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Können wir mal wieder über was anderes nachdenken als über die Pandemie? Man könnte meinen, die Welt hat keine anderen Probleme mehr.

Nicht dass wir uns in 10 Jahren an den Kopf fassen und uns schämen, dass wir soviel Energie aufgewendet haben, um das Leben der Alten für ein paar Jahre zu verlängern, statt der Jugend das Überleben auf diesem Planeten zu ermöglichen.

In 6-10 Jahren muss die Welt auf 86.2% ihrer Energie verzichten, damit der Klimawandel gemäss IPCC nicht zu „regelmässigen Schocks in der Nahrungsmittelversorgung in allen Regionen“ führt.

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Ich kann ihren Zynismus bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Zynismus entsteht auf dem Boden von Angst, Hilflosigkeit und Resignation. Diese Gefühle sind mir angesichts der globalen weitgehenden Verdrängung, Negierung und Untätigkeit angesichts der Klimakatastrophe durchaus vertraut.
Nur möchte ich eines zu bedenken geben: ich habe nicht den Eindruck, dass unsere Gesellschaft und Politik sehr viel Energie aufwendet um „das Leben der Alten für ein paar Jahre zu verlängern“. Die Energie wird, scheint mir, in erster Linie dafür aufgewendet, um die Wirtschaft am Laufen zu halten, die Gewinne der Mächtigen zu optimieren und politischen Gewinn daraus zu schlagen. Dafür werden viele Tote und viel Leid in Kauf genommen. Dahinter – und das scheint mir das Entscheidende zu sein – stehen dieselben Kräfte, welche um des heiligen Wachstums und kurzfristigen Gewinnes wegen die Natur weiter zerstören und unsere Welt ungebremst an die Wand fahren.
Es sind Kräfte für die die grundlegenden Elemente in unserer Bundesverfassung keine Bedeutung haben.
Welchen Anteil wir alle an diesem Desaster haben, müssen wir alle je für uns auszumachen versuchen.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Auch mir ist der Zynismus nicht fremd. Doch nie käme es so weit, dass ich sagen würde:

  • 280 Millionen Menschen erkranken, 5.41 Millionen Menschen sterben (Stand 27.12.2021) – aber kümmert euch nicht darum, die Klimakatastrophe ist das einzige Problem!

  • Seit 1978 wird in Afghanistan Krieg geführt, 20,836 Menschen sterben alleine 2020, 41,681 im Jahr 2021 – aber kümmert euch nicht darum, die Klimakatastrophe ist das einzige Problem!

  • In Haiti ereignete sich 2010 ein schweres Erdbeben das 100'000 bis 160'000 Menschen das Leben kostete – aber kümmert euch nicht darum, die Klimakatastrophe ist das einzige Problem!

So sehr ich die Priorisierung der Klimakatastrophe teile, so sehr appelliere ich dafür, die Menschlichkeit nicht durch Engführung des Denkens und Verhärtung des Herzens zu verlieren.

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Ich kann ihren Zynismus bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Zynismus entsteht auf dem Boden von Angst, Hilflosigkeit und Resignation. Diese Gefühle sind mir angesichts der globalen weitgehenden Verdrängung, Negierung und Untätigkeit angesichts der Klimakatastrophe durchaus vertraut.
Nur möchte ich eines zu bedenken geben: ich habe nicht den Eindruck, dass unsere Gesellschaft und Politik sehr viel Energie aufwendet um „das Leben der Alten für ein paar Jahre zu verlängern“. Die Energie wird, scheint mir, in erster Linie dafür aufgewendet, um die Wirtschaft am Laufen zu halten, die Gewinne der Mächtigen zu optimieren und politischen Gewinn daraus zu schlagen. Dafür werden viele Tote und viel Leid in Kauf genommen. Dahinter – und das scheint mir das Entscheidende zu sein – stehen dieselben Kräfte, welche um des heiligen Wachstums und kurzfristigen Gewinnes wegen die Natur weiter zerstören und unsere Welt ungebremst an die Wand fahren.
Es sind Kräfte für die die grundlegenden Elemente in unserer Bundesverfassung keine Bedeutung haben.
Welchen Anteil wir alle an diesem Desaster haben, müssen wir alle je für uns auszumachen versuchen.

