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(Diesmal anonym, da ich über meinen Sohn (N.) schreibe)
Meine Ex-Frau wünschte sich für's Leben gern Kinder. So landeten wir schliesslich bei einer Zusammenkunft von adptionswilligen Eltern bei einer entsprechenden Stelle in Zürich. 12 Paare sassen um einen runden Tisch und 12 Frauen erinnerten mich an die beiden Frauen beim König Salomo: Wenn da ein adoptierbares Kind auf den Tisch geraten wäre - es wäre in 12 Teile zerrissen worden - mindestens seelisch. Kurz: diese Versammlung war nicht geeignet, meine Bedenken vor einer Adoption zu zerstreuen. Damals bewegten mich Fragen wie "und wenn der dann fixt und klaut, wenn er gross ist, hälst du das aus?" heute - im Rückblick - hätte ich die damaligen Zweifel eher so formuliert: "und wenn er deine Ehe sprengt,...?" Jedenfalls fand ich, dass die in der Schweiz adoptierbaren Kinder wohl versorgt sein würden.
Bald darauf bekamen wir aber Kontakt über einen Kollegen zu einem rumänischen Heim, in dem ein dort arbeitender Psychologe, der mit einem Anwalt befreundet war, dafür sorgte, dass Kinder dieses Heims Adoptiveltern fanden. So fuhren wir im Herbst 1990 nach Rumänien um uns N. anzusehen. Da sass er vor uns unter Aufsicht der Heimleitung, einer einfachen, währschaften Frau, für die wir Kaffee mitgebracht hatten, damit sie uns nicht ganz so feindseelig ansehe. Und N: verrotzt, ein heulendes Elend. "Dass also ist dein Sohn!" dachte ich trocken. Die Situation fand ich nicht so überzeugend.
N. war, wie wir erfuhren, bereits 4 Jahre alt, seine Mutter hatte ihn als 8. Kind gleich im Krankenhaus gelassen und war verschwunden. Er kam 2 Jahre in eine Säuglingsanstalt und war wohl meistens in seinem Bettchen angebunden, immerhin hatte er offenbar genügend schnell gelernt, wie das mit Milchfläschchen funktioniert und überlebt. So kam er in das Heim, in dem wir ihn nun nochmals alleine "haben" konnten: Aus Deutschland war gerade eine Hilfslieferung im Heim angekommen: Bilderbücher und Spielzeugautos. Ich zeigte ihm ein Bilderbuch nach dem anderen - er drehte sie noch auf den Kopf - und ich merkte, dass seine Aufmerksamkeit mehr dem Prozess des Zeigens galt, so zeigte ich ihm schliesslich stereotyp immer das gleiche. Sein Interesse erweckte mehr ein Auto mit einem Schwungmotor. Er hatte wohl keine Ahnung, was ein Auto ist, da die Kinder das Heim - es lag mitten in einer kleinen Ortschaft - nicht verlassen durften, was die Anwohner nicht geschätzt hätten. Aber er entdeckte den Schwungmotor, rollte das Auto an und lauschte, bis der letzte Ton verklungen war, um es dann erneut anzurollen. Für meine Exe (Kinderärztin) entscheidender Hinweis: Er kann sich einlassen!
Dann zeigte uns der Psychologe noch das - trostlose - Heim (immerhin hatten sie einen Teilzeit-Psychologen, der den Kinder Sprechen beibrachte). Am erschütternsten war der Blick in einen Klassenraum: einige Kinder mit stereotypen Nickbewegungen des Oberkörpers am Boden sitzend. Andere, weniger hospitalisierte stürzten auf uns zu und krabbelten an uns empor. Ein deprimierendes Gefühl, sie abstreifen zu müssen und in ihr trauriges Los zurückzustossen.
Wir kamen dann in den Essraum und ich wusste, hier sass auch N. "Deinen Sohn solltest du ja wohl wiedererkennen" - erwartete ich von mir. Fehlanzeige: alle 20 gleichalt, gleichzerlumpt, gleicher Haarschnitt. Aber einer sass separat: Er drehte sich kurz zu uns um, sagte "Ciao", als sei es das Selbstverständlichste von der Welt und wendete sich wieder seinem Suppenteller zu. Für mich aber war diese Geste entscheidend: OK - ich sage ja zu dir!
