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RAV-Mitarbeiterinnen sind nicht zu beneiden. Sie haben zwei Rollen, die sich nicht vertragen.
Mit einem Grundeinkommen für alle könnte die Situation stark entspannt werden. Die Berater wären nicht mehr für die Existenzsicherung der "Kunden" und das Sparen von ALV-Gelder verantwortlich, sondern könnten sich primär entspannt um die Beratung kümmern.
Allerdings, auch diese Lösung setzt Vertrauen voraus, von uns allen gegenüber uns allen, dass nämlich die meisten Menschen eine sinnvolle Tätigkeit suchen, mit der sie zum Gemeinwohl beitragen können.
Das Grundeinkommen ist fast ein Allerwelts-Heilmittel für ungezählte und vorhandene gesellschaftliche Probleme, neben Stellenlosigkeit auch Genderungleichheit (Lohn, Rente, Pensum), Frühpensionierung, Alleinerziehende, Elternurlaub, Nachwuchs im Spitzensport, Zweitausbildung/Umschulung, Start-Ups, Care- und Jugend-Arbeit (Sportclubs, Männer-Coach), vieles anderes mehr bis zu Gewalt in der Ehe. Der volkswirtschaftliche Gewinn wäre enorm.
War mit 62 selbst beim RAV, um meine Ansprüche nicht zu verlieren. Der Beraterin war wie mir klar, dass ich kaum noch eine neue Stelle finden würde, obwohl ich nach der Bewerbungsschulung (zum "diplomierten Arbeitslosen") die perfekten Bewerbungen schreiben konnte. Aber dennoch musste ich meine Sollzahlen abliefern und damit etliche Stellenanbieter nerven.
Das RAV-System habe ich als institutionalisiertes Misstrauen erlebt: Hinter jeder Ecke lauert der Verdacht, man könne sich auf die faule Haut legen wollen. Selbst wenn die Beraterin mich als Mensch wahrnahm, musste sie sich in das vorgegebene Kontollschema einfügen. Und die, die für das menschenfeindliche System verantwortlich sind, halten sich so weit von den Betroffenen entfernt, dass sie seine Unmenschlichkeit nicht wahrnehmen müssen. Die Berater*innen sind dann im Dilemma, und die, denen es um die betroffenen Menschen geht, hören nicht selten bald wieder auf. (Andere wieder lassen wohl gern den Dobermann in sich von der Leine ...)
Na ja - ich habe die Bewerberei irgendwann als Job gesehen, mit dem ich mir meine Taggelder "verdiene", ohne gross nach einem "Sinn" zu fragen (ausser es war mal wieder eine wirklich interessante Stelle, auf der ich mich gut hätte sehen können). Ich glaube, die Beraterin hat ihre Funktion bald auch so gesehen: Wir "spielen Arbeitssuche".
Das deckt sich zu 100 Prozent mit meiner Erfahrung. Im letzten Jahr vor der Pensionierung konnte ich auf Bewerbungen verzichten, muss aber dennoch die Pflichten des Versicherten wahrnehmen und die Stellenlosigkeit monatlich bestätigen. Man könnte sich ja (kurz vor Ladenschluss) unrechtmässig bereichern.
Danke für diesen Beitrag. Leider musste ich die Erfahrung machen, dass Transparenz rückfeuern kann und man - zumindest als Hochqualifizierte - besser fährt wenn man ‘so tut als ob’ und sich heimlich Coachings und Weiterbildungen selbst finanziert um schneller eine passende, motivierende Arbeit zu finden, bei der man auch den Arbeitsgeber überzeugen kann. Ich bin damit kein Einzelfall. Ausserdem wurde mein Antrag auf einen Beraterwechsel vom Vorgesetzen abgelehnt - mit Kopie an meine Beraterin...
Das ist eben die Krux: Mit Offenheit kann man auch ins Messer laufen. Ausprobieren würde ich es trotzdem.
Auch ich finde den Beitrag fast ein wenig zu naiv, sorry.
