Die Republik ist nur so stark wie ihre Community. Werden Sie ein Teil davon und lassen Sie uns miteinander reden. Kommen Sie jetzt an Bord!

DatenschutzFAQErste-Hilfe-Team: kontakt@republik.ch.



Wer sind die «Israeli»? gehören auch die Palästinensre:innen mit einem israelischen Pass dazu oder werden diese vom Autor ausgeschlossen? Eine Frage, die immer wieder gestellt wird und werden muss: Was bedeutet eigentlich das israelische Wappen in seiner Symbolik?
Das Wappen ist als Zeichen und Text eindeutig. Die blauen Streifen sind der Jordan und das Mittelmeer, der Stern der jüdische Staat im ganzen Gebiet dazwischen. Der Staat, in dem die palästinensische Bevölkerung, die historisch keine andere Heimat hat, keinen gleichberechtigten Platz haben darf. Es geht stets darum die palästinensische Bevölkerung zu verleugnen (kultureller Genozid, Ethnozid) und möglichst loszuwerden.
Am besten wird sie gemäss dem zionistischen Projekt und Anspruch aus dem historischen Palästina rausgeschmissen, was schon Theodor Herzl, Begründer des Zionismus mit dem Buch «der Judenstaat» von 1896, in seinen Tagebüchern vorschlug. Dieser Plan wird seit der Nakba 1948 mit allen Mitteln und vorzu umgesetzt.
Die Warnung von Jeschajahu Leibowitz, dem sehr angesehenen Religionsphilosophen und orthodoxen Israeli im Jahr 1967, dass die Besetzung der palästinensischen Gebiete einen hohen Tribut von den Israelis fordern wird und dass einige von ihnen zu "Juden-Nazis" werden könnten, ist heute aktueller als vor Jahrzehnten, als sie ausgesprochen wurde. Die Faschisten sind, wie wir wissen, Teil der israelischen Regierung.
Auch die offizielle Schweiz ist jetzt in der Pflicht: Um eine echte Konfliktlösung dem bloßen Konfliktmanagement vorzuziehen, muss sich die Schweiz entschieden für die Beendigung der israelischen Besatzung einsetzen. Denn dies ist der einzig zielführende Weg hin zu einem gerechten und dauerhaften Frieden für die palästinensisch-arabische und die israelisch-jüdische Bevölkerung in Israel/Palästina.

133
/
7

Eine Ergänzung: Verbrechen, wie durch die Hamas verübte Massaker, sind durch nichts zu rechtfertigen, sondern scharf zu verurteilen. Alle Konfliktparteien sind aufgefordert, sich an das Völkerrecht zu halten und alles zu tun, um weitere zivile Opfer zu vermeiden. Alle. Die von der Hamas als Geiseln genommenen, mehrheitlich jüdisch-israelischen Zivilpersonen müssen unverzüglich, bedingungslos und unversehrt freigelassen werden.

83
/
1

Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Gräueltaten, Gewalt- und Hassverbrechen sind immer als solche klar und deutlich zu benennen, wo und durch wen auch immer sie ausgeführt werden und ob diese vor den Augen der Weltöffentlichkeit geschehen (Ukraine, Israel) oder vergessen und verdrängt werden (Sudan, Myanmar, Yemen, Berg-Karabach, Amazonas (diese schreckliche Liste ist endlos)). Verbrechen sind Verbrechen. Whataboutismus ist fehl am Platz, relativiert er doch Verbrechen und das damit verbundene Leid auf eine sehr zynische Weise. Um so mehr müssen wir aber den vielfältigen Ursachen von solchen Gewaltausbrüchen nachgehen, Stellung beziehen gegen strukturelle Gewalt, gegen politische und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, gegen Hass, Ausgrenzungen und Diskriminierungen.
Da haben wir auch vor unserer Türe gehörig zu wischen.

112
/
0
· editiert

Ein befremdender Titel und eine schräge Logik.
Weil Hammas Terroristen sind, müssen wir uns mit der Seite solidarisieren die (nur?) Kriegsverbecher sind?

Inwiefern sind (sich wiederholende!) Kriegsverbrechen moralisch anders einzustufen als Terrorangriffe? Ist der Hauptunterschied nicht einfach die Art des Täters (staatliche vs nichtstaatlich) bzw. deren Zugriff auf Ressourcen?

Die einzigen Akteure die das Ganze aus meiner Sicht im richtigen Licht sehen sind linke jüdische/israelische Organisationen (wie btselem.org , jewishvoiceforpeace.org , www.breakingthesilence.org.il.) die den Anschlag der Hammas aufs Schärfste verurteilen, aber nicht davor zurückschrecken (anders als aus meiner Sicht „viele westliche Akteure“) ebenso scharfe Kritik am Israelischen Staat zu üben.
(z.B. hier https://www.instagram.com/p/CyHIJs3AArY/)

Ich bin nicht Israeli. Ich bin „Mensch“, die Nation spielt da keine Rolle. Als „Mensch“ ist man mit allen Leidenden.

Edit: Tippfehler

106
/
15
· editiert

Israeli ≠ Israel, auch nicht Regierung Israels. Sowie Palästlnenser:in ≠ Palästina, auch nicht Hamas. Immer wieder wichtig, sich an diese Differenzierung zu erinnern☝🏼

100
/
0

Vielen Dank für diesen Hinweis. Ich stimme Ihnen zu.

13
/
1

Guten Morgen Herr B. Was ist Mensch? Was ist menschlich? Das frage ich mich schon seit Jahrzehnten. Leider ist der Mensch auch voller arschgrauer ( sorry der Ausdruck) Bosheit. Immer wieder lese ich von Leadern, es liege etwas Grosses, Leuchtendes in der Luft, das die Menschheit besser mache. Ich stelle nichts davon fest, im Gegenteil. Rundum flackert das Böse auf oder ist am Wirken. Manchmal im Geheimen (z.B. die Mafia). Undsofort.
Ich persönlich verzweifle manchmal schier an diesem Menschenbild. Möchte weg in eine Gegend, wo Frieden ist.

18
/
3
Martin Hafen
Präventionsfachmann, Soziologe
·
· editiert

Ich denke, es lohnt sich, zwischen Menschen und sozialen Systemen und insbesondere Organisationen (Staaten, Konzerne etc.) zu unterscheiden. Der Mensch ist "im Grunde gut" (so der Titel des lesenswerten Buches von Rutger Bregman). Organisationen und organisationsähnliche Sozialsysteme bringen es jedoch fertig, in Menschen unvorstellbare Potenziale des Bösen zu aktivieren - denken wir nur an das nationalsozialistische Reich, die Roten Khmer in Kambodscha, den islamischen Staat, die Kolonialreiche etc. pp. - Eine wichtige Frage ist entsprechend, welche Bedingungen den Aufbau von sozialen Systemen ermöglichen, die das zerstörerische Potenzial von Menschen aktivieren. Ich bin absolut sicher, dass die Mehrzahl der Hamas-Kämpfer liebenswerte Kinder, verantwortungsvolle Söhne und verlässliche Freunde waren. Wie kann es geschehen, dass ein soziales System wie die Hamas (oder der Staat Israel mit seiner aktuellen Regierung) entstehen kann, dass diese Menschlichkeit zumindest für die Zeit des Angriffs durch die Entfaltung des zerstörerischen Potenzials verschwinden lassen kann. Damit wenden wir den Blick vom Menschen auf die Hamas und ihre Entstehungsbedingungen - etwas, was im Text von Binswanger, in den Beiträgen dazu und in der internationalen Diskussion auch gemacht wird. Der langen Rede kurzer Sinn: Verlieren wir nicht den Glauben an das Gute im Menschen; er ist grundsätzlich ein zutiefst prosoziales Wesen.

27
/
1

Eine schwierige Frage. Vor allem, da ich von folgender Aussage überzeugt bin:

When reading books on history and animal biology one inevitably comes to the conclusion that we should stop referring to animals as beasts, and to humans as humane.

Aber das ist wohl nur eine Frage wie man „Mensch“ bzw „menschlich“ genau interpretiert in einem Kontext.

Was ich jedoch ebenso glaube ist, dass (objektiv) Schlechte Dinge fast ausschliesslich aufgrund Ignoranz/Unwissen (das kann auch fehlende Empathie sein als eine Art von Unwissen?) passieren. Ich finde da die stoische Sicht (Stoische Philosophie, zB. hier https://howtobeastoic.wordpress.com…cial-word/) hilfreich.

Was ich bei Ihnen aber auch annehme ist, dass Sie viel News konsumieren? Das gibt aus meiner Sicht ein „falsches“ Bild (da verzerrt und zu negativ) auf die Welt. Gibt zig Artikel dazu online, oder dieses Buch das u.a darüber schreibt: https://www.goodreads.com/book/show/48581422

9
/
1
· editiert

Nein, ich bin kein Israeli. Ich besetze nicht ohne jegliche Legitimation fremdes Land und vertreibe die dort lebende Bevölkerung mit Gewalt. Das tue ich nicht, werde ich nie tun und darum bin ich kein Israeli. Was Israel tut, ist nichts anderes als die Eroberung der USA oder Australien durch die Europäer. Mit welchem Leid und grauenvollen unmenschlichen Verbrechen solche Prozesse verbunden sind, wissen wir alle. Ich veruteile und bedaure alle diese Verbrechen und leide mit den betroffenen Menschen.
In Israel kommt dann noch die religiöse Komponente hinzu. Mir sind 3 Staaten bekannt, die als Basis ihrer Existenz die Religion sehen, der Vatikan, der Iran und Isreal. Mir sind alle 3 Staaten suspekt und ich möchte nichts mit ihnen zu tun haben. Den Glauben als Basis der Mitgliedschaft in einem Staat zu machen, heisst immer alle anderen Menschen, die diesen Glauben nicht teilen, auszuschließen. Und der nächste Schritt ist es die "anderen" nicht mehr als gleichwertige und gleichberechtigte Menschen zu sehen. In Israel konnte ich diese Einstellung gegenüber den Palästinensern selbst häufig erleben. Auch heute spricht wieder jemand in hoher Funktion von Tieren. Von der Verweigerung das Gegenüber als Mensch zu sehen und zu respektieren, ist es dann meist kein weiter Weg mehr Gräueltaten.
Isreal existiert, das ist ein Fakt und er lässt sich nicht mehr ändern. Wie wird Israel und seine Bürger in Frieden leben können? Nur wenn das Bedürfnis aller Menschen in der gesamten Region nach einem friedlichen, sicheren, prosperierenden, gleichberechtigten und respektierten Leben erfüllt wird. Was braucht es dazu? Einen säkularen, demokratischen Staat der alle seine Bürgern und Bürgerinnen unabhängig von ihren persönlichen Merkmalen und Vorlieben gleich behandelt. Wenn Israel sich dahin entwickeln würde, würde es Freude machen ein Isreali zu sein. So wie sich Israel heute verhält und entwickelt, möchte ich dagegen kein "Israeli" sein und wenn ich einer wäre, würde ich auswandern, damit ich einfach nur ein Mensch sein kann.

105
/
14

Zizek sagt es im Freitag so:

Niemand muss sich für Netanjahu oder die Hamas entscheiden
Die Hamas und die israelischen Hardliner sind also die zwei Seiten derselben Medaille: Die wahre Wahl besteht nicht zwischen ihnen, sondern zwischen den Hardliner-Fundamentalisten und denjenigen, die für eine Koexistenz auf beiden Seiten offen sind. Auch hier muss man sich gegen die doppelte Erpressung wehren: Wer für die Palästinenser ist, ist eo ipso antisemitisch, und wer gegen Antisemitismus ist, muss eo ipso für Israel sein.
Die Lösung ist nicht ein Kompromiss, ein „richtiges Maß“ zwischen den beiden Extremen – man sollte vielmehr in beide Richtungen bis zum Ende gehen, sowohl bei der Verteidigung der palästinensischen Rechte als auch bei der Bekämpfung des Antisemitismus. So utopisch das auch klingen mag, die beiden Kämpfe sind zwei Momente desselben Kampfes – vor allem heute, wo antisemitische Zionisten Oberwasser haben: Menschen, die verdeckt antisemitisch sind, aber die Expansion Israels unterstützen, von Anders Breivik über die AfD in Deutschland bis zu religiösen Fundamentalisten in den USA.
Also ja, ich unterstütze bedingungslos das Recht Israels, sich gegen solche terroristischen Angriffe zu verteidigen. Gleichzeitig habe ich bedingungsloses Mitgefühl mit dem verzweifelten und immer hoffnungsloseren Schicksal der Palästinenser in den besetzten Gebieten. Diejenigen, die in dieser meiner Haltung einen „Widerspruch“ sehen, sind diejenigen, die tatsächlich eine Bedrohung für unsere Würde und Freiheit darstellen.

