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Eines Tages passiert es vielleicht, dass Sie ein Haus kaufen möchten, aber keine Hypothek bekommen, weil Ihr Telefonbuch nicht genügend als zuverlässig anerkannte Kontakte aufweist und dadurch auch Ihre eigen Zuverlässigkeit in Frage gestellt werden könnte. Beispiel
Vielleicht geraten Sie aber auch in Verdacht, wegen Anwesenheit zur falschen Zeit am falschen Ort. Rasterfahndung macht es möglich --> Antennensuchläufe-Aargauer Zeitung . Ungerechtfertigt in Verdacht zu geraten und evtl. eine allfällige Hausdurchsuchung über sich ergehen zu lassen, ist kein Zuckerschlecken und zieht, wenn Sie verheiratet sind, mit grosser Wahrscheinlichkeit Beziehungsschwierigkeiten, bis hin zur Scheidung nach sich. Auch wenn Sie nachher als Unschuldig aus dem Verfahren entlassen werden, ist der Untersuchungszeitraum oftmals sehr lange, ihr Sozialleben zerstört und ein Restverdacht bleibt an Ihnen kleben.
Wie Sie richtig bemerken, ist der Schlüssel zur erfolgreichen Massenüberwachung, das Zusammenführen von Datenbanken. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, ist es bis dahin nur noch ein kleiner Schritt, der eher früher als später gegangen wird.
Kommen Sie in Verdacht, macht es einen gehörigen Unterschied, ob Sie durch klassische Ermittlungsmethoden beurteilt werden oder ob sich diese Fahnder mehrheitlich auf Überwachungsdaten stützen.
Die Weichen dafür, werden im hier und jetzt gestellt und die Diskussion darüber, erlebe ich alles andere als "gehypt", ignoriert trifft es besser.
Man hat ja schliesslich nichts zu verbergen.
Freiheit... Ich empfinde eine grosse Freiheit weil ich mir nie Sorgen mache wenn meine Freundin nach 22h alleine nach hause geht, weil ich an keinem Tag der Woche wissen muss, wer wann wo Fussball spielt und man ja wisse dass es da zu Ausschreitungen kommt, weil es weder für Ausländer noch für Frauen dunkle Ecken gibt die man meiden sollte. Das bezeichnen Sie als Tech-Diktatur, ich empfinde es als höchst lebenswerte Gesellschaft trotz extremer Bevölkerungsdichte und zugleich extrem hoher Mobilität über ein Gebiet so gross wie London-Teheran-Hambug-Casablanca. Auf so einer gigantischen Fläche kann man sich in China komplett ohne Visum bewegen und frei Arbeit suchen. Dass es da andere Formen braucht um Sicherheit zu garantieren und Kriminelle aufzuspüren als im doch (relativ) kleinen Schengenraum mit nicht mal einem Drittel der Bevölkerung Chinas, sollte klar sein. Ich will hier nicht provokant für China Werbung machen, sondern erklären warum Leute wie ich gerne in China wohnen und hier auch viele europäische Expats finden, Europa tut in Sachen Sicherheit viel zu wenig. Auf die Gefahr eine gemütliche Echokammer etwas zu ärgern poste ich hier daher eine Gegenmeinung zum Autor.
Als 80% und mehr Menschen unmobil ihr Leben vorwiegend in einem Dorf oder einem Quartier verbrachten genügte natürlich die ganz normale soziale Überwachung um eine einheitliche Kultur, Moral oder Wertvorstellung durchzusetzen, ohne dass man regeln musste ob Schüler verpflichtet sind der Lehrerin die Hand zu geben.
Wir leben heute in einer hochmobilen, diversen, globalisierten Welt, wo verschiedene Werte und Gepflogenheiten jederzeit auf einander treffen. Wenn der Staat weder überwacht, noch moralische Werte fördert, noch die vorhandene Technologie nutzen darf, ja sogar gefilmte gefährliche Fahrmanöver nicht bestraft werden weil das Filmen nicht erlaubt gewesen sei, dann frage ich mich wozu wir unsere Lebenswelt gezielt gefährlich machen um einem Ideal nachzueifern welches zu Zeiten stabil sesshafter Bevölkerung vielleicht mal Sinn machte.