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Schauen Sie sich mal den kürzlich erschienen Film "Don't look up" an. Er bringt die ganze Sache auf den Punkt.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Welchen Grad an Zynismus bedarf es, um die Bewältigung der Corona-Krise mit jener der Klima-Katastrophe auszuspielen und zu sagen:

Nicht dass wir uns in 10 Jahren an den Kopf fassen und uns schämen, dass wir soviel Energie aufgewendet haben, um das Leben der Alten für ein paar Jahre zu verlängern, statt der Jugend das Überleben auf diesem Planeten zu ermöglichen.

Die Welt ist zu komplex und interdependent, um noch in einem ausschliesslichen Entweder-Oder-Modus zu denken und zu leben. Sowohl-als-auch und das Eine tun und das Andere nicht lassen, wäre angesagt. So wie auch hier in der Republik regelmässig sowohl über die Pandemie als auch über die Klimakatastrophe geschrieben wird. Oder blenden Sie das andere bewusst aus?

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Sie haben Recht, Herr Rebosura, das ist total zynisch: Da weiss man seit über einem halben Jahrhundert genau, was mit dem Klimawandel auf uns zukommt, und tut rein gar nichts, weil es einem ja noch reicht. Und kaum kommt etwas, das jene Generation bedroht, welche sowohl für den Klimawandel wie für das Nichtstun verantwortlich ist, wird innert Wochen Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um das Leben jener zu retten, die auf ein Leben in rauschendem Konsum auf Kosten der zukünftigen Generationen zurückblicken können.

Das ist an Zynismus wirklich nicht mehr zu überbieten.

Was ist denn mit der Klimabewegung passiert? Sie wurde von der ach so gefährlichen Pandemie total verdrängt. Haben Sie Kinder, Herr Rebosura? Meine Tochter (11) hat mich kürzlich gefragt: „Papa, werden wir Kinder dem Klimawandel zum Opfer fallen?“ Ich wusste wirklich nicht, was ich antworten sollte, ohne sie zu belügen.

Es geht nicht um das Ausspielen zweier Probleme gegeneinander, denn neben dem Klimawandel gibt es keine anderen Probleme. Um die total desaströsen Auswirkungen noch verhindern zu können, braucht die Weltgesellschaft ihre volle Aufmerksamkeit und ihre gesamte Kraft. Das müsste sie nicht, wenn sie nicht über ein halbes Jahrhundert eine rauschende Party gefeiert hätte anstatt sich dem wirklich virulenten Problem der totalen Abhängigkeit von fossilen Energien zu widmen.

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Als 72-jähriger würde ich Sie am liebsten am Genick packen und so richtig durchschütteln, auf dass sich Ihre sozialdarwinistischen Gerhinzellen im Wasser auflösen.

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Definiere Leben: Es endet eines Tages mit dem Tod, ob man das nun gut findet oder nicht. Es ist nun mal leider Gottes so.

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Wunderbar treffend analysiert!

Nur zwei Gedanken fehlen mir:

  1. Die Lechts-Rinks-Sprachverwirrung kommt nicht von beiden Seiten. Sondern aus dem Rechtspopulismus. Ihm sind Inhalte, Wirklichkeit und Problemlösung egal. Darum kann er auch beliebig Worte verdrehen.

  2. Rechtspopulismus dient Superreichen als Werkzeug, um Zurückgelassene zu manipulieren. Mit den Wählerstimmen der Zurückgelassenen können die Superreichen Steuern vermeiden. Indem die Zurückgelassenen für die eigenen Gefühle, aber gegen die eigenen Interessen stimmen. (Details dazu habe ich in diesem Republik-Kommentar geschrieben).

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Brot
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Weitere lustige Verdrehungen der Reaktionären gemäss Roger de Weck:

  • Antirassisten sind Rassisten - ihr Antirassismus ist Rassenhass auf weisse Männer. Das wirkliche Opfer ist der früher dominante und heute missachtete Mann. Ihm die Führung streitig zu machen, bringt jedoch nicht Gleichstellung, sondern Unfreiheit: Emanzipation stürzt die Frauen in einen repressiven Genderwahn, die Afroamerikaner in eine kulturrassistische Gefangenschaft und verzagte Weisse in Trumps Arme.

