Journalisten, die im Hellen tappen
Nach der Entführung des Präsidenten der eidgenössischen Impfkommission zogen viele Medien voreilige Schlüsse. Dabei ist das, was man nicht weiss, genauso wichtig wie das, was man weiss.
Eine Analyse von Bettina Hamilton-Irvine und Basil Schöni, 15.04.2022
Um die Wende zum 20. Jahrhundert lebte in Bern das Stadtoriginal Dällebach Kari, über das man sich noch hundert Jahre später Witze erzählt. Einer handelt davon, wie Kari eines Nachts betrunken nach Hause torkelt und dabei seinen Schlüssel verliert. Verzweifelt sucht er unter einer Strassenlaterne, als der lokale Polizist hinzustösst.
Er fragt Kari, was er suche, und beschliesst, ihm zu helfen. Lange und erfolglos inspizieren sie das Kopfsteinpflaster. Schliesslich fragt der Polizist Kari, wo er den Schlüssel denn verloren habe.
«Dort drüben», sagt Kari und zeigt weit weg ins Dunkle.
«Ja, und warum suchst du dann hier?», will der Polizist wissen.
«Drüben ist es dunkel wie in einer Kuh!», sagt Kari. «Hier habe ich wenigstens Licht.»
Vergangene Woche starben bei einer Festnahme in Wallisellen zwei Menschen, von denen einer zuvor den Präsidenten der Eidgenössischen Kommission für Impffragen entführt hatte. Seither fragen Schweizer Medien: Was war das Motiv? Wurde der Mann entführt, weil er Impfexperte ist – also aus politischen Gründen? Ging es bloss um Geld, wie der Betroffene selber vermutet? Oder war es womöglich eine seltsame Kombination aus beidem?
Täglich kommen neue Details ans Licht, die mal in die eine, mal in die andere Richtung weisen. Nur eine Sache steht selten im Zentrum: das Nichts. Die Abwesenheit starker Hinweise. Die Unsicherheit, die in derartigen Situationen dominiert, egal, wie gerne man sie aus der Welt schaffen möchte.
Was weiss man denn nun? Und was nicht? Um diese Fragen zu beantworten, bietet sich eine möglichst nüchterne Auslegeordnung an.
Der mutmassliche Entführer: Mehr Lücken als anderes
Die Frage nach dem Motiv beginnt offensichtlich beim mutmasslichen Entführer. Das Problem: Über ihn ist bisher nur wenig bekannt.
Da gibt es zwei Einträge im Handelsregister. Einer zu einem Unternehmen für Filmproduktion und den Import und Verkauf von Lifestyle-Artikeln, das der 38-Jährige gemeinsam mit seiner Partnerin sowie einer Drittperson besitzt. Und ein Eintrag zu einer Firma, die er mit einem Geschäftspartner gegründet hat, die eine Smartphone-App für Nachbarschaftshilfe betreibt.
Da gibt es einen Facebook-Account. Dort finden sich drei «Gefällt mir»-Angaben: zwei zu seinen beiden Firmen, eine zur Facebook-Seite eines Aargauer Schiessinstruktors.
Da sind die Berichte des «Tages-Anzeigers», wonach er regelmässig im Schiesskeller dieses Instruktors trainierte und Sympathisant einer Gruppierung namens «Civilian Training Unit» war, die den Häuserkampf oder den Umgang mit Geiselnahmen übte. Das bestätigten gegenüber der Tamedia-Zeitung Mitglieder des Schiesskellers und der Schützenvereinigung.
Ebenfalls breit thematisiert wurden finanzielle Probleme des mutmasslichen Entführers. Er habe hohe Kredite aufnehmen müssen, berichten der «Tages-Anzeiger» und SRF. Das würde auch zur Aussage des Opfers passen, das in einem Schreiben bekannt gab, dass der Entführer von ihm einen hohen Geldbetrag gefordert hatte.
So weit, so unumstritten. Doch richtet man den Blick auf das, was fehlt, werden Lücken deutlich.