59
/
1

Besten Dank für diesen Beitrag. Zum Verlauf des ungelösten - und scheinbar unlösbaren - Konflikts zwischen Palästina und Israel gibt es eine notwendige, unmittelbare Reaktion und eine ebenso notwendige, analytische Betrachtung. Die von der Hamas verübten grauenhaften Kriegsverbrechen sind schockierend und vorbehaltlos zu verurteilen. Die absehbaren kommenden Kriegsverbrechen Israels ebenso. Denkt überhaupt noch jemand daran, wie man die Situation verbessern, statt weiter verschlimmern könnte?
Analytisch betrachtet besteht eine internationale Verantwortung für diese erneute Eskalation. Elias Sanbar, Dichter und ehemaliger palästinensischer Botschafter bei der UNESCO benennt sie so:
Die Grundlage für eine Lösung des Konflikts zwischen Israel und Palästina ist allseits bekannt, wurde aber bisher bei keinem Befriedungsplan weder von Israel noch den befreundeten wie auch den feindlich gesinnten Mächten berücksichtigt, nämlich das Eingeständnis, dass die Palästinenser ein absolutes Recht haben auf Rechtsgleichheit.
(frei zitiert gemäss Le Monde vom 13,10.2023)

59
/
1

Israel setzt sich seit eh und je konsequent über alle UNO-Resolutionen hinweg. Dank dem sicheren Veto der USA im Sicherheitsrat müssen sie sich vor nichts fürchten, das irgendwie nachteilig für sie wäre. Die katastrophale und zynische Nahostpolitik von Donald Trump hat alles massiv verschlimmert und radikale, kompromisslose Kräfte in Israel gestärkt/ermutigt und die Palästinenser in die noch grössere Ohnmacht und Verzweiflung getrieben. Der gegenwärtig grösste Kriegsverbrecher, Putin hat leider recht mit seiner Aussage, dass die westliche Nahostpolitik gescheitert ist. Denn sie ist viel zu einseitig. Das hat mehrere Gründe: unser Schuldgefühl wegen der Jahrhunderte langen Judenverfolgungen, unsere viel grössere, ältere und tiefere Verbundenheit mit den Juden als mit den uns fremden Palästinensern und die grossen Verbindungen oder Verstrickungen in allen Lebensbereichen: Politik, Religion, Wirtschaft, Wissenschaft, Technik, Kultur, Militär.

33
/
5

Manchmal missglückt eine (Titel-)Schlagzeile in der unvermeidlichen Kürze. „Wir sind alle Israelis“ — ernsthaft? Der Satz ist im faktischen Sinn eh falsch und im normativen Sinn, dass wir uns alle restlos mit den Israelis solidarisieren sollten, ungeniessbar undifferenziert: als ob alle Israeli die gleiche humanistische und tragfähige politische Haltung hätten.

Wäre das missglückte Postulat irgendwie zu retten? Vielleicht mit folgender notwendigen Präzisierung und Ergänzung: Wir solidarisieren uns mit allen aufgeklärten Israelis, die darauf bestehen, dass ihr Staat endlich eine moderne Verfassung braucht: eine Verfassung, welche die unantastbare Würde und Gleichberechtigung aller Bürgerinnen und Bürger unbesehen ihrer Religion oder anderer Besonderheiten achtet und schützt. Dieser Staat weist allerdings legitimerweise all jene Gruppen konsequent in die Schranken, die ihrerseits die religiösen und sonstigen Grundrechte anderer und damit das gleichberechtigte Zusammenleben nicht anerkennen. Das ist nichts anderes als die vernünftige Grundeinsicht des politischen Liberalismus: Die grösstmögliche verallgemeinerbare Freiheit jeder Person endet vor der gleichen Freiheit aller anderen.

Dieses Konzept verträgt sich gewiss nicht mit dem islamistischen Fundamentalismus — und verlangt, dass dieser überwunden wird. Es verträgt sich aber genauso wenig mit der Absicht der jetzigen und der meisten früheren israelischen Regierung(en), einen mono-religiösen Apartheid-Staat durchzusetzen, der nur den sich zum Judentum bekennenden Menschen die vollen Bürgerrechte, ja letztlich ihr Existenzrecht zuerkennt.

Beide Seiten im israelisch-palästinensischen Drama sind davon deprimierend weit entfernt. Die Zwei-Staaten-Lösung ist jedoch kaum mehr realisierbar; insofern ist eine im dargelegten Sinn moderne Staatsverfassung Israels wohl alternativlos. Es ist in dieser Situation die Aufgabe der UNO und aller zivilisierten Rechtsstaaten, eine dementsprechende Verfassung Israels als Basis des friedlichen Zusammenlebens im Land und zugleich seines unantastbaren Existenzrechts durchzusetzen.

Ist das vielleicht die „Lösungsperspektive“, die Sie, geschätzter Herr Binswanger, in Ihrem Lead einfordern?

[edit: neben korrekturen letzten satz hinzugefügt.]

61
/
6
Daniel Binswanger
Co-Chefredaktor
·

Lieber Herr Ulrich, ich bedanke mich für den Hinweis darauf, dass wir im faktischen Sinne nicht alle Israelis sind. Wie ich die Aussage gemeint habe, wurde in den Einleitungspassagen recht ausführlich exemplifiziert. Ganz sicher nicht normativ. Performativ, als Solidaritätsansage. Offenbar war die Exemplifizierung nicht ausführlich genug. Im Übrigennglaube ich, wie aus meinem Text hervorgeht, haben wir eine sehr ähnliche Analyse der Sachlage.
In der Tat: Aus den Gründen, die ich ausgeführt habe, erscheint die Zwei-Staaten-Lösung heute reichlich illusorisch. Die Vorschläge von Omri Boehm für die Notwendigkeit eines jüdisch-palästinensischen Einheitsstaat erscheinen mir sehr überzeugend. Allerdings gibt es natürlich ein offensichtliches Gegenargument: Die Zwei-Staaten-Lösung scheint gescheitert zu sein, aber die Ein-Staaten-Lösung erscheint noch viel anspruchsvoller. Noch viel voraussetzungsreicher. Ist sie wirklich realistischer? Der von mir zitierte David Grossmann weist sie als nicht realisierbar zurück. Ich will mir ein Urteil nicht erlauben. Eines scheint jedoch gewiss: In der furchtbaren heutigen Lage befinden wir uns auch deshalb, weil es keine echte Friedensperspektive mehr gibt. Eine solche muss unbedingt wieder geschaffen werden. Herzlich, DB

15
/
4

Ich möchte auf die Artikel zum Thema in der aktuellen Woz verweisen. Moshe Zuckermann, Soziologe in Israel sagt:

Israel war Geburtshelfer der Hamas. Rechtsgerichtete Politiker unterstützten die Organisation nach der Entstehung, auch finanziell. Denn man betrachtete die gemässigtere PLO unter ihrem charismatischen Führer Yassir Arafat als Gefahr für Israel und wollte sie schwächen.

Wenn wir etwas sagen sollten in unserer christlich geprägten Umgebung, dann: ich bin auch eine Jüdin. Sind die Meldungen von vermehrten antisemitischen Aktionen an der Republik vorbeigegangen? Das war nur der Anfang. Geht in 10 Tagen auf den Pausenhöfen in Eurer Umgebung vorbei und hört zu, was die Schüler so sagen. So viele muslimischer Herkunft fühlen sich schikaniert, sie solidarisieren sich mit den Palästinensern, sie sind wahrscheinlich begeistert von den Handyfilmli die die Hamaskämpfer von ihren Massakern und Vergewaltigungen gemacht haben. Und sie sind überzeugt, dass die Juden die Welt regieren. Sie sehen auf den Strassen all die Männer mit Pelzhüten, die Frauen mit Perücken und schätzen ihre Zahl viel viel viel zu hoch ein.

Wir müssen an die Wurzel des Problems, dass nämlich die christliche Welt keine freundliche Welt war und ist für die jüdischen Mitbewohner. Arte bringt "Eine Geschichte des Antisemitismus". Da müssen wir anfangen. Da haben wir auch in der Schweiz eine viele hundert Jahre alte Schuld. Wir müssen in den nächsten Wochen und Monaten die Jüdinnen und Juden bei uns so beschützen, dass sie sich sicher fühlen. Wieviele sind nach den Anschlägen in Paris nach Israel ausgewandert?

Und noch dies: was bringt es, aus der Hamas eine militärische Einheit zu machen? Israel und die Hamas haben die Bewohnerinnen des Gazastreifens in Geiselhaft genommen. Niemand kann sich vorstellen, dass eine militärische Operation gezielt die Hamas ausmerzen kann. Das Blutbad wird schrecklich sein.

Und wir werden wie meist vergessen haben, was die wirkliche Wurzel des Problems ist, in welchem Boden, in welcher Weltgegend sie steckt.

54
/
4

So viele muslimischer Herkunft fühlen sich schikaniert, sie solidarisieren sich mit den Palästinensern, sie sind wahrscheinlich begeistert von den Handyfilmli die die Hamaskämpfer von ihren Massakern und Vergewaltigungen gemacht haben.

Mit Verlaub, das ist eine ziemlich ungeheuerliche Unterstellung.

12
/
3

Unterstellung? Wie kommen Sie darauf? Arbeiten Sie mit muslimischen Jugendlichen? Hören Sie, was die so bewegt? Bekommen Sie mit, welche Filmli sie runterladen? Das erste Mal wurde ich mit muslimischem Antisemitismus vor 20 Jahren konfrontiert. Meinem Sohn wurden Prügel angedroht in der Schule, weil die Wortführer der Meinung waren, er sei Jude. Der muslimische Antisemitismus passt mir gar nicht. Ich möchte nicht, dass Gedemütigte zu grausigen Tätern werden. Diesen Antisemitismus aber zu verleugnen finde ich falsch und sogar gefährlich. Was passiert in den isolierten muslimischen Quartieren in vielen Grossstädten von Paris über Brüssel und Berlin bis nach Schweden? Ich schreibe: sind wahrscheinlich begeistert von den Handyfilmli. Dabei greife ich auf eine Erfahrung zurück, die etwa 10 Jahre zurückliegt. Damals waren Enthauptungen durch den IS zu sehen und sie wurden von frustrierten, teilweise durch Krieg und Flucht traumatisierten männlichen Jugendlichen durchaus fasziniert konsumiert. Wer von den gebildeten, aufgeschlossenen Mittelschichtlern hat schon Kontakt mit solchen Jugendlichen, sieht in ihren Alltag, hört was sie beschäftigt? Jugendarbeiter? Lehrerinnen und wer sonst? Wo finden Gespräche über Urteile und Vorurteile statt?
Zu Frau W. unten: wann ist ein Vorurteil ein Vorurteil? Wenn es ohne konkrete Erfahrungen geäussert wird?

12
/
5
· editiert

Sorry für die Kommas. Ich hatte grade übrig.

Und sie sind überzeugt, dass die Juden die Welt regieren

Und ganz ehrlich, ohne antisemitisches Gedankengut zu hegen: Verdammt, wenn man sieht, wie es von überall einfach zur Kenntnis genommen wird, dass Israel jetzt auch ein paar tausend unschuldige Menschen abschlachtet und dies (nicht nur von Ihnen, zuhauf gelesen!!) mit Aussagen wie

Das Blutbad wird schrecklich sein.

Oder

Israel muss sich jetzt rächen, Auge um Auge, Zahn um Zahn

Oder

20 starben beim Luftangriff (man bemerke die aktive Handlung des Sterbens)

verklärt wird, als ob man einem kleinen Kind die Regeln eines neuen Spieles erklärt, ja, wie wenn es ein beobachtetes Naturgesetz wäre, und westlichen Politikern en masse einfach gar nichts einfällt dagegen zu sagen,

dann verstehe ich es durchaus ein bisschen, dass man die Ansicht hat, sie hätten weltweit ein Netz an Fäden zu ziehen. Da braucht es keine grossen Sprünge mehr.
Und klar: Natürlich fusst der angesprochene Antisemitismus nicht darauf, sondern auf Jahrhunderten religiös und politisch eingeimpfter Propaganda. Wie völlig richtig bemerkt, mit desaströsen Folgen.

Das kurze Video aus der Daily Show von VOR 9 JAHREN hat wieder einmal bemerkenswerte Relevanz : We need to talk about Israel.

15
/
12
"Physiker"
·

Ich errinnere jeweils an das Talionsprinzip, das sowohl im Judentum als auch im Islam gilt. Es handelt sich zwar um Vergeltung, aber sein Zweck ist, dass diese nicht expandiert. Aus Wikipedia:

  • Koran:
    Sure 2:178: „O ihr die ihr glaubt! Euch ist bei Totschlag Vergeltung vorgeschrieben: Ein Freier für einen Freien, ein Sklave für einen Sklaven und ein Weib für ein Weib!“
    Sure 53:36–38: dass niemand „die Last eines anderen“ trägt.

  • Tora:
    Ex 21,23–25: „[] so sollst du geben Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brandmal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme.“
    Dtn 24,16: „Es sollen nicht Väter für die Söhne und nicht Söhne für die Väter getötet werden. Jeder soll für seine eigene Verfehlung getötet werden.“
    Das heisst, trotzt des unsäglichen Leids des Terrorangriffs der Hamas, haben die Israelis das Recht oder die Pflicht, diesen zu vergelten, aber nicht darüber hinaus, wie leider zu befürchten ist.
    Jedoch, wir als mehrheitlich Christen hier, sollten anderen keine Ratschäge erteilen, da wir unser weitergehendes Prinzip, Teil der Bergpredigt, Mt 5,38f, oder gar Feindesliebe, noch weniger beachten. In diesem Sinn, super Kommentar von Daniel Binswanger.