Meine Wahrnehmung aus eigener Erfahrung sah da schon etwas anders aus:
Ich verlor meine sehr langjährige Anstellung - infolge Todes des Eigentümers - im Alter von 63 Jahren. Trotzdem wurde ich zu mindestens 5 Bewerbungen pro Monat verpflichtet. Das alleine wäre ja kein Problem (es wurden nicht einmal schriftliche Bewerbungen verlangt - ha!..) aber die Verbindung von Personalberater und messerscharf umgesetzten Kontrollaufgaben nahm dem Anschein einer 'Beratung' jegliche Glaubwürdigkeit.
So wurden mir gleich zu Beginn einfach so 10 Einstelltage aufgebrummt, weil ich gegen eine Bestimmung verstossen haben sollte, welche so gar nicht hätte gestellt werden dürfen. Dann wurde auch noch versucht, mir den Taggeldansatz zu kürzen. Von der übergeordneten Behörde wurde das zuständige RAV dann zwar in beiden Punkten zurück gepfiffen, aber von da an konnte ich das System RAV nicht mehr ernst nehmen. Ach ja, dann wurde mir auch noch mitgeteilt, dass ich mit meinen 63 Jahren halt schon ein ziemlicher 'Kostenfaktor' sei. Danke schön! Dafür, dass ich und mein Arbeitgeber zuvor auch jahrzehntelang und nicht zu knappe ALV-Beiträge eingezahlt haben, keine Spur einer Anerkennung.
Nein, es ist der 'Geist' dieser RAV's welcher da im Wege steht. Nämlich die Ansicht, dass alle Stellenlosen im Prinzip zu faul zum Arbeitens seien und nur nach Wegen suchten, nichts mehr tun zu müssen. Keine Spur von Hilfe, oder auch nur oberflächlichem Eingehen auf Möglichkeiten, Bedürfnisse, usw. Hauptsache man liegt dem RAV möglichst nur ganz kurz auf der Tasche, gell...
Auch diese Erfahrung liessen mich damals für ein bedingungsloses Grundeinkommen einstehen... wen wunderts...
Ich kann Ihren Frust und Ihre Ernüchterung absolut verstehen. Und es gibt wohl tausende Fälle wie Ihren. Die Rolle der RAV als Kontrolleure und Berater ist mit Sicherheit eine sehr schwierige - und unbedingt zu hinterfragen. Die Stimmen im Beitrag zeigen aber ja auch: sehr viele RAV-PB wollen und können helfen. An einen destruktiven RAV-Spirit glaube ich jedenfalls nicht.
Oh doch, ich empfinde die aktuelle Struktur der RAV schon als 'destruktiv'. Indem sie eben zugleich Kontrollbehörde und Berater sein will, was einfach nicht aufgehen kann. Also ich habe die ganze RAV-Erfahrung als ziemlich destruktiv erlebt (um einmal bei Ihrem Begriff zu bleiben), insofern deren Verhalten bei mir eine totale De-Motivation bewirkt hat, denen zuliebe auch nur noch den kleinsten Finger zu heben. Es ist klar, dass es da von RAV zu RAV gewisse Unterschiede gibt, aber ich höre aus meinem ziemlich grossen Verwandten- und Bekanntenkreis zu viele sich ähnelnde 'Stories' als dass meine Erfahrungen ein Einzelfall zu sein scheint.
Herr Mall, zwei Beiträge weiter unten, bringt das ganze Dilemma meiner Meinung nach sehr schön auf den Punkt...
Auch die Destruktivität des RAV ist 'system-immanent'. Denn das System ALV/RAV muss, wie Sie schreiben Sie, die ausgezahlten Versicherungsleistungen minimieren. Und wenn das Geld trotzdem nicht reicht, werden wie an Villigers Rundem Tisch die Taggelder einfach mal schnell übers Ganze gekürzt und die Karenztage verlängert.
Ich verstehe natürlich Ihre Lanze für die RAV-PB. Erlauben Sie mir bitte einen Vergleich mir den VBZ-Kundenberater:innen, die ja auch eine finanziell bedeutsame Erfolgsquote erfüllen müssen: Nicht jede:r verkörpert den "Gestapo-Geist", auch wenn er/sie täglich Personen kontrolliert und bei fehlender Legitimation aus dem Fahrzeug holt.