So finden sich vom mutmasslichen Entführer keine persönlichen Posts im Internet. Der erwähnte Facebook-Account weist abgesehen von den drei «Gefällt mir»-Angaben keine öffentlichen Informationen auf. Kein Profilbild, keine Posts, keine Freunde. Ähnlich ist es bei einem Instagram-Account, der mit hoher Wahrscheinlichkeit dem 38-Jährigen zuzuordnen ist (er trägt seinen Namen und hat ein Profilbild, das höchstwahrscheinlich ihn und seine Partnerin zeigt; jedoch ist das Bild nur in geringer Auflösung vorhanden, weshalb ein Irrtum nicht ausgeschlossen ist). Das Profil ist auf «privat» gestellt, was bedeutet, dass nur Accounts die Posts einsehen können, die der Inhaber explizit zugelassen hat.
Persönliche Posts wären wertvoll, weil sie eine Haltung des Mannes zu den Corona-Massnahmen oder dem Präsidenten der Impfkommission offenbaren könnten. Wenn aber die Primärquellen fehlen, bleiben nur Informationen aus zweiter Hand. So berichtet etwa der «Blick», der Entführer habe einem potenziellen Geschäftspartner erklärt, dass er ungeimpft sei. SRF wiederum hat gehört, dass der Mann bei einem Fotoshooting für seine Firma darauf bestanden habe, dass nur Bilder verwendet würden, auf welchen Maske getragen und Abstand gehalten werde. Beide Informationen stammen von einzelnen Personen.
Ist es in einem Land mit 30 Prozent Ungeimpften ein starkes Indiz, wenn jemand betont, nicht geimpft zu sein? Ist es eines, wenn ein Geschäftsmann bei Werbefotos darauf besteht, dass die Massnahmen eingehalten werden? Das sind Details, aus denen sich kaum ein vollständiges Bild zeichnen lässt. Beide lassen keine Schlüsse auf das Motiv für die Entführung zu.
Wie der «Tages-Anzeiger» zuletzt berichtete, sollen sich «die Hinweise verdichten», dass auch der mutmassliche Entführer und seine Partnerin an die Flat-earth-Verschwörungserzählung geglaubt haben. Also daran, dass die Erde in Wirklichkeit eine Scheibe sei. Zumindest habe «eine Quelle» das der Zeitung berichtet. Macht das eine ablehnende Haltung gegenüber den Corona-Massnahmen wahrscheinlicher? Ja. Lässt sich daraus schliessen, weshalb der 38-Jährige den Präsidenten der Impfkommission entführt hatte? Kaum.
Was bleibt, ist die Unsicherheit. Sicher sind nur die Lücken.
Solche gibt es zum Beispiel bei Telegram. Der Messengerdienst ist die wichtigste Kommunikationsplattform der Corona-Skeptikerinnen und erfreut sich in verschwörungsideologischen Kreisen grosser Beliebtheit. Über die Telefonnummer des mutmasslichen Täters findet man einen Account, den er bei Telegram hatte. Eine genauere Nachforschung zeigt jedoch, dass von diesem Account keine einzige Nachricht vorliegt und keine einzige Mitgliedschaft in den wichtigen Schweizer Corona-Chats. Zu diesem Schluss gelangt die Republik durch einen Abgleich mit einem während der letzten zwei Jahre gesammelten Datensatz, der mehr als 200 Chats der Schweizer Corona-Bewegung und mehr als 2 Millionen Nachrichten umfasst.
Auch ob der Mann an Corona-Demos teilnahm, ist nicht bekannt. Gut möglich, dass er an einer der vielen Demonstrationen dabei war. Gut möglich, dass er nicht dabei war. Wir wissen es nicht.
Der Geschäftspartner: Fokus auf die flache Erde
Zum mutmasslichen Täter ist also vieles im Dunkeln. Was bietet sich nun an? Dort zu suchen, wo es Licht hat: beim Geschäftspartner. Dieser ist nämlich ungleich offener auf Social Media unterwegs. Was dazu führte, dass die Berichterstattung der letzten Tage stark auf ihn fokussierte.
Sicher ist: Der 34-Jährige ist ein Anhänger der Flat-earth-Verschwörungserzählung. Viele Posts auf seinem Facebook-Profil behandeln das Thema, er betreibt eine Facebook-Seite dazu, und er gab in einem Interview sogar öffentlich dazu Auskunft. Ebenfalls verbreitet er auf seinem Facebook-Account Falschinformationen zur Corona-Pandemie. Dass die Existenz des Virus nicht belegt sei zum Beispiel. Oder dass der PCR-Test nicht aussagekräftig sei.
