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Leider fehlen zwei entscheidende Fragenkomplexe komplett, ohne die es nicht verständlich wird, wie Francis Fukuyama seine Theorie in die gegenwärtige Realität einbindet.
Zum einen vertritt er die These, dass lediglich Nationalstaaten dazu taugen, den politischen Rahmen zu schaffen, in denen Gesellschaften ihre Angelegenheiten regeln, was nicht stehen bleiben kann, ohne sich darüber zu äussern, was dies bezüglich der weltweit frei agierenden Weltkonzerne und dem durch nationale Grenzen nicht gehinderten Fluss des Kapitals bedeutet. Wir wissen, wie nationale Gesetze und Regelungen, zB bezüglich Steuern, bezüglich Regulierung von Ressourcen usw, vom sich frei bewegenden Kapital unterlaufen werden. Nationalstaaten sind ein Relikt aus der Vorglobalsierungszeit, nationalstaatliche Demokratie ist dabei zu einer legitimativen Scheinveranstaltung zu verkommen, welche zwar das Leben der grossen Mehrheit reglementiert, das oberste 1% jedoch unbehelligt seine Interessen verfolgen lässt. Das Erleben der Ohnmacht der Nationalstaaten ist doch einer der Gründe für den neu erwachenden Nationalismus: Rattenfänger, welche zumeist das Spiel des 1% spielen, gaukeln vor, durch Ausgrenzung "der Fremden" würden die Nationalstaaten die Kontrolle wieder erlangen - eine Schimäre.
Zum anderen, und eng verbunden mit dem vorangehenden Punkt, wird eine Diskussion über die gegenwärtige und zukünftigen Welt, die geführt wird, ohne auf das Anthropozän, die sich zu Ende neigenden Ressourcen und die stetig fortschreitende Zerstörung der Existenzbedingungen für menschliches Leben auf diesem Planeten einzugehen, mit mindestens einem blinden Auge geführt. Ja, die Klassenfrage IST das vorherrschende Problem. Ja, die Umverteilung muss endlich umgedreht werden. Aber es ist im Zeitalter der schwindenden Ressourcen und eines die Regenerierungs-Kapazitäten des Planten sprengenden wirtschaftlichen Wachstums ein hochkomplexes Thema, was genau es bedeutet, die seit Jahrzehnten laufende neoliberale massive Umverteilung von unten nach oben umzudrehen. Zur vertikalen Ungleichheit gesellt sich die horizontale Ungleichheit, zwischen Ländern und Kontinenten. Auch diese bedarf des Ausgleichs, sollen grässliche Verteilungskriege vermieden werden. Das wir nur durch klare Prioritäten zur Bekämpfung von Hunger und Armut gelingen, was jedoch mit grösster Wahrscheinlichkeit für die Bevölkerung der reichsten Länder bedeuten wird, zugunsten der ärmsten zurückstecken zu müssen. Nationale Diskurse werden zum Krieg führen, es bedarf eines Gefühls, eines Narrativs einer globalen Verbundenheit, einer globalen Dringlichkeit zu gemeinsamem Handeln angesichts des in Sichtweite rückenden Endes der Menschheit. Die weltweite Wirkung der symbolischen Aktionen und der Reden eines Mädchens namens Greta Thunberg weisen in diese Richtung.
Es wäre interessant gewesen zu lesen, wie sich Fukuyama dazu stellt.
Der amerikanische Historiker Timothy Snyder hat dazu eine dezidierte Position:
https://www.nzz.ch/feuilleton/der-h…ld.1455135
Liebe Leute
Ich bin wieder einmal schwer enttäuscht. Wie kann man nur jemandem Aufmerksamkeit schenken, der so wenig Grips hat, dessen Thesen längst widerlegt sind und der im übrigen durch massive Bildungslücken und allseits bekannte Fehleinschätzungen glänzt?
Warum kommen immer diese rückwärtsgewandten, intellektuellen Tiefflieger wie
Longchamp, der sich als Soziologe vermarktet, aber keiner ist und in seiner Zunft schon lang nicht mehr ernst genommen wird, und
Bronfen, die Gewalt verherrlicht und durch Peinlichkeiten auffällt wie derjenigen, dass sie als Professorin die Deutsche Sprache nicht beherrscht, zum Zuge?