Die Formulierung “der Staat rüstet auf“ finde ich in der Schweiz besonders absurd, wo wir ja nun wirklich sagen dürfen: der Staat sind wir. Wir rüsten technisch auf gegen Kriminelle - und so formuliert finde ich das auch richtig, ja dringend nötig.
Und doch würde ich jetzt mal behaupten, dass die Schweiz, eines der sichersten Länder und gleichzeitig ein Land mit relativ wenig Videoüberwachung, ein Topbeispiel ist, dass staatliche Videoüberwachung und Sicherheit nicht viel miteinander zu tun haben.
Die Rolle von China ist sehr interessant, wo der Staat sich ja zur Aufgabe gemacht hat, seine sehr schnell reicher werdende Bevölkerung mit strikten Gesetzen zu erziehen. Was man vielleicht als "Opfer" von chinesischen Touristen auch als bitternötig empfinden mag, wage ich es zu bezweifeln, dass ein Staat in dem Millionen von Leuten "verschwinden" und in Umerziehungs-Camps festgehalten werden, die richtigen moralischen Werte weitergibt.
Zuletzt muss ich sagen, ist die Kriminalität so tief wie je zuvor, in der westlichen Welt. Jedenfalls was schwerere Gewaltverbrechen angeht. So sehe ich nicht ein, warum eine technische Aufrüstung "dringend nötig" sein soll. Schliesslich wird Massenvideoüberwachung selten genannt, wenn es darum geht Korruption oder Wirtschaftskriminalität zu bekämpfen.
„Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt" (Kant)
Und genau da liegt der Punkt: Meine Freiheit ist die, nicht bei jedem Klogang kontrolliert zu werden. Auch nicht darauf, ob ich meine Hände gewaschen habe. Weil das schlicht niemanden was angeht.
Auch nicht den Staatsschutz.
Ob das für mich relevant ist, mögen Sie fragen. Ja. Ist es. Denn wer garantiert mir, dass nicht eines Tages ein Mensch auf die Idee kommt, genau das unter Strafe zu stellen? Oder das popeln in der Nase?
Wer gibt denn irgendwem das Recht, vielleicht die Daten meines Besäufnisses gestern an meinen Mann weiter zu geben? Oder den Seitensprung als Erpressungsgrundlage zu verwenden?
Ihre Aussage, dass wir diese Art Überwachung benötigen, zeugt von wenig Vertrauen in alle - dafür alles Vertrauen in die, die diese Daten in der Hand haben.
Seien wir ehrlich. Die haben unser Vertrauen kein Bisschen mehr verdient als die anderen. Schon so gar nicht, wenn ihnen Jemand für unsere Daten viel Geld zahlen möchte!
Was mir beim ersten Durchlesen des Artikels auffällt: Er ist im gleichen hyperventilierten Stil geschrieben wie das Ekin-Werbefilmchen gedreht ist. Damit habe ich nun zwei Optionen: Entweder ich lege den Artikel degoutiert beiseite, oder aber ich überwinde mich und lese ihn ein zweites Mal gründlich durch. Ich gebe zu, dass ich letzteres tun werde. Aber wehe, im Artikel ist gleichviel warme Luft drin wie im Filmchen - dann werde ich schampar hässig!
Ich hoffe Sie konservieren und kanalisieren diese Wut eher für Institutionen, die sich solche Technologien beschaffen oder für Unternehmen, die diese anbieten. Falls Ihnen das aber gleichgültig ist, lesen, vergessen, weiterleben. Schönen Tag noch!
Na, na Frau Fichter, Schreibstil ist Geschmackssache, das werden Sie als Journalistin sicher wissen. Ich meinerseits habe zugesichert, dass ich den Text auf seinen Inhalt hin sicher nochmals lesen werde - und falls er mir inhaltlich nicht gefallen sollte, bin ich bloss hässig. Von (zu kanalisierender) Wut, Gleichgültigkeit oder gar (selbstvergessenem) Weiterleben kann keine Rede sein. Dafür bin ich schon zu lange politisch unterwegs.
Mich wundert immer wieder wie leichtfertig Bedenken über permanente Überwachung mit einem Schulterzucken abgekanzelt werden.