Auch dass er an mindestens einer Demonstration der Corona-Skeptiker teilnahm, ist belegt. In einem Video eines befreundeten Flat-earth-Anhängers ist er zu sehen, wie er im März 2021 in Liestal ein grosses Flat-earth-Transparent trägt. Darüber schrieb der «SonntagsBlick» vor ein paar Tagen.
Mittlerweile befindet sich der Geschäftspartner in Untersuchungshaft, wie die Zürcher Staatsanwaltschaft am Montag bekannt gab.
Diese drei Fakten – dass der Mann ein Flat-earth-Anhänger ist, dass er an einer Corona-Demo teilnahm und dass er in Untersuchungshaft sitzt – bewegten viele Medien dazu, den Geschäftspartner des mutmasslichen Entführers ins Zentrum der Berichterstattung zu rücken. «Welche Rolle spielt Geschäftspartner von B. V. beim Entführungsdrama?», titelte beispielsweise «20 Minuten». Aus dem Folgenden kann man dann schliessen, dass man eben auch nicht mehr gewusst hat, als dass er in Haft ist, an einer Demo war und Dinge auf Facebook gepostet hat.
Bei der NZZ lautete die Schlagzeile zwischenzeitlich: «Es beginnt mit einer harmlosen Geschäftspartnerschaft und endet mit zwei Todesopfern». So als ob ein kausaler Zusammenhang zwischen der Geschäftspartnerschaft und dem Verhaftungsversuch mit Todesfolge schon feststünde.
Der «Blick» wiederum warf das Prinzip der Unschuldsvermutung gleich ganz über Bord. «Zweiter Entführer sitzt in U-Haft», schrieb die Zeitung am Dienstag in einen Titel (den sie später wieder änderte), obwohl das Entführungsopfer selber nur von einem einzelnen Entführer gesprochen hatte. In einem Zwischentitel dann heisst es, der Entführer habe «Hilfe» des «Mittäters» gehabt. Die Relativierung durfte dann immerhin der Mediensprecher der Staatsanwaltschaft übernehmen: «Es gilt die Unschuldsvermutung.»
Der flat earther ist sowieso involviert? Weil er Verschwörungserzählungen verbreitet und an einer Corona-Demo teilnahm? Sollte man es sich so leicht machen?
Besser nicht. Auch im Fall des Geschäftspartners bleibt nämlich einiges unklar.
So haben von den rund 80 öffentlichen Posts auf seinem Facebook-Profil die allerwenigsten einen tatsächlichen Bezug zur Schweizer Corona-Politik. Vier Links zu Schweizer Petitionen teilte er, gegen die Zertifikatspflicht, gegen eine angebliche Kinder-Impfpflicht, für die Beibehaltung von kostenlosen Covid-Tests. Zudem drei Videos von Schweizer Protestaktionen gegen die Corona-Massnahmen. Das wars dann aber auch schon. Zu konkreten Akteuren der Schweizer Corona-Politik – etwa zu Bundesrat Berset oder dem Präsidenten der Impfkommission – findet sich kein einziger Beitrag. Auch zu den beiden Covid-Gesetz-Abstimmungen gibt es keine Posts.
Es gibt also keinen Hinweis darauf, dass der Geschäftspartner eine starke Abneigung gegen einzelne Exponenten der Schweizer Corona-Politik hätte. Eher scheinen ihn die grossen Themen zu interessieren: Die Weltgesundheitsorganisation WHO, die Existenz der Schwerkraft, dass die Nasa uns belügt oder ob Menschen nicht eigentlich fliegen könnten, wenn sie nur die entsprechende Technik erlernten.
Schaut man sich das Auftreten der Flat-earth-Gruppe an der Liestaler Demonstration an, drängt sich zudem die Frage auf, ob es ihr nicht eher um das Missionieren für ihre flache Sache ging als um die Pandemiepolitik. Eine Teilnahme an mehr als dieser einen Demo ist für den Geschäftspartner ausserdem nicht belegt.
