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Humanist und nicht Feminist
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Als weisser Cis Mann vergeht mir immer mehr das Lesen der Republik. Der privilegierte Mann, chronisch Angeklagt, die Frau permanent untervertreten. Man ärgert und empört sich wiederholt über Antisemitismus oder das Reinwaschen von Nazibiografien in der Republik aber mit dem Reinwaschen von FBI Diktator Robert Muller hat man keine Mühe.

Narrative werden täglich betoniert anstatt hinterfragt. So erscheint mir die Blase der Republik. Finanziell frei, im Geiste gebunden und ideologisch gerade gebürstet.

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Souri Thalong
Community-Support
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Ganz ehrlich, Urs K., was sollen wir mit Ihrem gepflegten Rundumschlag nun anfangen? Wenn Sie erwarten, dass Ihre Rückmeldung uns einen Gedankenanstoss gibt, müsste die Kritik schon konstruktiver daherkommen.

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Das ist wohl vergebliche Liebesmühe. Vom aggressiven Rundumschlag mal abgesehen, wer so beiläufig auf eine x-beliebige Verschwörungserzählung, die mit dem Thema des Artikels noch nicht mal in Verbindung steht verweist, ist an einer sinnhaften Diskussion oder einer konstruktiven Kritik vermutlich kaum interessiert.

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Leser
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Ich glaube, Sie übertreiben...

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Tatsächlich mäandert der Beitrag von Antje Stahl dermassen zwischen gestern und heute und hüben und drüben, dass einem schier schwindlig wird. Aber vielleicht ist just dieses journalistische Gewusel die angemessenste Form der Berichterstattung über die documenta fifteen: Die Reichhaltigkeit und Vielfältigkeit, die Anarchie und Utopie der Exposition sind offensichtlich kaum einzufangen und zu ordnen. Zwei Dinge allerdings stören im Beitrag heftig: zum einen, dass Hito Steyerl unwidersprochen behaupten darf, die Documenta habe sich nie mit dem NSU-Terror und dessen Hintergründen befasst (mit Verlaub: Das war ein Hauptthema der Ausgabe von 2017!), und zweitens, dass die Autorin als Beleg für die offenbar breit abgestützte Forderung, Generaldirektorin Sabine Schürmann sei zu entlassen, einen Kommentar aus der «Welt» heranzieht. Ausgerechnet.

Das hauswandgrosse Bild «People’s Justice», das zur Eröffnung der Documenta auf- und drei Tage später schon wieder abgehängt worden ist, ist – das muss man wissen und betonen – vorab ein indonesisches Werk. Es stellt die mehr als 30 Jahre dauernde Schreckensherrschaft Präsident Suhartos dar, der den Tod von rund einer Million Menschen zu verantworten hat – eine Schreckensherrschaft notabene, die vom Westen geduldet wurde. Auch von Deutschland (Kanzler Kohl nannte Suharto «einen Freund»), besonders auch von Israel (das Land lieferte in rauen Mengen Waffen).
Das Banner sei «Teil einer Kampagne gegen Militarismus und die Gewalt, die wir während der 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien erlebt haben, und deren Erbe, das sich bis heute auswirkt», beschreibt das indonesische Künstler:innenkollektiv Taring Padi die Hintergründe des Bilds. Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine im politischen Kontext Indonesiens verbreitete Symbolik – zum Beispiel für die korrupte Verwaltung, die Generäle und Soldaten, die als Schwein, Hund und Ratte symbolisiert werden, um ein ausbeuterisches kapitalistisches System und militärische Gewalt zu kritisieren. Und da wird eben auch die Unterstützung Israels thematisiert - auf eine speziell für Deutschland absolut verstörende Weise: Gezeigt werden auf dem übergrossen Wimmelbild des Schreckens u.a. auch ein Mossad-Soldat mit Schweine­rüssel, rotem Halstuch und Davidstern sowie ein Mann mit Zapfen­locken, Käppi und zwei SS-Runen.
Das geht nicht in Deutschland, und deshalb war der Entscheid, «People’s Justice» abzuhängen, vermutlich alternativlos: zu aufgeladen war in Kassel die Stimmung nach den bereits im Vorfeld der Ausstellung geäusserten diffusen Antisemitismus-Vorwürfen, zu ungeschickt und undurchsichtig auch die Kommunikation der Documenta-Verantwortlichen. Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sind ernsthafte Probleme in Deutschland (in der Schweiz übrigens auch), da gibts selbst in der Kunst rote Linien – aber den indonesischen Künstler:innen eine antisemitische Intention zu unterstellen, verkennt die innenpolitische Hintergründe dieser Protestkunst. Die antisemitische Symbolik von «People’s Justice» fusst wohl eher auf Naivität und Unwissen, «vor allem auch über den Kontext der Wahrnehmung dieser Symbole in der zu Recht von besonderer Empfindlichkeit geprägten deutschen Öffentlichkeit» (taz). Entsprechend scheint ja das Kollektiv von der Kritik an der antisemitischen Bildsprache überrascht worden zu sein - es bedauert glaubwürdig.