  • Die Feministin ist schlimmer als der Diskriminierer oder Belästiger. Die Benachteiligung der Frau liegt in der Natur der Frau. Der Diskriminierte produziert seine Diskriminierer. Diskriminierer werden diskriminiert. Die Unterdrückten haben sich selbst ins Elend gestürzt, als gäbe es keine Unterdrücker - ausser die Frauen lassen sich nicht mehr alles bieten, da mutieren sie sofort zu Unterdrückerinnen: Feminismus versklavt.

  • Steuern schaffen Ungleichheit: Hohe Steuern diskrimieren die von allen Seiten verfolgte Minorität der Reichen. Eine Mauer der Ressentiments umgibt diese verfolgte Gruppe. Steuerhinterziehung ist eine Art Notwehr.

  • Whistleblower decken nicht Missstände auf, sondern sie sind der Missstand.

  • Journalisten sind die eigentlichen Trolle. Wissenschaftler wissen das Falsche.

  • Mehr Schusswaffen bedeuten mehr Sicherheit. Der Gutmensch ist gefährlicher als der Brutalo.

  • Nothelfer bringen Not. Der Einsatz für Flüchtlinge erzeugt Neonazis.

  • Am Judenhass sind die Juden schuld. Der Muslim verantwortet den Islamhass.

Irgendwoher kommt das «Du Opfer!» auf dem Pausenplatz.

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Auf der Suche nach Logik
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"Never be a victim" (Timothy Leary)

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Auch sehr beliebt:

  • Critical Race Theory sei rassistisch

  • Minderheitenschutz sei rassistsch/...istisch.

  • Diversification diskriminiere Weisse Männer
    etc. etc....

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Vielen Dank für diese differenzierte Analyse. So komplex die Argumentation ist (und sein muss), so treffend bringt der folgende Satz einen der zentralen Aspekte auf den Punkt: "Das Geschäft mit dem Misstrauen der Menschen basiert darauf, dass die Wutunternehmer die Empörungs­dividende einstreichen, der Rest jedoch auf seinen Problemen sitzen bleibt."

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Vielleicht ist die Erklärung für die Diskursverschiebung auch viel einfacher:

  • Die Linken und Progressiven haben den Marsch durch die Institutionen abgeschlossen. Sie sind jetzt in den Ministerien drinnen, währenddem die Rechten und die Konservativen draussen sind und am Zaun rütteln. Die Rebellentumdividende zahlt nicht mehr für die Linke, deshalb hält sie die Finger davon weg.

  • Manche Linke sind auf diesem Marsch liberaler, statusbewusster etc. geworden, andere nicht. Aber eine Hoffnung hat sich nicht erfüllt: dass eine von Linken geführte Gesellschaft offener sei bezüglich unterschiedlichen Lebensentwürfen, dass Diskussionen mehr auf Basis von Argumenten als entlang Statusgrenzen verlaufen.

Die Fronten sind hart wie immer. Nur sind jetzt die Indianer im Fort drin. Und die Blauhemden draussen.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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währenddem die Rechten und die Konservativen draussen sind und am Zaun rütteln.

In der Schweiz, die in Gerichten, Parlament und Regierung mehrheitlich bürgerlich-konservativ ist? In der Wirtschaft? Richtig ist, dass der «links-progressive» Liberalismus im Sozialen in der demokratischen «offenen Gesellschaft» «kulturelle Hegemonie» erlangte. Aber deshalb behaupten, dass Rechte und die Konservative «draussen» wären, verkehrt wohl die tatsächlichen Verhältnisse.

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Warum denn? Sie haben es richtig erfasst und auf den Punkt gebracht. Der Hegemon isr "drinnen", die anderen "draussen". Beide Bilder sagen dasselbe aus. Sie haben aber auch recht mit der Eingrenzung. Die Hegemonie betrifft die Wirtschaft nicht, wohl aber die Kultur (das greift weit!), die Aufzählung der Lebensbereiche unter "links-progressiver kultureller Hegemonie" ist noch nicht abgeschlossen...

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Wobei mit Blauhemden die Kavallerie gemeint sein dürfte und nicht etwa die Blauhemdenträger der Freien Deutschen Jugend, Friede ihrer Masche. Nee, gab keine Maschen, das FDJ-Hemd war aus Dederon, der Ost-Variante von Nylon.