Hatte der Mann, der sich offensichtlich nicht erst während der Pandemie radikalisiert hat und schon seit Jahren an eine Weltverschwörung glaubte, also nichts mit der Entführung des Präsidenten der Impfkommission zu tun? Immerhin verdächtigt ihn die Staatsanwaltschaft der Beteiligung an der Freiheitsberaubung, der Entführung und der versuchten Erpressung.
Die unbefriedigende Antwort ist einmal mehr: Wir wissen es nicht. Eine Untersuchungshaft ist kein Urteil, ein Verdacht kann sich als unbegründet erweisen.
Die Partnerin: Ferienfotos und ein Telegram-Account
Wenig Aufmerksamkeit fiel bisher auf die Partnerin des mutmasslichen Entführers, die mit ihm in der gemeinsamen Wohnung lebte. Ob sie in die Entführung involviert war, ist bisher unbekannt. Sicher ist, dass sie während des Festnahmeversuchs laut Polizeiangaben durch die Waffe ihres Partners getötet wurde.
Sie betrieb zwei Instagram-Profile, auf denen sie viele Bilder aus ihrem Privatleben veröffentlichte: in den Ferien, beim Essen, in der gemeinsamen Wohnung. Ab und zu ist ihr Partner abgebildet. Im Zusammenhang mit der Entführung scheinen die Fotos irrelevant zu sein. Masken, Massnahmen oder Beamte kommen nicht vor. Einzig zwei Bilder und zwei Videos sind interessant: Sie zeigen die 28-Jährige in einem Schiesskeller, beim Abfeuern von Pistolen und Gewehren.
Abgesehen davon findet sich noch ein Telegram-Account, der mit ihrer Telefonnummer verknüpft ist. Im Datensatz der Republik findet sich ein einziger Eintrag im Zusammenhang mit ihrem Profil: eine Nachricht zum Beitritt zu einer mittlerweile nicht mehr existierenden Gruppe namens «Rainbow Warriors Chat». Dabei handelt es sich um einen Community-Chat des Influencers Gabirano, der während der Pandemie allerlei Verschwörungserzählungen verbreitete.
Während es in der Gruppe anfangs noch um die Community und Gesundheitsthemen ging, dominierten ab Mai 2021 vor allem weitergeleitete Nachrichten aus anderen Chats, welche krude englischsprachige Verschwörungserzählungen aus dem QAnon-Spektrum enthielten. Die Partnerin trat dem Chat im Juni 2021 als Teil einer grösseren Beitrittswelle bei, die 142 Neumitglieder umfasste. Ob sie wegen der vielen heftigen Verschwörungsposts beitrat oder eher, weil es sich um die Gruppe eines bekannten Schweizer Influencers handelte, bleibt unklar.
Von der 28-Jährigen selbst versendete Nachrichten finden sich in keiner einzigen Telegram-Gruppe im Republik-Datensatz.
Fazit: Auch das, was man nicht weiss, ist relevant
Vieles bleibt also im Dunkeln. Warum ist das so wichtig?
Das hochtourige Berichten über Details, die vielleicht Hinweise auf das Motiv hinter der Entführung geben können, ist erwartbar. Denn die Frage, ob das Verbrechen aus politischen Gründen im Zusammenhang mit den Corona-Massnahmen verübt wurde, ist von grosser Relevanz. Ein solcher Schluss liegt nun mal nahe – in Anbetracht der schnellen Radikalisierung der Corona-Bewegung in den letzten zwei Jahren, angesichts der grossen Menge an Drohungen und Anfeindungen gegenüber Exponentinnen des Bundes und der Kantone im Zusammenhang mit der Pandemie sowie im Lichte von Gewaltdelikten und Morden, die im Ausland aus verschwörungsideologischen Kreisen begangen wurden.
Wie berechtigt diese Befürchtung war, offenbart sich auch an den Reaktionen aus der Corona-Bewegung auf die erste Berichterstattung über die Entführung des Präsidenten der Impfkommission. Von über 400 Emoji-Reaktionen auf einen Post im Kanal des bekannten Streamers Roger Bittel war bloss eine einzige negativ. 304 zeigten einen hochgestreckten Daumen. Anderswo hiess es, der Impfchef sei «ein Verbrecher».