Dazu fällt mir der treffende Kommentar von Psychologe Johannes Ullrich im Artikel zu Überwachungskameras in der Stadt Zürich ein:
Überwachung wird heute nicht mehr als Ausdruck von Macht wahrgenommen, sondern als Notwendigkeit, sagt der Psychologe Johannes Ullrich. „Ich glaube, dass eine Normalisierung stattgefunden hat.“ Man nehme es als gegeben an, dass Überwachung immer da ist; man habe sich damit arrangiert, dass es halt nicht anders gehe.
danke für die Serie! es ist wirklich Zeit für eine genauere Bestandesaufnahme und hartnäckiges Hinschauen!
Danke für diesen sehr instruktiven, verständlichen und nachdenklich machenden Artikel!
Die grundlegende Frage ist ja die folgende: wer sammelt in welchem Auftrag und unter welcher Kontrolle was, mit welcher Fragestellung und zu welchem Zweck?
Da scheint mir noch sehr vieles sehr vage, sehr offen und äusserst diffus zu sein.
Zwei weitere Fragen drängen sich mir auf:
Welches sind die gesellschaftspolitischen Auswirkungen einer solch irrsinnigen Überwacherei? Welches sind die Auswirkungen auf unser Sozialverhalten und auf unsere Psyche? Werden dadurch totalitäre Strukturen und extreme Ideologien nicht noch mehr gefördert und so letztlich mehr Unsicherheit als Sicherheit geschaffen? Was ist überhaupt der Preis für das alles?
Und was sind die ökologischen Konsequenzen? Solch extrem grosse Datenmengen verbrauchen sehr viel Energie. Führt diese Datensammelpsychose nicht doch dazu, dass wir unser Ökosystem Erde noch schneller an die Wand fahren?
Sie bringen das sehr präzise aufgelistet genau auf den Punkt, Heinrich Kienholz! Genau das sind die Fragen, die sich hier stellen! - Danke, Adrienne, einmal mehr, für den Artikel!
Danke Adrienne für den gelungenen Auftakt: Investigativ, das personelle Dickicht entflechtend und die technologische Komplexität verständlichmachend. Ich freu mich auf die Serie (no binge reading? ok!).
Ein weiteres grosses Problem neben dem Datenschutz ist die Datenfusion, also die Verknüpfung etwa von privaten, biometrischen und Social Media Daten zum Zweck des Social profilings.
Was facial recognition systems anbelangt, gibt es ja keine Unschuldige. Vor ein paar Jahren wurde ein Pilotbetrieb am Zürcher Flughafen getestet.
Doch der Unterschied ist: In funktionierenden Demokratien kann es eine freie Debatte darüber geben - sowie eine Abstimmung. In Autokratien nicht.
In China etwa gibt es neben dem Social Credit System auch die flächendeckende Face Recognition, wie im autonomen Gebiet Xinjiang der muslimischen Uiguren.
Maya Wang von Human Rights Watch sagt ebenfalls dazu:
In other countries, we are often concerned about the use of big data for deepening existing policing bias — for example, for targeting historically disadvantaged groups like African Americans in the U.S. context — but for the Chinese systems, the targeting of people of certain ethnicity is a fundamental function of the system [...].
In Chongqing nutzt man zudem die Schwarmintelligenz im Projekt The Sharp Eyes:
The name of the video project is taken from the Communist slogan “the masses have sharp eyes,” and is a throwback to Mao Zedong’s attempt to get every citizen spying on one another. The goal, according to tech industry executives working on the project, is to shine a light into every dark corner of China, to eliminate the shadows where crime thrives.
The Sharp Eyes project also aims to mobilize the neighborhood committees and snoopy residents who have long been key informers: now, state media reports, some can turn on their televisions or mobile phones to see security camera footage, and report any suspicious activity — a car without a license plate, an argument turning violent — directly to the police.
Statt Strassenampeln identifizieren wir bald das Verhalten von Strassenpassant*innen. Maybe even gamified. Die Crowd wird so zum Mob von Denunzianten.
Doch geht es doch nur um Kriminelle und Terroristen oder? Unbescholtene Bürger*innen hätten somit nichts zu befürchten. Im Gegenteil, sie könnten nun sorglos in Freiheit leben.