Die auch in anderen Artikeln der Republik beschworene Doppel-Power von "alter" und "progressiver", sozialer und identitärer Linker wird nicht funktionieren, weil die kulturelle Hegemonie Maß und Mitte vermissen lässt. Viele der Anhänger von Diversität, Defund the police etc. werden in Diskussionen sofort beleidigend, wenn jemand weniger radikaler Meinung ist als sie und ertragen es in Unis nicht mal mehr, anderer Meinung zuzuhören. So kriegt man keine Mehrheiten außerhalb der eigenen Blase. Ich wurde in einer Online-Diskussion mal geblockt, weil ich der Meinung widersprochen habe, Sahra Wagenknecht wäre nicht solidarisch, sondern "solid arisch". Mit solchen wie mir wird dann halt nicht mehr diskutiert, die stören nur beim gegenseitigen Bejubeln des Wahren, Schönen, Lichten. (Zusätzlich perfid war die Äußerung übrigens, weil Wagenknechts Vater aus dem Iran kommt).

Im Film O Brother, where are thou gibt es eine Szene, wo ein rassistischer Kandidat für den Posten des Gouverneurs in einer Live-Radioshow behauptet, der eine Bandkollege der Soggy Bottom Boys auf der Bühne sei nicht nur schwarz, sondern er hätte seine Spielkünste vom Teufel erhalten. Ein altes Ehepaar vor dem Radio schaut sich mit langem Blick an und trifft seine Wahlentscheidung. Es gewinnt der moderatere Amtsinhaber, bei dem man weiß, woran man ist. So mittig-vernünftig stell ich mir das Gros der Wähler vor. Wahrscheinlich bin ich naiv.

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Eine Frage, die mich nicht erst seit der Lektüre dieses Textes (und auch nicht erst seit Covid19) beschäftigt: Was bedeuten diese Verschiebungen des Diskurses in Hinblick auf den Umgang mit DEM Problem des 21. Jahrhunderts: dem Klimawandel? - Können wir uns leisten, NICHT auf die Erkenntnisse der Wissenschaft zu hören und (politisch) danach zu handeln? Ist das Konzept der "Eigenverantwortung" in irgend einer Weise nutzbringend, um die ökologischen Probleme in den Griff zu bekommen? Ist freies Unternehmertum mit der Bewahrung von ökologischen Lebensgrundlagen vereinbar? Ist Demokratie als politische Steuerungsform geeignet und, falls ja, welche Form von Demokratie?

Und damit verbunden: Was wären die Alternativen? Und weiter: Falls gegenwärtig keine Alternativen formuliert werden können, legitimiert dieser Umstand am Festhalten bestehender Strategien, obwohl diese die ökologische Probleme herbeigeführt haben und mit Sicherheit nicht für ihre Lösung genutzt werden können (vgl. das betreffende Bonmot von Einstein)?

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Ich finde diesen Beitrag sehr erhellend. Er hilft, etwas Klarheit in die Verdunkelung von Begriffen zu bringen.
„Stärker als zu Zeiten klar geschiedener Begriffs­sphären aber gilt wohl auch: Es ist unabdingbar, reflexiv mit solchen Diskurs­dynamiken umzugehen. Dazu gehört, sich nicht zum nützlichen Idioten jener Idee zu machen, dass politisch irgendwie alles austauschbar geworden sei.“
Es geht mehr denn je darum, Aussagen in den richtigen Kontext zu stellen, die Haltung dahinter zu erfragen und die Motive aufzudecken.
Keine leichte Aufgabe in Zeiten inflationären Geredes.

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Ja, inhaltlich erhellend zweifellos, leider aber sprachlich auch sperrig, im schwurbligen Soziologendeutsch verfasst (Herr Luhmann grüsst aus dem Jenseits), das die Republik gottseidank sonst eher nicht pflegt. Siehe den von Ihnen zitierten Satz, den ich mehrfach geniessen durfte, bevor ich weiterlesen konnte. Wie hatte es doch gleich noch Kurt Tucholski vor 100 Jahren mit dem runden Tisch...

