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Care Arbeit benennen macht tatsächlich einen Unterschied. Die jüngere Frauen bei uns an der Arbeit hatten damit angefangen: In ihren Kalendern steht "Care Arbeit" an Tagen, an denen sie sich um ihre Kinder kümmern. Wirkt doch wesentlich anders als "frei", was in meinem Kalender stand als meine Kinder noch klein waren. Finden die junge Väter an ihrem "Papitag" wohl auch.

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Ob es für mich einen Unterschied machen würde, das in die Agenda zu schreiben, weiss ich nicht, das überlasse ich gerne jedem und jeder selber. Ich erinnere mich aber gut daran, dass Arbeitstage (Job) oft weniger anstrengend waren, als die Tage mit den Kindern, als sie klein waren, v.a. weil ich dann wenigstens eine Stunde Mittagspause hatte, wo ich tatsächlich mal Zeitung lesen konnte oder so. Dennoch hätte ich keinen der Tage mit den Kindern alleine missen wollen. Beziehung entsteht wesentlich durch miteinander verbrachte (normale Alltags-)Zeit, und auch wenn ich wie alle Eltern teilweise an meine Grenzen kam, empfand ich diese Zeit immer als sinnvoll verbracht.
Ein Wort noch zum "Papitag": Können wir dieses Wort bitte nicht mehr brauchen? Es suggeriert nämlich, dass der Vater die Erziehungs-Aushilfskraft ist, wenn die Chefin-Erzieherin aka Mutter nicht da ist. Das sieht man daran, dass Leute die "Papitag" sagen, den Tagen, an welchen Mütter zu den Kindern schauen, meist NICHT Mamitag sagen. Für mich gehört "Papitag" darum in dieselbe unschöne Kategorie, wie wenn man sagt, eine Mutter, die Teilzeit arbeitet, (während der Partner mehr Geld verdient), verdiene sich "ein Taschengeld" dazu. Finde ich beides ein No-Go.

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Danke, auch ich störe mich am Begriff Papitag. Allerdings bildet er in der Regel die Realität ab. Die restlichen Tage sind Mamitage. Ein Papitag bedeutet noch lange keine gerecht aufgeteilte Sorgearbeit. Vorallem nicht, wenn die Väter an diesem Tag nur in den Zoo gehen, statt Kinderarzttermine zu organisieren, den Kühlschrank zu putzen oder zu kleine Kinderkleider auszusortieren.

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Da bin ich voll einverstanden. Deswegen schreiben die jungen Väter ja jetzt auch nicht mehr "Papitag" sondern "Care Arbeit" in ihren Kalendern.
Wobei in den wenigen Familien, die ich kenne, wo Papi und Mami sowohl gleich viel Erwerbsarbeit als auch gleich viel Haushaltsarbeit als auch gleich viel Kindererziehung übernehmen, tatsächlich beide sowohl vom Papitag als auch vom Mamitag reden.
(Aber meine Autokorrektur "schluckt" nur "Papitag" und macht aus "Mamitag" "Samstag")

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ich muss mich für die Familienzeit bei meinem Arbeitgeber nicht rechtfertigen. Ich kann einfach "abwesend" schreiben. Ob ich dann mit den Kindern in die Badi gehe oder Fenster putze geht mein professionelles Arbeitsumfeld rein gar nichts an. Die Freiheit lasse ich mir nicht nehmen, dafür verlange ich für diese Zeit auch keine staatliche Entschädigung mit den dazu gehörenden Kontrollen. Aber die Linken haben es mit der Freiheit halt nicht so und möchten lieber alles monetarisieren.

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SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
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Egal, welche weiteren Forderungen wir stellen wollen. Ob wir fordern, Care-Arbeit in Zukunft zu bezahlen. Oder ob wir fordern, die Erwerbs­arbeitszeit zu reduzieren, damit jede und jeder die Zeit hat, sich ohne Burn-out den Kindern, den kranken Eltern, dem Haushalt zu widmen – der erste Schritt ist: diese Arbeit benennen, zeigen und anerkennen.