Auf dem RAV „menschelet“ es. Wie überall. Ich arbeite in einer extrem unruhigen Brache. Sie wurde wirtschaftlich mehrfach komplett durchgeschüttelt. Das Ergebnis waren unfreiwillige RAV-Besuche. Ich habe beides erlebt - Fachleute und Beamte.
Ganz ehrlich: Diesen Job möchte ich nicht machen. Alleine die Anzahl „zu betreuender Dossiers“ ist bedenklich. Und in einer Zeit der Spezialisierung in allen Branchen den Überblick zu bewahren, ist unmöglich. Stellen können sie auch nicht schaffen. Sie müssen - wenigstens in unserer Branche - mit den Gegebenheiten jonglieren.
Aber in einem Punkt muss ich dem Beitrag zustimmen. RAV-Berater haben persönlichen Spielraum. Ich erwarte, dass sie diesen nutzen, im Interesse des Klienten, denn das RAV ist eine Dienstleistung - finanziert durch Versicherungsbeiträge! Ohne uns hätten auch die Berater keine Arbeit und keinen Lohn.
Die Sache mit der Transparenz ist trotzdem ein zweischneidiges Schwert. Über dem RAV sitzt die ALV und was auf der ersten Stufe noch akzeptiert wird, löst auf der zweiten Stufe Probleme aus. Auch das ist eine persönliche Erfahrung.
Ich wünsche allen Stellensuchenden einen Fachmann als Ansprechpartner. Wer das Pech hat einen Beamten zu ziehen, sollte sich wehren. Am Ende geht es nämlich um die eigene Würde. Man sollte sie wahren. Ganz besonders in schwierigen Zeiten.
Ich war bislang zweimal auf dem RAV - einmal, als ich nach dem Studium nicht unmittelbar den Berufseinstieg geschafft hatte, und einmal, nachdem ich eine Stelle gekündigt hatte. Dobermänner bzw. bissige Berater:innen hatte ich keine, im Gegenteil: Beide schienen nicht recht zu verstehen, was ich da studiert hatte (Betriebswirtschaft und Kommunikation) bzw. was ich denn beruflich genau mache (damals in einer Online-Marketing-Agentur), waren aber sehr beeindruckt von meinem Lebenslauf und entsprechend bezont zuversichtlich, dass ich "problemlos etwas finden" würde.
Mein Eindruck war beide Male: Hätte ich wirklich Unterstützung gebraucht, was zum Glück nicht der Fall war, hätte ich keine bekommen können. Der eine Berater (ca. Mitte 20) erkundigte sich damals sogar bei mir, wie das "mit diesem Bachelor und Master" genau sei, denn er wolle sich auch gelegentlich mal weiterbilden.
Weiss das jemand: Inwiefern werden die Arbeitssuchenden gezielt zugeteilt bzw. sind die Berater:innen spezialisiert auf Branchen o. ä.? Und was ist das Anforderungsprofil für eine Stelle als RAV-Berater:in; ist das eine Stelle mit andtändiger Bezahlung und Entwicklungspotenzial oder eher unattraktiv?
Bewerben Sie sich, als Teilzeitkommunikator und Vater erfüllen Sie das Profil ;-).
Sie landen dann zwischen Hammer und Ambos, alles andere ist paletti.
PS. Das Gendersternchen kommt bei der Republik schräg an.
Danke für den Hinweis. Alles Schräge ist nun ausgebügelt :)
Meine Erfahrungen mit dem RAV wurden bisher stets nach einer Ausbildung gemacht, bspw. nach dem Lehrabschluss oder dem Studium. Nach der Lehre habe ich zunächst gearbeitet und dann für eine gewisse Zeit ins Ausland. Kaum zurück beim RAV gemeldet. Das erste das man hörte war: "Bei Vertragsende oder Kündigung müsse man sich sofort melden und nicht zuerst ins Ausland, man könne sich schliesslich auch von England etc. bewerben..."
