, wie die sich abzeichnenden Chancen am besten genutzt werden könnten.
Lieber Herr Fankhauser, Sie mögen recht haben, mit Ihrer Befürchtung, "unsere Gesellschaft relativ unvorbereitet in eine Situation hineinschlittern könnte, in der viele eingeübte Konzepte wie die Konkordanz in Frage gestellt werden." Ich wäre da nicht so pessimistisch und neue Kräfte, die Verantwortung übernähmen, bräuchte es nicht unbedingt. Die Konkordanz und Kompromisssuchensbereitschaft war tatsächlich über lange Zeit eingeübt und auch erfolgreich. So schnell geht diese Kultur nicht verloren. In Zeiten der Polarisierungen und Aufsplitterungen müssen sicher neue Gemeinsamkeiten gefunden werden. Die Grünen und Grünliberalen werden - falls der "Klimatrend" anhält ein wichtigere Rolle spielen. Wie eine Kompromisslösung aussehen könnte, kann gegenwärtig in Deutschland beobachtet werden - zugegeben ein anderes System, insbesondere was die Grünen betrifft. Der Artikel zeigt gerade bei diesem Aspekt, dass mit der hiesigen FDP wenig zu machen sein wird.
Auch bei den Gewerkschafsfrauen herrschte "Einerseits-Andererseits", nur die Linken bekämpfen sich derart und neutralisieren sich dabei. Rechts ist da nicht so zimperlich.
https://www.workzeitung.ch/2021/11/…kretariat/
Es war der Beginn der engen Verflechtung von wirtschaftlichen und politischen Interessen, es war der Einzug der gezielten Interessenpolitik in die FDP.
Ich würde sagen, «der Beginn» begann schon viel früher, definiert doch diese «Verflechtung» den Begriff des «(alten) Filzes». Der Unterschied war einfach das «staatstragende» (Selbst-)Verständnis: Die wirtschaftlichen (Einzel-)Interessen sind Schweizer Interessen.
In der interessanten Ideen- und Wirkungsgeschichte des Slogans «Mehr Freiheit, weniger Staat» schreibt die Autorin mit Bezug auf das Buch «Fall FDP»:
Die Partei habe ihre hegemoniale Position und breite gesellschaftliche Basis verloren, weil sie sich vom Staat und der Gemeinwohlorientierung entfernte.
Allerdings relativiert die historische Forschung zu diesen drei Jahrzehnten die unmittelbare Wirkung des Slogans.
Neben dem Aufstieg der SVP und der ideologischen «anti-etatistischen Wende» der FDP, macht die historische (netzwerk-)soziologische Studie noch strukturelle Gründe fest für die «Entflechtung» des «alten Filzes»: die Finanzialisierung der Wirtschaft und Internationalisierung der wirtschaftlichen Führungskräfte – der «Wandel der Eliten».
Die enge Verflechtung der Eliten in der Schweiz wurde lange Zeit als effizientes und konsensorientiertes Model der Gesellschaftskoordination gelobt. Seit einigen Jahren jedoch beginnt dieses Model zu erodieren und selbst Kenner der Verhältnisse diagnostizieren eine neue Unberechenbarkeit der politischen Entscheidungsprozesse. In diesem Artikel vertreten wir […] die These, dass die gegenwärtigen Veränderungen in der Finanzialisierung der Wirtschaft wurzeln. Die Internationalisierung der wirtschaftlichen Führungskräfte und der Abschied von kreditbasierten Finanzierungsformen der Industrie führten zu einer Auflösung der Elitekoordination, wie sie für die Schweiz des 20. Jahrhunderts so typisch waren.
