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Seltsam. Wenn ein Kind missbraucht worden wäre, hätte die von der Täterseite gerne vorgebrachte Argumentation, das Kind hätte es doch auch gewünscht, absolut keinen Wert gehabt. Vielmehr wäre dies als fehlende Einsicht mit entsprechend strafverschärfender Folge (bis zur Verwahrung) taxiert worden. Nach diesem Bericht habe ich aber den Eindruck, dass sogar der männliche Richter daran interessiert war, dem weiblichen Opfer zu unterstellen, dass sie einer intimeren bis erotischen Beziehung zum Täter nicht abgeneigt gewesen war. Dies, obwohl sie das absolut unmissverständlich in Abrede stellte und die Annäherungsversuche des Täters klar zurückwies.
Das hat meiner Meinung nach wenig mit richterlicher Neutralität zu tun. Die Frau hat unsäglich gelitten und ist durch die öffentliche Befragung noch weiter gedemütigt und vielleicht sogar retraumatisiert worden.
Sehr geehrter Herr Schmuziger. Ich empfand die Befragung ebenfalls als sehr unangenehm. Mir ist aber auch klar, dass der Richter das Opfer kritisch befragen musste. Und schlussendlich hat das Gericht den Mann verurteilt.
Liebe Frau Bühler, ja, zum Glück hat eine Verurteilung stattgefunden. Persönlich finde ich, dass das Opfer besser geschützt hätte werden sollen. Meines Wissens gibt es auch andere Wege, die Wahrheit herauszufinden, z.B. Befragungen, die nicht öffentlich sind.
Wäre das Opfer nicht schwarz gewesen, wäre sicher viel weniger gefragt worden. Echt schockierend diese Performance der schweizer Justiz
Sehr geehrter Herr B., das glaube ich eigentlich nicht.
Nein. Der Richter ist in solchen Fällen von Vier-Augen-Delikten, wenn Aussage gegen Aussage steht, geradezu dazu verpflichtet, hartnäckig nachzufragen. Das mag für das mutmassliche Opfer jeweils unangenehm sein, aber im Endeffekt geht es darum, dass der mutmassliche Täter zu einer Strafe verurteilt werden soll. Das kann doch recht happige Folgen für ihn haben und muss daher in einem Rechtsstaat sauber abgeklärt werden. Das hat kaum was mit der Hautfarbe zu tun.
Müssten wir nicht endlich zu einer Art Umkehrung der Beweislast finden, so wie ich mir das im schwedischen Recht vorstelle? Man hat sich ja weit herum lustig gemacht über den "Vertrag", der nach diesem Rechtsmodell bei sexuellen Kontakten vorgängig abgeschlossen werden soll. Aber in einem solchen Fall wäre es doch angemessen, dass nicht "die Verfolgte" (die Geschädigte, das "Opfer") x-mal beweisen muss, dass sie ihren Stalker abgewiesen hat, sondern im Gegenteil, der Täter müsste beweisen können, dass sie mit seinem Verhalten und Vorgehen einverstanden war. Also er müsste z.B. zahlreiche Nachrichten vorlegen können, in denen sie ihn zu dies oder jenem einlädt, ihn aufmuntert, sich für seine Avancen bedankt usw., um freigesprochen oder milder bestraft zu werden.
Das halte ich aus strafrechtlicher oder strafprozessualer Optik für äusserst gefährlich. Die Unschuldsvermutung ist ein zentraler Bestandteil unseres Rechtsstaates und wir alle profitieren davon, dass im Strafprozess der Staat uns beweisen muss, dass wir schuldig sind, bevor er uns bestraft. Die Beweislastumkehr würde diese Unschuldsvermutung aber einschränken. Am Ende bedeutete das, dass man jemanden anzeigen kann und der dann verurteilt und bestraft wird, wenn er nicht beweisen kann, dass er es nicht war. Das öffnet nach mir Tür und Tor für Missbrauch. (Nils)
Ein Vertrag bietet keine Lösung für diese Problematik. Was ist, wenn sie zwar einen sexuellen Kontakt wollte, aber nicht auf die Art, wie er sie ihr nachher aufgedrängt hat? Wenn sie während des Aktes merkt, dass es gar nicht passt, weil er sie auf eine unangenehm oder grob berührt und nicht aufhört, wenn sie sagt er soll es lassen? Wenn sie schon Sex hatten, und er sie danach stalkt und gegen ihren Willen weiteren Kontakt einfordert?J.S.
Kann man eigentlich einen Richter anzeigen?
Mary
PS: Wenn meine Beiträge nicht mehr über google zu finden sind wieder mit vollem Namen!
Nein. Der Richter ist in solchen Fällen von Vier-Augen-Delikten, wenn Aussage gegen Aussage steht, geradezu dazu verpflichtet, hartnäckig nachzufragen. Das mag für das mutmassliche Opfer jeweils unangenehm sein, aber im Endeffekt geht es darum, dass der mutmassliche Täter zu einer Strafe verurteilt werden soll. Das kann doch recht happige Folgen für ihn haben und muss daher in einem Rechtsstaat sauber abgeklärt werden. Und wenn ich das richtig verstehe, war die Autorin bei der Täterbefragung nicht anwesend (oder berichtet zumindest nicht darüber). Ich nehme an, der wurde genauso hartnäckig befragt.
(Nils)
Liebe Mary. Es geht nicht darum, sondern vielemehr, die Arbeit der Richterinnen und Richter kritisch zu begleiten.
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