Oh ja!

Es gibt einen einfachen Test, um herauszufinden, ob eine Pflegeaufgabe Arbeit ist oder nicht: Wenn ich selbst krank würde und die Aufgabe nicht mehr erfüllen könnte, und jemand Fremdes würde sie übernehmen, wäre dieselbe Aufgabe dann "richtige Arbeit" oder nicht?

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Multifunktional
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Total einverstanden. Ich bin aber auch überzeugt: hätte Frau Eisenach auf Facebook oder Twitter von ihrem Erfolgserlebnis beim Haarewaschen ihres Sohnes erzählt - sie hätte viele Likes bekommen. Genau da fängt es doch an. Bei der eigenen Überzeugung, dass Care-Arbeit echte Arbeit ist. Nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Jede und jeder sollte stolz auf das geleistete sein und dies auch zeigen dürfen.

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Cornelia Eisenach
Wissenschaftsjournalistin
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Liebe Frau W., da haben Sie vielleicht Recht, in meiner Bubble, hätte ich sicherlich Likes bekommen. Aber ich glaube eher, weil es eben eine Ausnahme gewesen wäre, von dem was normalerweise Likes bringt. Es geht natürlich nicht um Likes, das ist ein Einstiegsbeispiel - wie sie sagen: die Anerkennung, das "Erkennen" dieser Arbeit muss bei uns selbst anfangen.

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Als ich vor mehr als 30 Jahren meine Genderweiterbildung machte -damals hiess es noch "Frauenstudien" - gab es ein Motto: "Wir emächtigen uns selbst"!
Das vermisse ich heute etwas. Immer fordern wir es von anderen.
Die Selbstermächtigung führt oft natürlich auch zu Forderungen an die Gesellschaft, insbesondere an die Politik, denn oft müssen ja Strukturen dafür geändert werden. Sihe Kinderbetreuungseinrichtungen, Elternzeit.
Aber die Selbstermächtigung steht am Anfang einer wirklich ernstgemeinten Emanzipation. Sonst bleibt frau (und auch Mann) in neurotischem Verhalten stecken. Oder in Verwöhnung.
Selbstermächtigung bedeutet, dass ich ohne Wenn und Aber zuerst einmal der Care-Arbeit die ich tue Wert gebe und nicht darum bitte oder fordere, dass andere es tun. Wer denkt, das sei doch trivial und selbstverständlich, irrt. Es braucht echtes Selbstbewusstein und Souveränität. Und die braucht Unabhhängigkeit im Denken und im Wertsetzen. GEnau dies kommt in der weiblichen Sozialisierung immer noch zu kurz. Also gilt es, sich das anzueignen. Das ist weitab der momentanen Komfortzone, wo es besonders in der Schweiz noch kaum positive Reaktionen dafür gibt. Die Sanktionsmechanismen dafür noch stark sind.
Insbesonders Männer, die ja mit auss dieser Komfortzone müssen, wenn es aufgehen soll, merken aber, wenn die Forderungen aus der Schwäche heraus kommen unnd nicht aus der Stärke. Sie erleben auch die Widersprüche im Verhalten, wenn sie von Seiten von Partnerinnen kommen, und reagieren dann mit gereiztem Widerstand und nicht mit respektvollem.
Nur wenn mensch jeder Schritt, den er von anderen oder dem Staat fordert, in der persönlichen Entwicklung mitgeht, kann echter neuer Boden entstehen.

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SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
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Sie sprechen eine grosse Wahrheit gelassen aus!