Nun folgen 3 Monate Papierkrieg: 19 Dokumente mussten besorgt und übersetzt werden. Dann die Reise meiner Exe - ich musste arbeiten - nach Bukarest, um für N einen Pass zu bekommen. Ein Hindernislauf, der wie Geburtswehen wirkte. Endlich konnte sie N. aus dem Heim zu dem mittlerweile befreundeten Anwalt holen: Erste grosse Entdeckung: N. spielte mit Hingabe am Warmwasserhahn des Waschbeckens: Er hatte noch nie warmes Waser erlebt. Dann verpassen die beiden in Budapest wegen eines überlangen Aufenthaltes am Grenzübergang RO/HU das letzte Flugzeug. Meine Exe ist völlig erledigt. Ihre herabrollenden Tränen sieht N. Er nimmt seinen gerade erhaltenen Keks und gibt ihn ihr als Trost zurück!
Aber als er dann bei uns nach 3 Monaten einzog (die übliche "Lieferfrist" von 9 Monaten hat schon ihren guten Sinn), zeigte er, dass er auch anders konnte. Unsere erste Überraschung - wir wussten, dass im Heim strenge Mittagsruhe eingehalten wurde - kam beim ersten Mittagsschlaf in seinem Zimmerchen: Er schrie so sehr am Spiess, dass er schliesslich von seinem eigenen Geschrei übermüdet einschlief. Was wir aber nicht bedacht hatten, dass er befürchten könnte, dass wir, wenn er wieder aufwacht verschwunden sein könnten.
Und nun kam "Testing the Linits": Habt ihr mich wirklich lieb? Mit dem Verhalten eines 2 Jährigen aber der Pfiffigkeit eines 4 Jährigen wurde die Wohnung auf ihre Stablilität untersucht: Schnell hatten wir prophylaktisch die unteren Fächer der Regale leergeräumt. Manche Scheibe ging zu Bruch. Und N konnte richtig cholerisch werden: Als er eine Tüte Råppli nicht bekam, legte er sich auf den Rücken in den Eingang des Geschäftes und schrie, so laut er konnte (und er konnte laut!) Uns blieb nichts anderes übrig, als ihn liegen zu lassen (unter den missbilligenden Blicken der Passanten), da wir wussten, alleine liegenbleiben ist schlimmer als keine Räppli bekommen - so kam er wütend stampfend hinter uns her.
Bei verschiedenen Gelegenheiten bekamen wir Einblicke in seine Vergangenheit. So verprügelte er mit einem Stock die Fusssohlen (!) seines Teddys. Ein andermal hatte er mich so gereizt, dass ich ihn - nun richtig wütend - übers Knie legte und ihm versuchte den Hintern zu versohlen - und er? Er lachte! Nach dem Motto: "Wenn du nicht mehr auf die Waage bringst, kann ich nur lachen." Als es beim nächsten Mal wieder so weit war (er wollte meinen Grenzen sehen) habe ich ihn unter den Arm genommen, im Bad die kalte Dusche angestellt und ins Gesicht geduscht. Diese Wellenlänge hat besser gestimmt: Er war wieder zugänglich. (Der Heimpsychologe hatte uns Strenge empfohlen, weil sie den Kinder im Heim (eine eigenartige) Sicherheit vermittle.)
Gleichwohl bekam ich mit ihm, kaum war seine Mutter nicht da, nach etwa einer 1/2h Krach. Wir bildeten zu dritt einen Ödipus-Komplex aus, bei dem Laios keine Chance hat, wenn Iokaste zu Ödipus hält.
Als er 14 wurde reichte es mir, ewig der geduldete Geldverdiener zu sein. Ich zog (nicht nur deshalb) aus. Das fiel mir schwer, weil ich finde: Erst ein Kind adoptieren und dann davonlaufen? N. und ich haben dann einen wöchentlichen "Herrenabend" verabredet, an denen wir so manches gemeinsam unternahmen. Den hatten wir, so die Verabredung, eisern einzuhalten. (Eine Herausforderung, die ich trotz meines satten Terminkalenders gern durchgehalten habe.) Das tat uns beiden gut.
Richtig Vater und Sohn wurden wir aber erst, als er 18 wurde und wir gemeinsam eine Einödwanderung in Lappland machten, bei der uns der Proviant ausging und wir Fische fingen um unseren Hunger zu stillen. Dieses Aufeinanderangewiesensein hat den Bann gebrochen.