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Es spielt ja auch eine Rolle, dass die einstige Generation (en) der "misstrausichen" Rebellen mit Eintritt ins Erwachsenenalter in den 80ern ja langsam selber die Rollen der Institutionsträger eingenommen hat. Ihre Normen, Milieus, Wertehaltungen von gesellschaftsliberal wurden langsam die Norm und lösten die alte "konservative Moral" ab. Dies ergibt von selbst neue Argumentationslinien. Auch die Milieus der jungen Konservativen wie zB Ex-Kanzler Kurz, sind heute Mischungen aus Gegenkultur der 60er und stockbünzlig.
Ist alles recht verwirrend und kann politisch für die verschiedensten Interessen "genutzt" werden. Rockmusik war in meiner Jugend DAS progressive Abgrenzungsmerkmal, zusammen mit Jeans und langen Haaren - funktioniert alles schon lange nicht mehr. Es kann genau umgekehrt sein heute.

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systemisch - lösungsorientiert
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Ja, es ist verwirrend. 68er landeten bei Avenir Suisse und Implenia, die 80er Bewegung brachte neben der Street Parade und der Häutung aus dem konservativem Mief mit Google eine die Welt dominierende Krake. Aber erst, nachdem die damalige Werbewelt ihr Design und ihre Sprache übernommen hatte. Wo werden wohl die 'Fridays for Future' landen?

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Ja, ich bin oft hereingefallen und hab zB gedacht, wenn ein Kollege in der Schule, oder auch im privaten Kreis, lange Haare hatte und Jeansträger war, dass wir auch automatisch die gleichen Leute politisch wählen würden;-))
Google kam aber doch noch 20 Jahre später als die 80er. Die 80er waren erstmal langsam vom Sog der beginnenden neoliberalen Aera durchseucht worden, was schon ernüchternd genug war. Der Zeitgeist begann sich zu ändern, was die ehemals "Progressiven" zusätzlich teilweise in die Institutionen einbauten (erwähnt Schröder und Hartz 4 zB). Und Rock/Pop war nun fast nur noch Grosskommerz. Und es explodierten die Privatmedien, der ganze "Trash" startete damals durch. Alles immer "hip" und "cool" und "fun" und natürlich "sexy"! Erstmals 7/24.
Street Parades entwickelten sich daraus, aber doch erst ab den 90ern? Damals splitteten sich die Musik-Genres auch erstmals in unzählige Untergruppen auf und es war oft nicht mehr möglich, zu erkennen, wer denn "progressiv" oder eher "reaktionär " war.

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Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meinem Lehrmeister, als in Zürich die Krawalle um das AJZ tobten. Er fragte mich, was meine Meinung dazu sei und ich antwortete pragmatisch, dass ich nicht verstehen könne, wieso man den Jungen dieses Zentrum verweigern wolle, zumal es ja eigentlich schon vorhanden war und kaum etwas kosten würde, ganz im Gegensatz zu den Krawallen.
Oho. Das führte zu einer wahren Hasstirade auf die nichtsnutzigen Hippies und ihre Weigerung, sich ins kapitalistische Leistungssystem hineinpressen zu lassen und gipfelte schliesslich in der Aussage, dass ich kaum die Abschlussprüfung schaffen könne, mit so einer liederlichen Gesinnung.
Er täuschte sich. Aber ich ebenso. Was ich als Kampf für ein reales Projekt wahrnahm, war in Wirklichkeit nur ein Symbol, den meisten ging es, nun ja, um den Krawall, nicht um das AJZ.
Von daher bin ich nun nicht wirklich erstaunt, dass aus der Generation der Hippies erst der ultimative, jeden Anstand verhöhnende Marktradikalismus entstand, unter dem wir heute so leiden. Es war wohl die erste Generation, die ohne ernsthafte Katastrophe aufwuchs und sich ein Leben lang um nichts anderes als sich selber zu kümmern hatte.
Das wird sich in naher Zukunft ändern. Die Lebenswelt der heutigen Jungen unterscheidet sich stark von jener sorglosen Ignoranz welche ich in meiner Jugend empfand. Bereits mit AIDS setzte ein starkes Umdenken ein und die anstehende Klimakrise wird unserer Nachfolgegeneration alles abverlangen und das wissen die meisten heutigen Jungen ganz genau.

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Niggi Ullrich
Citoyen, Moderator, Kurator, Kolumnist
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Es gibt unterdessen viele interessante Erörterungen zu dem/n im Artikel angesprochenen Thema/ta. Dieser Text wirkt aufs erste verwirrend, vielfältig, übervoll...um bei einer zweiten und dritten Passage (REPUBLIK steht nicht nur für lange sondern auch für mehr als nur ein Mal lesenswerte Texte!) geradezu erhellend zu werden. Die Welt hat längst nicht nur viele Ecken und Orte sondern auch Kanten und Schnittpunkte. Man muss verdammt auf der Hut sein, um sich nicht zu verlieren. Ob man sich noch zurechtfindet, ist eine andere Frage. Danke für die Standortbestimmung.