Ich bedaure auch. Vor allem, dass der ganze antikolonialistische, antiimperialistische, auch antikapitalistische Hauptteil der Ausstellung, die Werke von mehr als 1500 Künstler:innen – kaum mehr Thema ist; alles ist überlagert von der Antisemitismusdiskussion. Die «Documenta 15» wird als «Antisemita 15» verunglimpft (Der Spiegel») – kein Wunder, winken inzwischen mehrere Freund:innen, die ich zum Besuch ermuntert habe, ab: «Nach all dem, was da passiert ist – nein danke.» Jammerschade ist das.

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Daniel Binswanger
Feuilleton Co-Leiter
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Lieber Herr L., wie sie zum Verdikt kommen, der Text mäandriere, verstehe ich nun wirklich nicht. Er greift aus, stellt die ganze schon länger andauernde Debatte dar. Man kann der Auffassung sein, dass man sich für soviel Hintergrund die Zeit nicht nehmen will, das kann ich bestens verstehen. Der Rückblick, der richtigerweise bei der wichtigen Documenta-Ausstellung im Deutschen Historischen Museum beginnt, ist jedoch sehr stringent. Mit Mäandrieren hat das aus meiner Sicht nichts zu tun.
Lange ist der Artikel auch deshalb geworden, weil Antje Stahl sich sehr viel Zeit nimmt, um die in Kassel gezeigten Werke - gerade auch die von Taring Padi - in ihren Dekolonisierung-Kontext zu stellen. Es stimmt, dieses Thema wird jetzt bedauerlicherweise von der Antisemitismus-Debatte vollkommen verdrängt. Aber gerade für unseren Text gilt dies nicht. Dass Sie an der These festhalten, die indonesischen Künstlerinnen hätten trotz der Verwendung ganz klassischer, extrem heftiger Elemente der antisemitischen Ikonographie keine antisemitischen Intentionen, sei Ihnen unbenommen. Ich halte sie allerdings für schwer zu verteidigen.
Schliesslich und endlich macht Antje Stahl nun wirklich sehr deutlich, dass sie nicht auf dem Standpunkt der "Welt" steht. Man kann darüber streiten, ob man auf die Artikel der Welt überhaupt verlinken soll. Allerdings sind sie Teil der deutschen Debatte. Und es sind auch nicht nur die Rechtsausleger von Springer, die den Rücktritt von Sabine Schürmann fordern.
Mit herzlichen Grüssen, Daniel Binswanger

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Anderer 60
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Danke für diesen Beitrag.