[…]
Das in der Zwischenkriegszeit entstandene Geflecht der Schweizer Eliten hat sich in den 1990er und 2000er Jahren stark ausgedünnt. Die Eliten der verschiedenen gesellschaftlichen Sphären haben sich entflochten. Vermehrt kümmern sich Schweizer Parlamentarier hauptberuflich um ihr politisches Mandat. Die Direktoren von Schweizer Grossfirmen definieren sich als Manager. Kontaktpflege mit anderen gesellschaftlichen Akteuren zählen für sie nicht mehr zu den Prioritäten – zumindest nicht mehr auf Schweizer Ebene.
Kurz: Die FDP wurde Opfer ihres eigenen «Erfolges».
Denn genau jene Prozesse (der Globalisierung und Finanzialisierung), welche die FDP unterstützte, machen sie nun, wo sie sich durchsetzen und «erfolgreich» sind, obsolet. Ähnlich, wie die Institutionalisierung und Selbstverständlichwerdung der Sozialwerke einen Schwund für die Sozialdemokratische Partei und Gewerkschaften zur Folge hatte.
Lieber Herr Rebosura, besten Dank für Ihren Beitrag und die beiden weiterführenden Studien. Interessant. Auch mir scheint, dass sich die FDP in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts vor allem von ihrem (Selbst-)Bild der staatstragenden Partei verabschiedet hat. Anders sehe ich dagegen den von Ihnen zitierten Befund, dass «sich die Eliten der verschiedenen gesellschaftlichen Sphären entflochten haben». Das mag personell so sein. Allerdings ist die Einflussnahme der wirtschaftlichen Elite auf die politische Elite heute kaum geringer als noch in den letzten Jahren und Jahrzehnten. Im Gegenteil.
Wer nicht das Buch «Fall FDP» lesen mag, kann die interessante Ideen- und Wirkungsgeschichte des Slogans «Mehr Freiheit, weniger Staat» lesen.
Liberal ist bei der FDP, was dem Arbeitgeber nützt, ihm den Profit steigert, seine Steuern senkt, seine Macht gegen den Arbeitnehmer stärkt und der Finanzwirtschaft die Modi gibt, möglichst viel abzukassieren mit wenig Arbeit. Spekulieren. Auf Kosten anderer, die arbeiten. Wirklich arbeiten. Wenn alle nur spekulieren würden, gäbe es keine Kaffeemaschinen und keinen Kaffee zum Frühstück. Ergo, die Partei ist nicht nachhaltig!
FDP Frisch, Desinfizierend, Porentief. Dein blaues Waschmittel. Liberal. Für alles!
Interessanter als die Risse im Bild, das Burkhart von sich zu transportieren versucht, wären die Risse, die in der FDP zutage treten. Wie sieht's z.B. mit dem Zusammengehen (oder Auseinanderdriften?) mit den Radicaux oder den Libéraux aus? Da müsste aber weiter recherchiert werden als in den deutschschweizerischen Pressearchiven!
Lieber Herr Wimmer, besten Dank für Ihren Hinweis. Das Verhältnis zwischen Radikalen und Liberalen in der Schweiz wäre in der Tat ein interessantes Thema - das den Rahmen unseres Artikels allerdings gesprengt hätte. Einen guten Überblick dazu bietet der Artikel von Albert Tanner im Historischen Lexikons der Schweiz: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/…013-01-29/. Und vielleicht noch das: Natürlich tragen wir die Informationen für unsere Artikel nie nur aus «deutschschweizerischen Pressearchiven» zusammen. Wir lesen möglichst viel, wir reden mit möglichst vielen Leuten, wir recherchieren möglichst Vieles, was bis jetzt noch nicht bekannt ist.
Die FDP behauptet liberal zu sein, betreibt aber primär Klientelpolitik – das pure Gegenteil von Liberalismus. Setzt sich die FDP für das Niederreissen von Zollschranken und Parallelimporte ein? Eigentlich eher nicht, weil da ihre Klientel negativ betroffen wäre. Die FDP verteidigt im Alltag primär – wie die SVP ja auch! – die «Pfründe der Fründe». Am Sonntag verkündet man dann wieder, wie liberal man sei.
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