12
/
7

Ich kann und will nicht sagen: ich bin ein Israeli. Ich sage: ich bin ein Weltbürger. Ich habe mit allen getöteten, vertriebenen, entrechteten, enteigneten, diskriminierten, vergewaltigten Menschen das gleiche Mitleid, also mit den 10 Millionen Kongolesen, die der belgische K. umbringen liess das gleiche Mitleid wie mit den 7 Millionen Juden, die Hitler umbringen liess. Jedes neutral informierte Schulkind versteht schnell, dass die Juden in Europa während Jahrhunderten diskriminiert, immer wieder vertrieben und vernichtet wurden. Und es versteht schnell, dass in Palästina in den letzten hundert Jahren die Palästinenser die großen Opfer der jüdischen Einwanderer geworden sind, was nur dank riesiger westlicher Hilfe so geschehen konnte. Diese Hilfe war für uns Europäer eine Art Wiedergutmachung und eine Entlastung unserer Schuldgefühle. Leider haben wir uns damit indirekt neue Schuld aufgeladen: an den Palästinensern. Sie tragen keine Schuld an der historischen Judenverfolgung. Seit der Staatsgründung Israels, die gegen den Willen der Palästinenser gemacht wurde, herrscht in Palästina Krieg. Davor hatte die UNO eine Zweistaatenlösung vorgeschlagen, die aber für die Palästinenser sehr grosse Nachteile mit sich gebracht hätte: viel weniger Land als für die weniger zahlreichen Juden und dazu ein geteiltes Land. Die Juden wollten keine gemeinsame Lösung suchen und finden, sondern vollendete Tatsachen schaffen. Dieser Maxime sind sie bis jetzt treu geblieben, und man könnte sagen: siegreich. Aber es ist ein Pyrrhussieg, weil ein 'Frieden' durch Unterwerfung des Gegners nie ein nachhaltiger Frieden sein kann. Diesen gibt es nur durch Partnerschaft. Sie kann nur durch eine Zweistaatenlösung zustande kommen. Abgesehen von der Regierung des ermordeten Rabins war nie eine wirkliche und sichtbare jüdische Bereitschaft zu einer Zweistaatenlösung; sie wurde viel mehr immer mehr untergraben und torpediert. In Israel sind die nicht geflüchteten Palästinenser Bürger zweiter Klasse. Sie dürfen u.a. kein Land kaufen, weil sie als Mieter viel einfacher zu vertreiben sind. Wie also ein Einheitsstaat aussehen würde, ist offensichtlich: ein rassistischer Staat, in dem nur Juden volle Staatsbürger sind.
Was die Israelis 'Siedlungspolitik' nennen ist noch verlogener als der russische Begriff 'militärische Spezialoperation' für den Vernichtungskrieg und den Staatsterror in der Ukraine. 'Siedlung' und 'Politik' tönen zivil, friedlich und sinnvoll. Es ist aber perfide, bewusste, gezielte, hinterlistige und leider erfolgreiche Kriegsführung und sollte deshalb auch so benannt werden. Wenn die Israelis meinen, dass diese 'diskrete' Kriegsform nicht tiefste Verletzungen in der palästinensischen Seele verursachen, dann sind sie blind.
Wird einem Menschen die Luft immer mehr abgeschnitten und wird seine geliebte, gelobte und existentielle Heimat immer mehr zerschnetzelt und zerfleischt, dann kollabiert er oder schlägt in letzter Not wild um sich. Verzweiflungstaten sind meistens nicht erfolgreich, und sie sehen oft schrecklich aus; viel schrecklicher als die militärische Vertreibung einzelner palästinensischer Familien, bei der keine Kugel fällt und kein Blut fliesst.
Ja, die schrecklichen Taten der Hamas-Soldaten sind Kriegsverbrechen. Sie gehören vor den internationalen Gerichtshof, aber nur im Zusammenhang mit allen Kriegsverbrechen, die in den letzten hundert Jahren auf beiden Seiten begangen wurden. Dass die Bevölkerung des Gaza-Streifens die Hamas zu ihren Führern gewählt haben, hätte die Israelis alarmieren müssen, nämlich dahingehend, dass sie ihre Palästina-Politik schnell und grundlegend ändern müssen. Zuvor konnten alle moderaten, gesprächsbereiten, kompromissbereiten palästinensischen Regierungen den steten Zeitlupen-Vormarsch der Israelis nicht aufhalten oder wenigstens bremsen.
Auch alle Ermahnungen aus aller Welt, den 'Siedlungs-Politik'-Krieg zu stoppen haben nichts bewirkt. Den Hamas-Führern war sicher bewusst, dass sie keinen konventionellen Krieg gegen Israel gewinnen können, schon gar nicht ohne Beteiligung der Hizbollah. Deshalb haben sie alles auf die einzig wirkungsvolle Karte einer möglichst grossen Geiselnahme gesetzt. Den Hamas-Soldaten war sicher bewusst, dass sie höchstwahrscheinlich im Kampf fallen würden, sie also entweder bald tote Kamikaze/Amok-Soldaten oder erfolgreiche Geiselnahme-Soldaten sind. Das schreckliche Massaker an den hunderten von Party-Teilnehmenden war sicher nicht von der Hamas geplant. Es ist ein extrem tragisches Zusammentreffen einer naiven 'Friedens-Freiheits-Liebes'-Techno-Party direkt neben dem weltgrössten Ghetto/Freiluftgefängis mit der überraschend erfolgreichen Hamas-Invasion, das die Hamas-Soldaten in ihrem Stress, Chaos, Überforderung und eigener Todesangst zu schrecklichen Kriegsverbrechen verführt hat. Ich kann mich natürlich schrecklich täuschen; es wäre nicht das erste Mal.

66
/
16

Laut Angaben aus Palästina wurden bei den bisherigen Luftangriffen von Israel 1900 Menschen getötet, davon 600 Kinder. Die Bodenoffensive kommt erst noch. Frage an Herr Binswanger: Ab wievielen Toten auf Palästina Seite hören Sie auf, Israeli zu sein? Oder anders gefragt: Ab wievielen Toten sind Sie Palästinenser?

63
/
15

Auf den Punkt gebracht. Ähnliches ist mir auch durch den Kopf geschwirrt beim Lesen des Titels. Der Artikel hat das dann schon relativiert. Müssen wir uns denn zwischen Pest und Cholera entscheiden? Vielleicht hilft Empathie dabei, auf beide Parteien zuzugehen.

26
/
2

Linke Politik sollte sich immer mit dem Unterdrückten solidarisieren. Herr Binswanger und einige Leserinnen und Leser hingegen solidarisieren sich mit dem Unterdrücker. Die moralische Rechtfertigung, dass Israel jetzt dem Gazastreifen den Erdboden gleich machen darf und dort nicht gegen Menschen, sondern gegen menschliche Tiere kämpft, zeigt, dass der Faschismus mitten unter uns ist und während wir scheinbar gegen ihn kämpfen, unterstützen wir ihn anderorts, weil wir gegenüber manchen Menschen selbst faschistisch sind.

43
/
38
Molekularbiologe PhD, Unternehmer
·
· editiert

Es gibt in diesem Konflikt nicht nur ein Unterdrücker und ein Opfer, sondern viele Unterdrücker und viele Opfer. Hamas zählt nicht zu den Opfern, sondern zu den Unterdrückern, die von Polarisierung profitieren, auf Kosten des eigenen Volks. Vielleicht gelingt es, Hamas zu zerschlagen, und wenn dann die Regierung von Netanjahu wegen des Debakels des nicht vorhergesehenen Angriffs den Hut nehmen muss, wäre auf beiden Seiten wieder ein Gelegenheitsfenster für friedenswillige Parteien gegeben. Vielleicht wird die Gewaltspirale aber auch dafür gesorgt haben, dass keine Friedenswilligen nachrücken können. Auf jeden Fall wird es aber komplizierter bleiben als eine simple Zweiparteien Unterdrücker-Unterdrückte Situation.

48
/
2

Wenn man es so sehen will, gibt es in keinem Konflikt nur Unterdrücker und Unterdrückte. Wir können uns aber die Kräfteverhältnisse anschauen und die Siedlungspolitik von Israel. Dann stellen wir fest, dass eine Partei eindeutig ihre Macht über die andere Bevölkerung schwer missbraucht. Es ist in Ordnung, wenn man sich mit dieser faschistisch geprägten Partei solidarisiert. Ich will dann von diesen Personen einfach keine moralischen Argumente hören bei anderen Konflikten, denn in diesem Konflikt sind diese Personen moralisch eindeutig auf der falschen Seite.

7
/
22

Dieses "Ich bin ein Israeli" ist mir definitiv zu pauschal und blendet allzu vieles Differenzierendes aus. Ich werde mich ganz sicher nie mit der Regierung Netanjahu solidarisieren.

55
/
11
interessierter Leser
·

Herr Binswanger meinte mit seiner Formel sicher nicht Solidarität mit der rechtsextremen Regierung - bitte genau lesen!

25
/
5

Ich kritisiere nicht Herrn Binswanger Text an sich, sondern das "Ich bin Israeli". Obschon ich seinen Vorschlag, man müsse Solidarität mit Israel zeigen, aber trotzdem Kritik üben dürfen, als etwas - mit Verlaub - naiv einstufe. Die Regierung Netanjahu war bisher für Kritik nicht empfänglich und wird es erst recht jetzt nicht sein. Ein Teil der israelischen Bevölkerung ebensowenig. Damit es aber klar ist, ich bin ebensowenig Hamas, sondern die Beiden da:

Freundschaft unter Feinden - Wie ein Israeli und ein Palästinenser für Frieden kämpfen https://www.srf.ch/kultur/gesellsch…n-kaempfen

29
/
3
· editiert

Insgesamt nicht daneben, der heutige Wochenkommentar. Er schafft aber insb. eingangs keine Klarheit, sondern enthält hochproblematische Aussagen.

Wie zum Beispiel:

Auf diese menschen­verachtende Weise dürfen kriegerische Konflikte nicht ausgetragen werden. Auch nicht asymmetrische Konflikte. Auch nicht von einem Akteur, der in einer prekären Position der Schwäche ist und berechtigte Ansprüche hat.

So ein Bullshit. Als ob es eine menschenwürdige Weise gäbe, kriegerische Konflikte auszutragen. Krieg zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass die Grenzen der Humanität unwiderbringlich überschritten wurden und Empathie mit dem Gegner keine Möglichkeit mehr darstellt. Krieg ist an und für sich ein Bruch mit der Zivilisation und deshalb nie tolerierbar – egal wie krass die Gräueltaten ausarten.

Israel wird die militärischen Strukturen der Hamas zerstören und die politische Führung eliminieren. Kein Land der Welt würde sich auf diese Weise heraus­fordern lassen, ohne kompromisslos zurück­zuschlagen. Es steht zu fürchten, dass dazu ein langer und opferreicher Krieg nötig sein wird. Israel muss diesen Krieg gewinnen. Europa – und die Schweiz – müssen an der Seite Israels stehen.

Ich glaube nicht, dass Israel – genauer die israelische Gesellschaft, d.h. die Mehrheit der Menschen mit israelischem Pass – diesen Konflikt in der Form einer bewaffneten Auseinandersetzung gewinnen kann. Trotz all des Hasses und all der mitunter rassistischen Vorurteile wird Israel weder bereit, noch fähig sein, die dafür notwendigen Voraussetzungen zu schaffen – nämlich die Entwaffnung aller relevanten Gegner:innen des zionistischen Staates. Israel müsste sowohl den Iran als auch den Libanon dazu bringen, radikale (und verzweifelte) Palästinenser nicht mehr mit Waffen zu versorgen. Oder aber alle Palästinenser töten.

Beides wird nicht passieren. Der jetzige Versuch, die Hamas zu vernichten, wird nicht nachhaltig funktionieren. Sondern mittelfristig bloss die Radikalisierung auf der palästinensischen Seite weiter anheizen. Es gibt keinen Krieg, den Israel gewinnen kann. Gäbe es ihn, hätte Israel längst gewonnen – die militärische Überlegenheit war und ist derart eklatant.

48
/
7

Als ob es eine menschenwürdige Weise gebe, kriegerische Konflikte auszutragen. Krieg zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass die Grenzen der Humanität unwiderbringlich überschritten wurden und Empathie mit dem Gegner keine Möglichkeit mehr darstellt. Krieg ist an und für sich ein Bruch mit der Zivilisation und deshalb nie tolerierbar – egal wie krass die Gräueltaten ausarten.

Das ein Krieg eine Katastrophe ist, und immer vermieden werden sollte, ist klar. Es gibt trotzdem mehrere Genfer Konventionen eben genau, damit ein Krieg - wenn überhaupt - trotzdem nicht irgendwie sondern einigermassen "zivilisiert" geführt wird. Man kann sich bekämpfen, ohne mutwillig Kulturgüter zu zerstören, ohne nicht-militärische Personen zu ermorden/foltern/vergewaltigen, ohne alle Brücken zur Menschlichkeit abzubrechen. Weil wie will man später wieder Frieden schliessen können, wenn man sich so unmenschlich verhält während des Krieges?