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Antisemitismus, so wie er definiert ist, ist ein Europäisches Phänomen und Problem.
Warum sollten Menschen aus dem globalen Süden die gleichen Assoziationen und Bilder haben. Und die gleichen Grenzen ziehen?
Wie eine schwarze Freundin von mir sagt: Juden sind Weiße. Und in der Ausbeutung des Südens genauso aktiv wie andere Weiße auch (China lassen wir jetzt mal außen vor, das ist ein neues Phänomen).
Das Bild ist/war schrecklich, so wie die Realität für viele Menschen im Süden, als Folge der herrschenden, von den Industrienationen dominierten weltweiten Wirtschafts- Finanz- und Rechtsordnung. Diese Realität lässt sich nunmal nicht in hübsche Bilder fassen.
Raffzähne, gespaltene Zunge, alles das ist aus Sicht des Globalen Südens nicht "jüdisch" (also antisemitisch), sondern westlich (wobei da Russland mitgezählt wird).

Ich bezweifle, dass dieses Bild richtig verstanden wurde.

Was aber sicher ist:
Wir haben mal wieder machtvoll unseren Anspruch auf alleinige Deutungshoheit klargemacht und durchgesetzt.
Diskussion auf Augenhöhe schaut anders aus.

Und wir müssen uns nicht anschauen, wie schlimm der Süden auf uns schaut. Es wurde ja abgehängt.

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Es werden in dieser Diskussion (so hoffe ich) keine pauschalen Aussagen über "Menschen im globalen Süden" gemacht, sondern über ganz spezifische Künstler:innen, Künstler:innenkollektive, Kurator:innen, etc.

Die kollektive Attributzuweisung machen Sie: "Juden sind Weiße", "Antisemitismus ... ein Europäisches Phänomen"

Was Sie damit bezwecken möchten, bleibt mir unklar. Mit diesem beschützerischen Akt, in welchem Sie ganze Gruppen von Menschen von Antisemitismus reinwaschen wollen, tun Sie niemandem einen Gefallen - am wenigsten den Personen, die Sie anscheinend vor Kritik schützen möchten. Die "alleinige Deutungshoheit" beanspruchen Sie, wenn Sie behaupten wie der "Globale Süden" gewisse Darstellungen interpretiert. Es ist wunderbar, welch vielfältigen Interpretationen, Meinungen und Ansichten in allen kulturellen Kreisen anzutreffen sind. Daher ist es auch jedem Individuum verwehrt, sich durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder dem Besitz eines Attributs (wie "weiss sein", oder "PoC sein") von den Widersprüchen und Spannungen der Geschichte zu lösen.

Zudem: Europas Bevölkerung hat alle möglichen unterschiedlichen Herkünfte, Religionen und kulturelle Hintergründe. Wenn Antisemitismus ein "Europäisches Phänomen" sein sollte, dann würde das Attribut "nicht weiss zu sein" niemanden vor einem Vorwurf des Antisemitismus schützen.

Nochmals zum "Juden sind Weiße": Erklären Sie mir bitte die Existenz der Beta Israel, die spanische Inquisition, die Vertreibung der verbliebenen jüdischen Bevölkerung in Libyen 1961 und viele weitere Phänomene und Ereignisse und verteidigen Sie dabei diese Aussage "einer schwarzen Freundin" von Ihnen...

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Ich habe kritisiert, dass die Möglichkeit, dass das Bild NICHT antisemitisch gemeint sein könnte, überhaupt nicht in Erwägung gezogen wurde.
Es wurde bestimmt, dass es antisemitisch ist (die Bildsprache ist es aus unserer Sicht ja tatsächlich ), nur könnten indonesische Künstler das anders sehen und auch anders gemeint haben.

Das wurde überhaupt nicht in Erwägung gezogen, "unsere" Interpretation wurde zum Fakt erklärt und das Bild musste abgehängt werden.

Es gibt ganz sicher Antisemitismus auf der ganzen Welt, aber ich glaube nicht, dass dafür auf der ganzen Welt die selben Bilder und Symbole verwendet werden.

Bsw. ist gespaltene Zunge und Raffzähne sicher in Europa antisemitische Bildsprache, aber in den meisten Ländern des Südens sind, aus historischer Erfahrung, nicht "die Industrieländer die Raffzähne und Lügner.
Man hätte auch eine Diskussion über unterschiedliche Bildsprachen und Interpretationen führen können, durchaus mit dem Hinweis, dass diese Darstellungen hier antisemitisch wirken und eine andere Wirkung haben, als möglicherweise beabsichtigt war.