Ein soziales System sind nie nur "die anderen", sondern wir gehöre da auch dazu und Mütter sind sehr oft die ersten, die ihre eigene Arbeit nicht ernst nehmen, ihren eigenen Tätigkeiten und ihrer eigenen Lebenszeit keinen oder nur geringen Wert beimessen. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, und es ist eine heiden Arbeit, sich davon zu befreien.
Deshalb stelle ich mir auch heute täglich mehrmals die Frage, immer dann wenn ich etwas für "normal" und "selbstverständlich" halte (oder gar abwerte): Wenn ich selbst krank würde und die Aufgabe nicht mehr erfüllen könnte, und jemand Fremdes würde sie übernehmen, würde ich dann die Arbeit dieser Person wertschätzen?

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als Teilnehmende
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Liebe Frau P.
Auch ich gehöre zu den älteren Frauen. Sie sprechen mir mit vielen wertvollen Gedanken und deren Umsetzungen aus dem Herzen. Ich " fühle" mich gelobt.
Herzlich A. S.

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Der Satz "ich fordere" geht doch weiter mit "dass wir".
Das ist also nicht eine Forderung an die anderen, sondern eben auch eine Forderung an sich selbst.
Ich habe das zumindest so verstanden - denn schliesslich ist die Forderung ja in der Gemeinschaft einfacher umzusetzen als wenn man alleine gegen eine Wahrnehmung ankommen muss.

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Ja natürlich soll mensch/frau fordern!
Auch von anderen und von der Gesellschaft. Aber halt in gleichem Masse auch von sich selber.

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Gaby Belz
Jeden Morgen neu
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Zum Beispiel sollten wir fordern dass die dafür aufgebrachte Zeit für die Berechnung der Pensionskassenrente wie Erwerbsarbeit angerechnet wird, damit geschiedene Frauen kein Altersarmutsrisiko mehr eingehen.

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Das funktioniert leider nicht und ist eine linke Utopie. In der Pensionskasse spart jeder individuell Geld für sich selbst an. Bei der unbezahlten Arbeit kann die Pensionskasse nicht gefüttert werden. Das Ganze würde somit nur mit Enteignung funktionieren bzw. mit dem weltweit immer und überall gescheiterten Sozialismus.

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So ist es! Dass die Gesellschaft etwas gemeinsam finanziert, von dem nur gewisse Mitglieder direkt profitieren, dafür braucht es ZWINGEND den Sozialismus!!

Wissen Sie, woher das Geld kommt, welches Angestellte der öffentlichen Dienste (Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, Verwaltung, Sicherheit, Verteidigung, etc.) in deren persönliche Pensionskasse einzahlen können?

Ich sage Ihnen, was Sozialismus ist: Einzelne Milliardäre fahren internationale Grossbanken an die Wand und die Gesellschaft kommt für deren Rettung auf!

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Ich verstehe absolut den Gedanken dass man den Begriff Care-Arbeit verwendet und das auch irgendwie vergütet haben will und will dem auch gar nicht widersprechen.

Der Titel des Serie bezieht sich konkret auf Feminismus und da gehen mir zeitweise ein paar Gedanken (mehr auch nicht) durch den Kopf.

Eigentlich wäre es doch schön gewesen wir passen uns der Welt an so wie es die Frauen eher gelebt haben. Weniger Mord, Totschlag, Saufen, Prügeln, Pseudo Heldentum, Fragwürdige Anerkennung (likes, clicks oder als Autor auf einem Stück toten Holz und wenn man genau schaut hat es meistens eine andere Person erfunden), alles und jedes dem Kapitalismus unterwerfen, Sinn im Leben über Arbeit zu finden, Maschinen- anstatt Natur-Verbundenheit, Status über Konsum, alles grösser als notwendig (Wohnung, SUV), und noch vieles vieles mehr ...

Das haben Männer teilweise schon auch Verbesserungen hinbekommen, aber was mich irgendwie etwas traurig stimmt, dass die Frauen die Welt der Männer zu einem grossen (nicht ganz alles) Teil kopieren und wenn man so ist wie die Männer dass als Gleichberechtigung ansehen. Wenn ich als Alien auf die Welt gucke, dann sind es jetzt einfach mehr als 50% welche die Kacke noch mehr zu dampfen bringen, aber immerhin mit etwas mehr Gleichberechtigung.