Aus dem gemeinsamen Artikel 3:

"Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die infolge Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeiner anderen Ursache außer Kampf gesetzt wurden, sollen unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden [..]"

19
/
0
· editiert

Ich möchte die hehren Ziele der Genfer Konventionen und ähnlicher Versuche nicht lächerlich machen. Aber ich denke, dass es einen "zivilisierten Krieg" nicht geben kann, er ein Widerspruch in sich selbst ist. Auf zivilisierte Weise Konflikte auszutragen, bedingt den Verzicht auf kriegerische Mittel, auf die Durchsetzung des Rechts des Stärkeren. Was einen gewissen Konsens der Konfliktparteien über ein gerechtes Konfliktlösungs- bzw. beilegungsverfahren vorausssetzt, bspw. die Anerkennung eines Schiedsgerichtes mit fairen Verfahren und Spielregeln.

Krieg ist, wenn es keine gegenseitig anerkannten Regeln mehr gibt. Der Hass keinen Raum mehr für Mitgefühl mit dem Gegner lässt. Womit letztlich jegliche Grundlage für Fairplay fehlt.

11
/
9

Israel kann diesen Krieg nicht gewinnen selbst wenn es den ganzen Gazastreifen in Schutt und Asche legt. Die PalästinenserInnen die dort nun durch die Hölle gehen, werden niemals vergessen, was jetzt gerade geschieht, und sie werden auch nie verschwinden oder sich in irgendeinem Exil in Nichts auflösen.
Es findet gerade eine kollektive Bestrafung in einem nie dagewesenen Ausmass statt. DAS müsste sofort und entschieden gestoppt werden durch einen sofortigen Gefangenenaustausch. Wenn Sie Herr Binswanger sagen, dass man sich bewusst sein muss, mit welchem Israel man sich solidarisieren muss, wenn sie präzisieren, dass Ihr Statement «Wir sind alle Israelis» ein Solidaritätsbekenntnis mit den israelischen Opfern der Hamas ist, dann beziehen Sie die Forderung der progressiven Israelis, und die Forderung der Angehöhrigen der israelischen Geiseln in dieses Israel mit ein.
Das wäre die einzige Chance die Gewalt die gerade stattfindet und die sich gerade für Generationen in’s kollektive Gedächtnis und jede einzelne Seele der Betroffenen einbrennt, zu stoppen.
Aber das wird nie geschehen weil alle grade viel zu sehr damit beschäftigt sind, die Hamas zu verurteilen, statt Leben zu retten. Die Debatte, die hier gerade über die Einstufung der Hamas stattfindet, erinnert an die Ablenkungsmanöver einer SVP. Nicht dass es moralisch irrelevant wäre, wie wir sie einstufen, aber unsere Selbstprofilierung diesbezüglich wird auf die aktuellen Ereignisse nicht den geringsten Einfluss haben.
Ein sofortiger Gefangenenaustausch bedeutete kein Zugeständnis an die Hamas,
es würde nicht bedeuten, die isarelischen Opfer und das Leid ihrer Angehörigen nicht anzuerkennen. Es würde bedeuten Leben zu retten und ein Blutvergiessen zu beenden, das immer nur zu noch mehr Opfern auf beiden Seiten führen wird.
Stattdessen stellt Israel einseitig Forderungen, die israelischen Geiseln frei zu lassen, WISSEND dass die Hamas nie darauf eingehen wird, WISSEND, dass die Geiseln dadurch vermutlich nie wieder lebend frei kommen werden, WISSEND, dass Israel so -gewollt oder nicht- nichts andres übrig bleibt, als den Gazastreifen wenn nötig mitsamt seiner Bevölkerung zu eliminieren. Nein, ich bin entschieden kein Israeli!
Bedingungen zu stellen, von denen man schon im Vorneherein weiss, dass der Gegner nicht darauf eingehen wird, rechtfertigt nur die Fortsetzung der Gewalt.

Alles was jetzt geschieht, entspricht den Ereignissen der Nakba 1948, in denen die PalästinenserInnen aufgefordert wurden zu fliehen und nie wieder zurück konnten.
Pläne, die Bevölkerung Gazas sprichwörtlich in die Wüste Sinai zu schicken, existieren schon lange. Ganz egal ob die jetzige militärische Führung das nun beabsichtigt oder nicht. Wahrscheinlich tut sie es aber. Was jetzt geschieht, entspricht der Idee eines Bevölkerungs-Transfers der PalästinenserInnen nach Ägypten. Ein Bevölkerungstransfer, dem die internationale Gemeinschaft nie zustimmen würde, findet nun unter dem Alibi Zivilpersonen zu schützen, statt.

edit: Schreibfehler

41
/
6

Ich kann Ihr Votum zu 100% unterstützen! Danke!

10
/
0

Wir sind alle Israelis und gleichzeitig sind wir alle Palestinenser:innen, das ist es, was diesen Konflikt für uns so schmerzhaft macht. Wir wollen alle zu den strahlenden Sieger:innen gehören, gleichzeitig wissen wir, dass wir auch zu den elenden Verlierer:innen gehören.

35
/
1

Sehr geehrter Herr Binswanger,
Ich danke Ihnen herzlich für Ihren Beitrag!

39
/
6

Ich bin definitiv kein Israeli.
Ich verstehe die weltweite Solidaritätswelle mit der israelischen Regierung nicht. Ich verstehe nicht, warum die Menschen in der UNO, in Europa und in den USA jetzt nicht aufstehen und einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand verlangen. Wer den sonst ausser die UNO, Europa und die USA können beide Seiten zu einem Waffenstillstand zwingen? Es gab jetzt schon genug Tote und unermessliches Leid auf beiden Seiten. Jetzt ist es genug. Ich bin überzeugt, dass man den Israel/Palästina-Konflikt nicht mit Gewalt lösen kann und auch nicht mit einem Einheitsstaat. Es muss unbedingt eine Zweistaatenlösung angestrebt werden. In der Geschichte gibt es genügend Beispiele dafür, dass Einheitsstaaten mit sehr unterschiedlichen Ethnien und Religionen oft schlecht oder gar nicht funktionieren (u.a. Ex-Jugoslawien, UdSSR, Diverse Länder in Afrika, Kanton Bern/Jura).
Auch die Schweizer Regierung und das Parlament könnten etwas tun. Anstatt die Israelische Flagge zu hissen und sich ausführlich mit der Frage beschäftigen, ob die Hamas als Terrororganisation zu verbieten sei, könnte auf allen diplomatischen Ebenen (auch im UNO-Sicherheitsrat) ein sofortiger und bedingungsloser Waffenstillstand angestrebt werden.

49
/
16

Danke für ihren Kommentar, das sehe ich genauso!

20
/
6
Daniel Binswanger
Co-Chefredaktor
·

Lieber Herr Lau, auch ich bin kein Israeli. Der Chefredakteur von LeMonde, der damals die Formel nous sommes tous américains benutzte, war auch kein Amerikaner. Es ging um eine Solidaritätsgeste. Gegenüber einer Bevölkerung, die Opfer eines horrenden Verbrechens wurde. Es ist mir nicht ganz klar, was anstössig ist an diesem Solidaritätsgestus.
Ihre Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand ist mir sehr sympathisch. Sie würde verhindern, dass es noch mehr Opfer gibt. Aber niemand lässt sich auf einen Waffenstillstand ein ohne Sicherheitsgarantien. Würde die UNO die Sicherheit von Israel garantieren? Garantieren, dass das nächste Massaker nicht in ein, zwei oder sechs Monaten kommt? Das würde sie nicht, das kann sie nicht. Aber der Waffenstillstand muss kommen so schnell als irgend möglich. Und dann muss von den grossen Mächten garantiert werden, dass er Bestand hat und dass der Konflikt zu einer Lösung kommt. Das ist eine Herkulesaufgabe, bisher sind alle Versuche gescheitert - und nicht nur an einer Partei. Aber sie muss wieder angegangen werden. Dringend! Herzlich, DB

12
/
2
· editiert

Dieser Konflikt (es Krieg zu nennen finde ich nicht angebracht, da die eine Seite rein terroristisch vorgeht, während die andere totale Kontrolle über die Versorgung des angreifenden Landes hat) wird als einer der schlimmsten und kompliziertesten Konflikte dieses Jahrhunderts in Erinnerung bleiben. Gleichzeitig ist es allerdings auch so dass ich, wenn ich auf die Geschichte zwischen Israel und Palestina zurück blicke, nicht sagen kann dass er mich überrascht, höchstens in seiner Form. Das komplizierte daran ist, dass alle, welche sagen, man solle sich mit einem der beiden Länder solidarisieren, nicht sehen, dass es eigentlich vier Parteien gibt: In Israel die Regierung und die Bevölkerung, und in Palestina die Hamas und die Bevölkerung. Jene Gruppe, welche bis vor kurzem am meisten Schutz brauche, war die israelische Bevölkerung. Leider führte das dazu, dass ich immer mehr Menschen sah, welche sich mit Isreal als ganzes solidarisieren, und Palestina als ganzes, Hamas und Zivilisten, verteufeln. Dabei nahm dies teils eine Form an, dass Kritik an der Regierung Israels, Kommentare auf vergangenen Verbrechen Israles gegen Palestina oder die kolonialen Züge der Ausbreitung Israels sowie Mitgefühl mit der Bevölkerung in Palestina als Unterstützung der Hamas oder gar antisemitisch wahrgenommen und verurteilt werden. Dies macht eine gesunde Diskussion über die beste Herangehensweise schwer.

35
/
3

Lieber Herr J.

Vielen Dank für Ihren Beitrag, ich stimme weitestgehend zu. Es fehlt oft an Differenziertheit.

Wenn ich jedoch den folgenden Satz lese, komme ich ins Stocken. Die Aussage passt aus meiner Sicht wenig zum Differenzierten und präzise formulierten Rest.

Jene Gruppe, welche im Moment am meisten Schutz braucht, ist die israelische Bevölkerung.

Aktuell (also effektiv heute und in diesem Moment, nicht vor ein paar Tagen) werden doch die palästinensischen Zivilisten zugebombt, und nicht die Israelis?

38
/
6
Die Hoffnung nicht aufgebender Zyniker
·
· editiert

"Jene Gruppe, welche im Moment am meisten Schutz braucht, ist die israelische Bevölkerung"
Dieser Satz ist ganz klar FALSCH: Jetzt, nachdem israelische Truppen die Lage vor den Toren von Gaza wieder unter Kontrolle gebracht haben, die vielen Toten des Hamas-Überfalls abtransportiert wurden, sind es einmal mehr die Palästinenser, die Schutz brauchen: Schutz gegen einen der üblichen Rachefeldzüge, mit denen Israel auf jegliche Form palästinensischen Widerstands reagiert. Typischerweise lässt Israel dabei jede Art von Verhältnismässigkeit fahren, greift auf Formen der Blutrache zurück, deren Überwindung durch das Prinzip der Verhältnismässigkeit (lex talionis) einst, in grauer Vorzeit, einen entscheidenden zivilisatorischen Fortschritt dargestellt hatte.
Herr Binswanger in Ehren, aber ich bin kein Israeli. Ich bin auch kein Palästinenser (Und noch viel weniger ein Amerikaner). Ich bin vor allem ein Mensch, der auf Ungerechtigkeit reagiert, wo immer sie sich zeigt, der als Mensch verpflichtet ist, auf Ungerechtigkeit zu reagieren, und für Gerechtigkeit einzustehen. Und so inopportun das im Moment klingen mag: Den Palästinensern ist übel mitgespielt worden, und wird weiterhin übel mitgespielt. Das zu schreiben heisst nicht, den Hamas-Terror gutzuheissen, ebenso wenig aber, den Terror und die Unterdrückung zu ignorieren, deren sich Israel gegen die Palästinenser seit Jahrzehnten schuldig gemacht hat. Wer weiss, was Sache ist, kann den israelischen Siedler-Kolonialismus und die damit einhergehende, immer noch anhaltende Vertreibung und rassistische Herabsetzung der angestammten Bevölkerung des Landes unmöglich billigen. Die unzähligen Verbrechen Israels und seiner Streitkräfte gegen die Palästinenser werden durch die blindwütige Gewalt der Hamas keineswegs zum Verschwinden gebracht.
Weil die USA und Europa seit der Staatsgründung Israels und trotz der Vertreibung der Palästinener, der offensichtlich rassistischen Politik Israels, dem ungleichen Recht für Israelis und Palästinenser, immer völlig einseitig für Israel Partei ergriffen, dieses mit riesigen Krediten unterstützt, nie wirklich mässigend auf dessen Politik eingewirkt haben, tragen sie eine Mitschuld an der heutigen, völlig verfahrenen Situation. Das mindeste, was sie im Moment tun können, ist, die hilflos eingeschlossene, und von aller überlebenswichtigen Versorgung abgeschnittene Bevölkerung des Gaza-Streifens ganz klar und unzweideutig zu verteidigen. Denn das, was jetzt droht, nein, bereits unterwegs ist, ist, dass Israel die Verbrechen der Hamas durch eigene Verbrechen (einmal mehr!) weit in den Schatten stellt, somit bloss wieder eine weitere Runde in dem ungleichen Kampf, dem gegenseitigen Blutvergiessen einläutet. Das ohnehin waffenstarrende Israel einmal mehr aufzurüsten und seinen Rachefeldzug ohne Abstriche zu billigen, ist jedenfalls entschieden nicht hilfreich!