Unter dieses Verdikt der Wahl obsoleter Figuren fallen auch die von de Weck Eingeladenen. Wie kann man nur so eine langweilige, erfolglose und unqualifizierte Person wie del Ponte einladen?
Warum gibt man de Weck Carte blanche?
Warum öffnet unser Medium nicht frischen Kräften und Gedanken den Weg zu seinem Publikum?
Warum werden die alten Zöpfe nicht endlich abgeschnitten?
Fabelhaft auf den Punkt gebracht. Um noch ein weiteres verstaubtes Hypnotikum anzuführen: Eribon. Soziologe mit autobiografischem Tic. Ich liebe es, die Republik zu lesen, aber für die Interviews könnte man interessantere Personen an Land zu ziehen versuchen. Spontan fällt mir Latour ein. Sogar der unbequeme J. Peterson. Camille Paglia? Etc.
Ganz lieb, herzlichen Dank. Mit Peterson habe ich so meine Mühe, aber ja - genau solche kontroversen Persönlichkeiten, von denen wir aus den Massenmedien ein Zerrbild besitzen, sollten wir in der Republik aus erster Hand vermittelt bekommen. Spannend wären für mich auch Persönlichkeiten, die ich noch nicht kenne, die aber eine ungewöhnliche These fundiert vertreten. Die Republik sollte nicht die ausgelutschten Vertreter im Medienzirkus noch einmal ablutschen, sondern provokante Ideen aufspüren.
Liebe Herren A., M. und M., Sie haben ein sehr viel emphatischeres Verständnis von „Star“ als ich! Für mich bezieht sich das Wort lediglich auf den Grad an Berühmtheit; ob man diese Berühmtheit berechtigt findet oder die Ansichten dieser Person selbst teilt, darüber sagt das Wort doch erst mal nichts, oder? Jedenfalls stehe ich vielen Positionen Fukuyamas und im Speziellen seinem neuen Buch ebenfalls sehr kritisch gegenüber (wie Sie z.B. hier sehen: https://www.republik.ch/2019/02/16/…entitaeten). Das ändert aber nichts daran, dass er seit mittlerweile drei Jahrzehnten zu den meistgefragten Wissenschaftlern und Zeitdiagnostikern weltweit gehört (deshalb das Star-Attribut – eine gar nicht so gewagte Behauptung). Wie wir nun feststellen durften, ist er ausserdem auch bei Meinungsverschiedenheiten ein offener, konstruktiver, ausgesprochen höflicher Gesprächspartner ist, der nicht in Dogmen spricht, sondern irritierbar und gedanklich beweglich bleibt. Nicht die schlechtesten Eigenschaften, wie ich finde.
Interviewt haben wir ihn nicht, weil er vor dreissig Jahren einen Text geschrieben hat, dem man mit guten Gründen grosse Irrtümer attestieren kann, sondern weil er ganz aktuell eines der weltweit meistdiskutierten Bücher zu einem der derzeit aufgeladensten Themen geschrieben hat. Muss man selbstverständlich trotzdem nicht lesen, wenn man nicht will! Und wenn doch, kann man seinen Gedanken dazu zustimmen oder nicht. Aber ob man sie erledigen kann mit dem Hinweis, dass Fukuyama sich früher schon mal geirrt habe? Ich weiss nicht ... Sehen Sie, jetzt hab ich ihn sogar verteidigt – er verblüfft einen manchmal halt doch!
Zuerst eine kritische Buchrezession, dann ein Interview mit dem Autor selbst.
Chapeau meine Herren.