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Ihre Vorstellung der Geschlechter klingt verstörend stereotypisch. Dem Streben nach Anerkennung und Konsum sind Frauen doch genau so unterworfen, wie Männer auch. Und die angebliche Naturverbundenheit vs. Maschinenverbundenheit klingt auch wieder nur wie das alte Klischee, dass Frauen keine MINT-Fächer mögen.

Fast immer, wenn jemand vorschlägt, man könne ja die Gesellschaft eher den Frauen nachempfinden (statt dass alle so sein müssen, wie Männer), sind damit in Wahrheit nur Klischees gemeint: Kooperation statt Wettbewerb, Menschen statt Dinge, Gefühle statt Logik. Ich hoffe inständig, dass das nicht das langfristige Ziel des Feminismus ist.

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Ich geben Ihnen Recht dass so wie ich schreibe sehr stereotypisch ist. So sehe ich die Welt nicht und das ist etwas zu unbewusst überspitzt.

Wenn die Autorin des Artikels schreibt "Und kriegten viele, viele Likes dafür." Dann finde ich das ist das traurigste Beispiel dass sie sich hätte aussuchen können. Frau Eisenach hat ganz sicher viel mehr drauf als das und es ist ihr im Moment einfach kein besserer Satz eingefallen. Der Sinn den ist allemal herübergekommen.

Ich muss aber umgekehrt schon eingestehen dass ich z.B. als Mann grosse Mühe habe mit anderen Männern über Gendersternchen und all ihren Alternativen ganz objektiv zu diskutieren, weil mich wirklich aus tiefster Überzeug interessiert wie wir alle das besser machen können.

In Abstimmungen fülle ich jeweils den SmartVote Fragebogen aus und lese dann aber auch relativ intensiv die individuellen Antworten der Politikerinnen und Politiker. Im Durchschnitt muss ich da schon sagen wird mir eher komisch was ich von Männern lese. Um in den Stadtratswahlen die vor kurzem stattfanden, hat es mich auch enttäuscht welche rückwärtsgewandten Forderungen von Männern kamen, die ich von keiner Frau jemals hörte.

Ich könnte hier ein Unzahl an Beispielen nennen und weis gar nicht wo anfangen (auch gegeben durch Bücher wie z.B. The Moment of Lift von Melinda Gates).

Da gab es vor kurzem ein Dok Film über den Niedergang der CS. Die einzigen paar Sätze die ich dort vernünftig fand, kamen von zwei Frauen bei der CS gearbeitet haben, wo das Problem der Bank ist und wie man das besser machen könnte. Sonst unglaublich viel ausreden oder sogar unbeeindrucktes zugeben.

Ganz konkret: Ja ich wünsche mir eine Welt die viel viel mehr von ganz normalen Frauen beeinflusst wird, vieles von dem, wie es ist, ist meiner Meinung nach auch zum Nachteil von Männern.

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Was ist falsch an „Kooperation statt Wettbewerb“?

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Ich gebe Ihnen einerseits recht, dass das Stereotype sind. andererseits denke ich trotzdem, dass die Welt der Frauen eine andere wäre. Aber wir wissen es einfach nicht, weil es noch nie ausprobiert wurde.

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"Vereinbarkeit von Frau und Patriarchat", "Höhere Löhne nur für bürgerliche Frauen", "Frauenrechte ohne Feminismus", "Tieflöhne auch für Männer in untergeordneten Berufen" – Die liberalen und bürgerlichen Frauen haben jetzt ihre eigene Demo

Bester Kommentar zur rechtsbürgerlichen Polemik gegen den Feministischen Streik von Ruedi W. in "Unten links" (WOZ)

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Triffts genau: Diejenigen, die profitiert haben vom Kampf gegen die Unterdrückung, werden nun zum Spiegelbild Ihrer selbst. Frauen sind nicht per se bessere Menschen. Vielmehr geht es um Empathie versus Machtmissbrauch. Care-Arbeit ist auch emotionale Arbeit, braucht Empathie und soll in einem kapitalistischem System durch Bezahlung aufgewertet werden. Nur so werden Machtverhältnisse besser aufgeteilt.