Und eine Gelegenheit geben können, darzulegen, was wirklich gemeint ist. Das wurde aber nicht gemacht.

Egal in welchem Kulturkreis, auf welchem Kontinent: die ehemals kolonialisierten und bis heute ausgebeuteten Völker und Kulturen haben im Großen und Ganzen KEIN gutes Bild von "den Weißen" (Jude oder nicht).
Und eines haben alle gemein: Sie sehen uns ganz anders als wir gerne gesehen werden würden und uns selbst auch sehen.

Augenhöhe ist nur ein Lippenbekenntnis. Und ich finde, dieser Vorgang hier ist symptomatisch.

"und verteidigen Sie dabei diese Aussage "einer schwarzen Freundin" von Ihnen"

Echt jetzt? Wie sorgfältig differenzieren Sie denn bsw. bei Afrikanern? Sind das nicht erstmal "Schwarze" für Sie? Aber für Nichtweiße dürfen "Weiße" nicht einfach "Weiße" sein?
Und in Sachen Unrecht sollten Europäer gaaanz vorsichtig sein.

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Mag sein, dass es im im 'globalen Süden' eine komplett andere, 'unschuldige' Bildsprache respektive Lesart derselben gibt, die völlig unberührt und unbeeinflusst ist durch Zeit und Raum (auch wenn ich leise Zweifel hege).
Chiffren wie 'Mossad', Davidsstern und SS-Runen dürften aber weltweit dasselbe bedeuten wie hierzulande

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"komplett andere, 'unschuldige' Bildsprache respektive Lesart derselben gibt, die völlig unberührt und unbeeinflusst ist durch Zeit und Raum (auch wenn ich leise Zweifel hege)."

Die BildspracheN und LesarteN anderswo sind weder "unschuldig" noch "unbeeinflusst durch Zeit und Raum", aber vollkommend ANDERS. Geprägt durch grundlegend andere Erfahrungen und viele andere Einflüsse kultureller, sozialer, wirtschaftlicher, historischer etc.pp Natur.
Also andere Zeiten und andere Räume.

Worum es hier geht: sobald Bilder (und Lesarten) Anderer (in diesem Fall eines indonesischen Künstlerkollektiv) mit unseren Bildern und Lesarten kollidieren, ist ganz klar, wer sich ohne weiter Diskussion vollständig und allumfassend durchsetzt.

Dieser kolonialistische Umgang empört mich.

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Die Sicht aus dem globalen Süden auf Europa und die damaligen Verbrechen von Hitlerdeutschland an der jüdischen Bevölkerung in Europa unterscheidet sich grundsätzlich von der westlichen.
Diese Länder erleiden jährlich so viele menschliche Opfer durch Hunger, vermeidbare Krankheiten und Naturkatastrophen wie der 2. Weltkrieg Tote gefordert hat. Aber die "westliche Wertegemeinschaft" nimmt dies wenig zur Kenntnis und stillschweigend in Kauf. In Rüstung wird tausend mal mehr investiert als in Nahrungsmittelhilfe und medizinische Grundversorgung.

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Einen so guten, reichhaltigen, nachvollziehbaren Bericht über die Dokumenta in Kassel in Vergangenheit und Gegenwart habe ich nirgends gelesen oder gehört. Danke für den Hinweis auf Hito Steyerl.

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Boykottiert man China wegen der Diskriminierung der Uiguren ist man ein Menschenrechtler. Boykottiert man Israel wegen der Diskriminierung der Palästinenser ist man ein Antisemit.
Das permanente Nutzen der Antisemitismus-Keule bei Kritik an Israel hilft den echten Antisemiten. Israel ist ein Staat und Kritik an diesem, ist keinerlei Verunglimpfung seiner Bewohner oder deren Glauben.