Heute ist er nach einigen Umwegen mit seinen gut 30 Jahren eingebettet in einen grossen Freundeskreis und beginnt nach einer längeren Arbeitslosigkeit jetzt an einer neuen Stelle.
Von den anderen 6 damals adoptierten Kindern aus diesem Heim pendeln heute 4 zwischen Psychiatrie und obdachlos, 2 sind immerhin nach Rumänien zurückgekehrt.
Würde ich also nochmals adoptieren? Nur N. - sonst auf keinen Fall!
Ich habe den Eindruck, dass Sie zu Recht verdammt stolz auf sich und Ihren Sohn sind. Ganz ehrlich, Ihren Mut hätte ich nie im Leben aufgebracht. Chapeau!
Danke, für Ihre ermutigende Bewertung. Ich bin leider gar nicht "verdammt stolz" auf mich. Wenn, dann geht das Verdienst eher an meine Exe, die mit Engelsgeduld in Eiseskälte ausharrte, bis N. endlich ausgeschaukelt hatte.
Und mit meinem Mut ist das auch so eine Sache: ich würde Ihnen am liebsten antworten: "Ich hätte ihn auch nicht aufgebracht, aber wenn mal aufgebrochen ist, gibt es ja kein zurück".
Es ist ein erschütternder Bericht über eine zerstörte Gesellschaft in einem totalitären System, in dem durch jahrelange Repression, andauernde Gewalt und Armut elementarste Mitmenschlichkeit und Fürsorge zerstört worden ist.
Ich hatte vor einigen Jahren die Gelegenheit, in Sighetu Marmaţiei das Memorial Sighet zu besuchen, eine Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus und des antikommunistischen Widerstands in Rumänien. Es ist etwas vom Beklemmendsten, das ich je erlebt habe. In diesem Gebäude wurden Tausende zu Tode gefoltert. Das Leiden, die Qual und die Schreie sind nach Jahren immer noch hör- und spürbar.
Wie ein Teilnehmer der Gruppe zu recht sagte, hat das Memorial einen falschen Namen. Es sollte ein Memorial für die Opfer aller totalitären Systeme heissen. Denn die menschliche Grausamkeit ist universell und entwickelt sich auf allen totalitären ideologischen Böden.
Der Bericht zeigt aber auch auf, mit welchem Mut und Einsatz Menschen sich um zerstörte Leben kümmern und zu retten versuchen, was noch zu retten ist. Da verspüre ich eine grosse Hochachtung.
Ceaușescu ist leider nur als Person Geschichte. Es gibt auch in der Gegenwart viel zu viele Ceaușescus mit ihren Mitläufern, Zudienern, Bewunderern und ihren Menschen verachtenden und Menschen zerstörenden, verlogenen Gewaltsystemen.
Bleiben wir wachsam und setzen wir uns für unsere freie und demokratische Gesellschaft mit all ihren Unzulänglichkeiten ein.
Ich bin so froh, dass dieser Artikel sehr genau darstellt, dass Liebe allein nicht genügt, um schwer vernachlässigten Kindern eine Entwicklung zu ermöglichen. immer wieder in der Geschichte wurden schwer traumatisierte Kinder mit viel Energie und viel Zuneigung gerettet und sehr oft wurden die Helfenden bitter enttäuscht. Zum Glück hat die Forschung brauchbare neue Erkenntnisse gebracht, die von lernfähigen Eltern, Psychologen und Heilpädagoginnen nutzbringend angewendet werden können. Dieser Artikel sollte Pflichtstoff sein für alle, die sich beruflich um verkümmerte Kinder kümmern müssen. Dank an die Republik und Melissa Fay Greene.
Der Beitrag hat mich erneut erschüttert. Vor vielen Jahren habe ich ein Kind aus einem rumänischen Kinderheim in meine Kindergartenklasse bekommen. Seine Adoptiveltern haben ihr bestes gegeben und auch ich war aufs äusserste gefordert. Mit fünf Jahren lernte er bei mir laufen und hat mir den ganzen Kindergarten auf den Kopf gestellt.
Die vielen Spielsachen und die anderen Kinder haben ihn völlig aus dem Häuschen gebracht. Seine Wutanfälle und die Unberechenbarkeit sind mir sehr präsent. Man musste mit allem rechnen. Sein Alter hatte Dr. Largo als viel älter eingeschätzt, sein Geburtsdatum wusste man nicht genau. Er besuchte mich während der ganzen Schulzeit regelmässig und der Kontakt blieb bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr bestehen. Genau wie im Bericht beschrieben überwarf er sich mit seinen Adoptiveltern und wurde gewalttätig, der Kontakt zu ihnen brach ab. Er ging auf den Strich und wurde von einem eifersüchtigen Liebhaber brutal umgebracht.