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Das ist ziemlich polemisch. Nicht nur rechtsbürgerliche Frauen haben sich vom feministischen Streik verabschiedet, sondern auch linksbürgerliche. Mit dem Nachbeten des SP-Parteiprogramms hat der Frauenstreik seine Faszination und Bedeutung verloren. Schade.

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Was ich tue und tat, dafür braucht's keine Likes und Emotions. Und auch keine Anerkennung. Ein gerechter Lohn für meine Arbeit als Lehrer hätte gereicht. Leider war er zu gering. Und die Rente ist es auch.

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Sie haben den Job selbst gewählt und er hat ihnen offenbar gefallen. Sich nach gemachtem Job über die Bedingungen zu beklagen, ist mir etwas zu einfach.

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Zum Glück gibt es immer noch Menschen, die bereit sind Lehrer zu sein. Und Sie haben das Recht auf einen angemessenen Lohn und eine entsprechende Rente.

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Wie stellt man sich dies genau vor? Pauschale oder individuell? Kann jeder und jede irgend eine Zahl aus der Luft ziehen? Wird kontrolliert wer tatsächlich etwas leistet und wer Mitmenschen verkümmern lässt? Zählen alte und junge Nachbarn dazu? Kinder von Freunden? Grosseltern die auf Enkelkinder aufpassen?

Ich meine meine Frage absolut ernst und möchte die Care-Arbeit nicht grundsätzlich hinterfragen.

Gleichzeitig sehe ich riesige Unterschiede wie effizient Menschen ihren Haushalt schmeissen. Manche penibelst sauber und schnell, manche dreckig und doch langsam. Gerade der Haushalt hängt absolut von den Mitmenschen und deren Erziehung zusammen. Die Erwartungen sind nochmals ein anderes Thema. Dann gibt es noch den Faktor Wohnungsgrösse und Ausstattung, z.B Geschirrspüler und Anzahl Waschmaschinen.

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Cornelia Eisenach
Wissenschaftsjournalistin
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Es muss ja auch nicht ein Care-Lohn sein: Wenn Sie aufmerksam lesen, sehen Sie, dass ich die Frage offengelassen habe. Ob man die Anerkennung der Leistung monetär ausdrücken möchte? Ich selbst fände es sinnvoller, wenn wir die "Vollzeitstelle" verändern würden, wenn wir die 42-Stunden-Woche hinter uns liessen und genügend Zeit schafften für andere Arbeiten. Sei es Care, politisches oder gesellschaftliches Engagement. Stichwort:Grundeinkommen.

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Das erinnert mich an ein kleines Büchlein aus den späten 70ern: 'Travailler deux heures par jour'. Der Autor führt Ihren Gedanken noch sehr viel weiter und sagt: Wenn wir alle pro Tag zwei Stunden Sch****arbeit übernehmen, können wir uns für den Rest des Tages dem widmen, was wir gerne tun. Manche gärtnern gerne, manche kochen gerne, andere kümmern sich gerne um Kinder, manche forschen gerne, manche stricken/nähen gerne, manche vermitteln gerne Wissen, manche machen gerne Geschäfte, manche mögen den medizinischen Bereich - auf diese Weise sind wir verpflegt, angezogen, medizinisch versorgt, lernen können wir und einkaufen.
Das ist jetzt natürlich sehr verkürzt und vereinfacht ausgedrückt, aber ich fand die Idee an sich immer spannend. Ich habe das Buch nicht mehr, aber es hat bei mir tiefe Spuren hinterlassen.
Es ist noch erhältlich, als TB beim Verlag Seuil. Deutsch gibt es den Titel nicht oder nicht mehr.