Ja, genau, man geht ja mit 20 ins Ausland um den Tag mit Stellensuche und Bewerbungsschreiben zu verbringen.
An diesem Punkt ist bei den meisten jungen Menschen das Vertrauen ins RAV wohl schon dahin da kein Verständnis dafür kommt dass man nach 9 Jahren Schule und 4 Jahren Lehre mal noch was machen will bevor bspw. das Militär, der Zivildienst oder der erste Job ruft.
Das Problem sind die mediokren Chefbeamten, sich anbiedernde Betriebsberater und überhebliche Unternehmenscoachs, die dem um sich greifenden Phänomen der Messbarkeit anheim fallen, ohne es kritisch zu hinterfragen. Das Excel-Programm vor 20 Jahren befeuerte die Seuche und alles, was man eintragen konnte, wurde eingetragen, miteinander verknüpft und der Tastendruck spuckte ein Resultat. Die Wirkungsindikatoren wurden dominant neu implementiert oder erfunden um den Anschein zu erwecken, man würde sich weiterentwickeln und damit würde ein Produkt besser oder eine Dienstleistung erfolgreicher.
Die Pauschalen in den Krankenhäusern wurden ausgemessen und begrenzen den Dialog pro Krankenbett und die Liegezeit in demselben. Die laparoskopische Appendektomie bei Blinddarmentzündung ist Sekunden genau getaktet. Die Krankenkassenprämien steigen trotzdem. Beim Filialleiter der Regionalbank leuchten überm Arbeitsplatz digitale Zahlen grün. Wehe sie werde orange. Dann schläft er schlecht und er forciert im Team mehr Spekulation. Dann wird die Zahl wieder grün. Bis zum nächsten Crash, den später der Steuerzahler berappt.
Aber trotz Grün ist der Schalter zu, wenn ich kolumbianische Pesos kaufen will.
Auch Credit Suisse hat ihre Wirkungsindikatoren und sie wirken. Und bewirken was. Kenner der Branche munkeln von einem Verlust bis 4 Milliarden Franken.
Ein Lehrplan21 als atomisiertes Unterrichtsgebot aus selbständig zählbarem Ankreuzen von Kompetenzkästchen für den Schüler und der zu messende Output pro Schule für die Qualitätssicherung des Kantons führt nicht zu mehr Leseverständnis. Und noch nie mussten so viele Autos zurückgerufen und Bussen wegen gelogenen Werten zwecks mehr kurzfristigem Profit bezahlt werden, als seit das hochgelobte Qualitätsmanagement aufgrund gezählter und optimierter Denk- und Bewegungsabläufe der Angestellten in den Teppichetagen grassiert.
Der Arbeiter wird eine Messgrösse und reduziert auf ein paar oder viele Zahlen und sanktioniert, falls die Zahlen fallen. Zahlen lügen nicht, sagen die normierten Chefs; damit generieren wir Qualität. Trotzdem gibt mein Drucker nach 2 Jahren den Geist auf. Zahlen lügen eben doch, denn ihre Auswahlkriterien sind oft falsch und der damit errechnete Mitarbeitersteuerungswert noch falscher. Das will den Abteilungsleiter aber nicht kümmern, denn stellte er seine Berechnungen in Frage, beträfe sie auch seine Person.
Was viele Vorgesetzte kaum lernen während des Studiums in den Handelshochschulen oder in ihren Weiterbildungen zum Chef sein, ist, dass noch so viele Zahlen keine Begleitung mit ganzheitlich betreuten Mitarbeitern und ein stimulierendes Betriebsklima mit austarierten menschlichen Beziehungen ersetzen. Sich darum zu kümmern, wäre nämlich wirkliches Qualitätsmanagement.