In einigen Punkten muss ich Herrn Fukuyama voll zustimmen, besonders in den Problemen der klassischen Ökonomie. Die liberale, unregulierte Marktwirtschaft, kann schon desshalb nie funktionieren, weil niemals auch nur 10% der Menschen das einzige Ziel verfolgen werden, auf welches sich diese gründet, die Erlangung von möglichst viel Profit um jeden Preis. Der Mensch ist ein Wesen der Emotion, nicht der Logik, womit eine Regulierung des grenzenlosen Profitstebens welches jedes wirklich wichtige Ziel wie sozialen Frieden, Sicherheit und Glück für den Menschen unter einer unbarmherzigen Decke von egoistischem Gewinnstreben begräbt, unabdingbar ist. Gerade unter diesem Gesichtspunkt jedoch scheint mir Fukuyamas Ansicht zu den Nationalstaaten jedoch ein wenig gar konservativ. Zwar gehe ich mit ihm einher, dass der Mensch Zugehörigkeit und Identität braucht nur denke ich, sollte es möglich sein die Basis worauf sich diese gründet neu zu denken. Denn wenn wir ehrlich sind verbindet nur schon uns Schweizer häufig fast nichts, nicht unsere Herkunft, unser Wohlstand unsere Ansichten oder unser Geschmack, alles was uns verbindet ist der Gedanke an die Zugehörigkeit zu einen alten Konstrukt, das einst Schweit genannt wurde... Müsste es da nicht möglich sein die Zugehörigkeit auf Europa oder gar die Erde auszudehnen und die Zugehörigkeit zu einer solchen Einheit nicht mehr über die Rasse und Herkunft, sondern über Ziele, wie Gesundheit, Glück, Wohlstand, Frieden und Solidarität für alle Menschen zu definieren? Natürlich wäre so etwas ein Generationenprojekt, aber es sollte doch darum gehen herauszufinden, was uns Menschen ausmacht, was uns zu einen in der Lage ist und nicht was uns bis heute separiert...
Wieso können wir nicht lernen, uns als Weltbürger*innen zu fühlen? Vor ein paar Jahrhunderten gab es die Nationen noch nicht und die nationale Identität war noch nicht erfunden. Die Klimadebatte macht klar, dass eine planetare Identität eine total coole Sache ist. Meisterdenker Fukuyama hat sich schon mit dem "Ende der Geschichte" geirrt. Er verpasst die Zukunft erneuert.
Weil jahrmillionen der evolution uns auf ein leben in kleinen, relativ homogenen stammesgruppen programmiert haben.
Spannend, dann würden Nationen mit Millionen Menschen niemals funktionieren
Während ich komplett zustimme, dass Europa eine Linke Bewegung total fehlt, weil sogenannt Linke viel mehr über sexuelle Orientierung sprechen wollen, als über Klassenbewusstsein, ist Fukuyamas Fehler dass er von einem Grossstaat USA auf die winzigen und eher zufälligen Staaten Europas folgert. Innerschweizerischer Klassenkampf macht gar keinen Sinn. Ja, es braucht eine europäische Identität, innerhalb derer wir Klassenkampf diskutieren können und müssen, denn die übelsten Unterschiede sind zwischen Rumänischen hart arbeitenden Dienstleistern und westeuropäischen entspannt arbeitenden mittleren Managern o.ä. Das kann nicht kleinräumig behandelt werden, da die Konzerne auch kontinental agieren. Aber die winzigen Nationalstaaten Europas sind ein Anachronismus aus der Zeit vor Fernsehen und Internet. Europa hat auch eine Geschichte von integrativer Regierung, sei es das römische Reich, die germanische und Habsburgische Herrschaft, oder andere Phasen wo fast aller Hochadel irgendwie verschwägert war.
Eigentlich ist es fast nie die Linke oder 'sogenannte Linke', die Debatten über 'sexuelle Orientierung' vom Zaune bricht. Es sind vielmehr religiöse und rechtskonservative Kreise, die partout nicht akzeptieren wollen, was für eine aufgeklärte Mehrheit, jedenfalls in Westeuropa, längst eine gelebte Realität ist: dass sexuelle Identität und Orientierung Privatsache sind und dass jede noch bestehende, diesbezügliche Diskriminierung gegen elementare Menschenrechte verstösst und deshalb ausgemerzt werden muss.
Der notorische Unwille dieser Minderheitsgruppierungen nun doch auch endlich im 21. Jahrhundert anzukommen, hält die Debatte aufrecht.