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Rein physikalisch betrachtet, ist Arbeit eine Leistung P verrichtet in der Zeitspanne t, also W=P · t. Care-Tätigkeiten sind offenbar Leistungen, die Zeit benötigen, und damit Arbeit. Wo ist das Problem? Warum muss man extra betonen, dass sie sich "gut anfühlen, liebevoll und bereichernd sein und trotzdem als Arbeit bezeichnet werden" dürfen? Warum ist es für andere "gruselig und schrecklich" sie als solche zu bezeichnen?

Dahinter steckt die negative Konnotation des Ausdrucks Arbeit, der auch etymologisch hergeleitet werden kann, von Mühsal und Not. So lesen wir bereits im Alten Testament von der Vertreibung aus dem Paradies:

Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und zum Mann sprach er: Verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang.

Labour heisst denn auf Englisch sowohl Arbeit als auch Gebären.

Arbeit bezeichnete in der Antike auch die natur-notwendige Arbeit, die in der Aristokratie, von Sklaven, Mägden und Knechten verrichtet worden ist. Arbeit wurde definiert als a-scholé, als Abwesenheit von scholé, Zeit und Musse, welche der herrschenden Elite vorbehalten war. Noch bei Hannah Arendt, die sich vor der totalen Arbeitsgesellschaft graute, wo alles als Arbeit bezeichnet wird, steht die notwendige, reproduzierende Arbeit dem Handeln im Politischen (sowie Urteilen im Philosophischen) gegenüber, die ein Neubeginnen ermöglicht und im höchsten Ausdruck revolutionär ist.

Sollen wir also jede Art von Leistungserbringung als -Arbeit bezeichnen? Oder sollten wir eigene, autonome Ausdrücke für die unterschiedlichen Tätigkeiten finden? So wie beispielsweise Fürsorgen? Und diese dafür Aufwerten? Oder sollte Arbeit allgemein nicht mehr negativ, sondern positiv aufgefasst werden? So dass, wie in der neoliberalen positivistischen Arbeitswelt von Silicon Valley Start-ups, sich jede Arbeit gut anfühlen, liebevoll und bereichernd sein soll?

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Oder ist das Bemühen, die Fürsorge als Care-Arbeit aufzufassen, alleine dem Umstand verschuldet, dass wir unter Arbeit vor allem Lohnarbeit verstehen?

Die grossen Systemalternativen, Kapitalismus und Kommunismus, trafen sich mindestens in dieser einen Sache: In der Valorisierung der Arbeit. Beide sind gleichermassen produktivistisch (und auch extraktivistisch). Dabei ist die Reproduktion, die nicht auf ein Ergebnis, ein Produkt, aus ist, sondern auf die Wiederholung, die Wiederherstellung eines Zustands und der Arbeitskraft, der Produktion untergeordnet.

Noch in der heutigen Volkswirtschaft bzw. Makroökonomie heisst es:

Als Gegenstand der Volkswirtschaftslehre umfasst der Arbeitsbegriff jede menschliche Tätigkeit, die gegen Entlohnung auf die Befriedigung der Bedürfnisse anderer Personen gerichtet ist. Im Sinne der volkswirtschaftlichen Definition wird der Begriff Arbeit auf Erwerbstätigkeit reduziert, Formen unbezahlter Arbeit dagegen werden vernachlässigt, wie Beschäftigungen in der Subsistenzwirtschaft, Haus- und Familienarbeit, Do-it-yourself-Arbeit oder Gefälligkeiten, sowie gemeinnützige oder ehrenamtliche Tätigkeiten. Die Volkswirtschaftslehre kennt neben entlohnter, menschlicher Arbeit den Boden als weiteren originären Produktionsfaktor. Zusammen mit dem derivativen Produktionsfaktor Kapital bilden sie die drei klassischen Produktionsfaktoren. Da diese Produktionsfaktoren knapp sind, haben sie in der klassischen Nationalökonomie einen Preis, der bei der Arbeit Lohn, beim Boden Bodenrente und beim Kapital Zins heißt.