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Kritisiert man Chinas Unterdrückung der UigurInnen mittels rassistischer, anti-chinesischer Stereotype, ist man rassistisch. Kritisiert man Israel mit antisemitischen Stereotypen, ist man eben keinE IsraelkritikerIn, sondern antisemitisch.
Es ist eigentlich ganz einfach.

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Ja, es wäre einfach. Wenn aber bei jeder Kritik an Israel ohne antisemitische Stereotypen Antisemitismus vorgeworfen wird, wie es heute der Fall ist, funktioniert es aber nicht.

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"Ruangrupa kommt aus Jakarta, Indonesien, und war vor drei Jahren angetreten, die Documenta zu bespielen." Nähme mich wunder, ob sich wirklich jemand der Dokumenta Verantworltichen intensiv mit Indonesioen und dem globalen Süden beschäftigt hat.
Tja, jetzt hat Ruangrupe eben gespielt. Ist doch wunderbar "grenzenlose Zuneigung" !
Und keine Skepsis im Vorfeld, ich meine bevor irgend jemand?, den Antisemistismus der Bespieler:innen auf das Tapet gepracht hat, weil ein Mitglied, ein:e Künstler:in, des palästinischen Künstlerkollektivs dem BDS angehört oder nahe stehe oder angehört habe, weiss den genauen Tatbestand nicht. "Grenzenlose Zuneigung". Mir graut ob dieser angerichteten Suppe.

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1 Antisemitisches Bild unter x-Tausend Ausstellobjekten. So sehr dieses eine Stück zu verurteilen ist und hoffentlich eine Diskussion auslöst in der Heimat des Künstlers, wie dort mit Stereotypen umgegangen wird, so wenig gibt uns dieses eine Werk das Recht, die 99% anderen Künstler oder die Ruangrupe kollektiv abzustrafen.

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Ja, ein langer Beitrag, aber was er einem alles vermittelt! Er lässt nachdenken über den unausweichlichen Zusammenhang von Kunst und Geschichte oder auch von Kunst und Lebensrealität. Er spricht davon, wie schwer es ist, hierarchische Strukturen ( im Kunstbetrieb) wirklich aufbrechen zu wollen. Und, dies vorallem: Er führt uns vor Augen, dass es weiterhin kein globales Verstehen gibt, zu verschieden sind die kulturellen Codes, zu schwach das gegenseitige Bemühen um Verstehen. Bis zu einer Dekolonialisierung ist noch ein weiter Weg. So sie überhaupt gelingen kann. Danke für den Beitrag

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Zulanger Artikel ohne klare Struktur, Ziel oder Aussage. Insbesondere weil mich die Info im Titel interessierte. Ich will keine endlose Abhandlung über die Ausstellung lesen. Falscher Titel? Sorry.

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Daniel Binswanger
Feuilleton Co-Leiter
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Lieber Herr T., ja Sie haben recht, das ist ein sehr langer Artikel, ungewöhnlich lang für einen Text, der ein brisantes, tagesaktuelles Thema behandelt. Es schien uns gerade in diesem Kontext einfach sehr wichtig, nicht bei den Schlagzeilen zu bleiben ("Antisemitisches Bild an der Documenta" oder eben "Der globale Süden kommt zu Wort an der Documenta"), sondern beide Aspekte ausführlich darzustellen, sowohl die quälende Vorgeschichte des Antisemitismus-Skandals als auch die Wichtigkeit und das Interesse der post-kolonialen Kunst, die an der Documenta gezeigt wird. Herzlich, DB

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Habe den Artikel zwei Mal lesen müssen. Beim ersten Lesen wusste ich nicht: Ist nun die ganze Documenta ein "antisemitisches Desaster" geworden, wie der (m.E. unmögliche) Titel suggeriert? Erst beim zweiten Lesen merkte ich, wie viel Sympathie die Autorin der Documenta 15 eigentlich entgegenbringt. Also keineswegs ein Documenta-Bashing - aber die wohl adäquate Beschreibung eines globalen Pulverfasses, um das herum selbst Hoffnungsfunken Alarmstimmung auslösen.