Er hat die Liebe und Zuwendung in seinem neuen Leben nicht mehr empfinden können.
Die Schrecken der ersten Lebensjahre haben ihm das Leben gekostet.
Dieser Text ist sehr berührend. Ich erinnere mich über eine Studie gelesen zu haben, wo untersucht wurde, wieso sich die einen Menschen aus tristesten Verhältnissen zu einem fast normalen Leben emporschwingen können, während andere völlig abstürzen und sich selbst immer wieder in den Fuss schiessen. Das Ergebnis war, dass es nur die schaffen, welche, zumindest eine Zeit lang, eine Bezugsperson hatten, häufig die Grosseltern, manchmal, aber auch Gleichaltrige in einer Gruppe, wo man sich gegenseitig hilft, oder Obdachlose, welche den Kindern helfen und einfach mal für sie da sind.
Bei Izidor waren es wohl die anderen Kinder im 'Krankenhaus', mit denen er eine Beziehung aufbauen konnte, und dann die Adoptiveltern, auch wenn es eine sehr schwierige war. Vieles an seinem Verhalten erinnert aber auch an Autismus.
Auf jeden Fall zeigt dieser Bericht, wie wichtig ein verlässliches Umfeld für Kinder zum Aufwachsen ist, und wie falsch wir liegen, genau hier immer mehr Unsicherheiten zu schaffen.
Warum bekommen wir nur die Übersetzung und nicht das Original - wird wohl Englisch sein - geliefert?
Danke für den Hinweis.
Die TV-Bilder der Kinder in diesen Anstalten (wie auch die Bilder im Kontext des Ceausescu-Prozesses) haben sich mir, damals 13/14-jährig, tief eingeprägt. Viel später war ich selber mit einem Rumänienkenner in Rumänien und habe dort u.A. auch Kinderheime besucht und einfach mit Leuten auf der Strasse gesprochen. Die Ceausescu-Zeit hat das Land so tief geprägt, es ist unfassbar und für uns unvorstellbar. Danke für den Beitrag, der nun noch neurologische Erkenntnisse im Kontext der Kinder hinzufügt.
«Wir waren im Truck und kamen vom Einkaufen», erinnert sich Marlys, «und ein Typ fuhr richtig fest in uns hinein – es war ein Unfall mit fünf Autos. Nach ein paar Stunden im Krankenhaus entliess man uns. Ich rief Izidor nicht an, um es ihm mitzuteilen. Wir sprachen ja nicht miteinander. Aber er fand es heraus, und ich nehme an, im Krankenhaus sagte er: ‹Ich bin hier, um die Familie Ruckel zu besuchen.› Und sie sagten: ‹Sie sind nicht mehr hier›, was für ihn hiess: ‹Sie sind tot.›»
Izidor raste vom Spital zum Haus der Ruckels – dem Haus, das er boykottierte, zu der Familie, die er hasste.
Danny Ruckel wollte ihn nicht ohne Verhandlung hereinlassen. «Was hast du vor?», fragte er. «Versprichst du, anständig zu uns zu sein?» Izidor versprach es. Danny liess Izidor ins Wohnzimmer, wo er allen gegenüberstand, die Arme voller Blumen und mit Tränen in den Augen. Bevor er an jenem Tag wieder ging, legte Izidor seiner Mutter die Blumen in den Arm und sagte, mit der grössten Ernsthaftigkeit, die sie je gehört hatten: «Die sind alle für dich. Ich liebe dich.»
Es sollte ein Wendepunkt werden. Von jenem Tag an war etwas in ihm weicher, was die Familie Ruckel betraf.
Besonders berührt hat mich an dieser insgesamt verstörenden Geschichte: weicher wird Izidor in jenem Moment, indem er emotional be-greift und nicht nur rational ver-steht, dass Menschen, die ihm nahe sind, sterben können; und was das gefühlsmässig bedeutet.
Ich möchte die gewagte und selbstherrliche These riskieren: Wer nichts vom Tod weiss und wissen will, ist auch zur Liebe nicht fähig.