39
/
8
SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
·
· editiert

Aktuell schiessen Hamas und Hizbollah täglich tausende von Raketen auf die israelischen Städte an der Küste, allen voran Tel Aviv. Wenn Israel seine Bevölkerung nicht schützen würde, wären bereits Millionen von Menschen (aller Weltreligionen!) gestorben!

Eine der Fragen, die sich die Hamas-Führung in Den Haag wird gefallen lassen müssen wird sein: Ihr hattet 18 Jahre Zeit (seit der Autonomie der Palästinenser) und Milliarden von Dollars (Entwicklungsgelder der internationalen Gemeinschaft) zur Verfügung. Wieso zettelt Ihr einen Krieg an im Wissen, dass Israel mit aller Härte zurückschlagen wird und habt nicht mal Luftschutzkeller für die eigene Zivilbevölkerung gebaut? Dafür, dass sie Kriegsverbrechen gegen die eigene Zivilbevölkerung begehen werden sie sich nicht nur vor einem weltlichen Gericht, sondern auch vor ihrem eigenen Gott verantworten müssen!

17
/
7
· editiert

Es wirkt stets sehr irritierend, wenn eine Person, mit der man auf gesellschaftspolitischer und philosophischer Ebene grösstenteils einig ist, plötzlich zu einem Thema eine Haltung offenbart, auf die man so gar nicht eingehen kann.
Nein, ich kann sicher nicht Israeli sein, denn dies würde mich zu einem Teil des israelischen Staates machen, welcher seinerseits seit Jahrzehnten eine friedliche Lösung des Nahostkonfliktes sabotiert und als übermächtiger Aggressor auftritt. Gerade diese einseitige Sympathiehaltung des Westens (von den USA ad absurdum getrieben) schien mir schon immer sehr kontraproduktiv.
Und v.a. die Aussage "Israel muss diesen Krieg gewinnen". Also Herr Binswanger, sie enttäuschen mich, wo doch die Geschichte nichts anderes aufzeigt, als dass (mehr) Gewalt nie zur Lösung einer deratigen Problematik führen kann. Sie klingen für mich wie damals die Befürworter des "War on terror".
In einer aufgeklärten und modernen Gesellschaft müssen Täter zur Rechenschaft gezogen werden, besonnen und konsequent. Aber sonst niemand. Dass ungefähr eine Million Menschen innert 24h ihre Heimat verlassen müssen, um dem Schrecken der Vergeltungsoffensive der israelischen Armee zu entkommen, scheint mir nicht besonnen und konsequent, und schon gar nicht aufgeklärt und modern.
"Kompromisslos zurückschlagen": diese aggressive und primitive Rhetorik ist doch nicht auf ihrem Niveau? Was hat es denn den USA gebracht, als sie nach 9/11 kompromisslos zurückgeschlagen haben? Was hat ihnen der lange und (v.a. auf irakischer und afghanischer Seite) opferreiche Krieg gebracht? Und dem Rest der Welt?
Und dass Sie, Herr Binswanger mich (und Europa und die Schweiz) dazu aufrufen, mich für diese archaische Reaktion zu solidarisieren, enttäuscht mich.

43
/
12
Daniel Binswanger
Co-Chefredaktor
·

Lieber Herr K., vielleicht könnte diese Irritation ja auch Anlass sein für den Versuch eines Dialogs. Niemand verlangt von Ihnen Teil des Israelischen Staates zu werden, ich schon gar nicht. Ich denke, ich habe gleich zu Beginn recht klar gemacht, wie ich das meine mit dem "Wir sind Israeli". Es verstört mich, dass eine so simple Solidaritätsgeste so starke Irritationen auslöst.
Und ja es ist richtig: Seit langen Jahren sabotiert Israel den Friedensprozess, was nicht nur aber auch damit zu tun hat, dass es einen Gegner gegenüber hat - die Hamas -, der mit aller Konsequenz in allen Phasen den Frieden verunmöglichen wollte.
Ansonsten glaube ich, haben wir keine bedeutenden Differenzen: Ja, es geht darum, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und niemand sonst. Die Täter zur Rechenschaft ziehen, wenn diese geschätzte 30 000 Mann unter Waffen repräsentieren, das nennt sich Krieg führen. Sie zur Rechenschaft ziehen nennt sich gewinnen. Ich verstehe ihre Bedenken, dass hier ein "War on terror" wiederholt werden könnte, ich teile sie.
Aber was sollte Ihrer Ansicht nach Israel tun? Nicht zurückschlagen, aber die Täter zur Rechenschaft ziehen. Das wäre sicherlich die wünschbare Lösung. Aber wie soll das gehen? Und ist es wirklich eine "eine archaische", also illegitime Reaktion, dass Israel der Hamas jetzt den Krieg erklärt? Ich finde, man kann es sich auch zu einfach machen.
Wo wir uns aber ganz gewiss finden: Die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten darf nicht in die militärischen Auseinandersetzungen hineingezogen werden - auch wenn wir beide wissen, dass dies auf beiden Seiten schon geschehen ist. Auf der Einhaltung des humanitären Völkerrechtes muss insistiert werden. Wir sollen uns nicht solidarisieren mit einem Land, das durch den 7. Oktober hindurchgegangen ist? Uns solidarisieren und dieses Land weiterhin auch kritisieren? Was ist daran so anstössig? Herzlich, DB

21
/
6
· editiert

Lieber Herr Binswanger, danke vielmals für ihre ausführliche Antwort, stets ein Zeichen von Respekt und beste Werbung für die Republik.
Sich zu solidarisieren mit der Ukraine, mit derer Bevölkerung und der Integrität dieses souveränen Staates, das fällt mir leicht. Sich zu solidarisieren mit der Redaktion von Charlie Hebdo und den Bewohnern von Paris nach jenen Anschlägen, oder mit den Bewohnerinnen Berlins, nachdem ein totalitäres Regime ihnen über Nacht eine Mauer durch Häuser hindurch erbaut hat, das geht mit meinen humanistischen Werten einher.
Auch mein Entsetzen, mein Mitgefühl mit den Opfern und meine Abneigung und Wut gegenüber den Tätern in der aktuellen Situation entspringt diesen Werten.
Ich habe mich beim Thema Nahost stets mit den Menschen solidarisiert, welche sich mit dem Gegenüber verbündeten im Streben nach Frieden (auf israelischer, palästinensischer; jüdischer und arabischer Seite, dies z.B. aktiv in meinem Unterricht).
Dieser symbolische Akt der Solidarität von "Ich bin.." oder "Je suis.." macht für mich in den oben genannten Beispielen absolut Sinn, da mir die moralisch "richtige" Position absolut klar erscheint. Doch wenn ich mich als Israeli bezeichnen soll, dann bedeutet dies, dass ich mich auch mit vielen Tätern solidarisieren soll, welche seit Jahrzehnten eine Gruppe von Menschen unterdrücken und internationales Völkerrecht und Abkommen missachten, und dies weitestgehend ohne internationaler Konsequenzen aufgrund westlicher "Solidarität".
Der Text von Daniel Strassberg hat auch eine klare Tendenz, dies ist aber auch der Inhalt dessen. Er beschriebt die innere Zerrissenheit eines Menschen, dessen intellektuelle Sichtweise jäh von der emotionalen überschattet wird. Er ist aber vor allem eins: ein persönlicher Einblick, ohne jeden Appell. Auch Ihr Interview mit Herr Roye ist äusserst wichtig, informativ und stimmt trotz allem hoffnungsvoll. Und auch dieser Text ist ohne Appell.
Ich verstehe Ihre Argumentation und Ihre Bestrebung zur Differenzierung gehen nicht an mir vorbei. Trotzdem komme ich nicht zum selben Schluss. Ich kenne die richtige Antwort Israels auf diesen Angriff auch nicht. Doch auf Gewalt mit Gegengewalt zu reagieren ist archaisch (im Sinne von althergebracht, nicht illegitim) und wird bestimmt nicht zum Ziel führen (sonst wäre dieser Konflikt schon lange gelöst).

25
/
4
ich-bin-ich
·
· editiert

Ich bin KEIN Israeli
Ich verurteile den Angriff und die abscheulichen Taten der Hamas. Aber genauso verurteile ich das Verhalten Israels. Nicht über Jahre, eher über Jahrzehnte dringt Israel einfach ins Westjordanland ein. Macht Häuser und Dörfer mit Bulldozern dem Erdboden gleich, verjagt und tötet Menschen aus dieser Region, baut eigene Siedlungen auf dem fremden Gebiet.
Die An- und Übergriffe auf die Zivilbevölkerung durch die Hamas ist grauenhaft und auf das schärfste zu verurteilen. Aber auch Israel hat jeweils mit ihren überproportionalen, massiven "Vergeltungsschlägen" gegen den Gazastreifen nicht vor massiven zivilen Opfern halt gemacht. Aber vor allem sind es die menschenverachtenden israelische Taten im Westjordanland, die mir schon lange sehr sauer aufstossen. Wo die Existenz und das Zuhause, das Daheim von Personen, Familien und ganzen Gemeinden einfach zerstört, ausgelöscht und besetzt wird.
Nein, ich bin ganz sicher KEIN Israeli. Ich bin auch ganz sicher kein Hamas und auch kein Palästinenser.
Aber ich bin ein Eidgenosse und verstehe beide Seiten. Denn wenn ein Israeli versuchen würde mein Heim einfach zu übernehmen oder ein Hamas versuchen würde eines meiner Kinder zu entführen, dann würde ich - wie die alten Eidgenossen, notfalls mit Mistgabel und Axt - mich auch zur Wehr setzten.
Um in diesem Konflikt eine Lösung zu finden, muss man beide Seiten und die Gründung Israels verstehen.

46
/
27

Wenn man nicht weiter liest als bis zum Ende der Titelzeile, kommt sowas raus: ich bin ein Eidgenosse 🤮

21
/
17
ich-bin-ich
·
· editiert

Lieber Anonym 1
Vielleicht liest Du nur das fett gedruckte in meinem Artikel.
Und ja, der Titel des Artikels ist für meinen Geschmack ungünstig gewählt und hat so meinen Titel provoziert.
Vor einiger Zeit war die Schweiz noch guter Vermittler bei Konflikten.
Aber das gelingt vermutlich nicht, wenn man sich nur mit einer Seite "identifiziert".
Vielleicht wäre ein passenderer Titel gewesen:
Ich bin Israeli und Palästinenser

29
/
3

https://www.srf.ch/news/internation…die-trauer
Diese Menschen sind ein Hoffnungsschimmer, sie konnten die Rache hinter sich lassen.

25
/
0
Anderer 60
·

Richtig.

9
/
0

"Ick bin ain Berliner" war ein rhetorisch genialer Satz. Mit jeder Paraphrasierung wird er etwas hohler. Vom "Ich" zum "Wir", und der Satz ist bloss noch eine leere Solidaritätsparole.

29
/
4

Genau das bringt mein Unbehagen auf den Punkt. Danke.

13
/
2
· editiert

Lieber Herr Binswanger

Beim Lesen Ihres Kommentars musste ich an den ‘Letter from Birmingham Jail’ - an den offenen Brief denken den Martin Luther King Jr. 1963 in einem Gefängnis in Birmingham, Alabama verfasste. Besonders die folgende Passage drängte sich mir dabei auf:

I must make two honest confessions to you, my Christian and Jewish brothers. First, I must confess that over the past few years I have been gravely disappointed with the white moderate. I have almost reached the regrettable conclusion that the Negro's great stumbling block in his stride toward freedom is not the White Citizen's Counciler or the Ku Klux Klanner, but the white moderate, who is more devoted to "order" than to justice; who prefers a negative peace which is the absence of tension to a positive peace which is the presence of justice; who constantly says: "I agree with you in the goal you seek, but I cannot agree with your methods of direct action"; who paternalistically believes he can set the timetable for another man's freedom; who lives by a mythical concept of time and who constantly advises the Negro to wait for a "more convenient season." Shallow understanding from people of good will is more frustrating than absolute misunderstanding from people of ill will. Lukewarm acceptance is much more bewildering than outright rejection.’

Diese Passage soll im gegebenen Kontext nicht die Gräueltaten der Hamas legitimieren sondern ihnen Herr Binswanger, die eigene moralische Überheblichkeit und die Selbstverständlichkeit mit der sie sich in ihrer Haltung als ‘auf der richtigen Seite der Geschichte’ verstehen vor Augen führen, während sie solche Sätze schreiben wie: ‘’Kein Land der Welt würde sich auf diese Weise heraus­fordern lassen, ohne kompromisslos zurück­zuschlagen.’’ Von Integrität kann hier nicht die Rede sein sondern eben nur davon, durch ihre scheinbare moralische Differenziertheit die eigene Überlegenheit zu manifestieren. Wem hier mehr Solidarität und Empathie zu Gute kommt ist klar und sie gilt nicht dem Volk das in dieser Situation ohne jeden Zweifel unterdrückt wird.