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Das Gefühl dieses ersten Lesens: Ich glaube das nennt man Ambiguität. Kein Verriss, keine Einreihung in die „tragische Rolle“, die die Medien in diesem Diskurs leider eingenommen haben. Die Ambiguität ist ja auch im Titel sehr prägnant, nicht?

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Der Titel versucht sich in Ambiguität, schafft aber aber im zweiten Teil eine verwirrende und unnötige Zweideutigkeit:
Ein politisches Desaster schadet der Politik; ein wirtschaftliches Desaster schadet der Wirtschaft; ergo: wem schadet ein antisemitisches Desaster?
Eine Zuspitzung , die nicht wirklich sitzt.

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Interessanter Artikel über eine sicher sehr spannende Ausstellung. Trotz aller berechtigter Empörung über das Werk mit antisemitischen Bildern, sollte dadurch das Gesamtprojekt der Ausstellung sowie alle anderen Künstler nicht darunter leiden müssen. Was mir nicht ganz klar wurde aufgrund des Artikels: warum wurde das antisemitische Bild erst nach der Abreise der Journalisten angebracht? Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

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Liebe H. W., das ist eine gute Frage, auf die ich bisher keine Antwort finden konnte. Die gesamte Ausstellung ist so angelegt, dass sie sich ständig wandelt, das Kollektiv Taring Padi besetzt auch ein grosses ehemaliges Schwimmbad, man könnte daher annehmen, die Installation sei schlichtweg nicht rechtzeitig in Angriff genommen worden – so dass die Presse, die hauptsächlich am Mittwoch und Donnerstag zur Besichtigung angereist war, dieses grosse Gemälde nicht zu Gesicht bekam. Aber das ist nur eine Vermutung.

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Gem Tagesanzeigee wurde das Bild beim Versuch es aufzuhängen eingerissen und musste zur Reperatur gebracht werden. Deshalb wurde es angeblich erst nach Abreise der Journalisten wieder aufgehängt.

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Semitin aber nicht Jüdin
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Ich fühle mich gerade diskriminiert, wie die Republik den Begriff "Antisemitismus" benutzt. Immer auf Juden beschränkt. Dabei sind Semiten noch viel mehr. Ich z.B. identifiziere mich als Tigrinya, aber nicht als Jüdin! Ich bitte die Redaktion daher, dies beim nächsten Artikel über eine nicht korrekt bepinselte Leinwand zu berücksichtigen und mehr zu differenzieren. In einer komplexen Welt ist es ungemein wichtig, auch die Details korrekt wiederzugeben, um eventuellen Diskriminierungen vorzubeugen. Mein Vorschlag wäre ein Banner mit der folgenden Aufschrift:

Wir sind uns bewusst, dass die Bezeichnung Semit/-in viel mehr Volksgruppen und Religionen beinhaltet als das Judentum. Trotzdem verwenden wir vorsätzlich und unwissenschaftlich den Terminus "Antisemitismus" nur im Bezug auf Juden bzw. das Judentum.

Edit: Rechtschreibung

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Da es sowas wie Menschenrassen nun mal nicht gibt, sollte der Begriff 'semitisch' eigentlich nur noch dort verwendet werden, wo er herkommt, nämlich in der Linguistik. Wenn Sie sich als Semitin identifizieren möchten, sei Ihnen das unbenommen, aber machen Sie sich bewusst, dass Ihre 'Diskriminierungserfahrung' auf einem rassistischen Menschenkonzept beruht.

Die Republik verwendet den Begriff so, wie es sowohl der Volksmund als auch alle wissenschaftlichen Disziplinen die sich damit befassen spätestens seit 1945 weltweit grundsätzlich tun.
Der Begriff Antisemitismus mag historisch und ungenau sein, meint aber tatsächlich und ausschliesslich die Ablehnung und Feindschaft gegenüber jüdischen Menschen. (Für eine exaktere resp. ausführlichere Definition siehe Wikipedia et al.)