Produktionsfaktoren sind also alleine: Boden, Kapital und Lohnarbeit. Weil sie knapp sind, haben sie einen Preis. Fürsorge (als Reproduktionsfaktor) kommt hier nicht vor.

Doch:

Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzt sich allmählich die Einsicht durch, dass auch unbezahlte Erstellung von Gütern und Dienstleistungen Anteil an der Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft hat. Doch bis heute wird Haushaltsproduktion als Satellitensystem betrachtet und nicht in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung abgebildet.

Fürsorge-Arbeit ist Teil der Schattenökonomie.

der erste Schritt ist: diese Arbeit benennen, zeigen und anerkennen.

Fürsorge soll also als kapitalistischer Produktionsfaktor anerkannt werden, und weil Zeit und Kraft ein knappes Gut ist, das für Dritte von Wert ist, einen Preis erhalten, Fürsorge also unter Produktivitätsgesichtspunkten Teil der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gemessen und vergütet werden.

Doch ist dies die Care-Revolution, die wir uns erträumen?

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Mit dem Garten habe ich mich selbst in eine Situation manövriert, wo meine Frau sagt: „Du wolltest ja den Garten, das ist dein Hobby.“ Sie hat ja recht, und trotzdem sollen die Schnecken nicht alles wegfuttern.

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Wenn die Gartenarbeit zu viel für Sie wird, können Sie ja einfach das Ziel neu definieren. Statt Salat zum Eigengebrauch, bauen Sie Salat für Schnecken an, und schon können Sie mit gutem Gewissen die Füsse hochlegen!

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Stimmt und ich könnte auch die Kinder etwas weniger oft baden.

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kein Problem, die linken Parteien in der Schweiz werden dafür sorgen, dass die Pflege der Rosen vom Staat entschädigt wird. :-)

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Gerechtigkeit ist eine Erfindung des menschlichen Verstands und beruht auf der Illusion der Messbarkeit von allem. Womöglich muss es sogar in CHF ausgedrückt werden können, also beruht es auf einer reinen Wert-Schätzung. Wertschätzung ist aber bei den Emotionen angesiedelt, sowie Empathie. Jedesmal wenn der Verstand versucht Emotionen wie Liebe, Freude, Glücklichsein und Zufriedenheit zu bewerten läuft dies grundsätzlich schief. Wertschätzung tut zwar gut, aber man kann sie sich nicht aufs Brot streichen. Natürlich soll der Zeitaufwand für die Care-Arbeit genauso bezahlt werden wie Arbeit. Aber wir müssen aufpassen, dass sie nicht zu einer Stopp-Uhr-Arbeit verkommt wie z.B. 5 Minuten 40 Sekunden pro Patient.

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Der Gedanke erinnert mich an ein Buch "Predictable Irrational" von Dan Ariely. Das bringt den Punkt auf, dass sobald man Geld in eine Diskussion hinein bringt vieles ändert. Er erzählt das am Beispiel dass wenn man bei Kollegen eingeladen wird und anstatt einem Blumenstrauss, der Person die kocht nun 20 CHF in die Hand drückt. Ab jetzt können plötzlich so Fragen aufkommen, ob das Essen oder die Arbeit nicht mehr Wert gewesen wären, Fragen die man sich sonst wahrscheinlich nicht gestellt hätte (ist nur eines von mehreren Beispielen zu dem Thema).

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Sich um Andere zu kümmern, ist wichtig und sollte wertgeschätzt werden. Hausarbeit hingegen darf öfter auch mal liegen bleiben. Lieber Spass haben, als Kleider zu bügeln.