Ich teile Martin Luther King Jr Frustration über Teile der gebildeten Linken und denke das genau solche Kommentare den öffentlichen Diskurs auf eine besonders perfide Art und Weise schaden da sie die Solidarität und Empathie subtil und unbemerkt weg von dem Volk rückt, das hier ohne jeden Zweifel unterdrückt wird, während gleichzeitig das eigene Überlegenheitsgefühl unterschwellig akzentuiert und damit die moralische Überlegenheit, auf der die politische Agenda des Westens basiert manifestiert.

Not okay.

F. Osman

38
/
14

sie haben mir gerade geholfen zu verstehen, was ich in mir fühlte, aber nicht verstand. danke.

11
/
2

Israel strebt seit seiner Gründung eines der folgenden zwei Ziele an:

Expansion und Frieden
oder
Expansion ohne Frieden
Ohne eine Veränderung der Ziele seitens der Israelis sind alle Versuche, Frieden im Nahen Osten zu erreichen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Die Mehrheit der Araber ist bereit, in friedlicher Koexistenz mit Israel innerhalb der Grenzen von 1967 zu leben. Hamas und alle extremistischen Gruppierungen sind lediglich Produkte der israelischen Haltung.

28
/
6
Neugierig
·

Ich stimme der Einordnung als Kriegsverbrechen statt einem Terrorakt zu. Was nicht weniger verurteilt werden muss, Zivilisten sind nie legitime Ziele.

Wir aber sind keine Israeli. Im Gegensatz zur Ukraine sehe ich bei Israel kein Recht oder sogar eine Notwendigkeit, einen Krieg zu führen.

Israel muss diesen Krieg gewinnen. Europa – und die Schweiz – müssen an der Seite Israels stehen.

So eine Aussage bleibt mir definitiv im Hals stecken. Ich stehe doch nicht an der Seite eines Apartheid-Regimes das einen Krieg gegen «menschliche Tiere» führen will. Hallo Genozid.

Wer Lebewesen unterdrückt und einsperrt, muss nicht überrascht sein, wenn die Hand dann gebissen wird.

37
/
15
SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
·

Haben Sie die Charta der Hamas gelesen? Das erklärte Ziel dieser Organisation, Palästina "vom Meer bis zum Fluss Jordan von den Juden zu befreien"? Was die Hamas und ihre Unterstützer darunter verstehen, haben sie am 7.10. unter Beweis gestellt.
Natürlich muss Israel diesen Krieg führen. Was bleibt ihm denn sonst übrig, solange seine unmittelbaren Nachbarn seine Souveränität und sein Existenzrecht nicht anerkennen und seine Einwohnerinnen und Einwohner umbringen wollen?

17
/
13
Neugierig
·

Nein, ich habe die Charta nicht gelesen. Haben Sie sie gelesen?

Israel will genau das gleiche, was man an der Siedlungspolitik gut sehen kann. Mit Ihrer Argumentation muss dann auch die Hamas Krieg führen. Wo führt das dann hin?

25
/
12

Ich bin schockiert über zahlreiche Kommentare, die auf die Aussage „Ich bin ein Israeli!“ reagieren wie der Stier auf das rote Tuch. Wer das in dieser Situation nicht OHNE WENN UND ABER sagen kann, offenbart m.E. erschreckende Unmenschlichkeit; es hiesse nämlich einfach, dieses absolut grauenhafte Massaker vorbehaltlos zu verurteilen und mit den geschundenen Opfern MITZUFÜHLEN. Wer subito zu rechten beginnt, um schliesslich beim simplen Befund „Das haben sie sich selber zuzuschreiben!“ zu landen, lässt jede Empathie vermissen und ich kaufe ihm darum auch sein Mitgefühl für die Palästinenser nicht ab. Dem Unrecht der Hamas dasjenige der israelischen Regierung entgegenzuhalten heisst jenes relativieren bzw. entschuldigen.

Und ja, ich finde DBs Artikel differenziert. Ganz im Gegensatz zu so manch empörtem Kommentar; da frage ich mich mitunter, ob das Missverstehen gewollt ist bzw. der Stier nur noch das Tuch sieht.

Und nein, ich relativiere keineswegs das Unrecht, das der jüdische Staat den Palästinensern gegenüber seit Jahrzehnten begeht.

27
/
21

Der Stier ist farbenblind und reagiert nicht auf das Rot, sondern auf das wilde Wedeln des Tuches. Ihr Kommentar ist ein wildes Wedeln mit Anschuldigungen, Schlussfolgerungen, Unterstellungen. Sie behaupten einerseits, wer nicht ohne wenn und aber zu Israel stehe, relativiere die Gräueltat der Hamas und sei unmenschlich und könne somit auch keine Empathie für die Palästinenser empfinden und andererseits nehmen Sie aber für sich in Anspruch, wenn Sie ohne wenn und aber zu Israel stehen, das Unrecht gegenüber der palästinensischen Bevölkerung nicht relativieren würden. Frau K., ich kann durchaus diese Tat der Hamas zutiefst verachten und verurteilen, ohne gleichzeitig das Leid der palästinensischen Bevölkerung auszublenden. Ich muss mich nicht für eine Seite entscheiden.

33
/
11

Liebe Frau S., ich stehe überhaupt nicht ohne Wenn und Aber „zu Israel“ - wie wäre das bei dieser Geschichte möglich? - und habe das auch nicht geschrieben (bitte genau lesen), wenn ich „in dieser Situation“ fordere, sich mit den Terroropfern vorbehaltlos zu solidarisieren. Mit Aufrechnen erstickt man sein Mitgefühl, macht es sich einfach: Was bleibt, ist der Furor, der besser zu ertragen ist.

Ich bin seit über vierzig Jahren hin- und hergerissen
zwischen beiden Seiten, bin gefühlsmässig situativ Palästinenserin oder Israelin und muss das unermessliche Leid auf palästinensischer Seite nicht ausblenden, um mit den israelischen Opfern mitzufühlen, wie Sie mir zu unterstellen scheinen…

15
/
3
Daniel Binswanger
Co-Chefredaktor
·

Liebe Frau K., Ihre Metapher vom roten Tuch finde ich sehr triftig. Und auch dass Sie so klar formulieren, worum es geht. Um die Notwendigkeit mitzufühlen. Herzlich, DB

25
/
8

Der Titel ist eine unglaublich doofe Anbiederung; Israel ist ein Apartheidstaat und die Hamas eine Terrororganisation. Beide kennen seit Jahren bloss Gewalt als Sprache. Solidarität gilt einzig den Zivilisten, und zwar auf beiden Seiten.

25
/
11
Daniel Binswanger
Co-Chefredaktor
·

Lieber Herr V., ich würde Israel nicht ohne Umschweife einen Apartheidstaat nennen, zur historischen, südafrikanischen Apartheid bestehen Unterschiede, aber dass die Rechtlosigkeit der Bevölkerung in den besetzten Gebieten, die seit fast sechzig Jahren andauert, zumindest Apartheid-artig und nicht zu rechtfertigen ist trifft natürlich zu. Dass ich dieser Ansicht bin, scheint mir aus dem Kommentar sehr klar hervorzugehen. Wo ich ihnen nicht recht gebe: Nein, Israel ist nicht nur das. Sondern eine Demokratie, die phasenweise sehr ernsthafte Bemühungen um eine Friedenslösung gemacht hat. Dass unsere Solidarität den Zivilisten gehören muss, da haben wir keine Differenz. Aber dass es Sie befremdet, wenn man nach dem entsetzlichen Verbrechen der Hamas sagt, wir stehen auf Eurer Seite (so verstehe ich Sie) befremdet wiederum mich. Herzlich, DB

24
/
7
Die Hoffnung nicht aufgebender Zyniker
·
· editiert

Einmal mehr: Eine Demokratie bloss für Juden (oder irgend eine andere Gruppe) ist keine!
Die "Friedensbemühungen" bestanden in regelmässigen Versuchen, die Palästinenser über den Tisch zu ziehen, und zur Einwilligung zu bewegen, weiteren Abstrichen an ihren Rechten zuzustimmen. Wenn Sie das nicht glauben wollen, kann ich Ihnen bloss The end of the peace process von Edward W. Said empfehlen; Said schont darin die PA keineswegs, und das völlig zu Recht.
Ich hoffe, dass Sie das nächste Mal (und das ist bereits jetzt, vor dem eigentlichen Angriff der Israelis auf Gaza, fällig) die "entsetzlichen Verbrechen" der Israelis ebenso anprangern, wie diejenigen der Hamas. Menschenrechte und Mitgefühl sind nicht teilbar.
Wenn Israel jemals ernsthafte Versuche gemacht hätte, sich mit den Palästinensern auszusöhnen, und die Ernsthaftigkeit durch entsprechendes Handeln demonstriert hätte, ständen wir jetzt nicht vor dem aktuellen Scherbenhaufen. In dem Gewalt einmal mehr als einzige, hilflose Option erscheint.

29
/
8

Lieber Herr Binswanger, selbstverständlich stehe ich voll und ganz auf der Seite der israelischen Zivilbevölkerung, welche von den barbarischen Gräueltaten der Hamas getroffen wurde. Meine Solidarität gilt aber gleichermassen der palästinensichen Zivilbevölkerung, welche nun ohne Strom, Wasser und Benzin auskommen muss und von der israelischen Regierung wie eine Viehherde nach Nirgendwo vertrieben wird. Das ist ebenso barbarisch, deshalb mag ich mich überhaupt nicht bloss für die eine Zivilbevölkerung solidarisieren, und deshalb stört mich auch der Titel.

22
/
1

Also Israel ist kein Apartheidstaat, aber die Rechtlosigkeit der Bevölkerung in den besetzten Gebieten ist Apartheid-artig? Muss die Apartheid erst flächendeckend sein, damit Sie es als solches anerkennen?Israel ist keine Demokratie. Israel ist ein Staat zwischen einer Diktatur und einer Demokratie, ähnlich wie die Türkei. Am ehesten ein Hybrid-Regime.

16
/
4
Urs Fankhauser
Citoyen
·
· editiert

Non. Je ne suis pas Charlie. Ni américain. Ich bin auch nicht Israeli. Was sollen solch undifferenziert Parolen in einem fast 60jährigen Konflikt? Als ob dessen Eskalationsstufen stets von der arabischen Seite ausgegangen wären.
Wenn mehrere Generationen des palästinensischen Volks unter den Bedingungen israelischer Besatzung aufgewachsen sind, kann ich mich über die jüngsten Ereignisse zwar entsetzen, aber nicht wundern.

35
/
15
· editiert

Je nach Sichtweise ist Hamas eine Terrororganisation oder eine Gruppe von Freiheitskämpfern. Welche sie ist, muss man gar nicht entscheiden, um zu wissen, dass ein Rechtsstaat (?) wie Israel aus der Ermordung von Zivilisten nicht das Recht ableiten kann, eine ganze Bevölkerung kollektiv zu bestrafen (nach IHL übrigens verboten: https://ihl-databases.icrc.org/en/c…v1/rule103), zu vertreiben oder gar zu ermorden.

Die Menschen, die aktuell gen Süden fliehen wissen ganz genau, dass sie nie wieder in ihre Häuser zurückkehren dürfen. Dies ist ethnische Säuberung im grossen Stil und das Leid der israelischen Familien, die ihre Angehörigen verloren haben, wird instrumentalisiert, um diesem lang ersehnten Vorhaben Israels einen Anstrich von Legitimität zu geben.

If your children's death makes it imperative for you to wage war, how come their birth never made it imperative for you to build peace?

26
/
6

Aha, und was soll Israel in dem Fall machen? Die Hände falten und beten, dass die Hamas sich wundersam wandelt und keinen solche brutale Terrorattacke wiederholt?

4
/
9
· editiert

Nach jeder Massenschiesserei in einer amerikanischen Schule gibt es Menschen die glauben, die nächste liesse sich verhindern, indem man auch noch die Lehrer bewaffnet. Israel weiss seit Jahren was zu tun ist, um Akteuren wie Hamas komplett den Nährboden unter den Füssen wegzunehmen: Siedlungen im Westjordanland abreissen, Grenzen von 67 achten und Palästina als selbständigen Staat anerkennen.

Wenn Sie meinen Israel könne Hamas mit einem Einmarsch in Gaza schlagen irren Sie sich. Mit jedem Baby das in Gaza verendet gewinnt Hamas mehr Anhänger die bereit sind sich in die Luft zu sprengen.