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Das ist etwas zu einfach argumentiert. Dann gibt es ja auch kein Rassismus und auch kein Antisemitismus, weil es keine Rassen gibt?

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Wenn ich das Bild mit dem Soldaten sehe, dann kommen mir als erstes der Terror in den Sinn, welche diese auch tatsächlich verüben. Über 20 getötete palästinensische Minderjährige jedes Jahr. Neulich die gezielte Tötung einer Journalistin, Vertreibung, Gewalt, illegale Besatzung und das alles straffrei. Dann verstehe ich nicht, weshalb die Darstellung eines solchen Soldaten das grössere Entsetzen auslöst als all die begangenen Kriegsverbrechen zusammen.

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Wenn das entsprechende Bild des Soldaten mit jüdischen Stereotypen und Chiffren versehen ist, wird dadurch eine unzulässige Verbindung zwischen den von ihm möglicherweise begangenen Kriegsverbrechen und jüdischen Menschen im allgemeinen impliziert. Ein solches Bild ist antisemitisch.

Das Antisemitismus wirklich mehr Entsetzen auslöst, als mutmassliche und tatsächliche von den IDF begangene Kriegsverbrechen bezweifle ich stark. Liegt aber wohl im Auge des Betrachters.

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Zumindest hat das Entsetzen genügt um das Bild abzuhängen und, wie hier ja auch schon mehrfach erwähnt wurde, über sämtliche anderen, zu Recht anklagenden Punkte hinwegzugehen. Das Thema ist so dominant, dass für Anderes garkein Platz mehr bleibt. Es stört mich, wie der Antisemitismusvorwurf immer wieder dazu instrumentalisiert wird, sich von sämtlichen eigenen Vergehen und Kriegsverbrechen reinzuwaschen oder solche zu dulden.

(edit Schreibfehler)

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Köchin
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Jetzt tritt die Welle los; und die Documenta wird schlecht geschrieben und geredet. Ich gehe an die Documenta.

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Mal abgesehen von den Antisemitismus-Vorwürfen: Offenbart Antje Stahls Beitrag nicht auch eine gewisse Hilflosigkeit der weissen, europäischen Kunstkritikerin im Umgang mit kollektiv produzierter Aktionskunst aus dem "Globalen Süden"? (Interssant das Detail, dass es der Beitrag einer deutschen Künstlerin ist, welche bei Frau Stahl das grösste Wohlgefallen auslöst.) Ich fände es interessant, wenn die sich ansonsten gerne "woke" gebende Republik einen Autoren oder eine Autorin aus dem "Globalen Süden" auf die Dokumenta 15 loslassen würde. Das würde möglicherweise noch ganz andere Perspektiven eröffnen.

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Märchentante*onkel
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"Der distanzierte, mittlerweile auch als westlich und weiss kodierte Blick, er könnte nicht mehr fehl am Platz sein als hier."
Mein weiss-westlich-distanziert kodierter Blick, mit dem ich nicht mehr fehl am Platz sein könnte als hier, entlarvt mich in meiner westlich-weiss kodierten Distanziertheit und sein Angeschautes, sein mit meinem westlich-weiss kodierten Blick Wahrgenommenes ist ein sozusagen gar nicht richtig Wahrgenommenes, was sich an einer Ausstellung wie der documenta einfach nicht gehört, bei allen politischen Kontroversen, das ginge nun einfach zu weit, das wäre nun das aller massivste Fettnäpfchen, in das ich treten könnte, neben dem die im Artikel beschriebenen feuilletonistischen Streitigkeiten wie Sandkastenspielchen erschienen, einfach so stinkfrech westlich-weiss kodiert distanziert in der Gegend herumzublicken an der documenta, wo kämen wir denn da hin, wenn alle einfach so distanziert und westlich-weiss kodiert in der Gegend herumblicken würden, das ist doch ein ganz frecher Blick, meimei, dieser mittlerweile auch als westlich und weiss kodierte Blick.

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(durch User zurückgezogen)