Die meisten Gesetze sind nicht auf Gleichberechtigung von Homosexuellen ausgerichtet. Es ist sicher nicht die religiös konservative Seite welche da Änderungen vorschlägt. Die Verteidigung alter Werte ist immer Reaktion auf neue Ideen. Ich sage nicht dass Europa solche neuen Ideen (bzw. das Pendel nicht zurück schwingen) nicht einführen darf, nur finde ich es pervers wenn wir nun andere Kulturkreise kritisieren weil sie diesen neusten Umschwung unsere europäischen, bzw. amerikanischen Werte nicht mitmachen. Vor nur gerade 100 bis 150 Jahren waren insbesondere Europäer die weltweit Homosexualität verboten, im Namen des Fortschritts und der Sittlichkeit. Pakistan hat noch das Schwulenverbot aus der britischen Kolonialzeit. Mir ist es egal wer mit wem wie Sex hat, es ist für mich kein politisches Thema. Ausser wenn es nicht einvernehmlich ist. Stichwort Europa: bei den Griechen war Homo-Pädophilie öffentlich akzeptiert. Werte ändern sich, jede Gesellschaft soll für sich selber aushandeln wie sie lebt. Aber die Ausbeutung durch Europa war global, die Weltwirtschaft ist global, die Folgen des Kolonialismus sind immer noch real. Das muss im globalen politischen Rahmen behandelt werden. Armut nimmt das Recht auf Leben. Solange es sie gibt, müsste das erste Priorität haben. Linke Parteien die sich nur um inländische Arme kümmern, also nur eine nationale Sichtweise haben, sind keineswegs sozialistisch, sondern eben national... Ich sehe keine globale Vision von Europa, da immer der Werteexport an erster Stelle steht, schon seit den kolonialen Missionaren bis zu den heutigen “Menschenrechtlern“.
Wenigstens mal ein Denker dem ich ein Bier ausgeben würde, um mit ihm zu diskutieren.
Das mit der Würde ist ein spannendes Thema, interessant wäre vielleicht eine umfassendere Betrachtung von Seite Psychologie oder Soziologie: Woher schöpfen die Menschen hier im Westen diese Selbstbestätigung, wenn sie nicht gerade auf die Ersatzdrogen Konsum oder National- und Rassenstolz zurückgreifen?
Hierzulande dürfte die berufliche Tätigkeit einen grossen Anteil an dieser Würde ausmachen, eine beachtete und sinnvolle Tätigkeit hat zumindest laut Arbeitspsychologie einen enorm hohen Stellenwert. Gerade hierbei sehe ich den grössten Schwachpunkt in den Überlegungen Fukuyamas. Er reduziert die Würde auf die soziale Ungleichheit. Aber reicht denn Umverteilung für ein würdevolles Leben?
Sie sind zwar völlig überflüssig, aber wir schauen dass Sie genug zum leben haben!
Was Qualität und Anzahl der Arbeitsplätze angeht, so dominieren Grosskonzerne und die globalen Preisniveaus. Nationalstaaten und nationale Politik haben bloss einen geringen Einfluss in diesem Punkt. Auch die Gewerkschaften können nur Arbeitsbedingungen von bestehenden Arbeitsplätzen verbessern, keine schaffen oder erhalten.
Inzwischen sind wir alle so abhängig von der globalen Wirtschaft, dass wir sie kaum zu steuern vermögen. Ich sehe also nicht, wie die Linke oder ein Klassenkampf hier überhaupt massgeblich etwas daran ändern könnte - abgesehen von radikalen Eingriffen, welche nicht mehrheitsfähig sind.
Diese Ohnmacht steht der Sozialdemokratie ins Gesicht geschrieben.
Und so wie Hegel schrieb: „Die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug“. So fasst Fukuyama bereits lang diskutierte Themenkomplexe zu einer Synthese zusammen. Ohne etwas - gerade für den europäischen Raum - wesentlich Neues oder Gewinnbringendes zu schreiben. (Was nicht nur schlecht sein muss.)
Das Stichwort lautet Intersektionalität. Oder das Denken eines mehrdimensionalen Raumes von möglichen Identifizierungen und Diskriminierungen. Worin class und soziale Ungleichheit eine Dimension unter vielen ist, so dass die elende Diskussion von „Haupt- und Nebenwiderspruch“ obsolet wird.