But who’s a criminal? In China, documents for the Police Cloud project unearthed by Human Rights Watch list "petitioners" — people who complain to the government about perceived injustices — as potential targets of surveillance, along with anyone who "undermines stability" or has "extreme thoughts." Other documents cite members of ethnic minorities, specifically Muslim Uighurs from Xinjiang, as subjects of scrutiny.
Frances Eve, a researcher for Chinese Human Rights Defenders in Hong Kong, argues that China’s tech companies are complicit in human rights abuses.
"It’s basically a crime in China to advocate for human rights protection," she said. "The government treats human rights activists, lawyers and ethnic Uighurs and Tibetans as criminals, and these people are being caught, jailed and possibly tortured as a result of this technology."
Wessen Attribute sind Omnipräsenz (Allgegenwart), Omniszienz (Allwissenheit) und Omnipotenz (Allmacht)? Ach ja, Gottes. Er mag barmherzig und verzeihend scheinen, doch in Wahrheit ist er zornig und strafend. Auch in dieser Hinsicht bin ich lieber ungläubig als gutgläubig, also Atheist.
Danke Herr Rebosura, sehr treffend zusammengefasst.
Da Sie normalerweise eine sehr akkurate sprachliche Genauigkeit pflegen, täte es mich interessieren, warum Sie Datenschutz und Datenfusion trennen? In meinem Verständnis
von Datenschutz, ist die Verhinderung der Datenfusion eine Grundbedingung. Ihr Gedankengang dazu, falls Sie Lust zur näheren Ausführung haben, wäre für mich interessant zu lesen.
Ein weiteres grosses Problem neben dem Datenschutz ist die Datenfusion, also die Verknüpfung etwa von privaten, biometrischen und Social Media Daten zum Zweck des Social profilings.
Danke Herr P. für ihre Frage, weshalb ich Datenschutz und Datenfusion trenne.
Nun, in erster Linie wollte ich Adrienne Fichters Fall der Erfassung biometrischer Daten, der aus Gründen des Datenschutzes problematisiert wird, von den weitergehenden Fällen unterscheiden, in denen die Datenfusion weiterer Datensätze eine zentrale Rolle spielt und in denen die weitreichenden Folgen für das Selbstverständnis der Gesellschaft vollends zum Tragen kommen.
Bereits die Erfassung eines Datensatzes kann als Bruch des Datenschutzes gelten, während Datenfusion per definitionem die Verknüpfung mehrerer Datensätze involviert. Aber klar, Gesichtserfassung (X) und Gesichtserkennung (X=A) durch Abgleich mit einer Datenbank von bereits erfassten Gesichtern inkl. Personendaten und Strafregister (wie beim FBI) stellen im Grunde schon eine Fusion mehrerer Datensätze dar.
Doch auch begriffslogisch sind die beiden Konzepte nicht deckungsgleich, d. h. sie müssen kategorial getrennt werden. Denn:
Datenschutz: Aus dem anfänglich IT-technischen Kontext (Stichwort "Datensicherung") versteht man darunter v. a. den rechtlichen Begriff, etwa "Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte von Personen, über die Daten bearbeitet werden" (DSG, Art. 1).
Datenfusion: Unter diesem Begriff versteht man ein rein technisches Verfahren zum Zweck der Informationsintegration (ein womöglich zutreffenderer Ausdruck).
Beim "Schutz" geht es immer um "Schutz vor X", hier um den "Schutz vor bestimmten Technologien der Erfassung und Berarbeitung privater Daten". Sie sagen es ja selbst: 'Die Verhinderung der Datenfusion ist eine Grundbedingung von Datenschutz'. Das eine impliziert kontingenterweise zwar das andere, ist aber weder deckungsgleich noch wesentlich miteinander verknüpft.
PS: Instruktiv dazu sind die Publikationen Yvonne Hofstetters, Juristin, (ehem.) Tech-Unternehmerin und Mit-Initiatorin der Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union.