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Auf der Suche nach Logik
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Vielen Dank für die Darstellung des paradoxen Zusammenhangs von Misstrauen und Manipulierbarkeit:
"Wer misstraut, braucht mehr Informationen und verengt zugleich die Informationen, auf die zu stützen er sich getraut. Er wird von weniger Informationen stärker abhängig. Damit gewinnt die Möglichkeit, ihn zu täuschen, wiederum an Berechenbarkeit"
Dieser im Beitrag zitierte Gedanken von Luhmann beschreibt m.E. den Mechanismus treffend.

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...und dieser luhmann'sche gedanke ist, erfreulich, völlig un-verschwurbelt getextet.

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systemisch - lösungsorientiert
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Dieser Beitrag kommt daher, wie wenn ein Naturgesetz 'rechts' und 'links' ähnlich der Schwerkraft definieren würde, dabei sind - wie wir alle wissen - diese Bezeichungen willkürlich und ungenau. Rechts sassen die Abgeordneten des Adels, links jene des Proletariats und ja, es gibt Wörter, die diese Herkunft beibehalten haben.

Solidarität und die Hilfe eines lenkenden Staates werden eher von Proletariat geschätzt, die Eingriffe des Staates über einen Nachtwächerstatus hinaus vom Adel missbilligt. Der Staat wird kaputtgespart, ausser natürlich wenn eine starke Armee ählich wie die Kirche und deren Moral die Privilegien schützt.
Das betrifft jetzt vielleicht nicht die Sprache der Populisten, aber diese haben schon immer alles durcheinander gebracht. Denn Populisten orientieren sich bloss an der Macht, das erklärte Ziel von Trump und Blocher war 50+ Wählerprozent - egal wie.

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Leserin
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Marktlückenorientierung. Das ist es wohl, was nicht unbedingt das Fussvolk, sondern die Parteistrategen aller Parteien leitet. Konflikte mit Werten sind vorprogrammiert. Da hilft die Republik mit diesem Artikel und dem Interview von Solmaz Khorsand mit Abou-Chadi einen kühlen Kopf, ein warmes Herz und den Bezug zu den weniger sprachmächtigen Bevölkerungsteilen zu behalten.

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Danke für den interessanten Artikel! Ich finde auch dass die Sprache leider stellenweise etwas zu kompliziert war.
Die Analyse der verschiedenen Lager ist sehr interessant und fasst die verschiedenen Gründe um "gegen alles" zu sein gut zusammen. Gerade die Punkte mit dem Misstrauen und der durch Proteste gewonnenen Selbstwirksamkeit erklären für mich einiges.
Ich glaube es ist wahrscheinlich für viele Menschen zu spät um auf einzelne Menschen zuzugehen und zu versuchen sie anderweitig zu überzeugen, wenn sie schon so in ihren Positionen festgefahren sind, zumindest erlebe ich das so in meinem persönlichen Umfeld.
Aber ich glaube dass wir uns auch als Gesellschaft fragen sollten was dieses Misstrauen und die fehlende Selbstwirksamkeit produziert, und ob z. B. die Probleme im Gesundheitswesen die dazu führen dass Menschen oft nicht ernst genommen werden oder die steigende Ungleichheit in der Gesellschaft begünstigt dass Menschen in solche Denkmuster rutschen und dann von Rattenfängern aufgegabelt werden.
Ich glaube viele Menschen habe auch grosse Probleme mit Grautönen, also zum Beispiel dass die Politik viele Fehler machen kann und trotzdem keine bösen Absichten hat, oder dass nicht alles was von Pharmafirmen kommt trotz der existierenden Skandale aus reiner Gier entwickelt wird.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Kurzum: Populisten polarisieren und sind qua Oppositionelle opportunistisch. Exemplarisch die Selbst-Widersprüche der «Krisenpartei», der SVP, die sich bei näherem Hinsehen, also der Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes, einfach auflösen:

  • Sofort alles schliessen! [Die Ausländer bringen Corona rein!]