Zudem muss mindestens zwischen zwei Formen von Identitätspolitik unterschieden werden: Die universalistische und die partikularistische. Und die der Dialektik von Herr und Knecht folgen:
Hierarchie und strukturelle Diskriminierung: Partikularisierung und Marginalisierung von Gruppen (the others, e.g. Women of Color) durch die hegemoniale sich aber universal gebende positionierte Gruppe („Man-kind“/„Kind of White Men“).
Emanzipation und Progression: Diesen gegenüber fordern die partikulären Gruppen (identities) die Anerkennung als Gleiche (equality), also das Streben vom Partikularismus zum Universalismus (identity politics). Ein Streben (thymos) und eine Politik, die aufhören würde, wenn alle Individuen jenseits der Identitätskriterien formell wie materiell als Gleiche (human being) anerkannt wären und in Würde leben könnten (social justice).
Pluralisierung und Fragmentierung: Die Dialektik macht nun aber auch aus der sich für universal haltendenen Gruppen eine partikuläre Gruppe („White Men“).
Backlash und Regression: Aufgrund des relativen Machtverlusts aber gibt es Backlash-Bewegungen („Angry White Men“), welche den Universalismus nicht mehr alleine für sich beanspruchen können oder diesen rundweg ablehnen, aber die anderen partikulären Gruppen wieder oder verstärkt marginalisieren wollen - also die Bewegung vom Universalismus zum Partikularismus („White Supremacy“).
Also:
„Linke“ progressive Identitätspolitik müsste also jene hin zum Universalismus sein (Demokratie, Menschenrechte usw.).
„Rechte“ konservative Identitätspolitik wäre demnach jene hin zum Partikularismus (Ethnie, Kultus/Kultur usw.).
Die Frage ist nun, wohin soll’s gehen? Und was tun? Welche Möglichkeiten gab und gäbe es?
Demokratischer Nationalismus der partikulären Gruppe der Völker hin zur homogenen Demokratie.
Sozialistischer Internationalismus der partikulären Gruppe der Proletarier hin zur klassenlosen Gesellschaft.
Kapitalistischer Globalismus der atomisierten Produzenten und Konsumenten hin zur globalen Marktgesellschaft.
Liberaler Kosmopolitismus der vernünftigen Individuen hin zur demokratischen Weltrepublik.
In pragmatischer Hinsicht schlägt Fukuyama ob dem Scheitern dieser „nationale Identitäten“ vor, „die in den Idealen der Aufklärung und der Idee gleicher Menschenwürde“ gründen. Ein Hybrid also zwischen 1. und 4., der einen Verfassungspatriotismus für eine partikuläre Verfassung fordert, die mit den universalen Menschenrechten konform geht. Und weil mangels einer Weltrepublik nur ein souveräner Nationalstaat die Rechte durchsetzen und Pflichten einfordern kann.
Im Grunde also das, was in gegenwärtigen real-existierenden vollständig liberalen Demokratien mehr oder weniger gemacht oder zumindest angestrebt wird. Also wieder zurück zum Anfang vom „Ende der Geschichte“.
Eine Unvollständigkeit noch: Fukuyama sagt, dass „wir eine Linke (haben), die Identitätsfragen nicht ernst nimmt, weil sie überzeugt davon ist, dass wir alle Weltbürger sind“. Auf der anderen Seite aber lautet der Vorwurf von noch weiter links oder von Liberalen (es sind meist nur Männer), die angesichts des Rechtspopulismus plötzlich ihr soziale Gewissen wieder entdecken und nun auf den Hauptwiderspruch beharren, dass man Identitätsfragen zu ernst nimmt und nur Identitätspolitik betreibt. Zudem fehlt mir zumindest im Interview der Konflikt zwischen Demokratischem Nationalismus und Kapitalistischem Globalismus und dessen mögliche Entschärfung.
Wiederum eine ganz tolle Auslegeordnung.
Spontan ist mir dabei die Präambel der Schweizer Bundesverfassung in den Sinn gekommen.
https://www.admin.ch/opc/de/classif…index.html
Können wir als Schweizer nicht darauf aufbauen und diese weiter entwickeln.