Für das jemand arbeitslos wird, gibt es eine VERSICHERUNG. Vielen RAV-Beratern scheint dies nicht bewusst zu sein, weil sie VERSICHERTEN das Gefühl vermitteln, dass die Existenzsicherung durch Arbeitslosentaggelder nur dank Auflagen und allen erdenklichen persönlichen Anstrengungen garantiert sei. Der Druck, der von den zuständigen Obrigkeiten auf die RAV-Berater erzeugt wird, wird teilweise ungefiltert an die Versicherten weitergegeben. Das Primat lautet: Der Versicherte soll schnellstmöglich in den Arbeitsprozess zurückkehren. Das Highlight eines Beraters ist, den Wirkungsindikatoren zufolge, einen Versicherten von der Stellenvermittlung abzumelden. Berater, schon der Name ist irreführend, sind im eigentlichen Sinne Kontrolleure und Verursacher von Sanktionen. Berater vermitteln keine Stellen; aber wenn ein Versicherter Glück hat, hat er einen Berater, der wenigstens den Arbeitsmarkt einigermassen kennt und Branchenkenntnisse hat, die für einen Versicherten auch einmal erfolgversprechend sein können. Die Arbeitslosenversicherung bietet durchaus Chancen für eine Neuorientierung, wie Einarbeitungszuschüsse, Ausbildungszuschüsse, Praktika etc. Viele Berater scheuen sich davor, diese an und für sich sinnvollen, auch längerfristig wirksamen Massnahmen umzusetzen. Dafür muss ein Versicherter jedes Mal, wenn er arbeitslos wird, einen Standortbestimmungskurs absolvieren. Dabei wird der Lebenslauf, als sei er das Nonplusultra für den Erfolg bei der Jobsuche, stets von Neuem auf Vordermann gebracht. Die Liste von "erfolgsversprechenden" Massnahmen und Anordnungen liesse sich beliebig fortsetzen. Wichtiger scheint mir, dass ich jeder arbeitslosen Person viel Glück wünsche, wenn es darum geht, einen Berater zugeteilt zu bekommen, der sich als Mensch in einem teils fragwürdigen System auszeichnen möchte.
Zudem müsste Personen, die keinen Fachausweis (CFC auf französisch) haben, die Möglichkeit gegeben werden, dies aufzuholen, um erfolgreich in den Arbeitsmarkt (wieder-)eingegliedert werden zu können, da im Schweizer Arbeitsmarkt Diplome mehr zählen als Erfahrung.
Mir ist das nun doch etwas zuwenig System kritisch: “ Es ist ein wenig so, als würde man einem Kind, das Angst davor hat, von einem Hund gebissen zu werden, raten, möglichst unverkrampft auf den Hund zuzugehen. Beide Parteien sind vorsichtig, zumal sie miteinander Negatives erlebt haben. Je verkrampfter der eine, desto vorsichtiger der andere – und umgekehrt. Doch damit sie zusammen funktionieren können, sind Unvoreingenommenheit, Offenheit und klare Signale nötig.”
Dass das “AVG System” zu kritisieren und gründlich zu reformieren ist, darüber waren wir uns anfänglich doch einig?
Darüber sind wir uns einig. Hier gehts mir eher um die Frage: Was machen wir, bis es soweit ist? Und da glaube ich halt an die Kooperation – da, wo sie möglich ist.
Es gibt leider wenig Spielraum für Kooperation, da es ein klassisches, bürokratisches Machtverhältnis ist und die Berater über das Schicksal des Stellensuchenden entscheiden können. Im Grunde sollte jeder Stellensuchende einfach sein Geld erhalten und selbst für sein Schicksal sorgen. Bei Bedarf steht ein Berater zur Verfügung. Das ist aber leider nicht realistisch...
Dobermann? Eine Hunderasse. - Ich habe auch meine unschönen Erfahrungen mit Menschen beim RAV. Aber auch diese Menschen haben eine unantastbare Würde. Da verbietet sich der Vergleich mit oder der Bezug zu einem Hund. - Von der Republik wünsche ich mir zukünftig wieder die übliche Sensibilität; von mir auch.
Naja, ich frage mich eher: Haben nicht auch diese Hunde ein Mindestmass an Würde verdient – sodass sich ein Vergleich mit RAV-Menschen verböte? 😬
Ich nehme an, das ist Satire.