Sowohl das Erfassen wie das Verknüpfen biometrischer (und anderer) Daten ist eine Datenbearbeitung, die in der DSGVO (inkl. biometrischer Daten) wie im schweizerischen Datenschutzgesetz (noch ohne Biometrie) geregelt ist. Grundsätze der Datenbearbeitung sind gemäss DSGVO u.a. Zweckbindung (Art. 5, b):
Daten dürfen nur für festgelegte, ausdrückliche und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer Weise weiterverarbeitet werden, die mit diesen Zwecken unvereinbar ist
oder Datenminimierung (Art. 5, c):
angemessen, relevant und auf das beschränkt [sein], was für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist
Biometrische Daten sind bspw. auch Fingerabdrücke. Datenerfassung und -bearbeitung brauchen immer entweder eine Einwilligung des/der Betroffenen oder eine Rechtsgrundlage. Gefährlich sind wohl die Bereiche, die technisch zwar möglich, rechtlich aber (noch) nicht geregelt sind, von denen der Artikel einen aufgreift. Wobei mir persönlich hier bei uns vorläufig noch mehr Angst macht, was Private, insbesondere in kommerziellem Interesse, 'basteln', als staatliche Organe. Die unterstehen in einer Demokratie doch noch weitgehend der Kontrolle der Öffentlichkeit. Gerade darum ist eine freie, kritische Presse auch so wichtig.
Aber wer macht sich bewusst, dass er freiwillig der Erfassung und Registrierung seiner Fingerabdrücke und/oder seines Gesichts bei einer privaten Firma zustimmt, wenn er sein Handy per Touch Print oder Face ID sichert?
Nachtrag: Die wichtigsten Definitionen im Zusammenhang mit Datenschutz sind im schweizerischen Datenschutzgesetz nachzulesen, zwar noch ohne Biometrie, aber schon mit Profiling etc. Das liest sich leichter als die DSGVO.
Danke Frau Fichter.
Ich hoffe, Sie bleiben der Republik in Zukunft noch für lange Zeit erhalten! Ihre Artikel und Recherchen sind für mich immer ein Highlight in der Republik.
Darf ich Ihnen eine Frage abseits vom Artikel stellen?
Ich meine zu erkennen, dass Datenschutz ein grosses Thema für Sie ist. Jedoch weisst Sie Ihr Profil als Social-Media-Expertin aus. Wie kommt es, dass jemand wie Sie, sich ganz speziell für Social-Media interessiert, obwohl Social-Media, allen voran Facebook, aus Sicht des Datenschutzes eine einzige Katastrophe und ungelöstes Problem darstellt?
Die grosse Frage für mich ist, obwohl oder gerade deshalb?
Möchten Sie sich nicht lieber stattdessen als Expertin für verantwortungsvolle Informationsverarbeitung ausweisen? Es würde, meiner Meinung nach, besser zu Ihnen passen.
Vielen Dank, Herr P. Das hoffe ich auch, lang lebe hoffentlich die Republik! Zum Anderen: Ja dieses Attribut wird mir oft zugeschrieben, und ich mag es auch nicht besonders, weil es anwenderbezogen und positiv affirmativ ist. Und weil ich mich ja eher kritisch bis sehr auseinandersetze mit Social Media, allerdings habe ich hier auch in den letzten 5 bis 7 Jahren einen klaren Wandel vollzogen. Früher befand ich mich tatsächlich auf der "Promotion"-Seite, und habe anwendungsorientiert gearbeitet (Kommunikationabteilung). Die Beschreibung im Profil spielt wohl auch auf diese Zeit an (NZZ-Redaktionsleitung Social Media). Die reflektierende kritische Analyse- und Schreibertätigkeit begannen effektiv erst danach. Bzw entsprechen eher meiner Denke, und meinem Hintergrund als Politologin. :)
Thx für den Beitrag: ist wieder einmal typisch, dass wenn es um Totalüberwachung geht, die Schweiz wieder irgendwo Drehscheibe ist. Hierzu kommt in Kürze noch ein Fünf-Teiler in SRG-Medien.
Zu dem hier: "Es dauert wohl noch eine Weile, bis Ekin die ersten Werbefilmchen über Verfolgungsjagden in europäischen Metropolen schalten darf."
Statt "nur" von Ekin haben wir ein entsprechendes Video geradewegs von der EU selber - aus dem Projekt INDECT (soziopathisch stehend für: "Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment").