Angesichts der globalen gemeinsam vom Mensch geschaffenen Bedrohungen, denke ich, haben wir alle ein vitales Interesse gegen die Bedrohungen etwas zu unternehmen. Dabei gilt für mich nach wie vor der simple Spruch: "Global denken und lokal handeln".
lieber E. M., lieber H. A.,
ich widerspreche euch ausdrücklich. für mich war dieses «Republik» interview mit francis fukuyama sehr aufschlussreich, vor allem weil es so zeitnah nach daniel grafs fairer aber und kritischer rezension der neuen bücher von francis fukuyama, reni eddo-lodge, und tristan garcia erfolgte (@expeditionsteam: plant ihr auch interviews mit eddo-lodge und garcia?). daniel binswangers und daniel grafs interview-führung, und vor allem die portrait-fotos von christian werner, haben die im teaser vermißten anführungszeichen für den "star"-intellektuellen im kontext stillschweigend nachgeliefert (ein stilistisch sehr spannendes mittel, mit lästigen typografie-fehlern umzugehen!). und francis fukuyama, der interviewte, hat wohl gern mitgespielt, weil er nicht "vorgeführt" wurde, sondern die möglichkeit bekam, selbst sein Ende der Geschichte als etwas zu kurz gesprungen zu bezeichnen. was er denn auch getan hat, ohne sich allzusehr auf beckett zu beziehen, chapeau! welche·r intellektuelle kriegt das schon hin? das macht ihn dann doch zum star-intellektuellen (ohne anführungszeichen) und ich bin bereit, ihm weiter zuzuhören, auch wenn ich den ansatz von tristan garcia spannender finde.
Lieber Herr Weigel
Besten Dank für Ihren Kontrapunkt. Ich sehe, dass Sie völlig andere Schwerpunkte setzen als ich. Aber Sie sind anscheinend auch misstrauisch, wenn Sie "Star-Intellektueller" lesen. Und wenn Sie das völlig überschätzte und - wie schon bemerkt - unsinnige Hauptwerk als zu kurz gesprungen akzeptieren, warum wollen Sie dann sozusagen "mehr des Selben" statt "etwas Frisches"? Muss man immer über den grossen Teich wie das Kaninchen auf die Schlange blicken? Warum lässt man jemanden von einem längst vergangenen Hype zehren?
lieber eduard,
mir "bringt" es etwas, francis fukuyama zuzuhören, weil ich aus seinen eigenen worten, wie er selbst mit seinem zu kurz gesprungenem Ende der Geschichte umgeht, eine peilung bekomme, inwieweit ihm derselbe fehler auch diesmal wieder unterläuft. und diese peilung hilft mir dann, die erwartbaren weiteren bemühungen der westeuropäischen, speziell der deutschen, "transatlantiker", die gegenwärtigen kriegs-aufrüstungen zu begründen, besser zu verstehen. know your enemy —Sun Tzu
ansonsten kann ich einen gutteil meiner eigenen einstellung in dem wiederfinden, was luciano gloor etwas weiter oben geschrieben hat.
(bitte nimm es als zeichen meines respekts, daß ich dich duze. ich verwende das "Sie" nur abstandshalber bei menschen, mit denen ich unweigerlich reden muß)
Jemand der kulturell derart entwurzelt ist wie Fukuyama, die krasse Diskriminierung von Asiaten im Amerika der 70er und 80er offenbar nicht einmal bemerkt hat, kann Länder mit kontinuierlicher Kultur wohl kaum verstehen. Ob Tibet, Japan oder eben auch europäische Länder, deren Bevölkerung wurde nicht vor 200-300 Jahren “ersetzt“ durch Einwanderer wie dies in den USA geschah. Ich sage nicht ein paar Millionen Einwanderer könnten Europa bedrohen, aber sie als Zugezogene zu betrachten hat in Europa andere Implikationen als in einem Land wo alle erst seit wenigen Generationen sind (bis auf die wenigen, fast völlig entrechteten Ureinwohner die den grossen Völkermord überlebt haben). Europa sollte wieder beginnen, selber zu denken. Für die deutschsprachigen Länder könnte das bedeuten, zuerst mal mehr französisch, spanisch oder griechisch zu lernen, anstatt immer nur in den USA nach Denkanstössen zu suchen.
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