Ich hoffe, Sie glauben mir, dass ich nicht RAV-PB mit Hunden und Stellensuchende mit Kindern gleichsetzen möchte - der Vergleich bezieht sich lediglich auf das zerbrechliche, erzwungene Vertrauensverhältnis. Und der "Dobermann" ist schlicht ein repräsentatives Zitat.
Ich glaube Ihnen; mein inneres Frühwarnsystem wird aktiviert, sobald Schmeissfliegen, Läuse, Ratten oder Hunde zur beschreibenden Vergleichung herangezogen werden, und mögen es nur Zitate sein. In Zeiten höllischen Sprachgebrauchs wünsche ich mir von der REPUBLIK Zurückhaltung und Bedachtsamkeit. Das ist alles.
Die Aussage der ehemaligen RAV-Angestellten zeigt im ersten Satz, in welchem Käfig aus Irrtümern sich das System bewegt. Die kostengetriebene Versicherungslogik zerstört für die Angestellten den Zugang zum eigentlichen Zweck ihrer Tätigkeit: aus den Beiträgen aller Erwerbstätigen finanziert, soll die Abstimmung zwischen Beschäftigungswunsch (oder Wunsch-Arbeitsplatz) und nachgefragten Tätigkeiten vermittelt werden. Die wirtschaftliche Unterstützung, über deren Verteilung so viel Hirnschmalz verbrannt wird, ist dabei sekundär. Und aus diesem Grund ist in anderen Ländern die Leistungserteilung organisatorisch komplett von der Arbeitsvermittlung getrennt. Die seltsame Furcht vor der Trägheit (oder meinetwegen Faulheit) ist schwer nachvollziehbar und eigentlich taugt nur ein Neidreflex zur Erklärung. Was dann wieder damit zu tun hat, dass man die eigene Tätigkeit (nämlich die als RAV-Angestellter) nicht mag und eigentlich lieber - nichts täte; zu den möglichen Gründen siehe oben.
Beim Arbeitsuchenden entsteht der Eindruck eines widerwilligen, neiderfüllten und manchmal geradezu boshaften Sachbearbeiters, der keinerlei gemeinsames Interesse mit der Kundschaft sieht. Als pauschale Persönlichkeitseinschätzung ("Dobermann") völliger Blödsinn, aber die Situation ist in der Tat nicht auf Kooperation angelegt, obwohl diese formal dem Arbeitsuchenden nahegelegt wird. Für den RAV-Angestellten hingegen ist eine Kooperationsempfehlung nicht gegeben, womit zur Kooperation eine der nötigen Parteien fehlt. Was aber ist einseitige Kooperation? Richtig, Befehl und Gehorsam.
Alles ein bisschen antiquiert. Ich kann jeden Erwachsenen verstehen, der dieses System nicht wirklich ernst nehmen kann.
Ich habe das RAV als reine Kontrollbürokratie erlebt. Alles dreht sich um das Formular mit den Arbeitsbemühungen, das pünktlich einzureichen ist. Es ist sozusagen der Bürokratie-gewordene heilige Gral des RAV-Prozesses. Gibt man die 10 (oder was immer einem als heilige Zahl vorgegeben wird) Arbeitsbemühungen rechtzeitig ab, ist alles ok. 3 richtige Bewerbungen – grosses Problem. 3 richtige Bewerbungen und 7 Alibibewerbungen – kein Problem. 10 Alibibewerbungen – auch kein Problem. Die Alibibewerbungen sind insofern nicht ganz einfach, als man interessante potentielle Arbeitgeber nicht mit Alibibewerbungen verärgern sollte. Doch damit umzugehen lernt man mit der Zeit. Vielleicht wird einem ein Kurs aufgezwungen, und wenn man Glück hat, ist er sogar interessant. Das RAV lauert darauf, einem Einstelltage verordnen zu können, und am besten macht man, das was sie verlangen, um dies zu verhindern. Daneben kann man sich ernsthaft um eine Stelle bemühen. Unterstützung vom RAV würde ich da nicht erwarten, die Berater scheinen nicht auf einzelne Branchen spezialisiert zu sein und haben deshalb vom Arbeitsmarkt keine grosse Ahnung.