14
/
2
Daniel Binswanger
Co-Chefredaktor
·

Liebe(r) Anonym 10, Sie bekräftigen hier eine Hypothese, die nun überall kursiert, nämlich dass Israel de facto eine zweite Nabka inszeniert, dass die zur Flucht aufgeforderten Palästinenser nie mehr zurückkehren können. Die Aufforderung zur Flucht ist zu kritisieren, kein Zweifel. Allerdings ist auch nicht klar, wie zivile Opfer vermieden werden sollen, wenn Israel nicht das Recht hat, die Bevölkerung zum Verlassen der Kampfzonen aufzufordern. Problematischer scheint mir allerdings die Frage, ob diese Flucht überhaupt zu bewerkstelligen ist - das scheint für sehr viele Palästinenser nicht der Fall zu sein - und weshalb man nicht zulässt, dass Auffang-Strukturen geschaffen werden, in Südgaza und noch besser in Ägypten.
Aber hätte Israel ein Interesse Gaza zu entvölkern? Ich sehe dafür wenig Anhaltspunkte: Israel hat 2005 Gaza unilateral geräumt, es wurde als verzichtbar eingestuft. Hat sich das heute geändert? Das wäre theoretisch möglich. Aber aus welchem Grund? Israel ist sehr damit beschäftigt, das Westjordanland zu kolonisieren - und damit die Zweistaatenlösung zu untergraben. Das Westjordanland ist für die Siedlerbewegung enorm wichtig - Gaza nicht mehr. Weshalb soll man dann die Kräfte auf Gaza konzentrieren? Ich sehe Stand heute keine Hypothese, weshalb ihre Anklage richtig sein soll. Was die zeitweilige Vertreibung grosser Bevölkerungsteile nicht rechtfertigen soll. Wenn es tatsächlich gelänge, die Zivilbevölkerung weitgehend dazu bringen, Nordgaza zu verlassen, würden die Bombardierungen wohl noch sehr viel intensiver - und die Schäden noch sehr viel grösser. Was wird übrig bleiben, wenn der Krieg vorbei ist. Auch das wird eine entscheidende Frage sein. Und die Vertreibung von Zivilisten, ohne Zweifel um bei der Bombardierung keine Rücksicht Kollateralschaden mehr nehmen zu müssen, ist in der Hinsicht kein gutes Zeichen.
Herzlich, DB

5
/
3

Danke für Ihre Antwort. Da unterscheidet sich unsere Sichtweise. Ich weiss nicht genau, wie ich das gut schriftlich vermitteln kann, aber viele Menschen im Westen, lesen etwas wie "1 Mio Zivilisten sollen evakuiert werden" und sehen nicht, was das logistisch bedeutet.

Stellen Sie sich den schlimmsten Stau zur schlimmsten Stosszeit vor. Multiplizieren sie das damit, dass die Strasse voll mit Schlaglöchern ist und die Autos alt und klapprig. Dann in der Mitte davon schwangere Frauen, alte Menschen, Menschen mit Behinderungen, Kleinkinder, Babys, Krebskranke, Demenzpatienten.

Und dann haben die meisten der Autos nicht genug Benzin und bleiben liegen und versperren nach und nach die Strasse, bis keine Autos oder Fahrzeuge mehr durchkommen. Und man geht zu Fuss weiter.

Eine Million Menschen können nicht über die zwei Strassen evakuiert werden, die auf den Karten in den Nachrichten gezeigt werden. Israel weiss das. Hamas weiss das. Das IKRK weiss das. Das WFP, Médecins sans frontières und UNRWA wissen das.

1 Million Menschen können nicht "mal schnell zur Seite gehen". Eine Evakuierung würde Monate dauern - im Gegensatz dazu können Hamas-Kämpfer sich agil überall bewegen und schnell verschwinden. Diese Zwangsumsiedlung ist ein Kriegsverbrechen, welches Israel dem Ziel, Hamas zu zerstören, keinen Meter näher bringt. Aus diesem Grund kann es nicht sein, dass damit kein anderes Ziel verfolgt wird.

Ich habe einen kleinen Sohn. Wenn ich mir vorstelle, mit Tausenden von Menschen zu Fuss über 50km in der Hitze ins Ungewisse zu wandern, und dabei keine Sekunde zu schlafen, weil ich Angst hätte, dass man meinen Sohn entführt oder er sich in der Menschenmasse verläuft, wird mir schlecht. Genug Trinkwasser für uns beide könnte ich nicht tragen - und manche Familien haben 3, 4 oder 5 kleine Kinder und wissen nicht, ob es unterwegs irgendwo Wasser und Nahrung gibt. Manche Mütter haben Kinder im Krankenhaus, die bei den Bombardierungen verletzt wurden und nicht laufen können. Andere sind hochschwanger.

Nein, man kann diese Menschen nicht "vorübergehend" oder "zeitweise" vertreiben. So etwas ist definitiv - wenn nicht für die Lebenden, dann für tausende von Menschen die bei diesem Todesmarsch ihr Leben lassen werden. Dass es sich hier um einen Genozid-Versuch handelt sehen übrigens sogar manche jüdischen Holocaust-Experten (z.B. https://www.youtube.com/watch?v=ZWGGjLZNuyg). Und Nein, das ist kein Verschwörungsvideo sondern ein Interview mit einem Universitätsprofessor.

9
/
0
· editiert

Werter Herr Binswanger
Da sind die Rösslein grad arg mit Ihnen durchgegangen, erst mit dem Titel Ihres Artikels und dann noch in einzelnen Passagen.
Zum Titel: aus meiner Sicht gibt es gar keinen Grund, als Israeli auf irgendetwas stolz zu sein, weshalb ich den Titel absolut daneben finde, es zeigt aber klar Ihre Position.
Zum Inhalt: Israel muss den Krieg gewinnen:
Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass es Frieden geben kann, solange die Grund- und Menschenrechte der Palästinenser derart missachtet und seit Jahrzehnten mit Füssen getreten werden. Golda Meir träumte davon, dass es eines Tages keine Palästinenser mehr geben wird („so etwas wie ein palästinensisches Volk gibt es nicht“), bei 14 Millionen Palästinensern weltweit wird das aber schwierig. Es wird noch lange so weitergehen, wenn die Palästinenser und Palästinenserinnen nicht endlich zu ihren Rechten kommen.
Ich schätzte bisher Ihre Artikel in der Republik sehr. Darf ich die heutige Stellungnahme als emotionale Entgleisung verbuchen?

39
/
19
Carlo Baumgartner - Gymnasiallehrer
·

Ich würde niemals erklären, ich sei ein Israeli. Das wäre falsch und moralisierend. Die Problematik der Palästinenser wäre einfach ignoriert. Und daraus kann keine Lösung entstehen.
Ich würde niemals behaupten, wie der BR oder die Sicherheitskommission des NR es beschlossen haben, die Hamas einseitig als Terrororganisation zu bezeichnen, ohne gleichzeitig Israel auch so zu benennen. Viele Republik-Leser haben schon zur Genüge erläutert, wie Israel die Menschenrechte der Palästinenser oder ihre Völkerrechte grob missachtet. Die Politik Israels in den besetzten Gebieten macht sie ganz sicher auch zu Terroristen.
Moralisieren kann nicht die Lösung sein, was es braucht, ist eine politische Lösung.
Aber was tun, wenn ein Premier Minister, erklärt, dass die Oslo-Abkommen nicht die (politische) Lösung sind, sondern das Problem. Entsprechend handelte er so, dass die zwei Staaten-Lösung logischerweise schlussendlich verunmöglicht wurde. Was die jetzige Regierung vorhat, ist ein Grossisrael, als exklusiver Judenstaat durchzusetzen, und das würde dem Demokratie-Gedanken gänzlich widersprechen.
Das würde aber bedeuten, dass die Palästinenser weiterhin dauernd unterdrückt,
oder irgendwie weggeschafft würden. Jedenfalls, in jenem Israel hätten sie keinen Platz und wären auch so ihrer Zukunft beraubt.
Eine Verfassung müsste endlich von Israel akzeptiert werden. Als politische Lösung ?
Politische Lösungen gibt es, zum Beispiel jene einleuchtende von Peter Ulrich (siehe weiter unten):

"Wir solidieren uns mit allen aufgeklärten Israeli, die darauf bestehen, dass der Staat endlich eine moderne Verfassung braucht, eine Verfassung, welche die unantastbare Würde und Gleichberechtigung aller Bürgerinnen und Bürger, unbesehen ihrer Religion oder anderer Besonderheiten achtet und schützt."

Kann man klarer sein ? Ist da nicht das Wesentliche gesagt ?

Was kann man aber machen, wenn der politische Wille fehlt ?

Kann man sich überhaupt vorstellen, dass die heutige Situation zu einer realistischen Lösung führt ?

Ich verzweifle.

29
/
11

Guten Abend Herr B.

ich hoffe, dass Sie nicht verzweifeln. Wir sind nur für unsere eigenen Handlungen verantwortlich, auch wenn das schon eine hochkomplexe, unübersichtliche Angelegenheit und Überforderung bedeuten kann.
Im besten Fall können wir Vorbilder sein durch unser Sein und Handeln. Oder wir können mit unseren Äußerungen zu mehr Verständnis der Situation beitragen. Oder wir können Ratschläge geben, für deren Ausführung wir aber eben nicht verantwortlich sind.
Freundschaft, Liebe, Vergebung, Versöhnung basieren immer auf Freiwilligkeit. Niemand kann (und soll) sie erzwingen; kein Paartherapeut, kein Ideologe, kein Priester, kein Experte, kein Richter, kein Soldat, kein Mensch. Das denke ich auf jeden Fall. Wer weiss?

11
/
0
Daniel Binswanger
Co-Chefredaktor
·

Liebe Frau B., wie alle verzweifeln. Ich denke, aus meinem Kommentar geht deutlich hervor, dass ich die Position bezüglich der Solidarität mit dem aufgeklärten Israel teile. Vielleicht mit einer Nuance: Menschen gegenüber, die in ihren Häusern abgeschlachtet werden, deren Kinder verschleppt werden, sollten wir nicht sagen: Habt Ihr Netanyahu gewählt, dann seid ihr mir egal. Wir sollten sagen: Wir stehen bei Euch, Ihr habt das Recht, Euch zu wehren. Aber es braucht nun endlich eine Friedenslösung. Herzlich, DB

17
/
6
· editiert

Die Kommentarspalte zu diesem Artikel beweist einmal mehr den Wert der Republik und die Qualität ihrer Konsumentinnen! Bravo; ich bin froh, in dieser Gesellschaft kommunizieren zu können!
Die Diskussionen in diesem Thread sind m.E
rein moralphilosophischer und semantischer Natur und ich bin allen Teilnehmern dankbar, dass sie (grossmehrheitlich) trotz unterschiedlicher Meinung dem Gegenüber das Mitgefühl mit den Opfern und die Verurteilung gegenüber den Tätern nicht absprechen (auf welcher Seite und zu welchem Zeitpunkt auch immer).

19
/
2
SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
·

Dieser Waffengang könnte innerhalb weniger Stunden beendet werden: Die Hamas lässt die israelischen Geiseln frei, die Verantwortlichen für das Massaker vom letzten Samstag stellen sich dem internationalen Gerichtshof in Den Haag. Ende.

Stattdessen schiessen Hamas und Hizbollah weiter ununterbrochen auf die israelischen Städte an der Küste und Israel schiesst weiter auf Gaza.

Es ist tragisch.

26
/
10

Nein, Herr Binswanger, wir sind nicht alle Israelis oder Hamas, denn wir versuchen es, Vernunft über Glauben und Religion zu stellen und Konflikte im Keim aufzulösen, was die Kriegsparteien in vollendeter Kollusion konsequent meiden. Es kostet etwas, das Gegenüber zu verstehen und so Spannungen gar nicht erst entstehen zu lassen und erfordert Autonomie des Denkens, aber es ist möglich.

25
/
9

Was ich aber bei Herrn Binswangers Ausführungen nicht ganz verstehe, ist, weshalb die Greueltaten der Hamas ein Kriegsverbrechen sein soll und nicht ein Terrorakt. Können sie nicht beides sein? Eine Kriegspartei verübt an der Zivilbevölkerung Akte des Terrors, welche als solche Kriegsverbrechen sind. Was sind die Kriterien? Für Kriegsverbrechen spreche laut Binswanger der Organisationsgrad:

Sie wurden ausgeführt von militärischen Einheiten. Von den Truppen der politischen Organisation, die über den Gaza­streifen herrscht.

Für einen Terrorakt hingegen die Zivilbevölkerung als ausschliessliches Ziel:

Was für eine staatliche oder parastaatliche Organisation tut so etwas? Die eigenen Truppen losschicken, nicht um Gelände­gewinne zu machen, nicht um militärische Ziele zu zerstören, nicht um einen Gegner auszuschalten. Sondern um Geiseln zu nehmen und Zivilisten nieder­zumetzeln.

Die Antwort auf diese ungläubigen Fragen ist: eine Terrororganisation.

Liest man nach, so erfährt man:

  • Zwischen Israel und der nichtstaatlichen bewaffneten Gruppierung – dem militärischen Arm der Hamas – besteht ein "bewaffneter Konflikt". Laut Rotem Kreuz gilt auch in diesem Fall das humanitäre Völkerrecht.

  • Wer Zivilpersonen benutzt, um militärische Ziele zu schützen, begeht nach den Worten der Völkerrechts-Expertin der Universität Basel, Anna Petrig, eindeutig ein Kriegsverbrechen. "Das ist nie erlaubt."