Der Weg zum digitalen Totalitarismus, mit Gesichts-, Nummernschild-, Bagagge-, Crowd-Detection usw. - die ganze Nummer - wird da vorgezeichnet: https://archive.org/details/Project…eProgramme
Schauplatz ist Polen. Mitgemacht haben in der Forschung & Entwicklung einiger alltagspraktischer Prototypen aber zahlreiche andere Länder.
(Kleiner Spoiler am Rande: Gefasst wird im Werbefilm für die EU-Kommission nicht etwa ein Terrorist, sondern ein potenzieller Whistleblower, so dass der Zynismus und die Demokratiezersetzung quasi gleich inklusive ist. 🤣)
Tatsächlich ist die EU hier forschungshalber weit vorne: im Forschungsrahmenprogramm 7 FP7 (Vorgänger Horizon-2020; FP8) wurden dafür im Bereich Security (FP7-SECURITY) auch erhebliche Geldmengen ausgegeben: EUR 1.4 Mrd.; INDECT waren dabei nur läppische EUR 15 Millionen (man kann sich vorstellen, dass es da noch etwa 100 mehr solcher Projekte gab ... und nicht alles davon ist Open-Access).
Ah ja, diesen Sommer - mitten in der Stadt Thun - stand, so ein komischer nicht beschrifteter Van mit Kameras auf dem Dach, im Parkverbot. Als ich die darin sitzenden drei Männer ansprach und fragte, was sie denn hier verloren hätten, wiesen sie sich als Polizisten aus. Zumindest blieben sie freundlich. Ich bin nicht gegen die Polizei, aber eine "Totalüberwachung" gibt mir persönlich keine Sicherheit.
Super Artikel, vielen Dank. Leider sind es die SP und die Grünen, welche die Auto-scanner Technologie etc. ausbauen und verschärfen wollen (vgl. Tagi: https://www.tagesanzeiger.ch/schwei…y/16501223). Dies war für mich der Hauptgrund, weshalb ich diesen Herbst diese Parteien nicht mehr wählen konnte. Schade !
Dass die Grünen solche Technologien unterstützen, würde ich jetzt nicht einfach so unterzeichnen:
«Ich habe ein ungutes Gefühl.» Die Co-Präsidentin der Berner Grünen, Natalie Imboden, sagt, der Umgang mit persönlichen Daten sei sehr heikel. «Durch den technischen Fortschritt bieten sich immer mehr Möglichkeiten zur Überwachung.» Solche würden auch genutzt – oft ohne zu prüfen, ob dies gesetzeskonform sei, so Imboden.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/…y/21643413
Ich bin mir sicher, dass es in diesem Bereich allgemein viel mehr Verbesserungspotenzial gibt (die einzige Partei, die das Thema Überwachung ernsthaft behandelt, ist meines Wissens nach die Piratenpartei), aber ich würde jetzt nicht die Grünen speziell aussortieren..
Na ja, Herr K., wenn ich auf dem Trottoir von einem Fahrzeug an- oder gar totgefahren werde, das nachher Fahrerflucht begeht, bin ich oder meine Nachkommen vielleicht froh, wenn Fahrzeug und Fahrer*in von einer Kamera erfasst wurden.
Sicher wünscht man sich Augenmass und Zurückhaltung beim Einsatz von Überwachungstechnologie, aber einfach per se alles zu verwerfen, scheint mir doch etwas zu einseitig.
Grüezi Frau J.,
Ich kann verstehen was Sie meinen.
Es ist aber eine Sache, Videodaten zu erstellen, eine gewisse Zeit zu lagern und im Bedarfsfall zu sichten, als Video und Bilddaten zu erstellen, daraus Metadaten abzuleiten und automatisiert zu verarbeiten.
Wieso so etwas auch gefährlich oder zumindest unangenehm werden kann, illustriert der als Xerox-Bug bekannt gewordene Software-Bug in Xerox-Kopierern.
Kurze Version: Xerox-Scankopierer verändern geschriebene Zahlen
Lange Version: Vortrag-David Kriesel
David Kriesel ist übrigens der Entdecker der Schwachstelle also Information aus erster Hand. Der Bug überzeugte immerhin 13% der Amerikaner, dass Barack Obama kein, oder zumindest wahrscheinlich kein "richtiger" Amerikaner ist, also nicht in den USA geboren wurde. Der Bug blieb 8 Jahre(!) unentdeckt.