Ich habe als Berufsberater - in dieser Sonderfunktion - im RAV Kt. Bern gearbeitet. Das ist nun einige Jahre her. Damals war die den RAVs vorgesetzte Stelle fest in SVP-Händen (Zölch! Rösti!) und den RAV-Angestellten wurde von Amtes wegen eingebläut: Jede*r will doch einfach profitieren (he he SVP!) -> immer sofort Druck machen, kein Wunschkonzert zulassen! Und ja: Je kürzer der "Fall" im Dossier desto besser. Das hatte zur Folge, dass motivierte Mitarbeiterinnen eben "schlechte", oft verzweifelte Mitarbeiter waren und dass die "guten" RAV-Berater einfach kurzfristige einfache Lösungen anstrebten: "Dir Berufsberater schicke ich keine Klienten, sonst hab ich sie länger im Dossier".
Trotzdem konnten wir mit vernünftigen Beraterinnen einige gute Lösungen (z.B. Lehrabschlüsse für Erwachsene) erarbeiten.
Der Presse war im Haus Zutritt verboten und als eine Tageszeitung mit mir ein Interview zu meiner Arbeit im RAV machen wollte ergab sich im Voraus ein Bürokratie-Theater bis zur Meldung an den zuständigen Regierungsrat. Misstrauen, Abschottung.
Wen wundert's:
der Name bis in die 90er: Kantonales Arbeitsamt. Für die Werktätigen.
Unter humaner und verständnisvoller Führung.
Seither: DisziplinierungsAgentur für Neoliberale Ausbeutung..
Vollständig unter dem Motto: Gewinne privatisieren - Verluste sozialisieren!
Alles klar - wer das nicht miterlebt hat, braucht nichts zu sagen!
Meine damaligen Erfahrungen auf dem RAV:Nur positiv. Es gibt jedoch begrenzte Möglichkeiten. Sich gut informieren und beraten lassen. Sich Zeit nehmen. Von sich aus aktiv bleiben. Es gibt nicht nur das Thema RAV. Es braucht sich Niemand zu schämen.
Das muss man als RAV -Besucher*in auch wissen.
Zwischenmenschlich: Gegenseitiger Anstand und Respekt, nicht sofort alles "persönlich" nehmen.
Enttäuschte, misstrauische und frustrierte Stellensuchende, können schon vor des RAV- Besuches, langjährige Lebensfrüste oder Schicksalsschläge mitbringen.
Das Verhalten eines RAV Mitarbeiters haengt auch wesentlich davon ab wie sie gebrieft wurden, resp selbst im System drin sind. Nicht alle Gemeinden haben Geld ohne Ende, wie zB Zuerich. Es ist schon einige Jahre zurueck, da durfte ich miterleben wie sich eine junge Frau am Schalter arbeitslos melden wollte. Sie wurde von diesem Mitarbeiter derart niedergemacht wie wenn sie an sein persoenliches Geld wollte. Sie hat den Antrag dann glaub nicht eingereicht.
Ein anderer Fall in einer sehr kleinen Gemeinde. Da lebten ein paar junge Leute mit sich selbst zufrieden. Aufgrund von minimalsten Einkommen haben sie keine Steuern bezahlt. Nach vielen Jahren reichte die Kasse grad nicht und die Zuzüger aus einem anderen Kanton wollten einen kleinen Zuschuss von der Gemeinde, einen Monat ALV waere passend gewesen. Die Stimmung in der Gemrinde kippte dann gegen sie und nach einer Serie von sehr unerfreulichen Vorfaellen, wie der Garten wurde verwuestet, zogen sie dann weg.
Die Systemkritik habe ich in Folge 2 abgehandelt: https://www.republik.ch/2021/04/27/…-bewerbung
Die Tipps im aktuellen Beitrag sollen also nicht dabei helfen, das System zu ändern. Sondern das Beste herauszuholen, bis sich das System ändert - was erfahrungsgemäss noch etwas dauern kann. Dass es in gewissen Fällen besser ist, nicht die Wahrheit zu sagen, kann ich mir vorstellen. Grundsätzlich, glaube ich, fährt man mit Offenheit besser.
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