Gerade habe ich diese wunderbare Geschichte aufgesogen, und da spriessen und wuchern bereits viele von der Geschichte stimulierte Gedanken.
Das Extrembeispiel komplett vernachlässigter und in einer lieblosen Massen-Abfertigung gerade knapp am Leben gehaltener rumänischer Weisenkinder verdeutlicht etwas, was wir alle ein wenig kennen und was eben mit liebloser Massenabfertigung (und Rationalisierung und Dauertiefpreisen und "Quantität anstatt Qualität") zu tun hat.
Ausserdem wird besonders deutlich, wie sogenannte "psychische Krankheiten" entstehen: Als Resultate einer kranken Gesellschaft, die auf ihrem Irrweg hin zu Illusionen von "Macht und Reichtum" gleichsam ihre Seele dem Teufel verkauft hat, so dass die wichtigsten Dinge im Leben, nämlich Liebe und Geborgenheit, unter die Räder einer gnadenlosen "Zivilisations"-Maschinerie geraten.
Aber wo genau beginnt sich dieser Teufelskreis zu drehen?
Wie wir gegen Schluss der Geschichte erfahren, sind Izidors Eltern selber arm und leben im Elend und im Dreck. Und sie vermehren sich in diesem Sumpf, wie die Mäuse...
In dem Moment, als Izidor diese Realität SEINER Familie endlich sehen kann, wie sie ist, wird er halbwegs geheilt und kann seiner neuen, amerikanischen Familie endlich jene Dankbarkeit zukommen lassen, die diese über alle Massen verdient!
Hinschauen was ist, führt irgendwann zu tieferer -und vielleicht sogar befreihender- Erkenntnis.
Der rastlose und auch zwecklose Versuch aller Beteiligten der Rettungsgeschichte (ohne Hollywood-Happy End), ihre triste Realität mittels Moral in den Griff zu bekommen und "das Böse" zu besiegen, weicht einer deutlich entspannteren Form der Akzeptanz:
Nicht mehr ändern wollen, was nicht zu ändern ist, sondern damit umzugehen lernen!
Und neben allem Mangel auch die -in diesem Mangel entstandenen- kompensierenden Fähigkeiten entdecken und würdigen!
Letztlich quälen sich Erwachsene, die Kinder misshandeln, vor allem selbst und versagen sich selber eine sprudelnde Lebensenergie-Quelle von Freude, Spass und Glück.
Wer sich auf das (natürliche) kindliche Wesen einlässt, wird ungeheuer viel auch für sich selbst und für sein eigenes Leben gewinnen!
Und immer dann, wenn wieder irgendwo ein Kind zur Welt kommt, gibt uns das Leben eine neue Chance, zu erkennen und zu begreifen, wie wunderbar das (sich ständig erneuernde) Leben tatsächlich ist!
Das kann auch ein Tierkind sein, zum Beispiel ein Kälbchen, das uns mit seinen grossen, interessierten Augen anschaut und bereit ist zum spielen.
Hallo Herr Müller, was meinen Sie mit: „Und sie vermehren sich in diesem Sumpf wie die Mäuse...“
Dass sie sich stark vermehren, ohne eine Basis für ein qualitativ gutes Aufwachsen ihres Nachwuchses zu haben. Das geschieht aus Egoismus (heranziehen von KinderarbeiterInnen), Fatalismus und Bildungsferne, was natürlich aus der Perspektive von "Rabeneltern aus der Unterschicht" praktisch intelligent und nur allzu verständlich ist. Darum masse ich mir auch nicht an, diese Art von Lieblosigkeit zu verurteilen.
Wenn ich es mir recht überlege, dann betreuen Mäuse ihre vielen Mauskinder sehr Maus-gerecht und demnach eigentlich liebevoll.
Deshalb ziehe ich den Vergleich zurück.
Denn er beleidigt die Mäuse...
Toll geschrieben wollte ich wohl damit sagen.
Diese Geschichte ist berührend, inhaltlich. Ich war in Rumänien und kannte einen Teil davon schon. Leider! – Aber der Text als Ganzes ist nicht wirklich überzeugend. Da werden verschiedene persönliche Einzelgeschichten mit wissenschaftlichen Ebenen gemischt (die Forschungen sind zudem umstritten). Gesamthaft wirkt er heterogen und wenig einordnend. Gerne hätte ich mehr von den wissenschaftlichen Erkenntnissen erfahren (die Verfahren sind ja auch umstritten).
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