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Ich denke, wenn man über Hausarbeit in einer Familie (mit kleinen Kindern) spricht, ist nicht primär Hemdenbügeln gemeint, sondern essentielle Aufgaben wie Kochen, den mit Essensresten übersäten Boden reinigen, Unmengen von wirklich dreckiger Kleidung waschen, den überfluteten Boden trocknen etc. Das sind leider oft Aufgaben deren Nichterfüllung den Haushalt innerhalb von 1-2 Tagen an den Rand der Verwahrlosung bringen können.

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genau so sieht der Altag im Haushalt aus. Das wird auch in Zukunft so bleiben und auch in Zukunft vor allem von frau geleistet werden. Wir benötigen keinen staatlichen Lohn für diese Leistung, sondern eine hälftige Aufteilung des Haushaltseinkommens. Dieser hälftige Anteil fällt beim Model der Errungenschaftsbeteiligung erst bei Scheidung der haushaltführenden Person an. Besser wäre eine hälftige Teilung sofort. Bei 100'000 Einkommen des Haushaltes, gibt es dann 50'000 pro Partei und eine entsprechende Pensionskassen-Einlage pro Partei.

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als Teilnehmende
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Geistige und körperliche Arbeit leisten gehört zum Menschen. Ich bin jedoch der Meinung, dass jeder Mensch selber entscheidet was für ihn Arbeit ist und was nicht. Wir brauchen keinen Mainstream wie wir unsere persönliche Arbeit messen sollen. Dazu braucht es ebenso ein gutes Selbstbewusstsein zum eigenen loben und sich nicht von anderen beirren lassen.

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Theologin/Seelsorgerin
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Und wie soll die Frage der Bezahlung von Arbeit dann geregelt werden?

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Es haben aber nicht alle dieses Selbstbewusstsein.

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als Teilnehmende
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Das ist schon so. Selbstbewusstsein erlernen Kinder schon, in dem man sie fördert. Egal, welches Geschlecht es ist.

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Gaby Belz
Jeden Morgen neu
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Ich bin keine Volkswirtschafterin, aber ich vermute dass wenn wir im Steuerrecht mal alle flat taxes abschaffen würde und die stetig reicher werdenden Milliardär*innen ihrem Vermögen entsprechend Steuern zahlen würden (soviel ich weiss nennt man das nicht Enteignung), dass es dann wohl reichen würde, um für Carearbeit leistende Personen ein angemessenes Altersvermögen zu äufnen. Wie genau man das angattigen könnte - dazu wüssten andere bestimmt mehr.

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In zwei Zahlen habe ich mich wiedergefunden: 14 Arbeitsstunden täglich für die Kinderbetreuung. Wert: 7000 CHF/Monat; wobei ich nur 5000 CHF/Monat beantragt habe. Im ersten Monat nach Ausfall unserer Nanny hat mein Partneri das bezahlt, auf die letzten drei Monatsgehälter warte ich… weshalb das doch nicht ganz in diese Reihe passt: Ich bin keine Frau.

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Wertschätzung - ob selber gesetzte oder entgegengebrachte - seines persönlichen Um-und- Aufs im sozialen Verband ist das eine, Tatsache aber ist, dass Care-Arbeit in den ökonomischen Verhältnissen in Gesellschaft und Wirtschaft nicht adäquat abgebildet wird. Selbsternächtigung ändert wenig daran, wenn keine politische Änderung erfolgt. Und das zeitigt wiederum unschöne ökonomische Konsequenzen, insbesondere für viele Frauen, ob nun berufstätig oder nicht.
(siehe auch heute: Die <Entzauberung der Kleinfamilie> in der Republik)

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Der Begriff der Arbeit als fremdbestimmte und nur bedingt selbstnützliche Tätigkeit würde in einer solidarischen Gesellschaft durch lebendiges und momentorientiertes Tun ersetzt werden wenn keine Machtverhältnisse dies verhinderten. Wodu ein abgeschobenes Rentenalter?

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