Gleiches kann jederzeit auch bei solcherlei "Elektronikpolizisten" geschehen, auch wenn Sie heute funktionieren wie sie sollen, heisst das nicht, das sie morgen nach dem nächsten Update immer noch so funktionieren, wie sie sollten.
Über die Möglichkeiten, welche diese Daten wiederum in der Metadatenanalyse, zusammengeführt mit anderen Metadaten eröffnen, da würde selbst die Stasi nur noch staunen.
Da muss ich Herrn K. Recht geben das (Missbrauchs-)Risiko solcher Technologie ist derartig hoch, das wer sie befürwortet, unwählbar ist.
Unsere türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger dürften diesen Artikel ganz bestimmt nicht als gehypt empfinden - und wohl mit noch einigem mehr an Erschrecken zur Kenntnis nehmen. - Wer kann schon überprüfen, in welche Richtungen solche Daten im Hintergrund noch alles fliessen. - Julia Ebners neustes Sachbuch (sie wurde vor Kurzem auch hier in der Republik portraitiert) gibt noch ein paar weitere Hinweise zu allem andern, was wir sonst schon wissen. Brexit-Manipulationen, von Trump ganz zu schweigen, Edward Snowdon und der NSA-Skandal, um nur das Sichtbarste zu nennen.
Bereits heute gibt es staatliche Vorgehensweisen und Massnahmen-Verordnungen, wo genaue Faktenklärung kaum oder gar nicht mehr vorgesehen noch gesetzlich offenbar mehr vorgeschrieben ist, bevor solche erlassen werden; in genau einem solchen Prozess stecke ich seit mehr als anderthalb Jahren selber drin; Klärung unmöglich; jedes mögliche Verhalten meinerseits wird in irgendwas uminterpretiert; ist zum Selbstläufer geworden - wenn dazu permanente Überwachung noch dazukommt, ist kein Ort auch nur für einen Spaziergang mehr sicher - und wird jede und jeder von uns, der in irgendwas von der Idee her ganz harmlos scheinendes hineingerät oder ganz bewusst und sehr naiv sich hineinbegibt - wie beispielsweise eine simple Hundeübernahme aus einem Tierheim - ganz leicht selber zu Freiwild.
Wir brauchen allerdringendstens eine für jegliche Art von Missbrauch, insbesondere der ganzen informationstechnologischen Entwicklungen, hochwache, gut informierte und reaktionsfähige bzw noch besser vorausschauend aktive Politik!!
—
Apropos Politik, Verfolgung und Krieg:
Der von mir aus gesehen eindrücklichste Film ever - auch wenn er die meisten wohl erst mal komplett stumm aus dem Saal entliess - läuft, zumindest in Bern, grad im Kino:
For Sama. —
Die filmende Journalistin portraitiert sich, ihre neugeborene Tochter, Sama, Ihren Mann, der als Arzt Krankenhäuser improvisiert und aufbaut; und dort um jedes einzelne der hunderten dahin gebrachten Menschenleben kämpft bis zuletzt, und all die Menschen um sie herum, die das alles mit ihnen zusammen tun, gleichzeitig mit der Zerstörung, dem immer heftiger werdenden Krieg.
Diese Gruppe syrischer Menschen kämpft in Aleppo bis zum allerletzten Moment, bevor sie als letzte dann evakuiert werden. Mehrere Familien mitsamt ihrer da hinein geborenen Kinder - und viele, viele weitere Kinder, die trotz aller Hilfe dort im Krankenhaus ihre Geschwister, Neffen, Verwandten und Freunde verlieren und oft bereits ohne begleitende Eltern von Schutt und Staub und blutenden Wunden gezeichnet im Bild sind.
Und wer alle diese Menschen, diejenigen, die vor laufender Kamera sterben, wie auch alle andern mit dem Krieg gleichzeitig mit Portraitierten nicht in höchstem Masse zu respektieren und zu lieben beginnt, kann (um für einmal wieder, in einen anderen Zusammenhang versetzt, Konstantin Wecker zu zitieren) ‚nicht der menschlichen Spezies zugerechnet werden‘.
Der Film wäre jede Feuilleton-Besprechung der Welt wert. Kleiner ‚hint‘ zum Weiterleiten.