  • Sofort alles aufmachen! [Die Inländer haben alle Freiheiten!]

  • Sofort alle Masken! [Das ist die günstigste Massnahme!]

  • Sofort weg mit den Masken, das ist Kommunismus! [Der Staat hat das verordnet!]

  • Sofort weg mit allen Einschränkungen! [Das ist Diktatur!]

  • Sofort durchgreifen und alle Veranstaltungen verbieten! [Solange es nur Clubs und Kultur betrifft!]

  • [Sofort lockern und alle Veranstaltungen erlauben! Da es auch Beizen und Spiele betrifft!]

Ihre SVP, März–Juli 2020. Ihre Krisenpartei (Tweet von Cédric Wermuth, von mir erläuternd ergänzt)

Diese sich selbst widersprechenden Botschaften durch Parteien und Medien trugen ebenfalls dazu bei, dass selbst wenn die Behörden klar kommunizierten, keine klare Botschaften beim Sender ankommen konnte. Das Stichwort wäre hier der «Double-Bind». Welches auch Methode haben kann, denn auf Dauer kann dies labile oder destabilisierte Persönlichkeiten zur Folge haben, die durch suggestive Methoden stark beeinflusst werden können, dergestalt, dass sie sich stark an Autoritäten und ihr Umfeld anpassen, um die kognitive Dissonanz zu reduzieren.

Etwas merkwürdig sind die Beispiele oder Kriterien, an denen Markwardt die (angebliche) «Neue Unübersichtlichkeit» festmacht. Gerade für einen an Luhmann geschulten Philosophen.

  • Denn Moral war nie an ein Links oder Rechts institutionell gebunden, sondern als generalisiertes Medium zur Bestimmung von Achtung und Missachtung und damit von Inklusion und Exklusion geht es um die situative Frage «Wessen Moral?» wird hier in Anschlag gebracht oder kritisiert? Der Kirche? Des Bürgertums? Der Offenen Gesellschaft? Moral ist daher in Luhmann'scher Optik per Funktion polemogen.

  • Das Verhältnis zum Staat wiederum ist ein klassisches Kriterium des Links-Rechts-Schemas (Etatismus vs. Anarchismus). Doch auch hier ist die Frage oft: «Welche staatliche Bürokratie und Sicherheits­behörde?». Wohlfahrts- und Sozialsysteme wie das Gesundheitssystem werden seit jeher (als «linke» Errungenschaften) eher von Links verteidigt, Polizei- und Sicherheitssysteme («Law and Order») seit jeher eher von Rechts.

  • Und erst recht bei der Kritik an Macht und Wissen ging es schon immer um die Frage «Wessen Macht? Wessen Wissen?» wird kritisiert? Des Staates? Der Ökonomie? Der Medien? Der so oder so Alternativen?

Unübersichtlich war das Links-Rechts-Schema wohl schon seit der Etablierung dieses Schemas nach der Französischen Revolution, als konservative Monarchisten auf der rechten Seite des Parlaments sassen, und aus den linken Reihen der Revolutionären ein Kaiser entstieg. So auch «Querfronten» wie nationalsozialistische Kapitalismuskritiker, konservative Revolutionäre oder Rechts-Gramscianer.

Nichtsdestotrotz ist dieser Versuch einer Übersicht von Markwardt natürlich wichtig und notwendig, insbesondere der Verweis auf die Studien der Uni Luzern. Vielen Dank dafür!

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Auf der Suche nach Logik
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Dieser wirklich erhellende Beitrag erinnert mich an folgende bösartige Definition:
"Das richtige Argument am falschen Ort - das ist Politik."
Zum Glück gilt keine Aussage absolut.