Leider hätte es die wenigsten erstaunt, wenn der Präsident der Impfkommission entführt worden wäre, weil er der Präsident der Impfkommission ist. Nur: Ob dem so war oder ob seine Funktion irrelevant war, weiss man bis heute noch nicht.
Medienethisch erscheint gerade auch in diesem Zusammenhang die Entscheidung diverser Medien als besonders heikel, den Namen des Entführungsopfers zu nennen. Wenige Minuten nachdem die Tamedia-Zeitungen den Präsidenten der Impfkommission in einem Online-Artikel identifiziert hatten, stoppte dieser die Nennung seines Namens mit einer superprovisorischen gerichtlichen Verfügung.
Das erste Medium, das sich darüber hinwegsetzte, war die «NZZ am Sonntag», danach auch «Watson». Beide stellten sich auf den Standpunkt, die Verfügung habe für sie «keine Gültigkeit» und der Name des Opfers dürfe genannt werden, da das Thema von öffentlichem Interesse sei.
Vergessen geht bei dieser Argumentation, dass die Frage, ob das Opfer eines Verbrechens medial genannt werden darf, nicht einzig und allein anhand des Kriteriums entschieden werden soll, ob es eine Person von öffentlichem Interesse ist. In Erwägung gezogen werden sollte genauso, inwiefern eine Identifikation die Person und ihre Familie gefährdet. Der Präsident der Impfkommission bezog sich in der superprovisorischen Verfügung denn auch explizit darauf, dass eine Namensnennung Nachahmungstäter motivieren könnte.
Es ist hinlänglich bekannt, dass öffentlich gemachte Taten oder Drohungen Nachahmer provozieren. Die meisten Politikerinnen sprechen deshalb auch nicht über Drohungen, auch wenn eine Mehrheit von ihnen regelmässig bedroht und beschimpft wird.
Der mediale Umgang mit dem Fall offenbart überdies eine weitere Problematik: Konzentriert sich die Berichterstattung so sehr auf das, was man weiss, dass man das, was man nicht weiss, aus dem Fokus verliert, kann das gefährlich werden. Denn mit dem Fokus auf derart ungesicherte Informationen geht ein Medium jedes Mal eine Wette ein. Und der Wetteinsatz ist die eigene Glaubwürdigkeit.
Das zeigt sich gerade an den neuesten Reaktionen der Corona-Bewegung. «Framing vom Feinsten», titelten die «Freunde der Verfassung», nachdem der Präsident der Impfkommission in einem Schreiben mitgeteilt hatte, dass es dem Entführer seinem Empfinden nach nur um wirtschaftliche Interessen gegangen sei. In manchen Telegram-Kanälen wird hinter der Art der Berichterstattung Absicht vermutet. Man wolle die Bewegung diskreditieren, heisst es dort.
Nun kann man Exponentinnen der Corona-Bewegung, die solche Dinge schreiben, als für die etablierten Medien verloren bezeichnen. Man sollte aber nicht vergessen, dass in den letzten zwei Jahren ein breiter Graubereich entstanden ist. Eine Menge von Leuten, die noch nicht alles ablehnen, was die etablierten Medien berichten – aber eben auch nicht so weit davon entfernt sind.
Die Corona-Krise offenbarte auch eine Vertrauenskrise der Medien. In der Schweiz entstand eine Protestbewegung, aus der heraus sich eigene, sogenannte «alternative» Medien bildeten, die eigene «Fakten» herumreichen, weil sie sich von der gemeinsamen Realität abgewandt haben. Solche Entwicklungen passieren nicht im luftleeren Raum. Sie werden verstärkt, wenn Medien sich unglaubwürdig machen.
Wenn gewichtige Ereignisse geschehen, ist die Verlockung gross, jedem auffindbaren Stück Information viel Beachtung zu schenken – es könnte einem ja etwas Wichtiges erzählen. Dort zu suchen, wo es Licht hat, wenn es andernorts zu dunkel ist.
Wenn der Schlüssel aber im Schatten liegt, wird man ihn nicht finden. Egal, wie gut man sucht.