Für mich sind solche Portraits, Filme, Bücher, Geschichten, Ideen und was sie in uns bewirken das Gegenmittel gegen den Schrecken unserer durchtechnologisierte Welt - und paradoxerweise gleichzeitig gegen Angst und Furcht überhaupt.
Solange wir dadurch auch immer wieder handlungsfähig werden.
Ganz herzlichen Dank für das aufmerksame Lesen, Herr Brüggemann, und für Ihre Adleraugen, mit denen Sie diese zwei Vertipper erspäht haben. Sie sind korrigiert.
Warum gibt es eigentlich für PolitikerInnen keinen Verhaltenscodex der auf Ethik basiert? An anderen Arbeitsplätzen gibt es solche Regeln schliesslich auch.
Soeben gelesen: "Am 5. Juli dieses Jahres befand der Verfassungsgerichtshof in Saarbrücken, dass Messungen des Blitzgeräts Traffistar S 350 des Herstellers Jenoptik in Bußgeldverfahren nicht verwendet werden dürfen. Gewisse Messdaten würden nicht gespeichert, das verletze das Grundrecht des betroffenen Autofahrers auf ein faires Verfahren und eine effektive Verteidigung."
Es kann also auch in die andere Richtung gehen: wenn zu wenig Daten gespeichert werden, kann der/die Angschuldigte später nicht überprüfen, ob der Automat richtig funktionierte (oder aber behaupten, er/sie sei gar nicht selber gefahren – das war zumindest früher ein Klassiker in der Schweiz).
MFG
p.s. Ich bin ein grosser Anhänger von Datenschutz und stehe Überwachung kritisch gegenüber. Möchte mit diesem Posting einfach aufzeigen, dass diese Themen sehr facettenreich und komplex sind.
Aber hauptsache alle Spiezeugdrohnen-Bestitzer müssen, wenn die Drohne eine Kamera hat, registriert werden weil sie "einen Sensor zum erfassen von Personenbezogenen Daten" enthalten. Auch wenn das Spielzeug 30 g schwer ist und im privaten Garten geflogen wird... https://www.youtube.com/playlist?li…EGAzVGCvBw
Dürfen den heute in der Schweiz die Aufnahmen von Verkehrsüberwachungskameras durch die Polizei genutzt werden, um z.B. einen Unfallhergang zu klären? Gibt es da gesetzliche Grundlagen?
Ich würde meinen, dafür ist das IDG insbesondere Paragraf 17 zuständig:
IDG §17
Das öffentliche Organ gibt besondere Personendaten bekannt, wenn
a.eine hinreichend bestimmte Regelung in einem formellen Gesetz dazu ermächtigt,
b.die betroffene Person im Einzelfall ausdrücklich in die Bekanntgabe von besonderen Personendaten eingewilligt hat oder
c. es im Einzelfall zur Abwendung einer drohenden Gefahr für Leib und Leben unentbehrlich oder der notwendige Schutz anderer wesentlicher Rechtsgüter höher zu gewichten ist.
Einem anderen öffentlichen Organ sowie den Organen anderer Kantone oder des Bundes gibt es im Einzelfall besondere Personendaten ausserdem bekannt, wenn das Organ, das besondere Personendaten verlangt, diese zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt.
Bin kein Jurist, aber ich denke, Par. 17.1c und 17.2 IDG ermöglicht die Weitergabe von Videodaten aus Verkehrsüberwachungsdaten zur Strafverfolgung.
Hinweis: Mit Vorsicht geniessen, bin kein Jurist. :-)
Edit: Ausserdem ist Datenschutz bei Behörden in der Schweiz eher chaotisch geregelt, andere Kantone, andere Gesetze. Wer sich durchkämpfen will: Rechtsgrundlagen auf kantonaler Ebene
Liebe Republik - Ich lese eure Zeitung seit eurem Anfang, und zwar immer noch gerne. Die im Artikel beschriebene Situation ist zweifellos ein paar Zeilen wert. Aber bitte, bitte, bitte, lasst euch nicht dazu verführen, ein laues Lüftchen zu einem Monstersturm aufzublähen. Überlasst das einfach der Konkurrenz und schreibt weiterhin über Dinge, von welchen ebendiese Konkurrenz die Finger lässt.
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