  • Darf Israel dem Gazastreifen Gas und Wasser abdrehen? Solch eine Belagerung sei eine "kollektive Bestrafung" der Zivilbevölkerung, die nach internationalem Recht strikt verboten sei, sagte die Sprecherin des UN-Büros für Menschenrechte, Ravina Shamdasani. Petrig sagt hingegen: "Belagerung ist grundsätzlich keine verbotene Kriegsmethode." Sollte das Ziel aber sein, die Bevölkerung auszuhungern, wäre es verboten und sogar ein Kriegsverbrechen.

Und weiter:

  • Zum Wesen der Terrororganisation gehört zudem, dass die Tötung von Zivilisten nicht ein ungewollter Nebeneffekt ist, sondern das eigentliche Ziel. So agierte die Hamas nicht nur am Samstag, sondern schon seit vielen Jahrzehnten.

  • Mit den Massakern, den Geiselnahmen und Folterungen am Wochenende machten sich die Terroristen schwerster Kriegsverbrechen schuldig.

Der Unterschied, den Binswanger offenbar sieht, ist die Anzahl und der Organisationsgrad des Angriffs. Es war kein einzelner Terrorist oder eine kleine Terrorzelle, sondern ein Grossangriff einer Armee in einem asymmetrischen Krieg. Die aber, so würde ich argumentieren, einen Terrorakt an der Zivilbevölkerung Israels verübte, und sich somit eo ipso eines Kriegsverbrechen schuldig machte. Also ein Sowohl-als-auch und nicht ein Entweder-Oder.

15
/
0

Als Leser, würde ich gerne wissen:

  • ob Israel wirklich nichts wusste, siehe link, und

  • ob die Offshore Gaz-Felder vor der Gaza-Küste nicht das Hauptziel des heutigen Konflikts sind, und nicht die Rasche gegen den Hamas-Angriff.

Merci!

11
/
4
Leserin
·
· editiert

Danke besonders für die zweite Frage, Herr Huissoud. Sie wirft mir ein neues Schlaglicht auf das ganze Knäuel von Überraschung, Vermutungen und Empörung. Und könnte die Beantwortung der ersteren Frage erleichtern. Hier gibt es Hinweise, wer sich für diese Gasfelder interessiert. Wenn Ihre Vermutung stimmt, wäre das, was vor einer Woche geschah, das Unerhörteste, Brutalste und Niederträchtigste, was seit der Tonkin-Affäre eingefädelt wurde, und wir hätten eine schlüssige Erklärung.

8
/
4

Sehr interessanter Artikel du Monde diplomatique! Ein Auszug:

„Der letzte Streitpunkt in der Region betrifft das Gaza-Marine-Gasfeld, das im Jahr 2000 von British Petroleum ermittelt und auf ein Potenzial von 40 Milliarden Kubikmeter geschätzt wurde. Offiziell hat Israel die souveränen Rechte der Palästinensischen Autonomiebehörde über diese Lagerstätte anerkannt. Doch ihre Ausbeutung wird von Tel Aviv verhindert. Bis heute konnte noch keine einzige Bohrung niedergebracht werden“

13
/
0

Lea Tsemel ist seit Jahrzehnten Menschrechtsanwältin in Israel und verteidigt Pälestinenser. Auf filmingo ist für 8 Franken der Dok über sie zu sehen: (https://www.filmingo.de/de/films/829-advocate)
Sehr empfehlenswert!

12
/
0
Anderer 60
·
· editiert

„Der Tod von Braha Levinson gehört zu den besonders grausamen Ereignissen rund um den Überfall der Hamas auf israelische Zivilisten. Nicht nur, weil die Terroristen die Großmutter in ihrem Haus im Kibbuz Nir Os töteten. Sondern auch, weil sie der Frau ihr Smartphone abnahmen, die Sterbende damit filmten und das Video in Levinsons Facebook-Account hochluden, wo die Familie es zu sehen bekam. (Der Spiegel)“

Brutale Videos von Opfern
Der Social-Media-Terror der Hamas
Spottanrufe und Mordvideos an die Angehörigen: Mit perfiden Methoden wollen die Extremisten den Schrecken ihrer Taten verstärken. Experten kritisieren, dass Techunternehmen zu langsam darauf reagieren.
Von Max Hoppenstedt und Patrick Beuth, San Francisco und Berlin
14.10.2023, 10.30 Uhr

18
/
7

Dir Taktung dreister, rechtswidrigere Überfälle scheint mir immer kürzer zu werden. Ich weiss allerdings nicht, wo ich beginnen soll, vielleicht mit 2001 Afghanisten als Reaktion auf Nine-Eleven, oder mit der sog. Koalition der Willigen, die im März 2003 den Irak/Hussein überfallen. Oder doch mit dem zweiten Tschetschienkrieg, den ab 1999 der Kreml inszeniert? 2008 dann der Überfall auf Georgien. 2011 war da noch der Fall Lybien/al-Gaddafi, US-Truppen weiterhin in diversen Staaten präsent. 2014 dann der Überfall auf die Krim und Ostukraine. Seit 2018 mit Wagnertruppen in diversen Staaten Afrikas aktiv eingreifend.
Krass dann eben Kreml gegen Ukraine ab dem 24.2.2022. Gefolgt von weiterem Säbelrasseln allenthalben, im Sinne von «wenn die können, so können wir auch»... wie China gegen Taiwan, Serbien gegen Kosovo etc. Konkret umgesetzt dann Aserbaitschan gegen Bergkarabach. Dann Hamas gegen Israel, subito Israel gegen Gaza. Immer kürzere Taktung.

13
/
2
Leserin
·

Richtig. Es geht ja auch um die Wurst, sprich um die Aufteilung von dem, was von der Welt und den Rohstoffen und Einflusssphären noch übrig sein wird. Was erwartest du also.

8
/
3

Engere Taktung heisst nichts anderes als 3. Weltkrieg. Sprich, bevor sich die Menschheit klimatisch zu Grunde richtet und der Kampf um die letztmöglichen Überlebensterritorien losgeht, legt sie Hand an sich selber an? Ist das deine Sicht auf die unmittelbare Zukunft?

4
/
1

Exzellent und differenziert geschrieben. Leider ist es heute so, dass Extremismus in jedem Lager das weniger gebildete Volk manipuliert und die Friedensbildung extrem behindert.

5
/
3

das weniger gebildete Volk

Mit dieser Generalisierung wäre ich vorsichtig. Die Korrelation zwischen Extremismus und Bildungsstand ist nicht immer so, wie man sich das vorstellt und es wäre kurz gegriffen zu meinen, dass das einfach eine Frage fehlender Bildung ist.

10
/
0

Der Beitrag von Binswanger macht eigentlich immer wieder Anspielungen auf die Reaktion der Französischen Studierenden 1968 auf den Versuch, den Wortführer David Cohn Bendit als Deutschen und Juden (und Anarchisten) auszugrenzen: 'Nous sommes tous des juifs et des allemands' (Wir sind alles Deutsche und Juden). Man könnte Deutsche und Juden nach 1945 ja auch mit 'Täter und Opfer' übersetzen. Eine Bestrafung von Tätern bringt den Opfern erst mal wenig.

Bei jedem Ausbruch von Gewalt ist die erste Reaktion, dass sich das Umfeld polarisiert und Täter der einen Seite legitimiert. Dass innerhalb der israelischen Gesellschaft vorher wochenlang massive politische Auseinandersetzungen dominierten, bei denen es unter anderem auch um die Privilegierung der Ultraorthodoxen und Siedler ging - wie weggefegt. Dass kein Land seit 1948 die Palästinenser aufnehmen will, das will auch niemand hören.

11
/
1

Ich weiss nicht, was mich mehr bestürzt: Die Vehemenz, mit der die symbolische(!) Solidaritätsgeste(!) abgewehrt wird, oder die Ignoranz gegenüber der durchaus vorhandenen Kontextualisierung von Herrn Binswanger.

Wir sagten: Wir sind UkrainerInnen, wir sind Charlie, wir sind AmerikanerInnen. Aber Israelis sagen wir: Nein, weil eure Geschichte, eure PolitikerInnen, eure SiedlerInnen. Das Prinzip ist: Ihr tragt Schuld, also verdient ihr unsere Solidarität nicht. Wenn nicht Kollektivschuld, so doch Kollektivstrafe.

Aber macht es einen Unterschied, ob das Opfer des Hamas-Terrors ein Kind ultraorthodoxer Siedler ist oder von atheistischen Liberalen in Tel Aviv oder – und das wird gerne ausgeblendet – palästinensischer Israelis?

19
/
9
Leserin
·
· editiert

Eben, genau. Was mich bestürzt, ist die Aufforderung, mit Lupe und Mikroskop das Haar zu spalten und festzustellen, wer in dieser verhängnisvollen Dynamik etwas weniger brutal dreinschlägt, um "Solidarität" zu evozieren mit dem so zu ernennenden Opfer. Und sie kämpfen bis ans Ende aller Zeiten. Wann endlich versiegen den Kämpfern die Kräfte. Meine Solidarität gehört allen friedlich gesonnenen Menschen, und ganz besonders allen Deserteuren, egal in wessen Sold.

9
/
0

Ich danke Ihnen Herr Binswanger für Ihren Kommentar.

10
/
2

Krass finde ich, wie nach den Gräueltaten der Hamas selbst jüdische Menschen Solidarität mit palästinensischen Menschen, speziell in Gaza haben können, und PalästinenserInnen mit Israelis, aber hier in der Schweiz, in diesem Dialog der Republik, scheinen die Herzen bereits so erkaltet, dass die Solidarität einseitig den einen, den PalästinenserInnen, vergeben wird, den anderen jedoch, den Israelis, verwehrt. Was ist nur mit uns Menschen los?

11
/
34
Molekularbiologe PhD, Unternehmer
·
· editiert

Lieber Herr Binswanger. Wenn jemand einen Satz mit Zugeständnissen beginnt, ihn dann jedoch mit einem „aber“ weiterführt, ist in Wirklichkeit oft nur das gemeint, was nach dem „aber“ kommt.

Dieses Gefühl beschleicht mich bei Ihrem Artikel. Denn Sie machen einleitend vernünftig klingende Zugeständnisse, die Sie dann nach dem „aber“ wieder absprechen, ohne Alternativen anzubieten.

Sie gestehen zunächst mal zu, dass bei aller Komplexität des Nahost-Konflikts jetzt nichts anderes übrigbleibt, als Hamas auszuschalten.

Gleichzeitig fordern Sie aber, dass gegenüber dem feindlichen Land die Grenzen geöffnet werden sollen (statt dass dies Ägypten, welches nicht Kriegspartei ist, machen soll). In welchem Krieg, Herr Binswanger, werden denn die Grenzen zum Angreifer NICHT geschlossen? Nicht einmal Ägypten öffnet die Grenzen, weil sie ausser bei jüngeren Kindern schlichtweg nicht wissen können, wer zu Hamas zählt und wer nicht: Hamas gibt sich im Gegensatz zu konventionellen Armeen nicht als solche zu erkennen.

Israel hat durch seine Ankündigung der Invasion, und der Detaillierung, dass der Angriff auf den Norden, und nicht auf den Süden konzentriert werden wird, wichtige Militärgeheimnisse um der gegnerischen Zivilbevölkerung Willen preisgegeben, denn auch Hamas wird jetzt bemüht sein, alle im Norden entbehrbaren Waffen und Munitionsdepods, inklusive Raketen, in den Süden zu verlegen, und den Norden von dort aus zu versorgen. Kein Wort von Ihnen, dass dies ein sehr ungewöhnliches Vorgehen einer Kriegspartei ist, um bei der gegnerischen Zivilbevölkerung die Opferzahlen zu erniedrigen. Im Gegenteil, sie münzen das Vorgehen ins Gegenteil um, dass Israel „Rache an der Zivilbevölkerung“ nehmen wolle.

Zu guter Letzt sehen Sie an dem Kanon vieler bisheriger Dialogbeiträge, was solche Artikel auslösen, auch wenn ich Sie hier nicht für die Voten verantwortlich machen will.
Ihr Interview mit Herrn Roy und Herr Strassberg‘s Artikel, so scheint mir, lösten einen differenzierteren Diskurs aus.

24
/
16
Fausta Borsani
Geschäftsführerin
·

Schritte von uns allen: Uns solidarisieren gegen die Bestialität/ Unmenschlichkeit/ den Terror der Hamas, mit den betroffenen Israelis. Die Hamas isolieren und zerstören. Die Einhaltung des Völkerrechts einfordern. Die Politik Israels weiterhin analysieren und kritisieren. Einen erneuten Friedensprozess fördern. Mit Vermittlung, Demokratie, Geld und Schutz der Zivilbevölkerung. Danke für ihre Stellungnahme Herr Binswanger.

14
/
6

Es herrscht kein Krieg.
Krieg ist Menschenwerk. Es gibt keinen Krieg in der Natur.
Krieg ist Kultur. Menschenwerk. In dessen alleiniger Verantwortung.
Jedes Bild aus den Kriegen zeigt es: die Gewehre in den Händen der Menschen in den Weltkriegen, die Panzer in der Ukraine oder um den Gaza-Streifen in Israel, die Flugzeuge und ihre Bomben bis zur Atombombe: keine Pflanze und kein Tier produzierte sie.
Krieg herrscht heisst: Gott herrscht anstelle des Menschen.
Theismus. Abschiebung von Verantwortung.

17
/
9