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Vielen Dank für diesen Essay, den ich sehr gerne mit ins neue Jahr genommen habe. Drei Überlegungen dazu:
1.) Die Antwort auf das vermeintliche Dilemma zwischen Identitätpolitik/Anerkennung und Sozialpolitik/Umverteilung hat Nancy Fraser in "Für einen Feminismus der 99%" noch treffender mit dem Titel des alten Arbeiterinnenlieds "Bread and Roses" gegeben: Echter sozialer Fortschritt vereint beides; wer die Kämpfe spaltet, verhilft den Rechten zum Sieg.
2.) Der diskursive "Diebstahl" von rechts ist historisch nichts Neues: Vergessen wir nicht, dass der Nationalismus als Kind der Französischen Revolution ursprünglich eine progressive, demokratische, zumindest liberale Kraft war oder dass der Faschismus/Nationalsozialismus zahlreiche linke Konzepte kopiert, karikiert und pervertiert hat.
3.) Angesichts der ideologisch diffusen Proteste der letzten Jahre macht mir eine gewisse linksliberale Reaktion darauf ähnlich grosse Sorgen wie die Proteste selbst: Man hört im Bildungsbürgertum immer wieder antidemokratische Phantasien von der Entmündigung des 'Pöbels', sei es im Zusammenhang mit EU-, Klima- oder Coronapolitik. Ein solch technokratisch- elitäres Politikverständnis ist für eine Demokratie ebenso gefährlich wie die 'Schwurbler' in all ihren Schattierungen. Jemand, der das 'Volk' entmächtigen will, weil es anders denkt, fühlt oder einer anderen Lebenswelt ausgesetzt ist, darf sich sicher nicht mehr links und wohl auch nicht mehr liberal nennen.

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Natürlich wird auch hier wieder nur über 'die Anderen' hergezogen ...
"Mit überraschenden Diskurs­verschiebungen sollte man indes auch künftig rechnen."
Dieser Satz zeugt nur davon, dass jemand davon ausging, dass gesellschaftliche Diskurse , die man sich mal zurechtgelegt hat, fix und als Referenz verlässlich seien - dass man eben gar nicht mehr richtig zuhören müsste, sondern nur noch mit Etiketten die Autoren markieren und damit die Inhalte erfassen könnte.
Das wird in dieser Publikation des langen und breiten praktiziert - zumindest seit Corona aktuell wurde - unterdessen (Hoffnung?) vielleicht ein bisschen weniger penetrant ?
Ja, diese scheinbaren Verwirrungen kommen unseren Medien und "Philosophen" nicht wirklich entgegen - es nötigt zu genauerem Hinhören ! - aber bitte nicht, um sich zu beklagen oder seine schlecht geschusterten Orientierungen doch irgendwie zu retten !
Richtig Hinhören hätte damit zu tun, primär inhaltlich (nicht ideologisch !) genauer zu differenzieren und alle Töne (nicht nur die passenden) und Zwischentöne wahr- und aufzunehmen. Danach könnte man zu denken - vielleicht sogar etwas nachzuspüren - beginnen - Qualifizieren und Klassifizieren kommt jedenfalls - falls überhaupt - erst ganz am Schluss.
Wenn man mit dem Letzten - aus purer Bequemlichkeit oder liederlicher Bosheit - den Anfang macht, sollte man sich nicht wundern, wenn man von solchen "Diskursverschiebungen" überrascht wird. Es ist wie mit "Enttäuschungen" - sie setzen "Täuschung" voraus.

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Meme Generation
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Ein sehr interessanter Artikel der etwas zu viele Ecken beleuchtet, aber genau dort liegt das Problem. Die Welt sowie unsere Gesellschaft ist extrem kompliziert und deren Komplexität nimmt kontinuierlich und rasant zu. Gleichzeitig können die Demokratie, die Bildung und die Medien nicht mit dem Tempo der Veränderung mithalten. Bei den Medien gibt einzelne Leuchttürme wie die Republik und gewisse Youtube Channels aber diese erreichen bei weitem nicht die grosse Masse. In der Politik sieht es noch düsterer aus. Diese ist ein langsames, massiv kompliziertes Wirrwarr welches exponentiell an Komplexität und Volumen zunimmt. Wer kennt den Heutzutage alle unsere Gesetze und deren originale Absicht?

Und nun ganz Konkret, hier ein Podcast welcher zum Beispiel die Lab-leak Theorie von Corona genau ausleuchtet: https://www.youtube.com/watch?v=K78jqx9fx2I&t

Oder Trumps Operation Warpspeed welche uns die Impfung schnell liefern konnte gerade weil die normalen Gesundheitsbehörden umgangen wurden. Er hat ziemlich überall versagt aber gerade beim wichtigsten Teil, der Impfung, war Trump erfolgreich. Perfekt erklärt in diesem Teil eines anderen Interviews: https://youtu.be/xF6x1ftN-H4?t=7442

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